Skip to content
Menü

Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall

Das Sozialgericht Detmold wies die Klage ab, da der Kläger nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, dass seine Corona-Infektion direkt durch die Arbeitsumgebung verursacht wurde. Die Beweislast liegt beim Kläger, und die notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls konnten im konkreten Fall nicht erfüllt werden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: S 14 U 52/22

✔ Kurz und knapp


  • Infektion mit COVID-19 ist grundsätzlich als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn ein intensiver Kontakt zu einer infizierten Person (Indexperson) am Arbeitsplatz nachgewiesen werden kann.
  • Es muss ein gesicherter, intensiver Kontakt mit einer Indexperson im Rahmen der versicherten Tätigkeit stattgefunden haben.
  • Die bloße Möglichkeit einer Ansteckung im beruflichen Umfeld reicht nicht aus.
  • Der Zeitpunkt und Ort der Infektion müssen konkret bestimmbar sein, eine bloße Eingrenzung des Zeitraumes genügt nicht.
  • Die Beweislast für die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls liegt beim Kläger.
  • Pausenräume wie Frühstücksräume können aufgrund der besonderen Situation ohne Maskentragen aus dem Versicherungsschutz fallen.
  • Bei mehreren möglichen Infektionsquellen muss die Ansteckung am Arbeitsplatz überwiegend wahrscheinlich sein.
  • Ein betriebliches Hygienekonzept und dessen Einhaltung sind für die Bewertung relevant.
  • Die pandemische Lage führt zu gewissen Beweiserleichterungen hinsichtlich des Nachweises von Infektionsketten.

Corona-Infektion als Arbeitsunfall: Was zählt als Nachweis?

Corona als Arbeitsunfall?
(Symbolfoto: Ground Picture /Shutterstock.com)

Ob eine Corona-Infektion als Arbeitsunfall anerkannt wird, ist eine wichtige Frage für Beschäftigte und Arbeitgeber. Denn die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Konsequenzen. Sie berechtigt den Erkrankten zum Erhalt von Entschädigungsleistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung. Darüber hinaus hat die Einstufung als Arbeitsunfall auch Auswirkungen auf Fragen der Haftung und Beweislast.

Um als Arbeitsunfall zu gelten, muss die Infektion in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Es muss ein konkreter, intensiver Kontakt zu einer infizierten Person am Arbeitsplatz nachgewiesen werden. Bloße Vermutungen oder die allgemeine Möglichkeit einer Ansteckung im Betrieb reichen dafür nicht aus. Auch der genaue Zeitpunkt und Ort der Infektion müssen bestimmbar sein.

Im Folgenden wird ein aktuelles Gerichtsurteil zu diesem Thema analysiert, das wichtige Erkenntnisse für die Praxis liefert.

Ihre Rechte bei Arbeitsunfällen und Covid-19

Sind Sie oder ein Angehöriger während der Arbeit an Covid-19 erkrankt und unsicher, ob dies als Arbeitsunfall anerkannt werden kann? Die rechtlichen Herausforderungen und die emotionale Belastung in solchen Fällen sind enorm, aber Sie sind nicht allein. Unsere Kanzlei verfügt über tiefgehende Expertise in Arbeitsunfallrecht und Sozialversicherungsfragen und kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen. Fordern Sie jetzt eine unverbindliche Ersteinschätzung an und treffen Sie eine informierte Entscheidung für Ihre Rechte und Ihr Wohlbefinden.

✔ Der Fall vor dem Sozialgericht Detmold


Sachverhalt des Falls: Infektionsweg und rechtliche Streitpunkte

Im Kern der rechtlichen Auseinandersetzung steht die Frage, ob die Corona-Infektion eines Klägers, der seit 1984 als Facharbeiter tätig war, als Arbeitsunfall anerkannt werden kann. Der betroffene Mitarbeiter der X und H AG erkrankte am 17. April 2021 nachweislich an Covid-19 und musste daraufhin stationär behandelt werden. Der Arbeitgeber meldete den Vorfall als Arbeitsunfall, da der Kläger Kontakt zu Kollegen hatte, die später positiv getestet wurden. Trotz eines vorhandenen und eingehaltenen Hygienekonzepts im Unternehmen konnte eine Ansteckung im beruflichen Umfeld nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger selbst gab an, unmittelbar vor seiner Erkrankung engen Kontakt zu zwei infizierten Indexpersonen gehabt zu haben, was jedoch vom Arbeitgeber anders dargestellt wurde. Die rechtliche Herausforderung lag darin, einen direkten Nachweis zu erbringen, dass die Infektion durch die Arbeitsumgebung verursacht wurde.

Entscheidung des Sozialgerichts Detmold

Das Sozialgericht Detmold wies die Klage des Arbeitnehmers mit der Begründung ab, dass ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person während der Arbeit nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Die Entscheidung basierte auf den gesetzlichen Bestimmungen zur Anerkennung von Arbeitsunfällen gemäß § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach ein Arbeitsunfall eine versicherte Tätigkeit voraussetzt, die zu einem Gesundheitsschaden führt. Das Gericht erklärte, dass für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ein intensiver, nachweislicher Kontakt zu einer Indexperson im Arbeitsumfeld erforderlich ist, der länger als 10 Minuten dauern und in direkter Nähe stattfinden muss. Da solch ein Kontakt im Fall des Klägers nicht eindeutig belegt werden konnte und auch andere Ansteckungswege möglich waren, wurde der Antrag abgelehnt.

Rechtliche Überlegungen und Beweislast

Das Gericht erläuterte weiter, dass die Beweislast im sozialgerichtlichen Verfahren beim Kläger liegt. Dies bedeutet, dass der Kläger die Beweise erbringen muss, die seine Ansprüche stützen. Für die Anerkennung einer Infektion als Arbeitsunfall ist es notwendig, dass der Nachweis einer versicherten Tätigkeit, eines Unfallereignisses und eines daraus resultierenden Gesundheitsschadens erbracht wird. Der Kläger konnte zwar nachweisen, dass er sich infiziert hatte, jedoch nicht, dass dies unmittelbar im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit geschah. Das Gericht betonte, dass allein die Möglichkeit einer beruflichen Infektion für eine Anerkennung als Arbeitsunfall nicht ausreicht.

Zusammenfassung der gerichtlichen Erörterungen

Das Gericht folgte in seiner Entscheidung den Grundsätzen der objektiven Beweislast und stellte fest, dass die notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im konkreten Fall nicht erfüllt waren. Das Eindringen des Virus in den Körper des Klägers konnte zeitlich und örtlich nicht eindeutig zugeordnet werden, was eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsunfalls ist. Trotz der eingehenden Prüfung der Umstände und der Berücksichtigung der pandemischen Lage, bei der auch Beweiserleichterungen in Betracht gezogen wurden, blieb der Nachweis eines direkten Zusammenhangs zwischen der Infektion und der beruflichen Tätigkeit des Klägers aus. Dies führte letztendlich zur Abweisung der Klage.

✔ Das Schlüsselerkenntnis in diesem Fall


Das Sozialgericht Detmold entschied, dass eine Corona-Infektion nur dann als Arbeitsunfall anerkannt werden kann, wenn ein intensiver Kontakt zu einer infizierten Person im Arbeitsumfeld nachgewiesen werden kann. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht erfüllen, da der ursächliche Zusammenhang zwischen der Infektion und seiner beruflichen Tätigkeit nicht zweifelsfrei belegt werden konnte. Die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen liegt im sozialgerichtlichen Verfahren beim Kläger.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Anerkennung von Corona-Infektionen als Arbeitsunfall


Was sind die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Krankheit als Arbeitsunfall?

Damit eine Krankheit als Arbeitsunfall anerkannt werden kann, muss ein direkter ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung bestehen. Die Infektion muss nachweislich bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit erfolgt sein. Eine Ansteckung im privaten Bereich muss ausgeschlossen werden können.

Für die Anerkennung als Arbeitsunfall müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Die Erkrankung trat infolge der versicherten Tätigkeit auf
  • Es handelt sich um ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis
  • Die Infektion führte zu einem Gesundheitsschaden mit mindestens geringfügigen klinischen Symptomen

Der bloße Zusammenhang einer Erkrankung mit einer beruflichen Tätigkeit reicht nicht aus. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob vergleichbare außerberufliche Gefährdungen zu einer Infektion geführt haben könnten. Allein die Tatsache, dass es in Deutschland massenhaft zu Infektionen kommt, steht einer Anerkennung als Arbeitsunfall aber nicht entgegen.

Der erforderliche Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann durch einen positiven PCR-Test oder einen qualifizierten Antigen-Schnelltest, der von medizinischem Fachpersonal durchgeführt wurde, erbracht werden. Ein Selbsttest reicht nicht aus.


Wie wird der Kontakt zu einer infektiösen Person am Arbeitsplatz rechtlich bewertet?

Damit eine COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall anerkannt werden kann, muss nachgewiesen werden, dass die Infektion bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit erfolgt ist. Entscheidend ist dabei, dass ein intensiver Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person („Indexperson“) am Arbeitsplatz stattgefunden hat.

Die Intensität des Kontakts bemisst sich nach der Dauer und der räumlichen Nähe. Als Richtwert gilt ein Kontakt von mindestens 10-15 Minuten bei einem Abstand von weniger als 1,5-2 Metern, ohne dass die Beteiligten Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Masken getragen haben. Bei direkten Gesprächssituationen kann auch eine kürzere Zeitspanne ausreichen.

Wichtig ist, dass die Indexperson bereits vor dem Kontakt nachweislich mit dem Coronavirus infiziert war. Der bloße Umstand, dass ein Kollege Krankheitssymptome wie Schnupfen zeigte oder dessen Angehörige infiziert waren, reicht nicht aus. Idealerweise sollte die Infektion der Kontaktperson durch einen positiven Test belegt sein.

Zudem muss im Einzelfall geprüft werden, ob vergleichbare Infektionsmöglichkeiten im privaten Umfeld des Erkrankten bestanden, die ebenso ursächlich gewesen sein könnten. Nur wenn sich eine Ansteckung außerhalb der Arbeit weitgehend ausschließen lässt, kann der Arbeitsunfall anerkannt werden.

Zusammengefasst muss für die rechtliche Anerkennung als Arbeitsunfall der intensive Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person am Arbeitsplatz zweifelsfrei belegt und eine Ansteckung im Privatleben unwahrscheinlich sein. Die Anforderungen an den Nachweis sind relativ hoch, um Klarheit über den Übertragungsweg zu erlangen.


Welche Rolle spielt die Beweislast im Kontext der Anerkennung von Arbeitsunfällen?

Bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls trägt grundsätzlich der Versicherte die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Das bedeutet, der Betroffene muss nachweisen, dass die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls erfüllt sind – insbesondere den ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem eingetretenen Gesundheitsschaden.

Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislastverteilung geht die Unbeweisbarkeit eines anspruchsbegründenden Tatbestands zulasten des Versicherten. Der Unfallversicherungsträger muss sich zwar die volle Überzeugung von den beweiserheblichen Tatsachen verschaffen, aber eine absolute Gewissheit ist oft nicht zu erlangen. Es genügt daher regelmäßig, wenn eine Tatsache mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist.

Für die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall muss der Versicherte beweisen, dass er sich bei der Arbeit und nicht im privaten Bereich infiziert hat. Dafür ist der intensive Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person am Arbeitsplatz Voraussetzung. Zugleich darf eine Ansteckung im Privatleben nicht wahrscheinlicher sein.

Die Anforderungen an den Nachweis einer beruflichen Infektion sind relativ hoch, da der Übertragungsweg zweifelsfrei geklärt sein muss. Gelingt dem Versicherten dieser Nachweis nicht, wird der Arbeitsunfall von der Unfallversicherung nicht anerkannt. Die Beweislast liegt insoweit allein beim Betroffenen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII): Dieser Paragraph definiert, was unter einem Arbeitsunfall zu verstehen ist, nämlich Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Im vorliegenden Fall war zu klären, ob die Corona-Infektion des Klägers als ein solcher Arbeitsunfall anerkannt werden kann, weil die Infektion während der versicherten Tätigkeit aufgetreten sein muss.
  • Beweislast im sozialgerichtlichen Verfahren: Die Frage der Beweislast ist zentral, da sie bestimmt, wer die Beweispflicht trägt. Im Fall einer Anerkennung einer Infektion als Arbeitsunfall liegt die Beweislast beim Kläger, der nachweisen muss, dass die Infektion direkt durch die Arbeitsausübung verursacht wurde.
  • Begriff der „versicherten Tätigkeit“ (§ 2 SGB VII): Dieser Begriff ist entscheidend für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, da nur Vorfälle, die während einer solchen Tätigkeit passieren, als Arbeitsunfälle gelten. Der Kläger musste nachweisen, dass die Infektion im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit aufgetreten ist.
  • Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität: Für die Anerkennung als Arbeitsunfall muss ein zeitlich begrenztes, von außen einwirkendes Ereignis vorliegen, das einen Gesundheitsschaden verursacht. Die Frage, ob das Virus tatsächlich im beruflichen Kontext auf den Kläger eingewirkt hat, war daher von hoher Relevanz.
  • Grundsätze der objektiven Beweislast: Diese Grundsätze besagen, dass derjenige, der aus einem bestimmten Sachverhalt Rechte herleitet, die Beweislast trägt. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der Kläger beweisen musste, dass seine Infektion direkt aus seiner beruflichen Tätigkeit resultierte, was er letztlich nicht nachweisen konnte.

⬇ Das vorliegende Urteil vom Sozialgericht Detmold


SG Detmold – Az.: S 14 U 52/22 – Gerichtsbescheid vom 22.08.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Infektion des Klägers mit dem Corona-Virus SarsCov2 (nachfolgend: Covid-19-Virus) einen Arbeitsunfall darstellt.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit Oktober 1984 als Facharbeiter in der Blechpoliererei des Unternehmens X und H AG, S-X , beschäftigt.

Das Beschäftigungsunternehmen erstattete der Beklagten im Juni 2021 Unfallanzeige und gab an, der Kläger sei am 17.04.2021 nachweislich an Covid 19 erkrankt, er habe während seiner Arbeitszeit Kontakt zu Kollegen gehabt, die im Nachhinein positiv auf Covid 19 getestet worden seien, es sei nicht auszuschließen, dass er sich bei diesen Kontakten angesteckt habe; ein Hygienekonzept für den betreffenden Arbeitsbereich habe vorgelegen und sei eingehalten worden, dieses sei auch ständig an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst worden; außerhalb des Unternehmens habe er angabegemäß keinen Kontakt zu bestätigten Coronafällen gehabt.

Im Rahmen der Ermittlungen gab der Kläger an, am 17.04.2021 habe ein PCR-Test den Nachweis einer Erkrankung erbracht, Symptome seien am Folgetag aufgetreten, welche in einen stationären Aufenthalt vom 24.04.2021 bis 22.06.2021 im N-hospital P einmündeten; die Infektion sei seiner Einschätzung nach auf Kontakt zu zwei nachweislich infizierten Indexpersonen, nämlich im Rahmen gemeinsamer Arbeiten mit direkten Vorgesetzten, zurückzuführen. Insoweit war beim Vorgesetzten Meister T am 19.04.2021 ein positiver PCR-Test-Befund erhoben worden; bei dem weiteren Arbeitskollegen S war bereits am 14.04.2021 ein positiver Befund erhoben worden. Im Rahmen schriftlicher Befragung gab Letzterer an, er habe am 13.04.2021 für etwa fünf bis zehn Minuten Kontakt mit dem Kläger gehabt, wobei der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten und auch durchgehend Masken getragen worden seien. Dies bestätigte auch das Beschäftigungsunternehmen (Auskunft vom 14.07.2021), wobei es zu Kontaktzeiten und deren Intensität angab, es habe kein enger Kontakt im Nahfeld länger als 10 Minuten unter Maskenschutz bestanden oder seien unabhängig von der Gesprächsdauer Gespräche ohne solchen Schutz geführt worden; nicht auszuschließen sei ein gleichzeitiger Aufenthalt von Index- und Kontaktpersonen im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand. Das Gesundheitsamt des Kreises H gab im Übrigen (Auskunft vom 13.07.2021) an, eine Kontaktnachverfolgung durchgeführt zu haben, jedoch nicht eindeutig ermitteln habe können, ob sich die Infektion des Klägers aus beruflichem Kontext ergäbe; ausgeschlossen werden könne dies jedoch nicht.

Mit Bescheid vom 02.09.2021 lehnte es die Beklagte ab, die COVID-19-Infektion des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen und führte zur Begründung aus, zur Anerkennung einer Infektion müsse im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person (Indexperson) nachweislich stattgefunden haben, wobei die Intensität des Kontaktes sich nach Dauer und örtlicher Nähe messe; der Nachweis eines solchen intensiven Kontaktes sei vorliegend nicht zu erbringen, da zu den benannten Arbeitskollegen T und S kein intensiver nachweislicher Kontakt von mehr als 10 Minuten im Nahbereich stattgefunden habe; allein die Möglichkeit, sich im Rahmen der beruflichen Tätigkeit die Infektion zugezogen zu haben, genüge nicht; wo und wie er sich die Infektion zugezogen habe, sei nicht zu klären, was nach den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweislastgrundsätzen zu seinem Nachteil wirke. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Angaben des Beschäftigungsunternehmens im Rahmen deren Befragung seien fehlerhaft, tatsächlich habe er intensiven Kontakt mit einer bereits infizierten Indexperson gehabt. Hierzu gab das Beschäftigungsunternehmen an, der Kläger habe sich mit Herrn S länger als eine Viertelstunde in einer Halle eine Verschmutzung an Bändern angesehen und nebeneinandergestanden, wobei Masken getragen worden seien; Zusammenkünfte in einem Büro oder Besprechungsraum hätten nicht stattgefunden. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2022 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Vortrag im Widerspruchsverfahren führe zu keiner anderen Einschätzung, ein intensiver Kontakt zu einer Indexperson sei nicht festzustellen.

Hiergegen richtet sich die am 17.02.2022 erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, mit beiden Indexpersonen sei er am 12.04.2021 im Rahmen einer Frühstücksrunde, in welcher das Tagesgeschäft besprochen worden sei, zusammengekommen; es handele sich um eine tägliche Kommunikation ohne Maske, da im Frühstücksraum auch Kaffee und Tee getrunken bzw. das Frühstück eingenommen werde; nach deren Abschluss sei er mit dem Meister S in eine Abteilung gegangen, wobei dieser ihm mitgeteilt habe, seine zwei Kinder und sein Vater seien infiziert, er selbst weise jedoch noch keine Symptome auf; am Folgetag indes sei er an Corona erkrankt. Kontakt zu sonstigen Personen, die an Corona infiziert gewesen sein, habe er nicht gehabt. Insgesamt sei davon auszugehen, dass er sich bei seiner Tätigkeit entweder bei Herrn S oder Herrn T angesteckt habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2022 zu verurteilen, ihm wegen seiner Corona-Infektion Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und führt im Übrigen aus, im Rahmen der Bearbeitung werde den Besonderheiten der pandemischen Lage bereits dadurch Rechnung getragen, dass Beweiserleichterungen angewandt werden in der Form, dass ein gesicherter intensiver Kontakte zu einer Indexperson oder auch ein hohes Infektionsgeschehen im Betrieb als ausreichend angesehen werde, einen Nachweis von Infektionen zu ermöglichen; nicht einmal hierfür gebe es jedoch Anhaltspunkte; da der Kläger und der Arbeitskollege T annähernd zeitgleich positiv getestet worden seien, käme dieser als Indexperson nicht in Betracht; hinsichtlich des weiteren Arbeitskollegen S sei ein intensiver Kontakt nicht festzustellen. Insoweit sei eine Infektion im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit des Klägers allenfalls möglich, jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich, zumal angesichts der pandemischen Lage auch eine Ansteckung im privaten Bereich in Frage käme. Abgesehen davon erscheine fraglich, ob eine mögliche Infektion im Frühstücksraum unter den Versicherungsschutz falle.

Im Hinblick auf Hinweise in den Verwaltungsakten der Beklagten, zeitgleich mit dem Kläger sei wohl dessen gesamte Familie von der Infektion betroffen, legte der Kläger auflagegemäß einen Befund über eine auch bei dessen Ehefrau am 17.04.2021 vorgenommene positive PCR-Testung vor.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und die den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Streitsache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Soweit der Kläger mit seiner Klage um Leistungen wegen seiner Infektion nachsucht, ist die Klage allerdings unzulässig, da die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid über konkrete Leistungen nicht befunden hat, sondern einzig festgestellt hat, die Infektion sei kein Arbeitsunfall. Diesbezüglich ist die Klage unter Umdeutung des klägerischerseits formulierten Begehrens als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Absatz 1 SGG zulässig.

Der Bescheid vom 02.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Infektion des Klägers mit dem Corona-Virus ist nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt haben (Unfallkausalität) und das Unfallereignis muss einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) haben. Unerheblich ist, ob die Erkrankung den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität; st. Rspr. vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52; BSG, Urteil vom 15. November 2016, B 2 U 12/15 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 37; BSG, Urteil vom 26. November 2019, B 2 U 8/18 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 71; BSG, Urteil vom 6. Mai 2021, B 2 U 15/19 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 77).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung zur Zeit des Unfalls“, „Unfallereignis“ sowie „Gesundheitsschaden“ erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009, B 2 U 30/07 R, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4; BSG, Urteil vom 31. Januar 2012, B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43; BSG, Urteil vom 6. Mai 2021, B 2 U 15/19 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 77).

Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90, SozR 3-2200 § 548 Nr. 11; BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008, B 2 U 26/06 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 29; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015, B 2 U 8/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016, B 5 RS 4/16 R, BSGE 122, 197 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 7; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, B 2 U 16/15 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60).

Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben sind die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles nicht erfüllt. Der Kläger war zwar im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Beschäftigter des Unternehmens X und H gemäße § 2 Abs. 1 Nr. 1 des 7 Buches Sozialgesetzbuch – SGB VII – dem Grunde nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis zugehörig. Auch hat er, was der vom Kreis H beigebrachte PCR-Test vom 17.04.2020 belegt, einen „Unfall“ erlitten. Insoweit stellt auch eine erlittene bakterielle oder virale Infektion ein Unfallereignis im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII dar; Unfälle sind, wie ausgeführt, von außen einwirkende, körperlich schädigende und zeitlich begrenzte Ereignisse. Das Eindringen eines Bakteriums bzw. Virus in den Körper ist ein solches zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Allerdings ist dieses Ereignis vorliegend weder zeitlich noch örtlich bestimmbar. Hierzu führt das Verwaltungsgericht Augsburg (Urteil vom 21.10.2021 – AU 2 K 20.2494 -) zutreffend zum Dienstunfallrecht von Beamten aus, das Vorliegen eines örtlich und zeitlich wie bestimmbaren Ereignisses setze voraus, dass sich feststellen lasse, dass sich ein Beamter an eine bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt infiziert habe und die Umstände des konkreten Ereignisses so bestimmt sein müssten, dass es Konturen erhalte, aufgrund derer es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden könne, was bedeute, dass die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraumes der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunktes nicht ausreichten. Dem schließt sich das Gericht an. Soweit das Bundessozialgericht BSG (Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 34/17R -) im Hinblick auf einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt, im Rahmen dessen sich eine Infektion ereignet hat, urteilte, es sei unschädlich, dass der Zeitpunkt der Infektion nicht bestimmt werden könne, betrifft dies einen nicht vergleichbaren Fall, da im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes ein umfänglicher Versicherungsschutz besteht. Versicherte Verrichtung ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 17a SGB VII ist diesbezüglich nämlich jedes aktive Handeln und passive Erdulden der durch die stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus geprägten Vorgänge (vgl. BSG Urteil vom 10.3.1994 – 2 RU 22/93 – USK 9473; vgl. zu § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchst a SGB VII BSG Urteil vom 27.4.2010 – B 2 U 11/09 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 14 RdNr. 17). Verrichtung ist jedes konkrete Handeln des Versicherten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (vgl. BSG Urteil vom 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Im konkreten Fall befand das BSG, dass jede denkbare Verrichtung der Klägerin zum eingrenzbaren Zeitpunkt des Unfallereignisses in einem sachlichen Zusammenhang mit der an sich versicherten Tätigkeit des Entgegennehmens einer Krankenhausbehandlung stand.

Vorliegend sind die Verhältnisse jedoch anders. Mag auch die Plötzlichkeit der Einwirkung insoweit keinen plötzlichen Vorgang im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verlangen, sondern auch einen Zeitraum bis zu einer Arbeitsschicht erfassen, kann auf die Festlegung nach einem bestimmten Kalendertag hierfür nur verzichtet werden, wenn nach den Umständen die in diesem Sinne plötzliche Schädigung an irgendeinem Arbeitstag bei versicherter Betätigung nachweislich eingetreten ist.

Insoweit scheitert die Anerkennung des Unfalles als Arbeitsunfall daran, dass vorliegend nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalles, also dem Moment der Infizierung, mit dem Virus einer Verrichtung nachging, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Soweit das Gesetz in § 8 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle als Unfälle von Versicherten „in Folge einer versicherten Tätigkeit“ definiert, betrifft dies den sog. inneren oder sachlichen Zusammenhang, das heißt die sachliche Verbindung der im Unfallzeitpunkt ausgeübten Verrichtung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit. Dieser Zusammenhang ist wertend zu ermitteln. Die tatsächlichen Grundlagen dieser wertenden Entscheidung müssen allerdings im Vollbeweis, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG, Urteil vom 20.12.2016 – B 2 U 16/15 R -). Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung reichen nicht aus. Zwar erfordert der Vollbeweis keine absolute Gewissheit und sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung durch das Gericht bestehende Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen, so dass es, wenn etwa der genaue Unfallhergang nicht bewiesen ist, ausreichen kann, wenn sonstige nachgewiesene Umstände überwiegend auf einen Versicherungsfall hinweisen und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheint. Kommen allerdings andere, nicht versicherte Geschehensabläufe ebenso ernsthaft in Betracht, ist eine versicherte Tätigkeit nicht voll beweislich da getan (vgl. Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26.01.2021- L 3 U 131/18 -). Von daher muss der Nachweis, dass die Infektion sich bei einer versicherten Tätigkeit, d. h. einer im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung ereignete, im Vollbeweis gegeben sein. Eine Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Deshalb ist eine Unfallkausalität nicht nachgewiesen, wenn neben Kontakten am Arbeitsplatz im vergleichbaren Umfang Infektionsmöglichkeiten im privaten oder eben nicht versicherten Bereich bestanden.

Derart ernsthafte, anderweitig in Betracht kommende, nicht versicherte Infektionsmöglichkeiten sind offensichtlich. Es kann zumindest ebenso gut möglich sein, dass der Kläger sich die Infektion im Kontakt mit seiner zeitgleich am 17.04.2020 positiv getesteten Ehefrau zugezogen hat, zumal hier im Privaten ein deutlich intensiverer Kontakt, nach menschlicher Lebenserfahrung zudem nicht unter Einhaltung von Abstandsregelungen oder Tragung von Mund-Nasen-Schutz, angenommen werden kann. Insoweit führt die Beklagte zutreffend aus, dass bei zeitgleichem Erkrankungsnachweis von einer beruflichen Infektionskette nicht ausgegangen werden kann. Unabhängig von den beweiserleichternden Handlungsempfehlungen der DGUV, bei welchen es sich um Verwaltungsvorschriften handelt, welche die Gerichte nicht binden, und dem Umstand, dass die vom Robert-Koch-Institut entwickelten Maßstäbe zur Bestimmung von engen Kontaktpersonen mit erhöhtem Infektionsrisiko nicht unmittelbar herangezogen werden können, da diese das Risiko einer erfolgten Übertragung als Voraussetzung für eine mögliche Isolierung bewerten und sich am Abstand, der Dauer des Kontakts, den äußeren Umständen und dem Umstand, ob ein Mund-Nasen-Schutz getragen wurde, orientieren (vgl. hierzu SK Konstanz, Urteil vom 16.09.2022 – S 1 U 452/22-), ist ferner festzuhalten, dass der Vorgesetzte Meister T als sog. Indexperson nicht in Betracht kommt, da bei erst später am 19.04.2020 festgestellter Positivtestung eine Infektion dessen durch den Kläger ebenso gut möglich ist. Was den weiteren, vom Kläger als Indexperson benannten Vorgesetzten S anbelangt, hat die Beklagte zutreffend ausgeführt, dass hier nach den – allerdings nach obigen Darlegungen nicht maßgebenden Maßstäben – ein besonders intensiver Kontakt im Rahmen versicherter Tätigkeit nicht stattgefunden hat. Im Übrigen ist letztlich nicht auszuschließen, dass der Kläger sich die Infektionen durch diesen auch im Rahmen intensiveren, unversicherten Kontakt, namentlich am 12.04.2020, zugezogen haben kann, nämlich im Rahmen der Frühstückspause. Zu den insoweit eigennützigen, nicht versicherten Verrichtungen gehören nämlich prinzipiell alle Tätigkeiten, die jeder Mensch unabhängig von der versicherten Tätigkeit ausübt, wie Ruhen, Schlafen, Schwimmen, Einkaufen, aber auch Essen, Trinken und Rauchen. Dabei wird insbesondere die Nahrungsaufnahme in der Rechtsprechung seit jeher grundsätzlich dem unversicherten privaten Lebensbereich zugeordnet. Besondere Bedeutung gewinnt diese Überlegung in Anbetracht der Angaben des Klägers im Klageverfahren, die Arbeitspausen im Frühstücksraum hätten ohne Maske stattgefunden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf 193 SGG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!