SG Stade, Az.: S 16 AL 69/12, Urteil vom 15.06.2016
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte die Leistungsgewährung wegen des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 88.040,00 EUR abgelehnt. Ferner hat die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 24. März 2012 den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe festgestellt.
Der im Oktober 1962 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er durchlief in der Zeit von August 1979 bis Januar 1982 eine Ausbildung zum Bankkaufmann und stand anschließend – unterbrochen durch die Leistung des Wehrdienstes – bis Juni 2008 bei der H. in einem Arbeitsverhältnis. Ab 1. Juli 2008 war er als Bankangestellter bei der I. unbefristet beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 2007 waren ein Jahresbruttogehalt in Höhe von 70.000,00 EUR und ein variabler, erfolgsabhängiger Bonus vereinbart. Ferner war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit sollte eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende gelten.
Aus der Arbeitsbescheinigung der I. vom 6. Januar 2012 geht hervor, dass der Kläger im Jahr 2011 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 84.318,20 EUR erzielte.
Am 31. Oktober 2011 schloss der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag. In der Präambel finden sich Ausführungen zu den Gründen für die Durchführung eines Kosteneinsparprogrammes seitens der Bank, im Rahmen dessen Personal- und Sachkosten reduziert werden sollten. Im Einzelnen ist im Aufhebungsvertrag u.a. geregelt worden: „§ 1.1. Im Nachgang zu den geführten Gesprächen wird das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes einvernehmlich mit Ablauf des 30. Juni 2012 beendet. [ ] § 2 Der Mitarbeiter erhält monatlich bis zum Vertragsende seine monatlichen Bruttobezüge. [ ] § 3 Die Bank verpflichtet sich, dem Mitarbeiter für den Verlust seines Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der Regelung von Ziffer 1 des zwischen der Bank und dem Betriebsrat der Bank am Standort Frankfurt am Main/Wiesbaden vereinbarten Sozialplanes vom 20. September 2011 eine Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG in Höhe von brutto EUR 48.000 (i.W.: achtundvierzigtauschend) zu zahlen. Die Abfindungszahlung ist fällig mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. [ ] Im Falle des Ausscheidens im Jahre 2011 wird die Abfindung zum gängigen Auszahlungstermin im Januar 2012 ausbezahlt. [ ] § 4 Der Mitarbeiter wird zum 1. November 2011 auf Veranlassung der Bank von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der gemäß § 2 vereinbarten Vergütung unwiderruflich bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche und Überstunden, die damit erledigt sind, freigestellt. Der Arbeitsvertrag im Übrigen wird nicht von der Freistellung berührt. Insoweit bestehen insbesondere die Verschwiegenheitspflicht und das vertragliche Wettbewerbsverbot fort. § 5 Dem Mitarbeiter ist es gestattet, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Dezember 2011 unter Einhaltung einer zweiwöchigen Frist zum Monatsende schriftlich zu kündigen, ohne das sich hierdurch der Abfindungsanspruch vermindert. Vielmehr erhöht sich in entsprechender Anwendung der Regelung von Ziffer 1.3 des zwischen der Bank und dem Betriebsrat der Bank am Standort Frankfurt am Main/Wiesbaden vereinbarten Sozialplanes vom 20. September 2011 in einem solchen Fall die Abfindung um ein Bruttomonatsgehalt für jeden vollen Monat vom Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung des Dienstwagenbarausgleichs und der VL-Leistung.“ [ ] Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Aufhebungsvertrages vom 31. Oktober 2011 verwiesen.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 bestätigte die I. unter Bezug auf die Kündigung des Klägers ihr Einverständnis mit einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2011. Im Januar 2012 zahlte die I. dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 88.040 EUR brutto (55.252,54 EUR netto) aus.
Am 22. Dezember 2011 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2012 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Im Rahmen einer Anhörung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses führte er aus, sein Anwalt habe Abwendungsverhandlungen geführt. Diese hätten nicht zum Erfolg geführt. Ihm – dem Kläger – sei der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung angekündigt worden. Der Ausgang der Sozialauswahl sei nach Einschätzung des Anwalts trotz durchaus nicht schlechter Chancen für den Kläger ungewiss gewesen. Die Arbeitgeberin habe im Verlauf der Verhandlungen unmissverständlich klargemacht, gerade ihn kündigen zu wollen. Ein Kündigungsschutzprozess wäre dann unvermeidlich gewesen. Dieser hätte aufgrund der damit verbundenen Belastungen auch zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG geführt. Der Kläger wäre dann in der Branche „verbrannt“ gewesen. Im Falle eines Obsiegens wären nach Aussage der Arbeitgeberin weitere betriebsbedingte Kündigungen zu erwarten gewesen. In diesem Fall wäre mit schlechteren Aufhebungsangeboten zu rechnen gewesen. Weiterhin erklärte der Kläger, es habe der Wunsch bestanden, möglichst schnell eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dieses sei gemäß des Wettbewerbsverbots nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich gewesen.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2012 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2012 bis zum 24. März 2012 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der I. durch eigene Kündigung zum 31. Dezember 2011 selbst gelöst. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Sein Verhalten habe er damit begründet, dass er möglichst schnell eine Erwerbstätigkeit aufnehmen möchte. Da dieses durch den von ihm geschlossenen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2012 nicht möglich gewesen wäre, habe er sich zur Eigenkündigung entschlossen. Diese Gründe hätten bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden können, da durch seine eigene Kündigung vom 16. Dezember 2011 zum 31. Dezember 2011 die Arbeitslosigkeit bereits früher eingetreten sei. Die Sperrzeit dauere zwölf Wochen. Sie mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 90 Tage – ein Viertel der Anspruchsdauer.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2012 lehnte die Beklagte die Leistung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 ab mit der Begründung, der Kläger habe von seinem bisherigen Arbeitgeber wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Leistung in Höhe von 88.040,00 EUR erhalten oder zu beanspruchen. Sein Anspruch ruhe. Die Frist für eine ordentliche Kündigung sei nicht eingehalten worden. Leistungen könne er erst nach dem Ruhenszeitraum erhalten. Der Zeitraum, für den der Anspruch ruhe, werde aus 50% der Arbeitgeberleistungen berechnet. Der sich so ergebende Betrag werde durch sein kalendertägliches Arbeitsentgelt geteilt. Hieraus ergebe sich die Zahl der Ruhenstage. War das Arbeitsverhältnis befristet, endet der Ruhenszeitraum spätestens mit dem Ende der Befristung. Der Ruhenszeitraum betrage längstens ein Jahr. Der Leistungsanspruch des Klägers ruhe bis zum 30. Juni 2012.
Mit weiterem Bescheid vom 6. Februar 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld mit einem Anspruchsbeginn am 1. Januar 2012 und einer Anspruchsdauer von 360 Tagen, unter Berücksichtigung von Ruhenszeiträumen vom 1. Januar 2012 bis zum 24. März 2012 und 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 mit einem Zahlungsbeginn ab 1. Juli 2012 in Höhe von 75,50 EUR täglich.
Seinen gegen den Sperrzeitbescheid vom 2. Februar 2012 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung, sondern durch den Aufhebungsvertrag vom 31. Oktober 2011 beendet worden sei. Mit seiner Kündigung vom 16. Dezember 2011 habe der Kläger nur von seiner Befugnis nach § 5 des Aufhebungsvertrages vom 31. Oktober 2011 Gebrauch gemacht. § 5 stelle ein Recht aufgrund des Aufhebungsvertrages dar, den die Beklagte bisher zu Recht nicht beanstandet habe. Wenn aber der Aufhebungsvertrag als solcher nicht zu beanstanden sei und nicht zur Anordnung einer Sperrzeit führen könne, könnten auch Befugnisse, die der Kläger auf der Grundlage dieses Aufhebungsvertrages ausübt, nicht zu seinen Lasten gehen und die Anordnung einer Sperrzeit rechtfertigen. Denn es wäre auch nicht zur Anordnung einer Sperrzeit gekommen, wenn der Kläger die ihm auf der Grundlage des Aufhebungsvertrages verbliebene Zeit bei seinem ehemaligen Arbeitgeber freigestellt und ohne Aktivitäten verbracht hätte, um dann zum 30. Juni 2012, dem Zeitpunkt, an dem die angedrohte betriebsbedingte Kündigung auch wirksam geworden wäre, auf der Grundlage des abgeschlossenen Aufhebungsvertrages vom 31. Oktober 2011 in die Arbeitslosigkeit zu entgleiten. Der Kläger führte aus, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei notwendig gewesen, da die Vorbereitung der seinerzeit geplanten selbständigen Tätigkeit bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Risiken geborgen hätte. Er machte geltend, er sei von der Beklagten nicht beraten worden, namentlich über die Änderung der Förderungsbedingungen für den Gründungszuschuss.
Seinen Widerspruch gegen die Ablehnung der Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 begründete der Kläger ergänzend damit, dass, wäre er von der Beklagten bis zum 15. Dezember 2011 beraten worden, er sein Arbeitsverhältnis möglicherweise nicht mit Erklärung vom 16. Dezember 2011 zum 31. Dezember 2011 gekündigt hätte.
In der Begründung des Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid vom 6. Februar 2012 erklärte der Kläger, der Widerspruch erstrecke sich nicht auf die Leistungsfestsetzung vom 1. Juli 2012 bis zum 30. März 2013 in Höhe von 75,50 EUR.
Am 2. April 2012 zeigte der Kläger der Beklagten die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Berater und Seminaranbieter am 1. April 2012 an.
Mit Bescheid vom 3. April 2012 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. April 2012 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2012 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 2. Februar 2012 und vom 6. Februar 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis bei der I. zum 31. Dezember 2011 durch seine Kündigung vom 16. Dezember 2011 gelöst. Er habe keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Die Arbeitslosigkeit sei daher zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Dass der Kläger bereits am 31. Oktober 2011 eine Aufhebungsvereinbarung zum 30. Juni 2012 geschlossen hatte, sei unerheblich. Maßgebliches Ereignis für den Eintritt einer Sperrzeit sei das tatsächliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses (hier: 31. Dezember 2011). Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Dieser sei nach objektiven Maßstäben zu beurteilen und müsse auch bereits zum Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe vorgelegen haben. Die Absicht des Klägers eine selbständige Tätigkeit aufnehmen zu wollen, rechtfertige es nicht, vorzeitig in die Arbeitslosigkeit zu gehen. Es sei nach Abwägung der Interessen des Klägers mit den Interessen der Betragszahler zumutbar gewesen, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen, ohne es vorzeitig zu kündigen. Der Kläger könne sich nicht auf eine fehlende Beratung berufen. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen sei er bereits am 23. November 2011 darauf hingewiesen worden, dass bei einer vorzeitigen Arbeitnehmerkündigung voraussichtlich eine Sperrzeit eintreten werde. Ferner führte die Beklagte zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen des Erhalts einer Abfindung in Höhe von 88.040,00 EUR aus und erläuterte die Berechnung des Ruhenszeitraums. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe wegen der Entlassungsentschädigung bis zum 30. Juni 2012. Auf die Gründe, aus denen das Arbeitsverhältnis beendet wurde, komme es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an.
Den gegen den Aufhebungsbescheid vom 3. April 2012 am 13. Mai 2012 erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2012 als unzulässig. Hiergegen hat der Kläger am 27. Juni 2012 Klage erhoben (Az.: S 16 AL 82/12).
Der Kläger hat am 21. Mai 2012 die vorliegende Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 2. Februar 2012 und 6. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2012 erhoben.
Der Kläger wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führt ergänzend aus, er habe seinerzeit erwogen, sich selbständig zu machen und ein Unternehmen zur Entwicklung von Vermögenskonzepten für Privat- und Firmenkunden sowie zur Darbietung von Seminarveranstaltungen zur Information über Vermögensanlagemöglichkeiten zu gründen und sich mit diesem Unternehmen selbständig zu machen, was zwischenzeitlich auch geschehen sei. Er habe unter Zeitdruck gestanden, da er sein geplantes Unternehmen möglichst schnell habe gründen wollen, um möglichst frühzeitig am Markt präsent zu sein. Er habe sich aufgrund des in § 11 des Aufhebungsvertrages vereinbarten Wettbewerbsverbotes und der in § 10 des Arbeitsvertrages getroffenen Vereinbarung, wonach Arbeitsergebnisse dem Arbeitgeber zustünden, veranlasst gesehen, sein Arbeitsverhältnis zur I. durch Schreiben vom 16. Dezember 2011 zum 31. Dezember 2011 zu kündigen. Für den Fall des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses hätten die Ergebnisse von vorbereitenden Arbeiten des Klägers, die für seine Existenzgründung unbedingt notwendig gewesen seien, wie z.B. die Entwicklung von Vermögenskonzepten und Vorträgen, seinem Arbeitgeber zugestanden. Außerdem hätte ihm dies von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der I., als Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot ausgelegt werden können. Der Kläger wäre also ohne vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung von rechtlichen Risiken gehalten gewesen, die Zeit bis zum 30. Juni 2012 mit Nichtstun zu verbringen, um seinen Gesamtanspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu gefährden. Der Kläger habe sich nicht versicherungswidrig verhalten, zumindest jedoch einen wichtigen Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gehabt. Entsprechendes müsse auch für die Anwendung des § 143a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gelten. Es könne nicht angehen, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, wenn der Anspruchsinhaber, wie der Kläger, Maßnahmen einleitet, um seine geplante selbständige Tätigkeit zu fördern.
Der Kläger trägt vor, die Situation, in der er sich befinde, sei auf ein unverständliches Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen. Diese habe den Kläger nämlich weder bezüglich der Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld noch über die Bedingungen, unter denen der Kläger einen Gründungszuschuss für seine ins Auge gefasste selbständige Tätigkeit erhalten könne, ordnungsgemäß beraten.
Der Kläger beantragt, den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 2. Februar 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012 (wegen Ruhens des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung) jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2012 aufzuheben, den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheides. Sie weist ergänzend darauf hin, dass die Behauptung des Klägers falsch sei, im Falle des Fortbestands seines Arbeitsverhältnisses hätten nach § 10 des Arbeitsvertrages seine die Selbständigkeit vorbereitenden Arbeitsergebnisse dem Arbeitgeber zugestanden. Der Kläger sei nach § 4 des Aufhebungsvertrages ab dem 1. November 2011 von der Arbeit freigestellt gewesen und hätte somit gar keine Arbeitsergebnisse aus seiner Arbeit für den Arbeitgeber mehr bringen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage führt nicht zum Erfolg. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 Arbeitslosengeld zu gewähren. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte zutreffend ein Ruhen des Anspruchs bei Erhalt einer Entlassungsentschädigung festgestellt.
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Gegenstand der Klage sind der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 2. Februar 2012, der Ruhensbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012 und der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012, mit welchem für die Zeit ab 1. Juli 2012 Arbeitslosengeld bewilligt wurde, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2012. Diese Bescheide bilden eine Einheit (vgl. Karmanski in Brand: SGB III, 7. Auflage 2015, § 159 Rdnr. 181; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. September 1999 – B 7 AL 32/98 R).
Die Anspruchsvoraussetzungen für das Stammrecht auf Arbeitslosengeld sind am 1. Januar 2012 erfüllt. Die Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Fassung vom 23. Dezember 2003 (a.F.; Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, Anwartschaftszeit) sind erfüllt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ruht wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012. Die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 143a SGB III a.F. (jetzt: § 158 SGB III) liegen vor.
Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (§ 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus, 1. bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von sechzig Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte, 2. an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte oder 3. an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können (§ 143a Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB III a.F.). Der nach Satz 2 Nr. 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres um je fünf Prozent; er beträgt nicht weniger als fünfundzwanzig Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung (§ 143a Abs. 2 Satz 3 SGB III a.F.).
Nach dem Wortlaut des § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. kommt es für das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nur darauf an, dass zwei tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die Zahlung einer Entlassungsentschädigung „wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ und die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers. „Wegen der Beendigung“ wird eine Abfindung gewährt, wenn der Arbeitslose die Abfindung ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erhalten hätte. Damit sind lediglich Zahlungen des Arbeitgebers, die nicht wegen, sondern nur anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu leisten sind, ausgeschlossen. Es wird also gerade kein Kausalzusammenhang zwischen der Abfindung und der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt (so Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. September 2005, 11 RAr 41/95, SozR 3-4100 § 117 Nr. 12 zu der in § 117 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz [AFG] enthaltenen Vorläuferregelung). „Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSG, Urteil vom 21. September 2005, a.a.O., m.w.N.; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2011 – S 6 AL 158/08 -, juris).
Der Kläger erhielt wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der I. im Januar 2012 eine Abfindung in Höhe von 88.040,00 EUR brutto. Grundlage der Zahlung der Abfindung ist der Aufhebungsvertrag zwischen der I. und dem Kläger vom 31. Oktober 2011. In § 3 des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich die Bank, dem Kläger für den Verlust seines Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der Regelung von Ziffer 1 des zwischen der Bank und dem Betriebsrat der Bank am Standort Frankfurt am Main/Wiesbaden vereinbarten Sozialplanes vom 20. September 2011 eine Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG in Höhe von brutto EUR 48.000 (i.W.: achtundvierzigtauschend) zu zahlen. In § 5 des Aufhebungsvertrages wurde eine Erhöhung der Abfindung für den Fall der vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 geregelt. Es besteht kein Zweifel am Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung. Denn die Zahlung der Abfindung an den Kläger erfolgte „für den Verlust seines Arbeitsplatzes“ (§ 3 des Aufhebungsvertrages vom 31. Oktober 2011). Die Auszahlung der Abfindung erfolgte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das Arbeitsverhältnis ist ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden. Im Aufhebungsvertrag vom 31. Oktober 2011 war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. Juni 2012 vereinbart worden. Ergänzend hierzu war dem Kläger eingeräumt worden, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zum 31. Dezember 2011 beenden zu können. Der Kläger machte von dem Sonderkündigungsrecht Gebrauch; das Arbeitsverhältnis endete durch die Kündigung durch den Kläger am 16. Dezember 2011 mit Wirkung zum 31. Dezember 2011. Damit ist die ordentliche Kündigungsfrist der Arbeitgeberin nicht eingehalten worden. Denn im Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 2007 war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vereinbart.
Für das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Entlassungsentschädigung kommt es auf die Gründe, die zum Abschluss des Aufhebungsvertrages geführt haben oder auf ein Verschulden des Arbeitslosen nicht an.
Die Beklagte hat den Ruhenszeitraum zutreffend berechnet. Hinsichtlich der Bemessung und Festlegung des Ruhenszeitraums auf den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 wird auf die Berechnung der Beklagten (Blatt 22 der Verwaltungsakte) Bezug genommen. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Berechnung des Ruhenszeitraums durch die Beklagte ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus dem Akteninhalt.
Da somit auf Grund des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den streitbefangenen Zeitraum ein Anspruch auf Leistungsgewährung nicht bestand, bedürfte es keiner weiteren Prüfung, ob für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 24. März 2012 ein weiterer Ruhenstatbestand erfüllt ist. Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass die Beklagte zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit für die Dauer von zwölf Wochen festgestellt, jedoch den Beginn der Sperrzeit unzutreffend festgesetzt hat.
Die Voraussetzungen einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe liegen vor.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten verfügte Sperrzeit ist § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB III i.d.F. vom 24. Oktober 2010 (a.F.; jetzt: § 159 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB III): Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F.). Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Nach § 144 Abs. 3 SGB III a.F. beträgt die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe zwölf Wochen. Sie verkürzt sich 1. auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, 2. auf sechs Wochen, wenn a) das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder b) eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F. (jetzt: § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III) mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht.
Der Kläger löste sein Beschäftigungsverhältnis durch Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 31. Oktober 2011. In diesem Aufhebungsvertrag vereinbarten die I. und der Kläger, das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30. Juni 2012 beenden zu wollen. Der Aufhebungsvertrag enthielt auch eine Vereinbarung über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Dieses endete mit Wirkung zum 1. November 2011. Denn ab diesem Zeitpunkt war der Kläger gemäß § 4 des Aufhebungsvertrages „von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der gemäß § 2 vereinbarten Vergütung unwiderruflich bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche und Überstunden [ ] freigestellt“.
Der Kläger hat die Arbeitslosigkeit schuldhaft herbeigeführt. Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er nach der Rechtsprechung des BSG seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 6/11 R – m.w.N.). Eine solche Aussicht hatte der Kläger nicht.
Der Kläger hatte keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses.
Bei Sperrzeiten nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (bis 31. März 2012: § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F.) ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst sein Interesse in unbilliger Weise geschädigt würde (Karmanski, a.a.O., § 159 Rdnr. 125 m.w.N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein. Einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer nach der bisherigen Rechtsprechung dann, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen ordentlichen Kündigung gedroht hat und dem Arbeitnehmer die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war. Bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung in den Grenzen des § 1a Abs. 2 KSchG entfällt die Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung und der Arbeitnehmer kann sich auf einen wichtigen Grund berufen, wenn keine Anhaltspunkte (z.B. offenkundig rechtswidrige Kündigung) für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorliegen (BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 6/11 R – m.w.N.).
Für das Drohen einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung „reicht es nicht, wenn ein „gewisser Druck“ auf den Arbeitnehmer ausgeübt wird. Dem Arbeitnehmer ist es vielmehr zuzumuten, eine entsprechende konkrete Äußerung des Arbeitgebers abzuwarten. Selbst wenn der Arbeitgeber einen – wenngleich drastischen – Personalabbau beschließt, von dem auch der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers betroffen ist, und der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zum Ausdruck bringt, dass er kein besonderes Interesse an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses hat, so folgt daraus nicht notwendigerweise eine hinreichend konkrete objektive Bedrohung durch eine Arbeitgeberkündigung. Auch besagt die in Aufhebungsverträgen oft verwandte Formulierung, dass der Aufhebungsvertrag „zur Vermeidung einer ansonsten erforderlichen betriebsbedingten Kündigung“ geschlossen werde, nichts über ein hinreichend konkretes Drohen einer betriebsbedingten Kündigung. Eine konkrete Bedrohung liegt vielmehr erst dann vor, wenn das Personalabbauprogramm des Arbeitgebers so weit gediehen ist, dass eine Sozialauswahl durch den Arbeitgeber erfolgt ist. Erst dann hat dieser konkretisiert, welche Arbeitnehmer gekündigt werden und darüber hinaus geprüft, ob eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung vorgenommen werden kann“ (Maximilian D. Schweiger: Die Systematik des wichtigen Grundes nach § 159 SGB III bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags im Falle drohender betriebsbedingter Kündigung, NZS 2015, 328 ff., m.w.N.).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages (31. Oktober 2011) eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung drohte. In der Präambel des Aufhebungsvertrages ist festgehalten, die Bank habe sich dazu bereit erklärt, die in dem Sozialplan vereinbarten Leistungen – ohne dass sie allerdings hierzu rechtlich verpflichtet ist – auch nicht-leitenden Mitarbeitern, die von den Kosteneinsparmaßnahmen an Standorten außerhalb Frankfurts am Main und Wiesbaden betroffen sind, anzubieten. Dieser Formulierung ist nicht zu entnehmen, dass dem Kläger bereits eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung drohte. Die Formulierung in § 1.1 des Aufhebungsvertrages, „zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes“ ist für sich nicht geeignet, die Annahme des Drohens einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung zu rechtfertigen. Aus der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin vom 6. Januar 2012 geht hervor, dass eine Sozialauswahl nicht vorgenommen worden war.
Auch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer drohenden Arbeitgeberkündigung. Der Kläger trug im Rahmen der Anhörung vor, ihm sei der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung angekündigt worden. Der Ausgang der Sozialauswahl sei nach Einschätzung des Anwalts trotz durchaus nicht schlechter Chancen ungewiss gewesen. Diese Angaben lassen nicht darauf schließen, dass in Folge der Umsetzung des Kosteneinsparprogramms der ehemaligen Arbeitgeberin eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers nicht mehr bestanden und ihm eine betriebsbedingte Kündigung sicher gedroht hätte.
Ferner lässt die Höhe der in dem Aufhebungsvertrag vereinbarten Abfindungssumme darauf schließen, dass seitens der Vertragsparteien des Aufhebungsvertrages das Risiko der Rechtswidrigkeit einer Kündigung als hoch eingeschätzt wurde. Der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages erst dreieindrittel Jahre bestanden hatte, sollte zunächst – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. Juni 2012 – eine Abfindung in Höhe von 48.000,00 EUR brutto erhalten; diese Abfindungssumme hätte einer Abfindung in Höhe von 12.000,00 EUR brutto für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses entsprochen. Die Abfindung, die der Kläger im Januar 2012 tatsächlich erhielt, überschritt diesen Betrag mit 88.040,00 EUR brutto noch erheblich.
Da bereits nicht festgestellt werden kann, dass eine (rechtmäßige) betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages konkret drohte, kommt es nicht mehr darauf an, ob und ggf. welche Nachteile sich für den Kläger durch eine Arbeitgeberkündigung für sein berufliches Fortkommen ergeben hätten. Das Interesse, durch die vorzeitige Arbeitnehmerkündigung eine höhere Abfindung zu erhalten, wäre nicht geeignet, die Annahme eines wichtigen Grundes zu begründen.
Der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F. ist mithin erfüllt.
Die Beklagte hat den Beginn der Sperrzeit mit dem 1. Januar 2012 unzutreffend festgesetzt. Gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Bei Sperrzeiten bei Arbeitsaufgabe ist das Ereignis, das die Sperrzeit begründet, der Beginn der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn. Das Ende des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht notwendigerweise mit dem arbeitsrechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses identisch. So beginnt die Sperrzeit bei einer unwiderruflichen Freistellung des Arbeitnehmers bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts bereits mit dem Tag der Freistellung, nicht erst mit dem arbeitsrechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses (Karmanski a.a.O., § 159 Rdnr. 145 m.w.N.; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Mai 2010 – L 7 AL 108/09). In § 4 des Aufhebungsvertrages wurde vereinbart, dass der Kläger ab 1. November 2011 unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts von der Pflicht zur Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt wird. Danach begann die Sperrzeit bereits am 1. November 2011.
Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. zwölf Wochen. Eine besondere Härte, die nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b SGB III a.F. zu einer Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen führt, liegt nicht vor. Eine besondere Härte liegt vor, wenn nach den Umständen des einzelnen Falles die Regeldauer der Sperrzeit von zwölf Wochen im Hinblick auf die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Wirtschaftliche oder soziale Gründe erkennt das Gesetz nicht als besondere Härte an (Winkler in Gagel, SGB III, Juni 2016, § 159 Rdnr. 356, 361). Ausgehend vom 1. November 2011 (s.o.) dauerte die zwölfwöchige Sperrzeit bis zum 23. Januar 2012.
Die Feststellung der Minderung des Anspruchs nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F. ist rechtmäßig. Aus dem Bewilligungsbescheid vom 6. Februar 2012 geht eine Anspruchsdauer von 360 Tagen hervor. Ein Viertel der Anspruchsdauer sind 90 Tage.
Ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ergibt sich schließlich auch nicht unter Zugrundelegung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Der Herstellungsanspruch hat einen (im Wesentlichen dreigliedrigen) Tatbestand. Dieser fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (st. Rspr.; z.B. BSG Urteil vom 3.4.2014 – B 5 R 5/13 R – SozR 4-2600 § 137b Nr. 1 RdNr. 37; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R -, SozR 4-4300 § 124 Nr. 6, RdNr. 39). Für die Anwendung des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs verbleibt kein Raum, wenn ein eingetretener Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 28/08 R – m.w.N; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2013 – L 9 AL 81/13). Begebenheiten tatsächlicher Art können durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht ersetzt werden. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete infolge einer entsprechenden Vereinbarung im Abhebungsvertrag mit Ablauf des 31. Oktober 2011. Diese Tatsache kann durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht geändert werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.