➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: L 15 U 440/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Arbeitsunfallschutz für Führungskräfte beim Betriebsevent
- ✔ Der Fall vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Unter welchen Voraussetzungen gilt ein Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall?
- Was versteht man unter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung im Kontext der Unfallversicherung?
- Welche Rolle spielt der Teilnehmerkreis bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls während einer betrieblichen Veranstaltung?
- Wie wird die betriebliche Zweckbestimmung bei der Bewertung eines Arbeitsunfalls während eines Betriebsausflugs berücksichtigt?
- Welche Schritte sollten unternommen werden, wenn die Berufsgenossenschaft einen Unfall bei einer Betriebsveranstaltung nicht als Arbeitsunfall anerkennt?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Es ging um die Anerkennung eines Unfalls bei einem Betriebsausflug als Arbeitsunfall.
- Der Kläger ist Abteilungsleiter in einem großen Unternehmen und rutschte bei einer Firmenveranstaltung aus.
- Der Unfall passierte während eines von der Geschäftsführung organisierten Abteilungsleiter-Ausflugs.
- Die Beklagte lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da die Veranstaltung nicht für alle Mitarbeiter offen war.
- Das Sozialgericht Detmold entschied zugunsten des Klägers und erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an.
- Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Veranstaltung eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung war, die der Teambildung diente.
- Es wurde betont, dass die Teilnahme an solchen Veranstaltungen auch den Versicherungsschutz umfasst, wenn sie im Interesse des Unternehmens liegen.
- Die Berufung der Beklagten wurde vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen.
- Die Revision wurde nicht zugelassen, somit bleibt das Urteil des Sozialgerichts Detmold rechtskräftig.
- Dieses Urteil zeigt, dass auch Veranstaltungen für einen begrenzten Teilnehmerkreis unter bestimmten Umständen als Arbeitsunfall anerkannt werden können.
Arbeitsunfallschutz für Führungskräfte beim Betriebsevent

Arbeitsunfälle können in verschiedensten Situationen auftreten, selbst wenn sie außerhalb des normalen Arbeitsorts geschehen.
Der rechtliche Schutz für Arbeitnehmer, der im Falle eines Unfalls greift, ist dabei entscheidend. Ob ein Unfall, der sich während eines Betriebsausflugs ereignet, als Arbeitsunfall anerkannt wird, hängt von mehreren Faktoren ab.
Grundsätzlich sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Beschäftigten während der Arbeitszeit und auf dem Weg zur Arbeit gegen Unfälle abzusichern. Diese Fürsorgepflicht kann sich in bestimmten Fällen auch auf Unternehmensveranstaltungen außerhalb des Betriebs erstrecken.
Wann genau ein solcher Fall vorliegt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einen Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall anerkennen zu lassen, soll im Folgenden anhand eines konkreten Gerichtsfalls erläutert werden.
Verständnis Ihrer Rechte bei Arbeitsunfällen während Betriebsausflügen
Fühlen Sie sich unsicher, ob ein Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall anerkannt wird? Es ist verständlich, dass die komplexen Regelungen und Voraussetzungen verwirrend sein können. Als erfahrene Rechtsberater mit tiefgreifender Expertise im Arbeits- und Sozialrecht helfen wir Ihnen, Klarheit zu gewinnen. Kontaktieren Sie uns jetzt für eine unverbindliche Ersteinschätzung und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Situation analysieren. Treffen Sie eine informierte Entscheidung und schützen Sie Ihre Rechte effektiv – wir sind für Sie da.
✔ Der Fall vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Abteilungsleiter erleidet Arbeitsunfall bei betrieblichem Eisstockschießen
Der Kläger, ein langjähriger Abteilungsleiter der Firma Q, verunfallte am 23.11.2018 bei einem von der Geschäftsführung organisierten „Abteilungsleiter-Ausflug“ zum Eisstockschießen. Bei einem Sturz auf der Eisfläche zog er sich eine Luxationsfraktur der rechten Schulter zu. Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen, da es sich ihrer Ansicht nach nicht um eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe. Der Teilnehmerkreis sei auf Führungskräfte beschränkt gewesen und habe nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden.
Sozialgericht bejaht betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung
Das Sozialgericht Detmold gab der Klage des Abteilungsleiters statt. Es sah in dem Eisstockschießen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, bei der die Teilnahme des Klägers versichert gewesen sei. Eine Beschränkung auf bestimmte Betriebsgruppen oder Hierarchieebenen schließe den Versicherungsschutz nicht aus. Im vorliegenden Fall seien mit Geschäftsführung und Abteilungsleitern sogar zwei Führungsebenen vollständig einbezogen gewesen. Es sei nachvollziehbar, dass in einem großen Unternehmen nicht immer alle Mitarbeiter gemeinsam feiern könnten. Der betriebliche Zweck, Kommunikation und Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, rechtfertige den Unfallversicherungsschutz auch bei Veranstaltungen einzelner Abteilungen oder Gruppen.
LSG bestätigt Arbeitsunfall bei Eisstockschießen der Führungskräfte
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wies die Berufung der Berufsgenossenschaft zurück. Es teile die Auffassung des Sozialgerichts, dass eine Beschränkung auf einzelne betriebliche Gruppen einer Einstufung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht entgegenstehe. Bei der Größe des Unternehmens sei dies sogar geboten. Es genüge, wenn durch die Veranstaltung das „Wir-Gefühl“ der Teilnehmer gestärkt werde. Dies gelte auch für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Abteilungsleiter untereinander. Dass deren Zusammenwirken sich positiv auf die Belegschaft auswirken solle, sei ein legitimes betriebliches Interesse des Arbeitgebers.
Arbeitsunfallschutz auch bei Veranstaltungen der Führungsebene
Das Gericht stellte klar, dass auch Veranstaltungen nur der obersten Hierarchieebene unfallversichert sein können, wenn sie betrieblichen Zwecken dienen. Entscheidend sei, ob die Stärkung der Verbundenheit und Kommunikation unter den Teilnehmern im Vordergrund stehe. Dies sei hier zu bejahen, zumal die Geschäftsführung die Veranstaltung selbst initiiert habe und Teambildung ausdrücklich als Ziel genannt worden sei. Dass dies in aufgelockerter weihnachtlicher Atmosphäre erfolgte, ändere daran nichts. Die Anerkennung einer auf Führungskräfte begrenzten Gemeinschaftsveranstaltung sei insoweit nur konsequent, wenn man auch abteilungs- oder gruppenbezogene Events versichert sehe, an denen die Unternehmensleitung üblicherweise nicht teilnehme.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung stellt klar, dass auch Veranstaltungen eines begrenzten Mitarbeiterkreises als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen unfallversichert sein können. Entscheidend ist, ob die Stärkung von Verbundenheit und Kommunikation der Teilnehmer im betrieblichen Interesse liegt, nicht die Teilnahme aller Beschäftigten. Dies erweitert den Versicherungsschutz konsequent auf Team-Events, wenn diese betrieblichen Zwecken dienen. Eine weihnachtliche Atmosphäre steht dem nicht entgegen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Anerkennung von Arbeitsunfällen bei Betriebsveranstaltungen wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Unter welchen Voraussetzungen gilt ein Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall?
- Was versteht man unter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung im Kontext der Unfallversicherung?
- Welche Rolle spielt der Teilnehmerkreis bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls während einer betrieblichen Veranstaltung?
- Wie wird die betriebliche Zweckbestimmung bei der Bewertung eines Arbeitsunfalls während eines Betriebsausflugs berücksichtigt?
- Welche Schritte sollten unternommen werden, wenn die Berufsgenossenschaft einen Unfall bei einer Betriebsveranstaltung nicht als Arbeitsunfall anerkennt?
Unter welchen Voraussetzungen gilt ein Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall?
Ein Unfall während eines Betriebsausflugs gilt als Arbeitsunfall und ist somit über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Die Veranstaltung muss vom Arbeitgeber oder in dessen Auftrag organisiert und von der Unternehmensleitung „gebilligt und gefördert“ werden. Es reicht nicht aus, wenn die Leitung die Veranstaltung nur billigt – sie muss aktiv die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung wollen. Die persönliche Anwesenheit der Unternehmensleitung ist dabei nicht zwingend erforderlich, solange eine von ihr beauftragte Person teilnimmt.
Weiterhin muss die Teilnahme allen Mitarbeitern oder zumindest einer klar abgegrenzten Einheit wie einer Abteilung offenstehen. Veranstaltungen, die von vornherein nur einem kleinen, speziellen Interessentenkreis entsprechen, wie ein Fußballturnier in Faschingskostümen oder eine Fahrt im Fesselballon, erfüllen diese Voraussetzung nicht.
Der Zweck der Veranstaltung muss klar erkennbar die Förderung der Betriebsverbundenheit und des Teamgeists sein. Auch der Hin- und Rückweg zur Veranstaltung sind versichert, solange es sich um den unmittelbaren direkten Weg handelt.
Wichtig: Der Versicherungsschutz endet, sobald die Unternehmensleitung keinen Einfluss mehr auf das Geschehen hat, beispielsweise wenn Mitarbeiter nach der offiziellen Veranstaltung noch privat zusammensitzen. Auch bei übermäßigem Alkoholkonsum auf dem Nachhauseweg kann der Schutz entfallen.
Was versteht man unter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung im Kontext der Unfallversicherung?
Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist eine Veranstaltung, die der Pflege der Verbundenheit zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Dabei müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit der gesetzliche Unfallversicherungsschutz greift:
Der Arbeitgeber oder die Unternehmensleitung muss die Veranstaltung selbst organisieren, billigen oder fördern. Die Planung und Durchführung muss von der Autorität des Arbeitgebers getragen sein. Veranstalter kann auch der Betriebsrat oder eine Mitarbeitergruppe sein, jedoch im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung.
Die Veranstaltung muss allen Betriebsangehörigen oder zumindest einer klar abgegrenzten Organisationseinheit wie einer Abteilung offenstehen. Eine Beschränkung auf einen kleinen Interessentenkreis, z.B. ein Fußballturnier, reicht nicht aus.
Der Zweck muss die Förderung des Betriebsklimas und des Zusammenhalts der Belegschaft sein. Private Motive wie Freizeit oder Unterhaltung allein sind nicht ausreichend.
Während der Dauer der Veranstaltung sowie auf den direkten Hin- und Rückwegen besteht Unfallversicherungsschutz für Aktivitäten im Rahmen des Veranstaltungszwecks. Nach Beendigung der offiziellen Veranstaltung endet der Versicherungsschutz.
Alkoholkonsum kann den Versicherungsschutz gefährden, wenn der Beschäftigte so betrunken ist, dass er nicht mehr am Gemeinschaftszweck mitwirken kann.
Welche Rolle spielt der Teilnehmerkreis bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls während einer betrieblichen Veranstaltung?
Der Teilnehmerkreis spielt eine wichtige Rolle bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls während einer betrieblichen Veranstaltung. Grundsätzlich muss die Veranstaltung allen Beschäftigten des Unternehmens oder zumindest einer organisatorischen Einheit wie einer Abteilung offenstehen. Nur in Ausnahmefällen, wenn aus organisatorischen Gründen eine gemeinsame Veranstaltung für alle nicht möglich ist, kann der Teilnehmerkreis eingeschränkt sein.
Eine Veranstaltung, die von vornherein nur für einen ausgewählten Personenkreis zugänglich ist, erfüllt nicht die Kriterien einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Ebenso wenig ist der Versicherungsschutz gegeben, wenn die Teilnahme von Familienangehörigen oder Dritten vorgesehen ist. Der Gesamtcharakter der Veranstaltung muss auf die Förderung des Gemeinschaftssinns und der Verbundenheit der Belegschaft ausgerichtet sein.
Allerdings kann bei großen Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten oder Organisationseinheiten der Teilnehmerkreis auf die jeweilige Einheit begrenzt sein. Entscheidend ist dann, dass die Leitung dieser Einheit als Veranstalter fungiert und im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung handelt. Die persönliche Teilnahme der Gesamtunternehmensleitung ist in diesem Fall nicht zwingend erforderlich.
Wie wird die betriebliche Zweckbestimmung bei der Bewertung eines Arbeitsunfalls während eines Betriebsausflugs berücksichtigt?
Die betriebliche Zweckbestimmung spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung, ob ein Unfall während eines Betriebsausflugs als Arbeitsunfall gilt. Entscheidend sind vier Kriterien, die vom Bundessozialgericht aufgestellt wurden:
- 1. Gemeinschaftszweck: Der Betriebsausflug muss den Zweck verfolgen, den Zusammenhalt und die Verbundenheit der Beschäftigten untereinander oder zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung zu fördern. Steht hingegen die private Motivation der Teilnehmer wie Freizeitgestaltung oder Erholung im Vordergrund, liegt kein Versicherungsschutz vor.
- 2. Initiative des Unternehmers: Die Veranstaltung muss vom Unternehmer selbst, der Unternehmensleitung oder einem Beauftragten wie dem Betriebsrat organisiert, gebilligt oder gefördert werden. Eine rein private Zusammenkunft von Mitarbeitern reicht nicht aus.
- 3. Offenheit für alle Betriebsangehörigen: Der Betriebsausflug muss grundsätzlich allen Beschäftigten offenstehen. Bei großen Unternehmen können auch Veranstaltungen für einzelne Abteilungen anerkannt werden. Konzeptionell auf nur einen Teil der Belegschaft zugeschnittene Ausflüge erfüllen dieses Kriterium jedoch nicht.
- 4. Teilnahme der Unternehmensleitung: Früher wurde die persönliche Anwesenheit der Unternehmensleitung gefordert. Heute reicht es, wenn die Leitung der jeweiligen Organisationseinheit als Veranstalter fungiert.
Nur wenn alle vier Kriterien erfüllt sind, liegt eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vor. Dann ist ein Unfall während des Betriebsausflugs als Arbeitsunfall in der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt. Andernfalls handelt es sich um eine private Freizeitaktivität ohne Versicherungsschutz.
Welche Schritte sollten unternommen werden, wenn die Berufsgenossenschaft einen Unfall bei einer Betriebsveranstaltung nicht als Arbeitsunfall anerkennt?
Wenn die Berufsgenossenschaft einen Unfall bei einer Betriebsveranstaltung nicht als Arbeitsunfall anerkennt, gibt es mehrere Möglichkeiten vorzugehen. Zunächst sollte der ablehnende Bescheid genau geprüft werden. Die Berufsgenossenschaft muss ihre Entscheidung begründen und auf die Rechtsgrundlagen verweisen. Stimmen die Fakten oder die rechtliche Bewertung nicht, kann dagegen Widerspruch eingelegt werden.
Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids bei der Berufsgenossenschaft eingereicht werden. In der Widerspruchsbegründung sollten alle Argumente dargelegt werden, die für die Anerkennung als Arbeitsunfall sprechen. Gegebenenfalls können weitere Beweise wie Zeugenaussagen oder Arztberichte vorgelegt werden.
Weist die Berufsgenossenschaft den Widerspruch zurück, bleibt der Klageweg zum Sozialgericht. Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Es empfiehlt sich, einen Fachanwalt für Sozialrecht hinzuzuziehen.
Das Sozialgericht prüft dann umfassend, ob die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall vorlagen. Hierbei werden die Umstände des Einzelfalls sowie die Rechtsprechung zu Betriebsveranstaltungen berücksichtigt. War die Veranstaltung beispielsweise vom Arbeitgeber initiiert, der Zusammenhalt der Belegschaft gefördert und die Unternehmensleitung anwesend, spricht dies für einen Arbeitsunfall.
Letztlich kann gegen ein negatives Urteil des Sozialgerichts noch Berufung zum Landessozialgericht und im Revisionsfall zum Bundessozialgericht eingelegt werden. Eine anwaltliche Vertretung ist hier zwingend erforderlich.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung: Regelt die Bedingungen, unter denen ein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wird. Dies umfasst sowohl die versicherten Personen als auch die anerkannten Tätigkeiten und Situationen, wie z.B. Betriebsveranstaltungen.
- § 8 SGB VII – Arbeitsunfall: Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer versicherten Tätigkeit erleidet. Hierunter können auch Unfälle bei betrieblichen Veranstaltungen fallen, wenn sie im Interesse des Unternehmens durchgeführt werden und der Zusammenhalt sowie die Kommunikation unter den Mitarbeitern fördern sollen.
- § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – Versicherte Personen: Beschäftigte sind grundsätzlich versichert. Dazu gehören auch leitende Angestellte und Abteilungsleiter, wenn die Veranstaltung geeignet ist, den betrieblichen Zusammenhalt zu fördern.
- BSG-Rechtsprechung: Entscheidungen des Bundessozialgerichts klären oft Details, wann eine Betriebsveranstaltung unfallversichert ist. Betriebsveranstaltungen müssen durch erhebliche betriebliche Interessen motiviert sein, z.B. die Förderung des „Wir-Gefühls“.
- LSG NRW – Urteil: Dieses Urteil bestätigt, dass auch Veranstaltungen nur für bestimmte Hierarchieebenen im Unternehmen versichert sein können, wenn sie betrieblichen Zwecken dienen. Somit wird klargestellt, dass auch ein auf Abteilungsleiter beschränktes Event als unfallversichert anerkannt werden kann.
- Berufsgenossenschaften: Diese Institutionen sind für die Unfallversicherung der Beschäftigten zuständig. Sie entscheiden, ob ein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wird und leisten gegebenenfalls Entschädigungen.
- Betriebliches Interesse des Arbeitgebers: Das Gericht betont, dass die Veranstaltung ein legitimes betriebliches Interesse verfolgt hat, indem sie das „Wir-Gefühl“ und die Zusammenarbeit unter den Abteilungsleitern gestärkt hat, was sich positiv auf die gesamte Belegschaft auswirken kann.
- Unfallversicherungsschutz bei Abteilungsveranstaltungen: Grundsätzliche Anerkennung des Unfallversicherungsschutzes auch bei Veranstaltungen, die nur bestimmte Abteilungen oder Gruppen betreffen, sofern sie dem Zweck dienen, die Kommunikation und das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb dieser Gruppe zu stärken.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 15 U 440/20 – Urteil vom 17.01.2023
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalles.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit Juni 1973 im Unternehmen Q. mit Sitz in D., welches sich mit der Herstellung von Präzisions-Tiefziehteilen aus verschiedenen Metallen befasst, beschäftigt; seit ca. 20 Jahren ist er als leitender Angestellter Abteilungsleiter. Die Geschäftsleitung des Unternehmens, einem 1931 gegründeten Familienunternehmen, besteht aus drei Geschäftsführern. Die direkt unterhalb der Geschäftsführungsebene positionierte Management-Ebene besteht aus insgesamt 17 Abteilungsleitern, zu denen der Kläger mit der Funktion eines Abteilungsleiters im Werkzeugbau gehört. Dritte Management-Ebene ist die Meisterbebene mit ca. 25 Beschäftigten. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 1.300 Mitarbeiter, am Betriebssitz in D. sind 800 Beschäftigte tätig.
Am 08.10.2018 lud die Geschäftsführung alle Abteilungsleiter schriftlich unter dem Motto „Es ist kalt geworden- cool sein ist Dienstpflicht“- Das wusste auch schon der 1932 geborene Schweizer Aphoristiker Billy, bürgerlich Walter Fürst“ zum „jährlichen Abteilungsleiter-Ausflug“ am 23.11.2018 (Freitag) in den Winterzoo W. ein. In der Einladung heißt es weiter: „Der Zoo W. verwandelt sich von November bis Januar in eine Winterlandschaft mit verschiedenen Attraktionen. Wir wollen uns um 18 Uhr auf einer gemieteten Bahn im Eisstockschießen messen und sehen, wer einen kühlen Kopf behält. Währenddessen gibt es für uns eine Stunde lang Glühwein satt, denn kalte Füße sind lästig, besonders die eigenen (Wilhelm Busch). Zum Aufwärmen geht es anschließend in das Gasthaus C., ebenfalls auf dem B. im Winterzoo. Dort wollen wir uns stärken und den Abend gemeinsam ausklingen lassen“.
Die Kosten der Veranstaltung waren durch das Unternehmen, welches für diesen Abend die gesamte Eisstockbahn gemietet hatte, getragen worden, ebenso wie die Verbringung der Teilnehmer per Taxi von D. nach W..
In unregelmäßigen Abständen werden bei der Q auch Betriebsfeste abgehalten. Im Übrigen finden jährliche abteilungsbezogene Weihnachtsfeiern statt.
Der Kläger rutschte kurz nach Beginn der Veranstaltung gegen 19 h beim Abwurf auf der Eisfläche aus, fiel auf die rechte Schulter und erlitt eine Luxationsfraktur. Das nachfolgende Abendessen fand ohne den Kläger statt und endete gegen 23.30 h.
In dem Auskunftsfragebogen vom 21.12.2018 gab die Arbeitgeberin an, die Veranstaltung sei von der Geschäftsleitung veranlasst worden und habe der Verbesserung der Abteilungsleiter-Teambildung gedient. In der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 22.01.2019 heißt es, bei der Veranstaltung habe es sich um eine Weihnachtsfeier mit dem Hintergrund der Teambildung gehandelt. Ausweislich der Teilnahmeliste, welche der Auskunft beigefügt war, hatten – neben der Geschäftsführung – insgesamt 14 Abteilungsleiter teilgenommen, zwei weitere waren aus dienstlichen Gründen verhindert gewesen, eine Person hatte abgesagt.
Die Beklagte veranlasste zunächst die Heilbehandlung und zahlte Verletztengeld. Am dem 11.03.2019 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
Mit Bescheid vom 24.09.2019 lehnte die Beklagte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und führte zur Begründung aus, zwar seien auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst. Voraussetzung sei jedoch, dass Ziel der Veranstaltung im Sinne eines angemessenen Gemeinschaftszweckes die Pflege der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander sei, der Unternehmer die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung selbst veranstalten oder fördern müsse, selbst anwesend sein oder sich durch einen Beauftragten vertreten lassen müsse und zudem die Möglichkeit bestünde, dass alle Betriebsangehörigen an der Veranstaltung teilnehmen könnten. An letzterer Voraussetzung fehle es, da die Veranstaltung nicht für das gesamte Unternehmen, sondern lediglich für Geschäftsleitung und Abteilungsleiter, somit auf einen kleinen Interessenkreis beschränkt gewesen sei und nicht allen Beschäftigten offen gestanden habe; an einer betrieblichen Zielsetzung fehle es insoweit bei einem Beisammensein nur ausgewählter Belegschaftsmitglieder, etwa nur der Führungskräfte.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2019 mit im wesentlichen gleicher Begründung wie im angefochtenen Bescheid zurück und führte ergänzend aus, durch die Beschränkung des Teilnehmerkreises scheide eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung aus; allein das Interesse der Unternehmensleistung, dass sich aus Veranstaltungen wie der vorliegenden auch eine Motivation zur Leistungssteigerung ergäbe und hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde, reiche nicht aus.
Hiergegen hat der Kläger am 24.12.2019 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben.
Der Kläger hat geltend gemacht, es sei nicht erforderlich, dass eine vom Unternehmen getragene Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offen stehe; bei der fraglichen Veranstaltung sei es nicht um Betriebssport und auch nicht um betriebliches Wintervergnügen gegangen. Vielmehr habe es sich um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt, die den Zweck beinhaltet hätte, die wichtigen Sekundärqualifikationen wie Teambildung und die Kommunikationsfähigkeit der Abteilungsleiter untereinander zu fördern. Auch sei in dem Einladungsschreiben von einer Dienstpflicht die Rede gewesen. Bei einem Familienbetrieb mit geringer Fluktuation von Mitarbeitern werde Kommunikation, Loyalität und Verbundenheit mit dem Unternehmen groß geschrieben. Bei einer Einladung der Unternehmensleitung fühle man sich verpflichtet teilzunehmen. Man könne die Teilnahme zwar ablehnen, dies sei aber unüblich.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2019 zu verurteilen, den Unfall vom 23.11.2018 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen verwiesen und ausgeführt, eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung könne nicht angenommen werden; soweit dem Kläger Verletztengeld ausgezahlt worden sei, sei diese Leistung ebenso wie die Heilbehandlung nur vorläufig erbracht worden und könne ein Rechtsanspruch hieraus nicht hergeleitet werden. Ein Anerkenntnis eines Arbeitsunfalles sei hierin nicht zu sehen. Ebenso wenig könne unter Einbeziehung des Einladungsschreibens davon ausgegangen werden, dass es sich um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt habe. Die Veranstaltung sei nach Dienstende durchgeführt worden und Ziel seien das gesellige Beisammensein und anschließende Abendessen gewesen.
Mit Urteil vom 24.08.2020 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 23.11.2018 als Arbeitsunfall anzuerkennen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt:
„Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthafte Klage ist zulässig und auch begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2019 war aufzuheben, weil er den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Kläger hat nämlich am 23.11.2018 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- erlitten, als er im Rahmen des Firmenevents beim Eisstockschießen auf die rechte Schulter stürzte und sich eine Verletzung dieser zuzog.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Von daher setzt ein Arbeitsunfall voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Ereignis den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb versichert ist. Der Verrichtung muss dabei ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv oder rechtlich wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 05.07.2016 -B 2 U 19/14 R- mit weiteren Nachweisen).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat am 23.11.2018 einen Körperschaden erlitten, welcher auf seine Verrichtung während des Abteilungsleiterausfluges zurückzuführen ist. Die Teilnahme erfüllt auch das hier allein streitige Tatbestandsmerkmal der versicherten Beschäftigung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, weil sie in innerem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter stand.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses eine Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereichen. Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass eine eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG, Urteil vom 23.04.2015 -B 2 U 5/14 R-; BSG, a. a. O. mit weiteren Nachweisen).
Eine den Versicherungsschutz als Beschäftigter begründende Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, etwa einer betrieblichen Weihnachtsfeier. Insoweit unterstützen die in das Unternehmen eingegliederten Beschäftigten durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte oder geforderte Teilnahme das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern; vor diesem Hintergrund rechtfertigt der Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der versicherten Tätigkeit zu betrachten (ständige Rechtsprechung des BSG).
Bei der am 23.11.2018 ab 18.00 Uhr durchgeführten Veranstaltung des Eisstockschießens handelte es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Die im angefochtenen Bescheid vom 24.09.2019 dargelegten Voraussetzungen für die Annahme betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen entsprachen der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung, sind aber mittlerweile durch aktuelle Rechtsprechung zu relativieren.
Grundvoraussetzung ist zunächst, dass die Veranstaltung im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung stattfand, was bedeutet, dass die Unternehmensleitung zwar nicht selbst Veranstalter sein muss, sondern es genügt, dass sie die Veranstaltung billigt; die Durchführung einer Veranstaltung als betriebliche muss von der Unternehmensleitung gewollt sein; soweit Veranstaltungen in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens durchgeführt werden, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert. Da im vorliegenden Fall die Unternehmensleitung zu der Veranstaltung eingeladen hatte, den Transport zu dieser organisiert und auch sämtliche Kosten getragen hatte, ist dieses Kriterium nicht weiter zu problematisieren. Ebenso wenig ist das weitere Kriterium, die Unternehmensleitung persönlich müsse an der Feier teilnehmen, fraglich, wobei hier nach aktueller Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 05.07.2016) an diesem Kriterium nicht länger festzuhalten ist , so dass die Teilnahme an Veranstaltungen, die nur der Kontaktpflege bzw. Pflege der Verbundenheit der Beschäftigten untereinander dienen, grundsätzlich entgegen der früheren Rechtsprechung kein den Versicherungsschutz mehr ausschließendes Kriterium ist (vgl. zur früheren Rechtsprechung BSG, Urteil vom 26.10.2004 -B 2 U 16/04 R-). Wie das BSG zuletzt betonte, müssen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen (dies zum dritten Kriterium) einen betrieblichen Zweck verfolgen, wofür es nunmehr ausreichend ist, wenn durch sie das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird; dass gerade die Betriebsleitung im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung persönlichen Kontakt herstellen können muss, wird mit Blick auf die veränderte Arbeitswelt nunmehr höchstrichterlich nicht mehr für notwendig erachtet.
Ausgehend hiervon ist auch die weitere, von der Beklagten statuierte Voraussetzung, alle Betriebsangehörigen müssten an der Veranstaltung teilnehmen können, zu relativieren, da ein unfallversicherungsrechtlich schützenswerter betrieblicher, dem Unternehmen dienender Zweck auch dann erreicht und gefördert wird, wenn kleinere Untergliederungen eines Betriebes Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen und die Teilnahme der Betriebsleitung hieran nicht erfolgt. Insoweit wird es vom Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII her ausreichend gesehen, dass durch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten auch im jeweiligen Sachgebiet oder Team gefördert wird; notwendig ist nicht mehr, dass alle Betriebsangehörigen teilnehmen können, notwendig ist, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Teams offen steht. Dabei ist für die unter Unfallversicherungsschutz zu stellende Untergruppierung auch keine „vertikale“ Gliederung zu fordern, vielmehr können als Abteilung oder Gruppe auch Betriebsangehörige mit gleichartigen Funktionen, vorliegend die Abteilungsleiter, aufgefasst werden. Ein derartiger Fall lag der Entscheidung des BSG vom 27.02.1985 (2 RU 42/84) zugrunde. Mit dieser Entscheidung hatte das BSG die vorinstanzliche Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.02.1983 (L 3 U 53/82) aufgehoben; dieses hatte ein gemütliches Beisammensein von Abteilungsleitern und Substituten als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen und zur Begründung ausgeführt, die Veranstaltung sei darauf gerichtet gewesen, die betriebliche Zusammenarbeit zu fördern und von der Unternehmensleitung, welche nicht nur die Kosten übernommen hatte, getragen worden; es bestehe insoweit kein Anlass, die Abteilungsleiter und Substituten nicht als eine Abteilung oder Gruppe anzusehen, deren Zusammenkunft nach der Rechtsprechung als Gemeinschaftsveranstaltung gewertet werden könne. Hierzu hat das BSG im Urteil vom 27.02.1985, dessen Leitsatz, „ein gemütliches Beisammensein von Abteilungsleitern und Substituten auf Einladung der Geschäftsführung ist keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung“ der im hiesigen Urteil vertretenen Auffassung zu widersprechen scheint, ausgeführt, dass das Landessozialgericht zwar zutreffend davon ausgehe, dass nach den in der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätzen eine dem Unfallversicherungsschutz unterliegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter Umständen auch in der Veranstaltung einzelner Abteilungen oder Gruppen eines Unternehmens gesehen werden könne; die grundlegende Fallgestaltung wurde damit vom BSG grundsätzlich als schützenswert nach den Umständen des Einzelfalles angesehen. Die Ablehnung von Unfallversicherungsschutz im entschiedenen Fall erfolgte lediglich vor dem Hintergrund, dass dem früher geforderten Kriterium, die Veranstaltung müsse der Pflege der Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft dienen, nicht Genüge getan war, weil es einer betrieblichen Zielsetzung im Hinblick auf eine Förderung der Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Betriebsangehörigen mangels Teilnahme der Unternehmensleitung mangelte; von letzterer Voraussetzung ist indes das BSG, wie dargelegt, abgekehrt, so dass das erkennende Gericht anknüpfend an die seinerzeitige Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz auch betriebliche Veranstaltungen, zu denen lediglich eine homogene Gruppe, hier von Abteilungsleitern, eingeladen ist, als unter Unfallversicherungsschutz stehend beurteilt.
Unabhängig davon durfte der Kläger nach seinem Empfängerhorizont und den betrieblichen Gepflogenheiten zumindest berechtigt annehmen, ihn treffe eine Pflicht zur Teilnahme an der von der Unternehmensleitung organisierten Veranstaltung. Diese mag zwar keine aus dem Beschäftigungsverhältnis unmittelbar resultierende Haupt- oder Nebenpflicht des Rechtsverhältnisses sein, nach dem Inhalt des Einladungsschreibens, in welchem von der Dienstpflicht die Rede ist, durfte der Kläger zumindest annehmen, er dürfe sich ohne wichtige Gründe der Teilnahme nicht entziehen. Dies hat der Kläger überzeugend und glaubwürdig im Termin zur mündlichen Verhandlung unter Hinweis darauf, es handele sich um ein familiengeführtes Unternehmen, in welchem Kommunikation, Loyalität und Verbundenheit mit dem Unternehmen groß geschrieben würden, dargelegt und darauf hingewiesen, bei ständiger Unternehmensübung, seitens der Geschäftsleitung zu derartigen Veranstaltungen einzuladen, fühle man sich vor diesem Hintergrund verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.“
Gegen das am 03.09.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.09.2020 Berufung eingelegt.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Argumentation macht sie geltend, die mit der Veranstaltung allein einhergehende Zielsetzung der Förderung des Kontakts zwischen den Führungskräften unter Ausschluss der übrigen Arbeitnehmerschaft genüge nicht, um gesellige Zusammenkünfte der betrieblichen Tätigkeit zuzuordnen. Es habe sich nicht um einen Teambildungsprozess gehandelt, sondern lediglich um ein gemütliches Zusammensein/ Gratifikation im Kreis der Führungskräfte, deren Teilnahme freiwillig gewesen sei. Es habe sich daher nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung im Sinne der BSG-Rechtsprechung gehandelt. Hierzu hat sie auf Urteile des BSG vom 28.07.1977 (2 RU 49/76) und vom 27.02.1985 (2 RU 42/84) sowie vom 28.03.1985 (2 RU 47/83) verwiesen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 24.08.2020 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Veranstaltung habe sich an die gesamte Leitungsebene gerichtet, also an sämtliche Abteilungsleiter sowie die darüber liegende Ebene der Geschäftsführer. Bis auf einen Abteilungsleiter, seien zwei Teilnehmer, die nicht erschienen seien, aus betrieblichen Gründen an der Teilnahme gehindert gewesen. Die Veranstaltung habe auch der Teambildung gedient und zur Auflockerung der Atmosphäre im Hinblick auf die später im Rahmen der Veranstaltung beim Abendessen geführten betrieblichen Gespräche beitragen sollen. Auch sei innerhalb der Leitungsebene von einer Pflicht zur Teilnahme auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat der zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, 56 SGG) zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 24.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat am 23.11.2018 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; ständige Rechtsprechung vgl. BSG Urteil vom 30.03.2017 – B 2 U 15/15 R – juris.de Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 15.11.2016 – B 2 U 12/15 R – juris Rn. 14 m.w.N).
Der Kläger hat am 23.11.2018 bei dem Sturz auf der Eisfläche beim Eisstockschießen mit dem Aufkommen auf dem Boden durch eine Einwirkung von außen einen Gesundheitserstschaden in Form einer Luxationsfraktur der rechten Schulter erlitten. Er war grundsätzlich als Beschäftigter (Abteilungsleiter Werkzeugbau bei der Firma Q) kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Seine Verrichtung zur Zeit des geltend gemachten Unfallereignisses – der Teilnahme an dem Eisstockschießen – stand in einem sachlichen Zusammenhang zur nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit, denn das Eisstockschießen war – entgegen der Ansicht der Beklagten – Bestandteil einer von der Beschäftigtenversicherung umfassten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines mit ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV -) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse der Verrichtung dem Unternehmen und nicht dem Verletzten selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl. BSG Urteile vom 30.03.2017 – B 2 U 15/15 R – juris Rn. 15; vom 15.11.2016 a.a.O – juris Rn. 17; und vom 28.06.2022 – B 2 U 8/20 R – juris Rn. 15 jeweils m.w.N.).
Vorliegend hat der Kläger mit seiner Teilnahme an der Veranstaltung/Eisstockschießen ersichtlich keine geschuldete (arbeitsvertragliche) Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis als Abteilungsleiter und dem damit einhergehenden Tätigkeitsprofil erfüllt und auch kein unternehmensbezogenes Recht (z.B. im Rahmen betrieblicher Mitbestimmung) wahrgenommen. Die Ausführungen des Sozialgerichts hierzu, dass aus der Überschrift „Cool sein ist Dienstpflicht“ der Kläger insoweit nach seinem Empfängerhorizont eine dienstliche Verpflichtung zur Teilnahme habe ableiten können, wird dem offensichtlich humorvollen Kontext der Formulierungen des Einladungsschreibens nicht gerecht und lässt den Schluss auf eine arbeitsvertragliche Pflicht nicht zu.
Das unfallbringende Eisstockschießen kann hier jedoch als Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der versicherten Beschäftigung zugerechnet werden.
Dies kann bei der freiwilligen, d.h. rechtlich nicht geschuldeten und vom Unternehmen nicht abverlangten Teilnahme an einer sog. betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in Betracht kommen, weil der Beschäftigte wegen seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) durch seine freiwillige, aber vom Unternehmer erbetene Teilnahme das erklärte Unternehmensinteresse unterstützt, durch die Gemeinschaftsveranstaltung den Zusammenhalt in der Belegschaft zu fördern (vgl. BSG Urteil vom 22.09.2009 – B 2 U 4/08 R – juris.de Rn. 11). Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte Teilnahme das Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu stärken. Dieses unternehmensdienliche Verhalten rechtfertigt es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses geschuldeten versicherten Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten (vgl. zuletzt BSG, Urteile vom 28.06.2022 – B 2 U 8/20 R – juris Rn. 13; vom 15.11.2016 – B 2 U 12/15 R – juris Rn. 19 und vom 05.07.2016 – B 2 U 19/14 – juris Rn. 13, jeweils m.w.N.).
Eine Teilnahme an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zugerechnet werden. Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG Urteil vom 15.11.2016 – B 2 U 12/15 R – juris Rn. 20 ff m.w.N.; vergl. auch Bayerisches LSG vom 24.05.2016 – L 3 U 170/13 – juris Rn. 40 ff; LSG Hamburg vom 17.02.2015 – L 3 U 31/12 – juris Rn. 24 ff), dass der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchführt oder durchführen lässt. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung einzuladen oder einladen zu lassen. Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Dienststellen verfügt, genügt es, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter fungiert. Insoweit hat das BSG z.B. ausdrücklich eine im Einvernehmen mit der Dienststellenleitung von einem Sachgebiet veranstaltete Weihnachtsfeier unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestellt, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Sachgebiets offensteht und die Sachgebietsleitung teilnimmt (vgl. BSG vom 05.07.2016 a.a.O. Rn 14-15 m.w.N.). Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss daher vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offenstehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist. In Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet oder nicht zweckdienlich ist, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen. Grundsätzlich ist erforderlich, dass eine Veranstaltung alle Betriebsangehörigen bzw. den Angehörigen der organisatorischen Einheit, auch z. B. die nicht sportinteressierten, einbezieht. An dem ursprünglich geforderten weiteren Kriterium der Teilnahme der Unternehmensleitung selbst an der Veranstaltung hat das BSG nicht mehr festgehalten (vgl. Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 19/14 R – juris Rn. 16 f.).
Allerdings müssen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen nach wie vor im Interesse des Arbeitgebers liegen und einen betrieblichen Zweck verfolgen. Die von der Unternehmensleitung getragene, in ihrem Einvernehmen durchgeführte Veranstaltung muss darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten, die Stärkung des Wir-Gefühls und die Kommunikation untereinander zu fördern. An diesem betrieblichen Zusammenhang fehlt es, wenn stattdessen Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder die Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen im Vordergrund steht. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände erforderlich (vgl. BSG Urteile vom 28.06.2022 a.a.O, Rn 21 m.w.N; vom 15.11.2016 a.a.O. Rn. 20 ff m.w.N.; vom 05.07.2016 a.a.O – Rn. 14 jeweils m.w.N.)
Nach Maßgabe der genannten Grundsätze handelte es sich bei der Teilnahme an dem Eisstockschießen um eine betriebliche und damit versicherte Gemeinschaftsveranstaltung.
Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Veranstaltung von der Unternehmensleitung nicht nur gefördert oder in ihrem Einvernehmen stattgefunden hat, sondern von ihr selbst initiiert und organisiert worden ist. Der sportliche Teil des Eisstockschießens gehörte zu dem Gesamtprogramm der Veranstaltung vom 23.11.2018, wie es sich aus dem Einladungsschreiben ergibt, also dem winterlichen Sportereignis selbst und dem anschließenden gemeinsamen Abendessen im Restaurant. Bereits die Einbettung in ein Programm und der Ausgestaltung im Übrigen mit der optischen winterlichen Atmosphäre und dem Angebot von Glühwein spricht für ein der Jahres- und Weihnachtszeit angepasstes Event, welches schon der äußeren Betrachtung nach, wesentliche Elemente einer klassischen Weihnachtsfeier, mit deren Ermöglichung der Arbeitgeber regelmäßig auch seine Wertschätzung für Mitarbeiter zum Ausdruck bringt, aufweist. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass insoweit für die Veranstaltung lediglich Geselligkeit und Freizeitgestaltung im Vordergrund gestanden haben könnten.
Die Beschränkung der Teilnehmer auf einzelne Abteilungen oder sachbereichsinterne Gruppen und organisatorische Einheiten schließt nach der Rechtsprechung des BSG eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung entgegen der Ansicht der Beklagten, deren Vortrag im Übrigen jegliche Überlegungen zu der aktuellen Rechtsprechung des BSG vermissen lässt, nicht aus. Dabei ist es bereits aufgrund der Größe des Betriebs und der Mitarbeiteranzahl nachvollziehbar, dass Betriebsfeste und ähnliche Veranstaltungen nicht immer als Gesamtveranstaltung mit allen Betriebsangehörigen durchgeführt werden, sondern auch abteilungsbezogen organisiert werden. Offensichtlich meint die Beklagte, dass der Teilnehmerkreis derartiger Veranstaltungen alle Gruppen der Beschäftigten und damit immer alle oder mehrere Hierarchie-Ebenen umfassen müsse und dass eine Veranstaltung, die lediglich einer bestimmten Führungsebene offensteht, keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sein kann. Eine solche Pflicht zur hierarchieübergreifenden Ausgestaltung von betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen vermag aber der Senat – unabhängig von der Tatsache, dass hier zumindest zwei Hierarchieebenen – die der Geschäftsführung und die der Abteilungsleiter – vollständig erfasst und eingeladen waren, aus der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abzuleiten. Es ist nicht erkennbar, warum die Führungsebene der Abteilungsleiter, wie sie konzeptionell bei der Arbeitgeberin des Klägers darstellbar ist, nicht als funktionelle organisatorische Einheit, deren harmonisches Zusammenwirken auch mit einer positiven Außendarstellung und einer Vorbildfunktion für die Belegschaft verbunden sein dürfte, betrachtet werden soll. Der Senat hegt auch keinen Zweifel daran, dass bei einer lebensnahen Betrachtung einer derartigen Zusammenkunft der Führungsebene in Anwesenheit der Inhaber-Geschäftsführung eines Familienbetriebes tro tz des Eventcharakters jedenfalls bei dem anschließenden Essen firmenbezogene Themen angesprochen werden sollten, und dass auch eine Interaktion der einzelnen Manager im Sinne von Teambildung, aber auch der Auslotung der Fähigkeiten, sich solchen „Herausforderungen“ zu stellen, seitens der Geschäftsführung angestrebt war. Die Intention der Förderung der Kommunikation und Teambildung war von der Arbeitgeberin ausdrücklich angeführt worden und ist nach Ansicht des Senats bei Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht in Zweifel zu ziehen. Dies gilt umso mehr, als die Geschäftsführung hier selbst Initiator der Veranstaltung gewesen ist und offenbar auch genau nachgehalten wurde, aus welchen Gründen einzelne Abteilungsleiter abgesagt hatten. Dass dies alles in einer etwas aufgelockerten weihnachtlichen Atmosphäre stattgefunden hat, steht der betrieblichen Zweckrichtung der Veranstaltung jedenfalls nicht entgegen. Letztlich ist die Anerkennung einer auf die beiden oberen Hierarchieebenen beschränkten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung auch konsequent, wenn man mit der Rechtsprechung des BSG abteilungs- oder teambezogene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen anerkennt. An solchen Gemeinschaftsveranstaltungen kleinerer betrieblicher Einheiten wird die oberste Führungsebene regelmäßig nicht teilnehmen. Die Stärkung betrieblicher Verbundenheit oder eines „Wir-Gefühls“ wird der Betriebsleitung bei größeren Unternehmen regelmäßig nur dadurch gelingen, dass sie entsprechende unternehmerische Werte und Ziele in der nachgeordneten Führungsebene verankert und diese damit betraut, die entsprechenden Werte und Ziele in einzelne Abteilungen und Teams zu transportieren. Damit verfolgt eine auf die beiden oberen Hierarchieebenen beschränkte Veranstaltung, wie hier, ebenso einen betrieblichen Zweck wie eine abteilungs- oder teambezogene Veranstaltung.
Die von der Beklagten angeführten Urteile des BSG von 1977 und 1985 stützen ihr Berufungsvorbringen nicht. Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, beziehen sich die dortigen Ausführungen, wonach ein gemütliches Zusammensein weniger ausgesuchter leitender Angestellter keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung darstelle, auf der damaligen und durch das Urteil des BSG vom 05.07.2016 a.a.O. letztlich aufgegebenen Auffassung, dass bei einer solchen Veranstaltung immer auch die Verbundenheit zwischen der Betriebsleitung und der gesamten Belegschaft zum Ausdruck kommen muss und daher die Teilnahme an Veranstaltungen, die nur der Kontaktpflege bzw. der Verbundenheit der Beschäftigten untereinander dienten, selbst unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Erwartungshaltungen, keinen Versicherungsschutz begründen sollte. Hierzu hat das BSG jedoch nunmehr klargestellt, dass es für ein betriebliches Interesse des allein auch die Beitragslast tragenden Unternehmers als ausreichend erachtet werden kann, wenn durch die Veranstaltung das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird. Dies hat das BSG ausdrücklich auch für eine Veranstaltung bejaht, die der Förderung der Verbundenheit und des Gemeinschaftsgefühls der Beschäftigten in dem jeweiligen Sachgebiet oder Team dient (BSG vom 05.07.2016 a.a.O RdNr 16, 17 m.w.N.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.