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Anspruch auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten – Voraussetzungen

Trotz gesundheitlicher Einschränkungen den Job behalten: Eine Krankenschwester kämpft für ihren Arbeitsplatz und zwingt die Behörden zum Umdenken. Ein Urteil stärkt nun die Rechte von behinderten Arbeitnehmern, die um ihre berufliche Zukunft bangen.

Übersicht

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
  • Datum: 13.06.2023
  • Aktenzeichen: L 9 AL 147/21
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Sozialrecht zur Gleichstellung einer Pflegekraft als Schwerbehinderte
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Behindertenrecht (SGB IX)
  • Beteiligte Parteien:
  • Klägerin: Examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, die aufgrund mehrerer gesundheitlicher Einschränkungen (u.a. Hörminderung, Gleichgewichtsstörungen, Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen) zunächst einen GdB von 30 und im sozialgerichtlichen Verfahren einen GdB von 40 erhielt; sie strebte die Gleichstellung als Schwerbehinderte an, wobei ihre beruflichen Verhältnisse bereits beendet worden waren.
  • Beklagte: Partei, die gegen die Gleichstellungsmaßnahme opponierte und in der Berufung versuchte, die Entscheidung des Sozialgerichts Köln anzufechten; ihre Berufung wurde zurückgewiesen und sie wurde zur Kostenerstattung verpflichtet.
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Die Klägerin, eine examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, erlitt diverse gesundheitliche Beeinträchtigungen, die zu einer Erhöhung ihres Grad der Behinderung von 30 auf 40 führten; trotz bereits beendeter Arbeitsverhältnisse strebte sie die Gleichstellung als Schwerbehinderte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX an.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX als Schwerbehinderte gleichgestellt werden kann und ob die von der Beklagten eingelegte Berufung gegen diese Gleichstellungsmaßnahme zurückzuweisen ist.
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wies die Berufung der Beklagten zurück, bestätigte die Gleichstellung der Klägerin als Schwerbehinderte und verurteilte die Beklagte zur Erstattung der Kosten im Berufungsverfahren; die Revision wurde nicht zugelassen.
  • Folgen: Die Klägerin bleibt als Schwerbehinderte gleichgestellt, während die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet ist; das Urteil ist endgültig, da keine Revision zugelassen wurde.

Der Fall vor Gericht


Anspruch auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten bestätigt: Landessozialgericht stärkt Rechte von Arbeitnehmern mit Behinderung

Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat mit Urteil vom 13. Juni 2023 (Az.: L 9 AL 147/21) die Rechte von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben gestärkt. Im Zentrum des Verfahrens stand der Anspruch einer Klägerin auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Das Gericht bestätigte die vorinstanzliche Entscheidung des Sozialgerichts Köln und wies die Berufung der beklagten Bundesagentur für Arbeit zurück. Damit wird der Klägerin der besondere Schutz des Schwerbehindertenrechts zugesprochen, obwohl ihr Grad der Behinderung (GdB) unter 50 liegt.

Hintergrund des Falls: Gesundheitsbedingte Einschränkungen und Arbeitsplatzgefährdung im Fokus

Die Klägerin, eine examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, wies bereits seit längerem einen festgestellten Grad der Behinderung von 40 auf. Dieser resultierte aus verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, darunter Hörminderung, Gleichgewichtsstörungen, Wirbelsäulenprobleme und weitere Einschränkungen des Bewegungsapparates. Trotz dieser Einschränkungen war die Klägerin weiterhin im Pflegeberuf tätig.

Antrag auf Gleichstellung: Sicherung des Arbeitsplatzes als entscheidendes Motiv

Die Klägerin beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Ihr Hauptanliegen war die Sicherung ihres Arbeitsplatzes. Sie argumentierte, dass ihre gesundheitlichen Einschränkungen ihren Arbeitsplatz gefährdeten. Frühere Arbeitgeber hätten signalisiert, dass sie ihren Beruf aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr vollumfänglich ausüben könne und ihr keinen behindertengerechten Arbeitsplatz anbieten könnten.

Ablehnung durch die Bundesagentur für Arbeit: Keine unmittelbare Arbeitsplatzgefährdung gesehen

Die Bundesagentur für Arbeit lehnte den Antrag der Klägerin zunächst ab. In ihrer Begründung führte die Behörde an, dass keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Arbeitsplatz der Klägerin behinderungsbedingt gefährdet sei. Die Behörde sah es nicht als erwiesen an, dass die Gleichstellung notwendig sei, um den Arbeitsplatz zu erhalten.

Widerspruch und Klage: Klägerin kämpft für ihre Rechte vor dem Sozialgericht

Gegen die Ablehnung legte die Klägerin Widerspruch ein und schilderte detailliert ihre Auseinandersetzungen mit ihrem vorherigen Arbeitgeber. Dieser hatte ihr nahegelegt, entweder in einem Altenheim zu arbeiten oder sich eine neue Stelle zu suchen. Auch der Widerspruch wurde von der Bundesagentur für Arbeit zurückgewiesen. Daraufhin erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln, um ihre Gleichstellung gerichtlich durchzusetzen.

Sozialgericht Köln gibt Klägerin Recht: Arbeitsplatzgefährdung durch Behinderung anerkannt

Das Sozialgericht Köln gab der Klage der Klägerin statt und verurteilte die Bundesagentur für Arbeit zur Gleichstellung. Das Gericht erkannte die Arbeitsplatzgefährdung aufgrund der Behinderung der Klägerin an. Es folgte damit der Argumentation der Klägerin, dass ihre gesundheitlichen Einschränkungen sehr wohl eine Gefahr für ihren Arbeitsplatz darstellten.

Berufung der Bundesagentur für Arbeit: Behörde hält an Ablehnung fest

Die Bundesagentur für Arbeit legte gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein. Die Behörde argumentierte weiterhin, dass die Gleichstellung nicht erforderlich sei. Sie führte an, dass die Klägerin nach dem Verlust ihres vorherigen Arbeitsplatzes auch ohne Gleichstellung eine neue Stelle gefunden habe und keine akute Gefährdung des aktuellen Arbeitsplatzes erkennbar sei.

Landessozialgericht NRW bestätigt Gleichstellung: Schutz vor drohender Arbeitslosigkeit im Fokus

Das Landessozialgericht NRW wies die Berufung der Bundesagentur für Arbeit zurück und bestätigte damit das Urteil des Sozialgerichts Köln. Das LSG NRW stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass es bei der Gleichstellung nicht nur um den unmittelbaren Verlust des Arbeitsplatzes gehen müsse. Entscheidend sei vielmehr, ob die behinderungsbedingten Einschränkungen langfristig zu einer Gefährdung des Arbeitsplatzes führen können.

Rechtliche Grundlagen der Gleichstellung: § 2 Abs. 3 SGB IX als zentrale Norm

Die Entscheidung des Landessozialgerichts stützt sich auf § 2 Abs. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). Diese Vorschrift regelt die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung mit schwerbehinderten Menschen. Demnach sind Menschen mit einem GdB von weniger als 50 schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, wenn sie wegen ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

Bedeutung für Betroffene: Erweiterter Schutz vor Diskriminierung und Arbeitsplatzverlust

Das Urteil des Landessozialgerichts NRW hat erhebliche Bedeutung für Menschen mit Behinderung, deren GdB unter 50 liegt. Es stärkt ihre Rechte im Arbeitsleben und erweitert den Schutz vor Diskriminierung und Arbeitsplatzverlust. Die Entscheidung macht deutlich, dass eine Gleichstellung nicht erst bei akuter Arbeitsplatzgefährdung in Betracht kommt, sondern bereits dann, wenn langfristig eine solche Gefährdung droht.

Konsequenzen für die Praxis: Frühzeitige Antragstellung und umfassende Begründung wichtig

Für Betroffene bedeutet dies, dass es ratsam ist, einen Antrag auf Gleichstellung frühzeitig zu stellen, idealerweise bereits dann, wenn erste Anzeichen einer Arbeitsplatzgefährdung aufgrund der Behinderung erkennbar werden. Es ist wichtig, den Antrag umfassend zu begründen und die konkreten Umstände darzulegen, die zur Gefährdung des Arbeitsplatzes führen können. Dazu gehören beispielsweise Einschränkungen bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten, Schwierigkeiten im Arbeitsalltag oder Signale des Arbeitgebers, die auf eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses hindeuten.

Keine Revision zugelassen: Urteil des LSG NRW ist rechtskräftig

Das Landessozialgericht NRW hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Damit ist die Entscheidung rechtskräftig und stärkt die Position von Menschen mit Behinderung im Kampf um Gleichstellung und Arbeitsplatzsicherung. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit des Sozialstaatsprinzips und den Schutz von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten auch dann möglich ist, wenn der Arbeitgeber aktuell Rücksicht auf gesundheitliche Einschränkungen nimmt, aber dennoch eine potenzielle Gefährdung des Arbeitsplatzes besteht. Entscheidend ist nicht die momentane Situation, sondern die grundsätzliche Gefährdungslage, die sich aus dem Widerspruch zwischen den gesundheitlichen Einschränkungen und den vertraglich festgelegten Arbeitspflichten (wie Schichtdienst, Mehrarbeit) ergibt. Das Gericht erkennt an, dass der präventive Schutz durch eine Gleichstellung gerechtfertigt sein kann, selbst wenn die Gefährdung nicht unmittelbar akut ist.

Benötigen Sie Hilfe?

Gleichstellung als Brücke zu einer sicheren beruflichen Perspektive

Bei Unsicherheiten, wie bestehende gesundheitliche Einschränkungen langfristig den Arbeitsplatz beeinträchtigen können, ist es entscheidend, Ihre Situation umfassend zu beleuchten. Fragen zur Gleichstellung und den daraus resultierenden Rechten im Arbeitsleben können komplexe Herausforderungen mit sich bringen, die weit über den aktuellen Moment hinausgehen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, die relevanten Aspekte Ihres Falls gründlich zu prüfen und bietet Ihnen präzise Beratung in schwierigen Situationen. Vertrauen Sie auf unsere Erfahrung, um Ihre individuellen Rechte zu wahren und gemeinsam Wege zu finden, Ihre berufliche Zukunft abzusichern.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Gleichstellung mit Schwerbehinderten“ konkret für meinen Arbeitsplatz?

Die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen bedeutet, dass Sie als Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40 ähnliche Rechte und Schutzmaßnahmen genießen wie Personen mit einer Schwerbehinderung. Dies hat konkrete Auswirkungen auf Ihren Arbeitsplatz:

Besonderer Kündigungsschutz

Wenn Sie gleichgestellt sind, profitieren Sie von einem erweiterten Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber muss vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Dies gilt jedoch erst nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten.

Anpassung des Arbeitsplatzes

Sie haben das Recht, eine behinderungsgerechte Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes zu verlangen. Dies kann ergonomische Möbel, technische Hilfsmittel oder andere Anpassungen umfassen, die Ihre Arbeit erleichtern. Die Kosten hierfür werden oft von externen Stellen wie dem Integrationsamt übernommen.

Unterstützung und Förderung

Als gleichgestellte Person haben Sie Zugang zu speziellen Fachdiensten und Fördermaßnahmen. Dies kann Beratung, Coaching oder andere Unterstützungsleistungen umfassen, die Ihnen helfen, Ihre Arbeit bestmöglich zu erledigen.

Freistellung von Mehrarbeit

Auf Ihren Wunsch hin können Sie von Mehrarbeit freigestellt werden. Dies kann Ihnen helfen, Ihre Belastung im Arbeitsalltag zu reduzieren und Ihre Gesundheit zu schützen.

Vorteile für Arbeitgeber

Ihre Gleichstellung bietet auch Ihrem Arbeitgeber Vorteile. Er kann finanzielle Zuschüsse für Ihre Beschäftigung erhalten und Sie auf die Pflichtarbeitsplatzquote für schwerbehinderte Menschen anrechnen. Dies kann Ihre Position im Unternehmen stärken.

Unterschiede zur Schwerbehinderung

Es ist wichtig zu wissen, dass die Gleichstellung nicht alle Rechte einer Schwerbehinderung umfasst. Im Gegensatz zu schwerbehinderten Kollegen haben Sie keinen Anspruch auf Zusatzurlaub, kostenlose Beförderung im öffentlichen Nahverkehr oder eine vorgezogene Altersrente. Auch erhalten Sie keinen Schwerbehindertenausweis.

Wenn Sie eine Gleichstellung beantragen möchten, wenden Sie sich an die Agentur für Arbeit. Dort können Sie einen formlosen Antrag stellen und erhalten weitere Informationen zum Verfahren. Die Gleichstellung kann Ihnen helfen, Ihren Arbeitsplatz zu sichern und Ihre berufliche Situation zu verbessern.


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Wann sollte ich einen Antrag auf Gleichstellung stellen, auch wenn mein Arbeitsplatz noch sicher erscheint?

Es ist ratsam, einen Antrag auf Gleichstellung frühzeitig zu stellen, auch wenn Ihr Arbeitsplatz aktuell noch sicher erscheint. Der richtige Zeitpunkt ist, sobald Sie erste Anzeichen einer möglichen Gefährdung Ihres Arbeitsplatzes wahrnehmen, die mit Ihrer Behinderung in Zusammenhang stehen könnten.

Anzeichen für eine mögliche Arbeitsplatzgefährdung

Achten Sie auf folgende Hinweise, die auf eine potenzielle Gefährdung hindeuten können:

  • Häufige behinderungsbedingte Fehlzeiten
  • Verminderte Arbeitsleistung aufgrund Ihrer Behinderung
  • Dauerhafte Einschränkung Ihrer Belastbarkeit
  • Notwendigkeit regelmäßiger Unterstützung durch Kollegen
  • Eingeschränkte berufliche oder regionale Mobilität wegen Ihrer Behinderung

Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bei sich feststellen, könnte dies ein geeigneter Zeitpunkt für einen Gleichstellungsantrag sein.

Begründung eines präventiven Antrags

Bei der Antragstellung ist es wichtig, die Auswirkungen Ihrer Behinderung auf Ihre Arbeitssituation detailliert zu beschreiben. Erläutern Sie, wie sich Ihre gesundheitlichen Einschränkungen konkret auf Ihren Arbeitsalltag auswirken und warum Sie befürchten, dass dies in Zukunft zu Problemen führen könnte.

Vermeiden Sie jedoch eine zu drastische Schilderung der Arbeitsplatzgefährdung. Die Arbeitsagentur könnte sonst zu dem Schluss kommen, dass Ihr aktueller Arbeitsplatz für Sie ungeeignet ist.

Vorteile einer frühzeitigen Antragstellung

Ein frühzeitiger Antrag bietet Ihnen mehrere Vorteile:

  1. Präventiver Schutz: Sie sichern sich rechtzeitig die Rechte eines schwerbehinderten Menschen, bevor akute Probleme auftreten.
  2. Rückwirkende Gültigkeit: Die Gleichstellung gilt ab dem Tag der Antragstellung. Je früher Sie den Antrag stellen, desto eher können Sie von den Schutzrechten profitieren.
  3. Bessere Verhandlungsposition: Mit einer Gleichstellung haben Sie eine stärkere Position bei Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber über Arbeitsplatzanpassungen oder bei drohenden betrieblichen Veränderungen.

Bedenken Sie: Die Gleichstellung dient nicht nur dazu, einen bereits gefährdeten Arbeitsplatz zu sichern, sondern auch präventiv Ihre Position im Arbeitsleben zu stärken. Indem Sie frühzeitig handeln, können Sie potenzielle Schwierigkeiten abfedern und Ihre berufliche Zukunft aktiv gestalten.


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Wie begründe ich meinen Antrag auf Gleichstellung überzeugend, auch wenn mein Grad der Behinderung unter 50 liegt?

Um Ihren Antrag auf Gleichstellung überzeugend zu begründen, sollten Sie sich auf die konkreten Auswirkungen Ihrer Behinderung auf Ihre Arbeitssituation konzentrieren. Der Kern Ihrer Argumentation muss darlegen, dass Sie aufgrund Ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

Darlegung der konkreten Einschränkungen

Beschreiben Sie detailliert, wie sich Ihre Behinderung auf Ihren Arbeitsalltag auswirkt. Nennen Sie spezifische Tätigkeiten, die Ihnen Schwierigkeiten bereiten oder die Sie nur eingeschränkt ausführen können. Wenn Sie beispielsweise aufgrund einer Rückenerkrankung Probleme beim längeren Sitzen haben, erläutern Sie, wie dies Ihre Arbeit am Schreibtisch beeinträchtigt.

Nachweis der Gefährdung des Arbeitsplatzes

Führen Sie konkrete Anhaltspunkte an, die auf eine Gefährdung Ihres Arbeitsplatzes hindeuten. Dies können sein:

  • Häufige behinderungsbedingte Fehlzeiten
  • Eine andauernde verminderte Belastbarkeit
  • Abmahnungen oder Abfindungsangebote im Zusammenhang mit behinderungsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit
  • Notwendige Assistenzleistungen durch Kollegen
  • Eingeschränkte berufliche oder regionale Mobilität aufgrund der Behinderung

Ärztliche Gutachten und Stellungnahmen

Untermauern Sie Ihre Argumentation mit ärztlichen Gutachten, die Ihre Einschränkungen und deren Auswirkungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit bestätigen. Diese Gutachten sollten möglichst aktuell sein und detailliert auf Ihre berufliche Situation eingehen.

Stellungnahme des Arbeitgebers

Wenn möglich, fügen Sie eine Stellungnahme Ihres Arbeitgebers bei, die die Auswirkungen Ihrer Behinderung auf Ihre Arbeitsleistung bestätigt. Dies kann besonders überzeugend sein, da es die Perspektive des Arbeitgebers einbringt.

Vergleich mit nicht-behinderten Kollegen

Stellen Sie dar, inwiefern Sie aufgrund Ihrer Behinderung im Vergleich zu nicht-behinderten Kollegen benachteiligt sind. Dies kann sich auf Aspekte wie Arbeitsgeschwindigkeit, Flexibilität oder Einsatzfähigkeit beziehen.

Zukunftsperspektive

Erläutern Sie, wie die Gleichstellung Ihnen helfen würde, Ihren Arbeitsplatz langfristig zu sichern oder einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Zeigen Sie auf, welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen oder Anpassungen durch die Gleichstellung möglich wären und wie diese Ihre Arbeitssituation verbessern könnten.

Denken Sie daran: Die Agentur für Arbeit prüft jeden Fall individuell. Je konkreter und nachvollziehbarer Sie Ihre Situation schildern, desto höher sind Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Gleichstellung.


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Welche Rolle spielt mein Arbeitgeber bei meinem Antrag auf Gleichstellung und welche Pflichten hat er?

Einbindung des Arbeitgebers im Antragsprozess Ihr Arbeitgeber wird im Rahmen des Gleichstellungsantrags in der Regel durch die Agentur für Arbeit einbezogen. Diese kann eine Stellungnahme vom Unternehmen oder der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebsrat oder Personalrat anfordern. Ziel dieser Stellungnahme ist es, die Arbeitsplatzsituation zu bewerten und zu prüfen, ob Ihre Schwierigkeiten maßgeblich auf die Auswirkungen Ihrer Behinderung zurückzuführen sind und ob Ihr Arbeitsplatz tatsächlich gefährdet ist. Wichtig ist, dass Sie als Antragsteller vorher Ihre Zustimmung zur Einholung dieser Stellungnahmen geben müssen.

Pflichten des Arbeitgebers während des Antragsprozesses Bis zur Entscheidung über den Antrag hat Ihr Arbeitgeber keine besonderen Pflichten nach dem Schwerbehindertenrecht (§ 151 Abs. 2 SGB IX). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt, dass die Rechte und Pflichten aus der Gleichstellung erst mit dem Feststellungsbescheid der Agentur für Arbeit wirksam werden. Vor der Entscheidung muss der Arbeitgeber beispielsweise nicht vorsorglich die Schwerbehindertenvertretung informieren oder anhören.

Pflichten des Arbeitgebers nach erfolgreicher Gleichstellung Nach einer positiven Entscheidung über Ihren Antrag gelten für Ihren Arbeitgeber die gleichen Pflichten wie gegenüber schwerbehinderten Menschen. Dazu gehören unter anderem:

  • Kündigungsschutz: Ihr Arbeitgeber benötigt vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes.
  • Behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung: Ihr Arbeitgeber muss sicherstellen, dass Ihr Arbeitsplatz Ihren Bedürfnissen entspricht. Dies kann technische Hilfsmittel oder ergonomische Anpassungen umfassen.
  • Förderung: Sie haben Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei Weiterbildungsmaßnahmen und innerbetrieblichen Schulungen.

Unterstützung durch den Arbeitgeber Ihr Arbeitgeber kann Sie aktiv unterstützen, indem er Ihnen bei der Antragstellung hilft, etwa durch Stellungnahmen oder durch Zusammenarbeit mit der Schwerbehindertenvertretung. Außerdem können Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) beratend tätig werden, um den Prozess zu erleichtern und Fördermöglichkeiten zu nutzen.

Umgang mit Konflikten Falls es während oder nach dem Antragsprozess zu Konflikten kommt, etwa bei der Arbeitsplatzgestaltung, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten, der Schwerbehindertenvertretung oder der Personalabteilung suchen. In schwierigen Fällen kann das Integrationsamt eingeschaltet werden, um Lösungen zu finden und gegebenenfalls finanzielle Unterstützung für Anpassungen am Arbeitsplatz bereitzustellen.

Relevante Einschränkungen für den Arbeitgeber Ihr Arbeitgeber hat kein Widerspruchsrecht gegen eine Gleichstellung. Die Entscheidung liegt allein bei der Agentur für Arbeit, basierend auf Ihrer individuellen Situation und den eingereichten Nachweisen.


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Was kann ich tun, wenn mein Antrag auf Gleichstellung abgelehnt wird?

Wenn Ihr Antrag auf Gleichstellung abgelehnt wurde, haben Sie mehrere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen:

Widerspruch einlegen

Sie können innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids schriftlich Widerspruch einlegen. Dieser Schritt ist wichtig, da er Ihre Rechte wahrt und eine erneute Prüfung Ihres Antrags ermöglicht.

Beachten Sie folgende Punkte beim Einlegen des Widerspruchs:

  • Halten Sie unbedingt die Frist von einem Monat ein.
  • Formulieren Sie den Widerspruch schriftlich und begründen Sie ihn ausführlich.
  • Fügen Sie neue Argumente oder Beweise hinzu, die Ihren Anspruch auf Gleichstellung unterstützen.
  • Reichen Sie den Widerspruch bei der Stelle ein, die den Ablehnungsbescheid ausgestellt hat.

Gründe für die Ablehnung analysieren

Lesen Sie den Ablehnungsbescheid sorgfältig durch und verstehen Sie die Gründe für die Ablehnung. Häufig liegt es daran, dass der Zusammenhang zwischen Ihrer Behinderung und den Schwierigkeiten im Arbeitsleben nicht ausreichend dargelegt wurde.

Zusätzliche Unterlagen nachreichen

Sammeln Sie weitere Belege, die Ihre Situation verdeutlichen. Dies können sein:

  • Aktuelle ärztliche Gutachten
  • Detaillierte Beschreibungen Ihrer Arbeitssituation
  • Stellungnahmen von Vorgesetzten oder Kollegen

Diese zusätzlichen Unterlagen können Ihren Widerspruch stärken und die Chancen auf eine positive Entscheidung erhöhen.

Klage vor dem Sozialgericht

Sollte auch der Widerspruch abgelehnt werden, können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage vor dem Sozialgericht erheben. Dieser Schritt erfordert eine sorgfältige Vorbereitung und Abwägung der Erfolgsaussichten.

Alternative Möglichkeiten prüfen

Wenn die Gleichstellung nicht erreicht werden kann, gibt es andere Wege, um Ihre berufliche Situation zu verbessern:

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Diese umfassen verschiedene Unterstützungsangebote wie berufliche Anpassung, Weiterbildung oder technische Arbeitshilfen.
  • Individuelle betriebliche Qualifizierung: Im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung können Sie eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Qualifizierung erhalten.
  • Arbeitsplatzanpassung: Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber über Möglichkeiten, Ihren Arbeitsplatz behinderungsgerecht zu gestalten.

Denken Sie daran, dass jeder Fall individuell ist. Die genaue Vorgehensweise hängt von Ihrer persönlichen Situation und den Gründen für die Ablehnung ab. Eine sorgfältige Vorbereitung und das Sammeln aller relevanten Unterlagen können Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Gleichstellung oder alternative Unterstützung deutlich erhöhen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


 

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2 Abs. 3 SGB IX: Eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen ist möglich, wenn der Grad der Behinderung (GdB) weniger als 50 beträgt, aber die betroffene Person aufgrund ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung keinen geeigneten Arbeitsplatz finden oder behalten kann. Die Gleichstellung bewirkt im Wesentlichen, dass diese Personen im Arbeitsleben rechtlich den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin mit einem GdB von 40 strebt die Gleichstellung an, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, da sie befürchtet, ihn aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu verlieren. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für eine Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX vorliegen.
  • § 151 Abs. 2 SGB IX: Die Gleichstellung wird auf Antrag von der Agentur für Arbeit vorgenommen, wenn festgestellt wird, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SGB IX erfüllt sind. Dies setzt eine individuelle Prüfung der Gefährdung des Arbeitsplatzes oder der Schwierigkeit der Arbeitsplatzfindung aufgrund der Behinderung voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ablehnung der Gleichstellung durch die Beklagte erfolgte mit der Begründung, es lägen keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Arbeitsplatzes vor. Das Gericht muss nun überprüfen, ob diese Einschätzung zutrifft und ob die Klägerin tatsächlich auf die Gleichstellung zum Erhalt ihres Arbeitsplatzes angewiesen ist.
  • § 164 Abs. 1 und 2 SGB IX: Arbeitgeber sind verpflichtet, schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen so zu beschäftigen, dass sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll einsetzen können und ihre Persönlichkeit geschützt wird. Dies beinhaltet die behinderungsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsorganisation. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin hatte gegenüber ihrem vorherigen Arbeitgeber argumentiert, dass dieser ihr keinen leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten wollte. Dies ist ein wichtiger Aspekt im Kontext der Gleichstellung, da die Notwendigkeit der Gleichstellung auch daraus resultieren kann, dass Arbeitgeber ihren Pflichten zur behinderungsgerechten Beschäftigung nicht ausreichend nachkommen.
  • § 178 Abs. 2 SGB IX: Gleichgestellte Arbeitnehmer genießen einen besonderen Kündigungsschutz, der dem von schwerbehinderten Menschen ähnelt. Vor einer ordentlichen Kündigung eines gleichgestellten Arbeitnehmers ist die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich. Dies soll sicherstellen, dass eine Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kündigungsschutz ist das zentrale Element, das die Klägerin durch die Gleichstellung erlangen möchte. Die Angst vor einer behinderungsbedingten Kündigung ist der Hauptgrund für ihren Antrag, da die Gleichstellung sie vor ungerechtfertigten Kündigungen schützen soll.

Das vorliegende Urteil


Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 9 AL 147/21 – Urteil vom 13.06.2023


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