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Anspruch auf operative Hautstraffung nach erheblicher Gewichtsverminderung

Nach dem Verlust von fast der Hälfte ihres Körpergewichts kämpfte eine Patientin vor Gericht für mehr als nur ein neues Aussehen. Ihr Fall wirft ein Schlaglicht auf die oft übersehenen medizinischen Folgen massiven Gewichtsverlusts und die Frage, wann eine Straffungs-OP mehr als nur Schönheitschirurgie ist. Es geht um Lebensqualität, schmerzhafte Realitäten und die Grenzen der medizinischen Notwendigkeit.

Übersicht

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: SG Potsdam
  • Datum: 10.10.2023
  • Aktenzeichen: S 7 KR 349/21
  • Verfahrensart: Leistungsklage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf postbariatrische Hautstraffung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung
  • Rechtsbereiche: Sozialversicherungsrecht, Gesundheitsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Eine 1982 geborene Patientin, die nach einer bariatrischen Operation (Gewichtsverlust von 160 kg auf 75 kg) einen erheblichen Hautüberschuss erlitt und aufgrund von Hautreizungen – vor allem beim Sport – die Kostenübernahme für eine Postbariatrische Operation zur Hautstraffung beantragte. Sie stützte ihren Antrag auf ein ärztliches Attest.
    • Beklagte: Die gesetzliche Krankenkasse, die den Antrag zur Kostenübernahme der postbariatrischen Operation ablehnte. Zur Beurteilung ließ sie den medizinischen Dienst der Krankenkassen hinzuziehen, der in seinem Gutachten feststellte, dass kein entstellender Charakter und keine therapieresistenten Hautreizungen vorlägen.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Klägerin beantragte am 18. März 2021 die Kostenübernahme für eine postbariatrische Operation zur Hautstraffung in den Bereichen Oberarme, Oberschenkel, Brust und Flanken, nachdem sie infolge einer bariatrischen Operation einen massiven Gewichtsverlust erlitten und dadurch einen erheblichen Hautüberschuss entwickelt hatte.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer postbariatrischen Operation erfüllt sind – insbesondere, ob die Operation der Oberschenkel als notwendige medizinische Leistung anzuerkennen ist, während Anträge auf weitere Körperregionen abgewiesen werden.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Beklagte wurde verurteilt, der Klägerin eine postbariatrische Operation der Oberschenkel als Sachleistung zu gewähren, während die Klage bezüglich der weiteren beantragten Operationen abgewiesen wurde. Zusätzlich muss die Beklagte 30 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstatten.
    • Folgen: Die Krankenkasse ist verpflichtet, die postbariatrische Operation an den Oberschenkeln durchzuführen, was zukünftige Fälle ähnlicher Leistungsanträge beeinflussen kann. Die teilweise Kostenerstattung wirkt sich zudem auf die Auseinandersetzung um außergerichtliche Kosten im Sozialversicherungsrecht aus.

Der Fall vor Gericht


Sozialgericht Potsdam stärkt Rechte von Patienten auf Hautstraffung nach Gewichtsabnahme

Das Sozialgericht Potsdam hat in einem Urteil (Az.: S 7 KR 349/21) vom 10. Oktober 2023 entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse die Kosten für eine operative Hautstraffung der Oberschenkel nach einer erheblichen Gewichtsreduktion übernehmen muss, wenn medizinische Gründe dies rechtfertigen. Das Gericht gab damit der Klage einer Patientin teilweise statt, die nach einer bariatrischen Operation und massivem Gewichtsverlust unter Hautüberschüssen litt und die Kostenübernahme für mehrere Straffungsoperationen beantragt hatte.

Patientin fordert Kostenübernahme für umfassende Hautstraffungsoperationen nach massiver Gewichtsreduktion

Im Zentrum des Rechtsstreits stand der Anspruch einer 1982 geborenen, gesetzlich krankenversicherten Frau auf sogenannte postbariatrische Operationen. Nachdem die Klägerin durch eine Bariatrische Operation ihr Gewicht von ursprünglich 160 kg auf 75 kg reduzieren konnte, entwickelte sie erhebliche Hautüberschüsse in verschiedenen Körperregionen, darunter Bauch, Brust, Oberarme, Oberschenkel und Flanken. Diese Hautüberschüsse führten laut ärztlicher Bescheinigung zu Hautreizungen, insbesondere bei sportlicher Betätigung. Die Patientin beantragte daher bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für operative Hautstraffungen in den genannten Bereichen.

Krankenkasse lehnt Kostenübernahme zunächst ab – Medizinischer Dienst sieht keine medizinische Notwendigkeit

Die Krankenkasse lehnte den Antrag der Patientin zunächst ab. Sie stützte sich dabei auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MD), der in einem Gutachten vom 21. April 2021 zu dem Schluss kam, dass keine medizinische Notwendigkeit für die beantragten Operationen bestehe. Laut MD lägen bei der Klägerin keine entstellenden Merkmale oder therapieresistente Hautreizungen und Hautentzündungen vor. Der MD empfahl lediglich, die Haut trocken zu halten, um Reizungen zu vermeiden, und sah keine körperliche Einschränkung durch die Hautüberschüsse. Daraufhin wies die Krankenkasse den Antrag der Patientin mit Bescheid vom 22. April 2021 zurück.

Widerspruch und Teilweise Anerkennung der Medizinischen Indikation für Bauchstraffung

Die Patientin legte gegen die Ablehnung Widerspruch ein und legte ein weiteres ärztliches Schreiben vor, in dem ein Klinikum die medizinische Indikation für eine Straffungsoperation aufgrund von wiederkehrendem Schwitzen und Reizungen in den Hautfalten, insbesondere bei körperlicher Aktivität, bestätigte. Zudem wurden rezidivierende Infektionen in der Unterbauchfalte und am Bauchnabel angeführt. Daraufhin holte die Krankenkasse ein weiteres Gutachten des Medizinischen Dienstes ein. Dieses Gutachten vom 6. Juli 2021 bestätigte zwar die medizinische Indikation für eine Bauchdeckenstraffung (abdominelle Fettschürzenresektion), sah jedoch für die anderen beantragten Bereiche weiterhin keine medizinische Notwendigkeit. Die Krankenkasse erließ daraufhin einen Teilabhilfebescheid und bewilligte die Bauchdeckenstraffung, wies den Widerspruch im Übrigen aber zurück.

Klage vor dem Sozialgericht Potsdam – Patientin beklagt Unzumutbarkeit und psychische Belastung

Die Patientin erhob daraufhin Klage vor dem Sozialgericht Potsdam. Sie argumentierte, dass das Tragen von Kompressionswäsche, insbesondere im Sommer, unzumutbar sei und die Empfehlungen des MD zur Vermeidung von Hautreizungen als unangemessen empfinde. Sie betonte, dass es sich nicht um eine rein kosmetische Operation handele, sondern um ihre Gesundheit gehe. Sie wies auf Pilzinfektionen hin, die zwar behandelbar seien, aber langfristig auch die Psyche belasten könnten. Die Patientin beantragte die Kostenübernahme für Straffungsoperationen an Oberschenkeln, Oberarmen, Brust und Thorax.

Gerichtliches Verfahren und Einholung eines Sachverständigengutachtens – Fokus auf Funktionelle Beeinträchtigung

Im gerichtlichen Verfahren holte das Sozialgericht Befundberichte von behandelnden Ärzten ein und beauftragte schließlich eine Sachverständige, Dr. W., mit der Erstellung eines Gutachtens. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Hautfaltenbildung an den Oberschenkeln und Flanken der Patientin zu Hautreizungen und funktionellen Beeinträchtigungen führe, die Krankheitswert hätten. Sie stellte fest, dass die Haut und das Unterhautgewebe an den Flanken erheblich auftragen und unter normaler Kleidung nicht zu kaschieren seien. Zudem würden BH und Arme bei jeder Bewegung reiben. Die Haut an den Oberschenkelinnenseiten sei weich und faltig, was zu Reizungen innerhalb der Falten führe. Obwohl keine messbare Einschränkung der Arm- und Beinbewegung vorliege, sah die Gutachterin aufgrund der Hautreizungen und der beschriebenen Beeinträchtigungen eine medizinische Indikation für die Straffungsoperationen in den Bereichen Oberschenkel und Flanken.

Urteil des SG Potsdam: Anspruch auf Hautstraffung der Oberschenkel – Funktionelle Einschränkungen und Hautreizungen entscheidend

Das Sozialgericht Potsdam gab der Klage der Patientin teilweise statt. Es urteilte, dass die Krankenkasse zur Übernahme der Kosten für eine postbariatrische Operation der Oberschenkel als Sachleistung verpflichtet ist. In der Urteilsbegründung folgte das Gericht im Wesentlichen den Ausführungen der Sachverständigen Dr. W. und sah in den Hautreizungen und funktionellen Beeinträchtigungen im Bereich der Oberschenkel eine ausreichende medizinische Notwendigkeit für die operative Hautstraffung. Für die übrigen beantragten Bereiche (Oberarme, Brust, Flanken) wies das Gericht die Klage jedoch ab. Die Krankenkasse wurde zudem verpflichtet, 30 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Stärkung des Anspruchs auf medizinisch notwendige Hautstraffungen

Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam ist ein wichtiger Erfolg für Patienten, die nach einer massiven Gewichtsreduktion unter den Folgen von Hautüberschüssen leiden. Es verdeutlicht, dass nicht nur therapieresistente Hautentzündungen, sondern auch funktionelle Beeinträchtigungen und chronische Hautreizungen durch Hautfalten eine medizinische Notwendigkeit für eine Hautstraffungsoperation begründen können. Betroffene sollten sich durch Ablehnungen der Krankenkassen nicht entmutigen lassen und ihre Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich überprüfen lassen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer individuellen Begutachtung und die Berücksichtigung der konkreten Beschwerden und Beeinträchtigungen der Patienten bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit von postbariatrischen Operationen. Es zeigt, dass die Rechtsprechung zunehmend anerkennt, dass Hautstraffungsoperationen nach massivem Gewichtsverlust mehr als rein kosmetische Eingriffe sein können und in bestimmten Fällen einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung der Lebensqualität und Gesundheit der Betroffenen leisten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Die Kernbotschaft des Urteils ist, dass nach einer erheblichen Gewichtsabnahme nicht automatisch alle gewünschten Straffungsoperationen von der Krankenkasse übernommen werden müssen. Nur wenn konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen wie therapieresistente Hautreizungen oder deutliche Funktionseinschränkungen nachgewiesen werden können, besteht ein Anspruch auf Kostenübernahme – in diesem Fall wurde dies nur für die Oberschenkel anerkannt. Rein kosmetische Gründe oder subjektives Empfinden reichen für eine Kostenübernahme nicht aus, es muss ein echter Krankheitswert vorliegen.

Dies hat große praktische Bedeutung für Menschen nach starkem Gewichtsverlust: Sie müssen für jeden Körperbereich einzeln nachweisen, dass die überschüssige Haut zu echten medizinischen Problemen führt. Die bloße Existenz von Hautüberschüssen genügt nicht für einen Leistungsanspruch.

Benötigen Sie Hilfe?

Hinter Ihrer medizinischen Notwendigkeit steht auch Ihr Recht

In Fällen, in denen medizinisch begründete Hautstraffungsmaßnahmen nach einem erheblichen Gewichtsverlust relevant werden, können Unsicherheiten bezüglich der Kostenübernahme entstehen. Eine präzise rechtliche Prüfung der konkreten Situation ist hier entscheidend, um Ihre Ansprüche rechtssicher zu klären und die Durchsetzung Ihrer Rechte gegenüber den Krankenkassen zu unterstützen.

Unsere Experten begleiten Sie dabei, Ihre individuelle Situation eingehend zu analysieren und die verschiedenen Handlungsoptionen transparent darzustellen. Bei Fragen zu Ihrem Fall stehen Ihnen unsere erfahrenen Rechtsberater beratend zur Seite – so können Sie den nächsten Schritt in Richtung einer fundierten juristischen Klärung gehen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche medizinischen Voraussetzungen müssen für eine Kostenübernahme der Hautstraffung durch die Krankenkasse erfüllt sein?

Die Kostenübernahme einer Hautstraffung durch die gesetzliche Krankenversicherung erfordert das Vorliegen einer notwendigen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V.

Medizinische Indikationen

Eine Hautstraffung wird von der Krankenkasse übernommen, wenn schwerwiegende Hautveränderungen oder eine erhebliche Entstellung vorliegen. Dies ist der Fall bei:

  • Therapieresistenten Hauterkrankungen wie chronischen Entzündungen, Pilzinfektionen oder anhaltenden Ekzemen in den Hautfalten
  • Funktionellen Einschränkungen, die durch andere Behandlungsmethoden nicht behoben werden können
  • Schwerwiegenden Entstellungen, die das soziale Leben erheblich beeinträchtigen und nicht durch Kleidung kaschiert werden können

Dokumentationsanforderungen

Für die Kostenübernahme müssen Sie folgende Nachweise erbringen:

Der behandelnde Arzt muss die medizinische Notwendigkeit durch konkrete Befunde belegen. Eine rein kosmetische Beeinträchtigung oder normale Hauterschlaffung nach Gewichtsabnahme reicht für eine Kostenübernahme nicht aus.

Gewichtsstabilität

Wenn Sie nach einer Adipositas-Behandlung eine Hautstraffung benötigen, muss das reduzierte Gewicht über einen längeren Zeitraum stabil sein. Dies soll sicherstellen, dass keine erneute Gewichtszunahme zu erwarten ist.

Die Krankenkasse prüft jeden Fall individuell. Überschüssige Hautfalten allein gelten nicht automatisch als Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Entscheidend ist der Nachweis einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung, die nur durch eine Operation behoben werden kann.


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Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst bei der Entscheidung über die Kostenübernahme?

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist die zentrale Begutachtungsinstanz, die von den Krankenkassen mit der Prüfung von Kostenübernahmeanträgen für Hautstraffungsoperationen beauftragt wird.

Prüfungsauftrag und Begutachtungsprozess

Der MDK untersucht zwei wesentliche Aspekte:

  • Ob tatsächlich eine Erkrankung vorliegt
  • Ob eine Gesundheitsstörung mit konkreten Beeinträchtigungen besteht

Wenn Sie einen Antrag auf Kostenübernahme stellen, prüft der MDK anhand objektiver medizinischer Befunde die Notwendigkeit des Eingriffs. Dabei spielen persönliche Empfindungen eine untergeordnete Rolle – entscheidend sind nachweisbare medizinische Fakten.

Entscheidungsfristen

Nach Eingang Ihres Antrags hat die Krankenkasse drei Wochen Zeit für eine Entscheidung. Wird der MDK eingeschaltet, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen.

Begutachtungskriterien

Der MDK orientiert sich bei seiner Bewertung an:

  • Vorliegenden Krankenunterlagen
  • Ärztlichen Befundberichten
  • Fotodokumentationen
  • Präzedenzfällen aus der Rechtsprechung

Besonders wichtig ist der Nachweis von schwerwiegenden Hautveränderungen oder einer erheblichen Entstellung. Bei Gewichtsverlust prüft der MDK häufig auch, ob das reduzierte Gewicht über einen längeren Zeitraum (meist etwa 2 Jahre) stabil gehalten wurde.


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Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Versicherte bei Ablehnung des Kostenübernahmeantrags?

Bei einer Ablehnung des Kostenübernahmeantrags steht Ihnen das Widerspruchsverfahren als wichtigstes Rechtsmittel zur Verfügung.

Widerspruchsverfahren

Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids bei der Krankenkasse eingehen. Ein formloser schriftlicher Widerspruch ist zunächst ausreichend – die ausführliche Begründung können Sie später nachreichen.

Senden Sie den Widerspruch per Einwurf-Einschreiben, um den fristgerechten Eingang nachweisen zu können. Der Widerspruch sollte folgende Angaben enthalten:

  • Bezugnahme auf den Ablehnungsbescheid mit Datum und Aktenzeichen
  • Kurze Begründung des Widerspruchs
  • Aufforderung zur Aufhebung der Ablehnung

Entscheidungsprozess

Die Krankenkasse hat drei Monate Zeit, über Ihren Widerspruch zu entscheiden. Erfolgt keine Entscheidung, können Sie eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht einreichen.

Klageweg

Wird der Widerspruch abgelehnt, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für Sie als Versicherter gerichtskostenfrei.

Genehmigungsfiktion

Eine Besonderheit: Entscheidet die Krankenkasse nicht innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang, gilt der Antrag unter bestimmten Voraussetzungen automatisch als genehmigt. Dies gilt, wenn:

  • Der Antrag hinreichend bestimmt ist
  • Die beantragte Leistung aus Ihrer Sicht erforderlich ist
  • Die Krankenkasse die Gründe für die Verzögerung nicht mitteilt

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Wie sollte ein Antrag auf Kostenübernahme optimal vorbereitet werden?

Ein erfolgreicher Antrag auf Kostenübernahme für eine Hautstraffung erfordert eine umfassende medizinische Dokumentation und eine sorgfältige Vorbereitung aller notwendigen Unterlagen.

Erforderliche medizinische Nachweise

Für Ihren Antrag benötigen Sie einen detaillierten medizinischen Befundbericht von Ihrem behandelnden Arzt, der die Notwendigkeit der Operation belegt. Dieser sollte Ihre vollständige Krankengeschichte sowie alle erhobenen Befunde enthalten. Bei Gewichtsverlusten müssen Sie nachweisen, dass Sie das neue Gewicht über einen längeren Zeitraum (meist etwa 2 Jahre) halten können.

Dokumentation der Beschwerden

Eine lückenlose Dokumentation Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist entscheidend. Hierzu gehören:

  • Nachweise über Hautreizungen oder Pilzinfektionen
  • Dokumentation von Bewegungseinschränkungen
  • Belege über Rücken- oder Gelenkschmerzen
  • Fotografische Dokumentation der betroffenen Körperregionen

Formale Antragsgestaltung

Der Antrag muss präzise und vollständig sein. Geben Sie Ihre persönlichen Daten an, darunter Name, Adresse und Versichertennummer. Formulieren Sie den medizinischen Grund für die Hautstraffung klar und nachvollziehbar. Fügen Sie einen detaillierten Kostenvoranschlag des behandelnden Chirurgen bei.

Zeitliche Planung

Reichen Sie den Antrag frühzeitig ein, da die Bearbeitung mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann. Die Krankenkasse wird in der Regel den Medizinischen Dienst (MDK) mit einer Begutachtung beauftragen. Planen Sie auch Zeit für mögliche Nachfragen oder erforderliche Ergänzungen ein.


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Wann kann eine Teilbewilligung für bestimmte Körperregionen erfolgen?

Die Krankenkasse kann für einzelne Körperregionen eine Kostenübernahme bewilligen, während sie diese für andere ablehnt. Eine solche Teilbewilligung orientiert sich an der medizinischen Notwendigkeit der jeweiligen Körperregion.

Kriterien für die Bewilligung einzelner Regionen

Eine Kostenübernahme erfolgt für Körperregionen, bei denen:

  • schwerwiegende Hautveränderungen vorliegen
  • eine erhebliche Entstellung festgestellt wird
  • funktionelle Einschränkungen wie wiederkehrende Entzündungen oder Infektionen auftreten

Praktische Beispiele

Wenn Sie beispielsweise eine Straffung an mehreren Körperstellen beantragen, kann die Krankenkasse die Kosten für die Bauchdeckenstraffung übernehmen, während Straffungen an Oberarmen oder Brust abgelehnt werden. Dies ist der Fall, wenn etwa am Bauch medizinische Gründe vorliegen, während die anderen Bereiche als rein kosmetisch eingestuft werden.

Rechtliche Bewertungsgrundlagen

Die Bewertung erfolgt für jede Körperregion einzeln nach objektiven Kriterien. Dabei ist nicht das subjektive Empfinden ausschlaggebend, sondern die medizinisch nachweisbare Notwendigkeit. Bei verdeckten Körperstellen müssen die Auffälligkeiten besonders schwerwiegend sein, um eine Kostenübernahme zu rechtfertigen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bariatrische Operation

Eine medizinische Operation zur Gewichtsreduktion, bei der operativ die Größe des Magens verkleinert und/oder der Verdauungstrakt umgeleitet wird. Diese Eingriffe werden bei krankhaftem Übergewicht (Adipositas) durchgeführt, wenn andere Therapien erfolglos waren. Die rechtliche Grundlage findet sich in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Behandlung von Adipositas.

Beispiel: Ein typischer bariatrischer Eingriff ist der Magenbypass, bei dem der Magen verkleinert und der Dünndarm umgeleitet wird, sodass weniger Nahrung aufgenommen werden kann.


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Postbariatrische Operation

Chirurgische Eingriffe, die nach einer erfolgreichen Gewichtsreduktion durch bariatrische Operationen durchgeführt werden. Diese zielen hauptsächlich darauf ab, überschüssige Hautpartien zu entfernen, die nach massivem Gewichtsverlust entstehen. Die Kostenübernahme durch Krankenkassen richtet sich nach § 27 SGB V, wenn medizinische Gründe vorliegen.

Beispiel: Nach einem Gewichtsverlust von 85 kg entstehen an den Oberschenkeln große Hautüberschüsse, die zu Entzündungen führen und operativ entfernt werden müssen.


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Leistungsklage

Ein spezielles Klageverfahren im Sozialrecht, mit dem Versicherte die Gewährung von Leistungen ihrer Krankenkasse gerichtlich durchsetzen können. Geregelt ist dies in § 54 Abs. 1 SGG. Die Klage muss innerhalb bestimmter Fristen nach dem Widerspruchsverfahren eingereicht werden.

Beispiel: Eine Patientin klagt gegen ihre Krankenkasse, nachdem diese die Kostenübernahme für eine medizinisch notwendige Hautstraffung abgelehnt hat.


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Medizinischer Dienst

Eine unabhängige Begutachtungsinstanz im Gesetzlichen Krankenversicherungssystem, die Krankenkassen bei medizinischen Fragestellungen berät. Gesetzlich verankert in §§ 275 ff. SGB V. Der Dienst erstellt Gutachten zur medizinischen Notwendigkeit von beantragten Leistungen.

Beispiel: Der Medizinische Dienst prüft anhand der eingereichten Unterlagen, ob eine Hautstraffungsoperation medizinisch notwendig ist oder nur kosmetischen Zwecken dient.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 27 Abs. 1 SGB V – Krankenbehandlung: Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Anspruch umfasst auch medizinisch notwendige operative Eingriffe. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die postbariatrische Operation muss als medizinisch notwendige Krankenbehandlung eingestuft werden können, um einen Leistungsanspruch zu begründen.
  • § 12 SGB V – Wirtschaftlichkeitsgebot: Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die beantragte Hautstraffungsoperation muss nicht nur medizinisch notwendig sein, sondern auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen.
  • BSG-Rechtsprechung zu kosmetischen Operationen: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind kosmetische Operationen nur bei erheblichen Entstellungen oder schwerwiegenden funktionellen Beeinträchtigungen von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Hautüberschüsse müssen entweder zu erheblichen funktionellen Störungen führen oder einen Krankheitswert durch wiederkehrende Entzündungen aufweisen.
  • § 275 SGB V – Begutachtung durch den MD: Die Krankenkassen sind bei kostenintensiven Behandlungen verpflichtet, eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MD) einzuholen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gutachten des MD sind maßgeblich für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der beantragten Operationen.

Das vorliegende Urteil


SG Potsdam – Az.: S 7 KR 349/21 – Urteil vom 10.10.2023


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