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Anspruch auf Krankengeld – Voraussetzungen

Landessozialgericht Thüringen – Az.: L 6 KR 1065/13 – Urteil vom 20.12.2016

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 21. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld ab dem 25. September 2010 bis zum 31. Oktober 2010 streitig.

Die 1966 geborene und bei der Beklagten pflichtversicherte Klägerin war bei der … mbH M. als Verkäuferin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete einvernehmlich am 23. September 2010. Seit 24. September 2010 war sie bei der Beklagten familienversichert.

Am 24. September 2010 suchte die Klägerin die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl. med. N. auf. Diese bescheinigte ihr ab 24. September 2010 Arbeitsunfähigkeit (Erstbescheinigung vom 24. September 2010, voraussichtlich bis einschließlich 5. Oktober 2010).

Mit Bescheid vom 2. November 2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 27. September 2010 auf Gewährung von Krankengeld mit der Begründung ab, zum Zeitpunkt des fiktiven Entstehens des Anspruchs auf Krankengeld, dem 25. September 2010, habe keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld bestanden.

Mit Schriftsatz vom 2. November 2011 erhob die Klägerin Widerspruch und trug vor, ihr stünde Krankengeld zu, da sie für einen Zeitraum von sechs Wochen ab dem 24. September 2010 keine Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erhalten habe. Mit Bescheid vom 14. Februar 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Schreiben vom 2. November 2011 als Überprüfungsantrag gewertet werde. In der Sache führte sie aus, dass ab dem 25. September 2010 keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld vorliege und dem Antrag auf Krankengeld somit nicht entsprochen werden könne. Hiergegen erhob die Klägerin erneut Widerspruch mit der Begründung, sie sei durchgehend bei der Beklagten versichert gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der behandelnde Arzt habe Arbeitsunfähigkeit ab 24. September 2010 bescheinigt. Ein Krankengeldanspruch entstehe demnach ab dem 25. September 2010, einen Tag nach der ärztlichen Feststellung, sodass grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld ab dem 25. September 2010 bestehen könnte. Da zu diesem Zeitpunkt aber keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld bestanden habe, habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Krankengeld.

Hiergegen hat die Klägerin am 28. Juni 2012 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) Klage erhoben, diese jedoch nicht begründet und auch keinen Klageantrag gestellt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2013 aus den Gründen des Widerspruchsbescheids abgewiesen.

Gegen den ihren Bevollmächtigten am 6. Juni 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4. Juli 2013 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass ihr Arbeitsverhältnis zwar einvernehmlich am 23. September 2010 geendet habe, sie sich jedoch ab dem 24. bis zum 28. September 2010 „in der Urlaubsabgeltung“ befunden habe. Auch aus diesem Grunde sei ihr Antrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt worden. Zudem habe sie während ihrer Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Diese sozialrechtliche Lücke bis zur Gewährung von Arbeitslosengeld sechs Wochen später sei durch die Beklagte zu schließen. Ihr Versicherungsverhältnis habe nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) weiter fortbestanden, da insbesondere während der Urlaubsabgeltung auch ihr Arbeitsverhältnis weiter fortbestanden habe. Selbst wenn man der Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 4. März 2014 – Az.: B 1 KR 68/12 R, nach juris) zur Frage der Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Urlaubsabgeltung folgen wollte, wäre die Berufung dennoch begründet, da die erste von ihrer Ärztin ausgestellte Arbeitsunfähigkeits-(AU-)bescheinigung offensichtlich falsch gewesen sei. Sie sei bereits vorher arbeitsunfähig gewesen, weshalb auch ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet worden sei. Dies könne nicht zu ihrem Nachteil gereichen. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass sie aufgrund ihrer psychischen Erkrankung gehindert gewesen sei, vor dem 24. September ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigen zu lassen. Sämtliche AU-Bescheinigungen, auch die für die Zeit vom 5. bis zum 15. Oktober 2010, habe sie immer zeitnah und fristgerecht bei der Beklagten und bei Ihrem Arbeitgeber eingereicht. Sie legt den Ablehnungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit E. vom 18. Oktober 2010, betreffend die Ablehnung der Zahlung von Arbeitslosengeld, die AU-Bescheinigungen der Dipl.-Med. K. vom 5. Oktober 2010 sowie des Dr. H. vom 15. Oktober 2010, die Lohnbescheinigungen ihres ehemaligen Arbeitgebers vom November 2009 sowie von Januar bis September 2010, den Vergleichsbeschluss des Arbeitsgerichts E. vom 20. Mai 2011 (Az.: 8 Ca 1824/10) sowie zwei ärztliche Stellungnahmen der Dipl.-Med. N. 13. April 2016 und des Dr. H. vom 7. März 2016 vor.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 21. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 2. November 2010 zurückzunehmen und ihr Krankengeld in gesetzlicher Höhe vom 25. September 2010 bis 31. Oktober 2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung macht sie geltend, die Tatsache, dass das Arbeitsamt die Urlaubsabgeltung berücksichtigt hätte, falls die Klägerin verfügbar gewesen wäre, führe nicht dazu, dass von einem verlängerten Bestehen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Die Klägerin habe AU-Bescheinigungen für die Zeiträume vom 24. September bis 5. Oktober 2010 und vom 15. bis 31. Oktober 2010 eingereicht. Die im Laufe des Berufungsverfahrens eingereichte AU-Bescheinigung für die Zeit vom 5. bis zum 15. Oktober 2010 habe ihr bislang nicht vorgelegen, so dass diesbezüglich der Anspruch auf Krankengeld bereits ruhen würde und daher eine Zahlung von vornherein ausscheide. Für die übrigen Zeiträume ergäbe sich ein kalendertägliches Bruttokrankengeld in Höhe von 39,23 Euro, insgesamt mithin in Höhe von 1.098,44 Euro. Anhaltspunkte für eine Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit der Klägerin vor oder nach dem 24. September 2010 gebe es nicht. Die Klägerin sei vielmehr am 23. September 2010 in der Lage gewesen, einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen sowie anschließend am 24. September 2010 einen Arzt aufzusuchen.Der Berichterstatter des Senats hat mit den Beteiligten am 31. August 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt. Insoweit wird auf die in der Gerichtsakte befindliche Sitzungsniederschrift verwiesen.Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 29. November (Bevollmächtigte der Klägerin) sowie vom 2. Dezember 2016 (Beklagte) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist zulässig (§ 151 SGG).

Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Klage ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG sowie der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2012 sind rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Beklagte ist nicht, auch nicht im Wege des sogenannten Zugunstenverfahrens, verpflichtet, den Bescheid vom 2. November 2010 zurückzunehmen.

Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Der Bescheid der Beklagten vom 2. November 2010 ist zwar bestandskräftig geworden. Es fehlen aber die übrigen Voraussetzungen nach § 44 SGB X. Die Beklagte hat in diesem Bescheid nämlich zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeld gemäß §§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V im beantragten Zeitraum vom 25. September 2010 bis 31. Oktober 2010 hat.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Im ersten Fall entsteht der Anspruch gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der hier anzuwendenden, bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung (a.F.) an dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Dies gilt für jede Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – Az.: B 1 KR 19/11 R, nach juris).

Die Klägerin gehörte im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der AU am 24. September 2010 nicht mehr zum Kreis der nach § 5 Abs 1 Nr. 1 SGB V versicherten Arbeitnehmer. Ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten endete nämlich gemäß § 190 Abs. 2 SGB V bereits mit dem Ausscheiden aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 23. September 2010. Ab dem 24. September 2010 war die Klägerin zwar nach § 10 SGB V familienversichert, einen Anspruch auf Krankengeld vermittelte diese Familienversicherung jedoch nicht (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).

Entgegen der Auffassung der Klägerin verlängerte die ihr vom 24. bis 28. September 2010 gewährte Urlaubsabgeltung das Beschäftigungsverhältnis und damit die Pflichtmitgliedschaft nicht. Nach § 190 Abs. 2 SGB V ist Voraussetzung für den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses u.a. eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt. Die Urlaubsabgeltung stellt jedoch kein Arbeitsentgelt dar. Dass eine Urlaubsabgeltung ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht fortbestehen lässt, ergibt sich im Übrigen auch aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, wonach versicherungspflichtig u.a. die Personen in der Zeit sind, für die sie Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung ruht. Die Einbeziehung der Urlaubsabgeltung wäre nicht erforderlich, wenn sie für die Dauer, für die sie erbracht wird, ohnehin zur Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V führte (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2014 – Az.: B 1 KR 68/12 R, nach juris).Die Klägerin unterlag auch nicht ab dem Tag nach ärztlicher Feststellung der AU am 24. September 2010 der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit oder ab Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung ruht. Daran fehlte es. Die Klägerin bezog im September und Oktober 2010 kein Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V stellt bei der ersten Alternative allein auf den tatsächlichen Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld ab, ohne Rücksicht darauf, ob die Voraussetzungen für den Leistungsbezug vorliegen. An dem für den Beginn der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erforderlichen Bezug von Arbeitslosengeld fehlt es. Das bloße Bestehen eines Arbeitslosengeldanspruchs ist für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht ausreichend (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2014 – Az.: B 1 KR 68/12 R, a.a.O.). Der Senat kann deshalb offen lassen, ob die Ablehnung des Arbeitslosengeldanspruchs zu Recht oder Unrecht erfolgte. Lediglich ergänzend ist hier anzumerken, dass Bedenken bestehen, ob die seinerzeitige Ablehnung des Arbeitslosengeldanspruchs außerhalb der Urlaubsabgeltung rechtmäßig war, da ein solcher immer dann in Betracht kommt, wenn sich die Klägerin – wie geschehen – mit einem etwa verbliebenen Restleistungsvermögen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellte.

Ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ruhte im zweiten Monat, mithin im Oktober 2010 auch nicht nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 SGB V). Die Regelung ist weder unmittelbar noch sinngemäß anzuwenden. Ein vollständig in den ersten Monat fallender Ruhenszeitraum – wie vorliegend (September 2010) – erfüllt den Tatbestand schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht (ebenso BSG, Urteil vom 4. März 2014 – Az.: B 1 KR 68/12 R, a.a.O.). Der Arbeitslosengeld-Anspruch der Klägerin ruhte wegen der Urlaubsabgeltung lediglich vom 24. bis zum 28. September 2010. Spätestens ab 29. September 2010 zahlte die Arbeitsagentur allein deshalb kein Arbeitslosengeld, weil die Klägerin aufgrund ihrer AU den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur nicht zur Verfügung gestanden haben soll. Der Anspruchsausschluss folgt damit ausschließlich aus dem Umstand, dass die Klägerin fortlaufend arbeitsunfähig war und vor Beginn der AU kein Arbeitslosengeld bezogen hatte, sodass eine Leistungsfortzahlung nach § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht in Betracht kam. Dies erfüllt jedoch nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.

Die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten aus der Beschäftigtenversicherung bestand auch nicht wegen eines Anspruchs auf Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fort. Die Mitgliedschaft bleibt danach u.a. erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, ist aber zugleich auch erforderlich, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld – hier also am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses, dem 23. September 2010 – alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Ablauf dieses Tages – und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages – einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen. Die ärztliche Feststellung der AU der Klägerin als Voraussetzung für einen Krankengeldanspruch erfolgte aber erst am 24. September 2010.

Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung geltend macht, die erste von ihrer Ärztin ausgestellte AU-Bescheinigung sei offensichtlich falsch gewesen, da sie bereits vorher arbeitsunfähig gewesen sei, weshalb auch ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet worden sei, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Die Klägerin ist erstmals am 24. September 2010 beim Arzt zum Zwecke der Bescheinigung der AU vorstellig geworden. Ungeachtet dessen, dass in der erstmalig ausgestellten AU-Bescheinigung der Dipl.-Med. N. vom 24. September 2010 die AU der Klägerin gerade nicht rückwirkend festgestellt wurde, käme eine solche rückwirkende ärztliche Feststellung auch nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn die Beklagte die Klägerin von der rechtszeitigen Feststellung durch eine unzutreffende Beratung abgehalten hätte (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – Az.: B 1 KR 37/14 R, nach juris). Weder behauptet die Klägerin solches, noch hat der Senat entsprechende Anhaltspunkte. Selbst wenn die ausstellende Ärztin es hier, wie die Klägerin meint, fehlerhaft unterlassen hätte, rückwirkend eine AU festzustellen, so würde hieraus mangels der Beklagten zurechenbarer Pflichtverletzung kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, sondern allenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die Ärztin resultieren (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris).

Schließlich geht der Senat mit der Beklagten davon aus, dass die Klägerin nicht, wie von ihr mit der Berufung behauptet, aufgrund ihrer psychischen Erkrankung gehindert war, vor dem 24. September 2010 ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigen zu lassen. Anhaltspunkte für eine Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit der Klägerin vor oder nach dem 24. September 2010 hat auch der Senat nicht. Die Klägerin ist vielmehr am 23. September 2010 in der Lage gewesen, einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen sowie anschließend am 24. September 2010 einen Arzt aufzusuchen. Selbst der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hält es lediglich für nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt handlungs- bzw. geschäftsunfähig gewesen ist. Es mag zwar sein, dass die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit ihrer psychischen Erkrankung zusammen hing, konkrete Hinweise auf eine Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit folgen hieraus jedoch nicht. Der Senat hat daher auch keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, zumal nach so langer Zeit keine diesbezüglichen Ermittlungsmöglichkeiten erkennbar sind. Aus dem Arztbrief der Dipl.-Med. N. vom 13. April 2016 ergibt sich vielmehr, dass sich die Klägerin im Rahmen der Urlaubsvertretung in deren Praxis am 24. September erst- und einmalig vorstellte. Hieraus folgert der Senat, dass die Klägerin vorher keinen Arzt aufgesucht hatte. Auch der Nervenarzt Dr. H. kann in seinem Arztbrief vom 7. März 2016 keinen Arzt-Patienten-Kontakt für die Zeit vor dem 24. September 2010 bestätigen. Mithin geht die Nichterweislichkeit zu Lasten der Klägerin.

Nachdem somit ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeld ab dem 25. September 2010 ausscheidet, kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin, wie im Berufungsverfahren behauptet, seinerzeit auch die AU-Bescheinigung für die Zeit vom 5. bis zum 15. Oktober 2010 bei der Beklagten eingereicht hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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