Hessisches Landessozialgericht – Az.: L 9 AL 120/11 – Urteil vom 02.09.2011
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. März 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten für das erstinstanzliche Verfahren zu erstatten. Darüber hinaus haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Verhängung einer 6-wöchigen Sperrzeit streitig.
Die 1977 geborene Klägerin war als Versicherungskauffrau bei der CI-AG vom 1. September 1993 bis zum 31. Dezember 2007 beschäftigt. Aufgrund der Geburt ihres ersten Kindes 2003 befand sich die Klägerin vom 18. Juli 2003 bis zum 24. Oktober 2003 in Mutterschutz und anschließend in Elternzeit. In diesen Zeitraum fällt auch die Geburt ihres zweiten Kindes 2005, woraufhin sie erneut Mutterschutz in Anspruch nahm und im Anschluss in die Elternzeit ging. Am 16. Oktober 2007 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 1. Januar 2008 arbeitslos und gab als Begründung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, dass der Arbeitgeber eine Umstrukturierung plane und die Niederlassung FF. geschlossen werde. Die Arbeitsplätze würden nach AO. und BF. verlegt. Aufgrund der Kinder und der Beschäftigung ihres Ehemannes sei eine Verlegung der Arbeitsstätte ihr nicht möglich, da der Ehemann eine feste Anstellung in FF. habe.
Laut der seitens der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskunft bei der CI. AG vom 6. Dezember 2007 hatte die Klägerin einen Aufhebungsvertrag am 1. Juni 2007 unterzeichnet, der die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des Jahres 2007 vorsah sowie den Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 67.349,00 Euro beinhaltete. In einem weiteren seitens der Personalabteilung der CI. AG ausgefüllten Fragebogen wurde angegeben, dass der Klägerin konkret und unmittelbar eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht gedroht hätte, wenn sie dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht zugestimmt hätte. Des Weiteren gab der Arbeitgeber der Klägerin an, dass die Klägerin unkündbar gewesen sei und eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen gewesen sei. Dies habe auf der Elternzeit beruht, in der sich die Klägerin gerade befunden habe. Anderenfalls sei sie ordentlich kündbar gewesen.
Durch Bescheid vom 20. Dezember 2007 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vom 1. Januar 2008 bis zum 24. März 2008 fest mit der Begründung, dass die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma CI. AG selber durch Abschluss des Aufhebungsvertrages gelöst habe und die von ihr vorgetragenen Gründe nicht ausreichend nachgewiesen oder dargelegt worden seien. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen und mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 90 Tage und damit ein Viertel der Anspruchsdauer. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch am 4. Januar 2008 ein, den sie damit begründete, dass ihr bisheriger Arbeitgeber ca. 5000 Stellen abgebaut habe. Zwar hätte der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen können, ihr sei aber nahegelegt worden, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Anderenfalls wäre es zu einer Versetzung oder verhaltensbedingten Kündigung gekommen. In diesem Fall hätte sie keine sozialverträgliche Abfindung erhalten. Auch trage das Einkommen ihres Ehemannes nicht unwesentlich zum Unterhalt der Familie bei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch die Zustimmung zum Aufhebungsvertrag habe die Klägerin eine wesentliche Ursache für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gesetzt wobei ein wichtiger Grund nicht erkennbar sei. Das Arbeitsverhältnis wäre ohne Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages nicht zum 31. Dezember 2007 durch Kündigung des Arbeitgebers beendet worden. Die Sperrzeit von 12 Wochen führe zu einer Minderung der Anspruchsdauer um 12 Wochen mindestens jedoch ein Viertel der Anspruchsdauer und sie betrage 90 Tage.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Darmstadt, die sie damit begründete, dass letztlich die Beklagte durch die Sperrzeitverhängung ihr vorwerfe, dass sie nicht abgewartet habe, ob der Arbeitgeber tatsächlich eine Kündigung ausspreche. Ein solches Abwarten sei ihr jedoch nicht zumutbar gewesen.
Im Laufe des Klageverfahrens nahm die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 25. November 2008 eine Verkürzung der Sperrzeit auf 6 Wochen vom 1. Januar 2008 bis zum 11. Februar 2008 und eine Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs um 42 Tage vor, da die Beklagte eine besondere Härte anerkannte. Damit habe sie den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag Rechnung getragen.
Nach Annahme des Teilanerkenntnisses durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hob das Sozialgericht durch Urteil vom 14. März 2011 den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. November 2008 auf und verurteilte die Beklagte, an die Klägerin Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu leisten. Sie legte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass die Klägerin zwar unstreitig das Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages gelöst habe. Auch habe ihr zu diesem Zeitpunkt keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gedroht. Jedoch könne sich die Klägerin auf einen wichtigen Grund für ihr Verhalten berufen. Eine Sperrzeit solle nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden könne. Hierbei werde das Kriterium der Zumutbarkeit über § 2 Abs. 5 Nr. 1 SGB III mit dem Tatbestand des wichtigen Grundes in § 144 SGB III verknüpft. Nach dieser Vorschrift hätten die Arbeitnehmer ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Bei einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sei ein wichtiger Grund gegeben, wenn Umstände vorlägen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen ließen, weil sonst ein Interesse in unbilliger Weise beschädigt werde. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen. So habe die Beklagte selbst anerkannt, dass die Klägerin, sofern sie ordentlich kündbar gewesen wäre, ein Recht zum Abschluss des Aufhebungsvertrages zu diesem Zeitpunkt gehabt hätte, da ein wichtiger Grund vorgelegen hätte. Allein der Umstand, dass die Klägerin aufgrund der Elternzeit unkündbar gewesen sei, habe hier dazu geführt, dass die Beklagte einen wichtigen Grund nicht anerkenne. Damit würde sich aber der Schutz, der mit der Unkündbarkeit während der Elternzeit gewährt werde, in das Gegenteil verkehren, was mit Art. 6 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar sei.
Gegen das am 27. Mai 2011 der Beklagten zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 24. Juni 2011. Die Beklagte und Berufungsführerin beruft sich im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin für den Abschluss des Aufhebungsvertrages keinen wichtigen Grund gehabt habe. Dieser ergebe sich auch nicht daraus, dass anderenfalls es der Klägerin zum Nachteil gereichen würde, dass aufgrund der Elternzeit gemäß § 18 des Gesetzes zum Elterngeld und Elternzeit (BEEG) unkündbar gewesen sei. Nicht die Unkündbarkeit der Klägerin sei Auslöser für die Sperrzeit gewesen, sondern dass die Klägerin sich durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages dieses Kündigungsschutzes begeben habe. Ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages wäre die Klägerin definitiv nicht zum 1. Januar 2008 arbeitslos geworden. Der Arbeitgeber hätte frühestens eine Kündigung zum Ende der Elternzeit aussprechen können, was jedoch hypothetisch sei, da der Arbeitgeber dies nicht getan habe. Zudem sei nicht erkennbar, dass die Klägerin zum Erhalt ihres Arbeitsplatzes zum 31. Dezember 2007 nach BF. oder AO. hätte umziehen müssen. Die Klägerin selbst habe im Widerspruchsschreiben vom 3. Januar 2008 mitgeteilt, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber den Standort FF. nicht erhalten werde. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch die vollständige Verlagerung des Standortes noch nicht absehbar gewesen. Die seitens der Klägerin geltend gemachten besonderen Umstände seien bereits durch die Annahme einer besonderen Härte und die deshalb erfolgte Reduzierung der Sperrzeit auf 6 Wochen anerkannt worden.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung des angegriffenen Urteils und vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass zu Gunsten der Klägerin vor allem zu berücksichtigen sei, dass sie mit ihrer Familie, ihrem Ehemann, ihren zwei Kindern in A-Stadt ihren Lebensmittelpunkt habe und ihr daher eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts, mit dem die Sperrzeitverhängung aufgehoben und die Beklagte zur (früheren) Zahlung von Arbeitslosengeld verurteilt wurde, kann keinen Bestand haben. Die Sperrzeit zumindest in Form einer sechswöchigen Sperrung wurde zu Recht verhängt.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III (i.d.F. des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848) ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III beträgt die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe 12 Wochen, im Falle einer besonderen Härte sechs Wochen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 b) SGB III).
Nach der Rechtsprechung des BSG löst der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis i. S. der vorgenannten Vorschrift, wenn er einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag schließt (BSGE 77, 48, 50 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 9; BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 24 m. w. N.). Dies geschah im vorliegenden Fall unstreitig durch Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags am 1. Juni 2007 zum 1. Januar 2008.
Entgegen der Auffassung des SG kann sich die Klägerin nicht für ihr Verhalten auf einen wichtigen Grund berufen. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft; unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes (vgl. BSGE 89, 243, 248- SozR 3-4300 § 144 Nr. 8) tritt eine Sperrzeit aber nur dann ein, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden konnte (st. Rspr. des BSG, u. a. Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 R -; Urteil vom 3. Mai 2001 – B 11 AL 80/00 R – jeweils veröffentlicht in juris; vgl. u. a. BSGE 90, 90, 93 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 9 Rdnr. 10; SozR 4-4300 § 144 Nr. 14 Rdnr. 19).
Ein wichtiger Grund liegt zwar keineswegs nur dann vor, wenn ein Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung deshalb unzumutbar ist, weil Nachteile für das berufliche Fortkommen zu befürchten sind (BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 69/04 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 11); vielmehr handelt es sich hierbei nur um einen der in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte (BSG, Urteil vom 12. April 1984 – 7 RAr 28/83 – und vom 25. April 2002 – B 11 AL 100/01 R -, jeweils veröffentlicht in juris). Demgemäß können auch sonstige Umstände zu der Annahme führen, dass ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung unzumutbar war. Nach der Rechtsprechung des BSG kann sich ein Arbeitnehmer im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag auf einen wichtigen Grund berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung aus einem nicht von seinem Verhalten abhängigen Grund zum gleichen Beendigungszeitpunkt droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 89/01 R – juris, BSGE 89, 243, 246 ff. = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8; SozR 3-4300 § 144 Nr. 12; BSGE 92, 74, 81= SozR 4-4300 § 144 Nr. 6; SozR 4-4300 § 147a Nr. 1; BSG Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 69/04 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 11). Darüber hinaus kann ein wichtiger Grund auch bei einer drohenden oder feststehenden, aber noch nicht erfolgten rechtswidrigen Kündigung in Verbindung mit sonstigen Umständen in Betracht kommen (vgl. dazu BSG SozR 3-4300 § 144 Nr. 12 S. 34 m. w. N.; BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 47/05 R – juris). In Konkretisierung dieser Rechtsprechung hat das BSG entschieden, dass bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung „im Regelfall … ein wichtiger Grund anzunehmen sein …“ wird, d. h. bei dieser Fallgestaltung der (zusätzliche) Nachweis eines besonderen Interesses an der Auflösungsvereinbarung (wie z. B. Vermeidung zukünftiger beruflicher Nachteile) regelmäßig nicht erforderlich ist bzw. – selbst wenn an diesem Erfordernis festgehalten wird – das Interesse des Arbeitnehmers an einer Abfindung im Rahmen der gebotenen Interessensabwägung als schützenswert anzusehen ist. (BSG, Urteil vom 17. November 2005 SozR 4-4300 § 144 Nr. 11 Rdnr. 21). Dies ist indes nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (BSGE 66, 94, 101 f. – SozR 4100 § 119 Nr. 36; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 11).
Der Umstand, dass die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Zahlung einer Abfindung verknüpft worden ist, steht der Annahme, es liege ein wichtiger Grund vor, grundsätzlich nicht entgegen. Das BSG hat bereits für bei drohender Kündigung geschlossene Aufhebungsverträge entschieden, dass zwar das Interesse am Erhalt der Abfindung für sich allein einen wichtigen Grund nicht rechtfertigen kann, dass jedoch umgekehrt eine Abfindung diesen nicht ausschließt (BSGE 95, 232 = SozR 4-4300 § 144 Nr. 11, Rdnr. 20). Vielmehr kann auch das Interesse schützenswert sein, sich bei ohnehin nicht zu vermeidender Beschäftigungslosigkeit wenigstens eine Abfindung zu sichern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 11a/7a AL 52/06 R – juris; BSG, Urteil vom 17. November 2005 – SozR 4-4300 § 144 Nr. 11; s. a. BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 47/05 R – juris). Allein aus einer z. B. die Grenzen des § 1a Abs. 2 KSchG überschreitenden Abfindungshöhe kann auch nicht generell der Verdacht hergeleitet werden, es sei ein von der Versichertengemeinschaft nicht mehr zu tolerierender „Freikauf“ erfolgt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 11a AL 51/06 R; s. a. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Februar 2011 – L 3 AL 712/09 –juris). Es unterläge durchgreifenden Bedenken, das Eigeninteresse des Versicherten an einer für ihn günstigen Gestaltung der Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt zu lassen, wenn ein Interesse der Versichertengemeinschaft an einem Abwarten der Kündigung nicht ersichtlich ist. Daher ist bei einem Aufhebungsvertrag zu prüfen, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die mit einer Kündigung typischerweise einhergehenden Nachteile nicht eingetreten wären“ (vgl. BSGE 89, 243, 248 = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8 mit Hinweis auf das verfassungsrechtliche Übermaßverbot; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr. 12 S 34, 36; BSG, Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 18/04 R, veröffentlicht in juris).
Vorliegend vermag der Senat solche wichtigen Gründe mangels drohender Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nicht zu erkennen. Die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags noch in Elternzeit, die regulär noch bis zum 23. März 2008 in Anspruch genommen werden konnte. Sie selbst hätte während der Elternzeit das Beschäftigungsverhältnis gem. § 19 BEEG nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen können. Umgekehrt wäre dem Arbeitgeber gem. § 18 BEEG eine reguläre Kündigung nicht möglich gewesen. Diese Normen finden, obwohl die Kinder der Klägerin vor dem 1. Januar 2007 geboren wurden, Anwendung (§ 27 BEEG). Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin eine arbeitgeberseitige Kündigung nach Ende der Elternzeit nur mit einer sechsmonatigen Frist rechtlich möglich gewesen wäre. Zwar wäre gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG in besonderen Fällen eine Kündigung unter Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde für Arbeitsschutz möglich gewesen; eine solche wäre auch denkbar, wenn der Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin aufgrund einer Betriebsstilllegung weggefallen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Einsatz aller zumutbaren Mittel, ggf. durch Umorganisation seines Betriebes, nicht weiterbeschäftigen kann (s. dazu BAG, Urteil vom 20. Januar 2005 – 2 AZR 500/03 – NZA 2005, 682 ff.; s. auch Othmer in Roos/Bieresborn, MuSchG mit BEEG, § 18 BEEG Rdnr. 16 m. w. N.). Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers kann dem Arbeitgeber insbesondere dann unzumutbar sein, wenn eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen ist und der Arbeitgeber deshalb dem Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg sein Gehalt weiterzahlen müsste, obwohl er z. B. wegen einer Betriebsstilllegung für dessen Arbeitskraft keine Verwendung mehr hat (vgl. BAG, Urteil vom 5. Februar 1998 – 2 AZR 227/97 – veröffentlicht in juris).
Vorliegend wurde indes nicht substantiiert dargelegt, dass eine solche Kündigung vor Ablauf der Elternzeit zum 23. März 2008 überhaupt gedrohte hätte. Vielmehr hat die Klägerin bis zuletzt im Berufungsverfahren nur vorgetragen, dass bereits seit längerem ihr Arbeitgeber Umstrukturierungsmaßnahmen beabsichtigt habe und Presseberichte vorgelegt, dass der Standort BH. geschlossen werden solle. Aus der Pressemitteilung des BH.er Stadtanzeigers vom 23. Juni 2006 ergibt sich, dass im Jahre 2007 keine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden sollte. Dass ihr konkreter Arbeitsplatz zum 1. Januar 2008 wegfallen solle, oder eine Rückkehr dorthin nach Ende der regulären Elternzeit am 23. März 2008 wegen Betriebsstilllegung nicht möglich gewesen wäre oder sogar bereits vorher eine außerordentliche Kündigung in Aussicht gestellt wurde, erscheint danach ausgeschlossen und wurde auch von der Klägerin nicht einmal behauptet und wurde seitens des Arbeitgebers auch nicht bestätigt. Vielmehr wurde in der Arbeitgeberauskunft vom 4. Dezember 2007 die Frage, ob zum 31. Dezember 2007 eine Kündigung gedroht hätte, ausdrücklich verneint.
Unter Zugrundelegung der obigen Maßstäbe geht der Senat daher davon aus, dass die Klägerin durchaus vernünftige wirtschaftliche Gründe aus ihrer Sicht für die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages hatte, um die höhere „Sprinter-Abfindung“ zu erhalten, unter Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie ohne Abschluss dieses Aufhebungsvertrages jedenfalls mangels Arbeitslosigkeit nicht zum 1. Januar 2008 die Voraussetzungen des § 117 SGB III erfüllt und daher auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt hätte. Damit kann sie sich aber auf keinen wichtigen Grund berufen, der es rechtfertigen würde, eine zumindest grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitslosigkeit durch Zahlung von Arbeitslosengeld zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu entschädigen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte durch Bescheid vom 25. November 2008 die ursprünglich verhängte 12-wöchige Sperrzeit unter Anerkennung einer besonderen Härte auf sechs Wochen abgekürzt hat.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie werde durch die Sperrzeit aufgrund der Elternzeit schlechter gestellt als andere Arbeitnehmerinnen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Durch den besonderen Kündigungsschutz, den § 18 BEEG normiert, sollen gerade Nachteile von Arbeitnehmerinnen aufgrund der Entscheidung, ein Kind zu erziehen, vermieden werden. Im Falle der Klägerin führte eben diese Regelung dazu, dass sie frühestens nach Ende der Elternzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist oder aber aus wichtigem Grund bei entsprechender Zustimmungserklärung der zuständigen Behörde hätte gekündigt werden können. Dieser kündigungsrechtliche Schutz wird gerade nicht dadurch unterlaufen, dass die Klägerin aufgrund ihrer freien Entscheidung zu einer vorzeitigen Aufgabe des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft eine Sperrzeit hinnehmen muss. Hierin ist auch kein Verstoß gegen Art. 6 GG zu erkennen, der zwar Ehe und Familie unter den besonderen staatlichen Schutz stellt (Abs 1) bzw. der Mutter einen speziellen Fürsorgeanspruch zur Seite stellt (Abs. 4), damit aber weder Vorgaben für die Art und Weise bietet, noch jedwede Ungleichbehandlung verbietet (vgl. BVerfGE 13, 290, 299; BSGE 81, 294, 301). Eine Ungleichbehandlung vermag der Senat indes auch nicht zu erkennen. Hätte die Klägerin keine Elternzeit in Anspruch genommen, wäre ebenfalls bei Abschluss des Aufhebungsvertrages zum 1.Januar 2008 ohne konkret drohende arbeitgeberseitige Kündigung oder Wegfall des Arbeitsplatzes zu diesem Zeitpunkt eine Sperrzeit verhängt worden. Eine Verletzung von Art. 6 GG ist demnach nicht ersichtlich.
Soweit die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG vorgetragen hat, dass im Falle einer Kündigung zum Ende der Elternzeit mit dem Ziel, sich alleine der Familie zu widmen, aufgrund von Art. 6 GG ihr jedenfalls keine Sperrzeit gedroht hätte, vermag dieses Argument nicht zu überzeugen. Denn auch in diesem Fall hätte ihr mangels Verfügbarkeit kein Arbeitslosengeld zugestanden (§ 119 Abs. 3 SGB III, vgl. a. § 126 Abs. 2 SGB III).
Auf die Berufung war das Urteil des Sozialgerichts daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Aufgrund der Abkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen resultiert zumindest ein Teilobsiegen der Klägerin in erster Instanz, was sich in hälftiger Kostentragungspflicht für das erstinstanzliche Verfahren niederschlägt.
Die Revision war mangels vorliegender Voraussetzungen (§ 160 Abs 2 SGG) nicht zuzulassen.