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Arbeitsunfall – diagnostizierter Gesundheitsschaden nach über sechs Monaten

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 2 U 18/16 – Urteil vom 22.11.2018

I. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 14.12.2015 und des Bescheides der Beklagten vom 10.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 19.01.2012 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. für den Zeitraum vom 20.03.2013 bis zum 31.10.2013 zu bezahlen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat der Klägerin vier Zehntel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Gesundheitsstörungen am linken Kniegelenk als Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.01.2012 und hieraus die Gewährung einer Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mind. 20 v.H. nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Die 1998 geborene Klägerin besuchte im Schuljahr 2011/2012 die 8. Klasse der staatlichen Realschule T.. Die 8. Klassen dieser Schule befanden sich im Zeitraum vom 15.01.2012 bis 20.01.2012 im Skilager in O./Österreich. Am Nachmittag des 19.01.2012 kam es zu einem Skiunfall: Die Klägerin fuhr gerade einen Hang hinunter, als eine Mitschülerin, die Zeugin V. W., ihr direkt entgegenkam. Es kam daher zu einem Zusammenstoß, und beide stürzten. Die Klägerin verdrehte sich dabei das linke Kniegelenk und verspürte dort ein „Knacksen“. Die Ski-Bindungen waren nicht aufgegangen (so die im Tatbestand des Gerichtsbescheides wiedergegebene Angabe der Klägerin im Erörterungstermin des Sozialgerichts Landshut vom 06.10.2015, bestätigt in der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Landessozialgericht). Das Knie schmerzte etwas und war leicht geschwollen. Dennoch fuhr sie noch rund eine Stunde weiter, bis der Skitag zu Ende war. Am nächsten Tag wurde nicht mehr Ski gefahren, vielmehr fuhren die Klassen nach Hause. Nach Angaben der Mutter der Klägerin war das linke Knie, als die Klägerin nach Hause kam, geschwollen. Es war nicht gerötet, aber dicker als das rechte Knie. Die Mutter traf dann einen ihr bekannten Arzt an der Tankstelle. Dieser riet ihr, wegen der Kniebeschwerden ihrer Tochter Quarkwickel zu machen. Das anschließende Wochenende über wurden Quarkwickel gemacht. Das Knie wurde daraufhin erst einmal besser. Ein Arzt wurde auch in den Wochen danach nicht aufgesucht, vielmehr begann die Klägerin, auch zeitnah wieder am Schulsport teilzunehmen.

Am Freitag, dem 27.07.2012 nahm die Klägerin an einem schulischen Fußballturnier teil. Während des Fußballspiels bekam sie plötzlich heftige Schmerzen am linken Knie und konnte nicht mehr weiterspielen. Es bestand auch eine Streckhemmung am linken Kniegelenk.

Arbeitsunfall - diagnostizierter Gesundheitsschaden nach über sechs Monaten
(Symbolfoto: Werner Heiber/Shutterstock.com)

Am Montag, dem 30.07.2012, begab sie sich in Behandlung beim Orthopäden Dr. F. in H.. Dieser gab im Durchgangsarztbericht vom 30.07.2012 an, dass er bei der Klägerin im linken Kniegelenk einen Erguss tasten könne. Die Seitenbänder seien stabil, eine vordere Schublade sei nicht auszulösen. Die Extension/Flexion betrage 0-20-120 Grad. Es bestünden Schmerzen bei maximaler Streckung. Er habe den Verdacht auf eine eingeklemmte Meniskusstruktur am linken Kniegelenk. Im Rahmen des ersten Besuchs bei Dr. F. gab die Klägerin an, dass sie beim Skifahren mit einer anderen Skifahrerin zusammengestoßen und gestürzt sei und seither Schmerzen im linken Kniegelenk habe. Die Schmerzen durch den Sturz seien zwar nach einer Woche besser geworden, jedoch nie richtig abgeklungen.

Am 29.08.2012 machte die staatliche Realschule in T. bezüglich des Unfalles vom 19.01.2012 eine Unfallanzeige bei der Beklagten. Auch hierin wurde ausgeführt, dass die Klägerin während des Skilagers am 19.01.2012 mit einer Mitschülerin zusammengeprallt und dabei auf das linke Knie gestürzt sei. In ärztliche Behandlung habe sich die Klägerin im Anschluss an den Unfall nicht begeben. Ebenfalls am 29.08.2012 zeigte die staatliche Realschule T. den Vorgang vom 27.07.2012 als Unfall bei der Beklagten an.

Am 02.08.2012 wurde eine MRT des linken Kniegelenks durchgeführt (Befund vom 06.08.2012). Es ergab sich eine korbhenkelartige Verletzung des Innenmeniskus mit Dislokation des medialen Fragments und ein Verdacht auf eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes.

Am 03.08.2012 führte der Chirurg Dr. F. eine Arthroskopie am linken Kniegelenk durch (OP-Bericht vom 03.08.2012). Er stellte folgende Diagnosen (intraoperativ): „Innenmeniskuskorbhenkelriss Kniegelenk links, vordere Kreuzbandteilruptur, Außenmeniskuslappenriss, hypertrophe Plica centralis“. Bei der Operation wurde der Innenmeniskus durch Naht refixiert, ein partielle Resektion des gerissenen Abschnitts des vorderen Kreuzbandes vorgenommen, der Außenmeniskuslappen am Vorderhorn entfernt sowie eine Plica-Resektion durchgeführt.

Der histologische Befund vom 07.08.2012 ergab ein sichelförmiges Außenmeniskusteilexzisat ohne Nachweis einer vorbestehenden Texturstörung mit nicht mehr ganz frischer Läsion. Das morphologische Bild spreche für eine 10 bis 14 Tage zurückliegende traumatische Schädigung.

Wegen fortbestehender Schmerzen wurde am 05.11.2012 eine erneute MRT des linken Kniegelenks (Befund vom 06.11.2012) und am 09.11.2012 von Dr. F. eine weitere Arthroskopie durchgeführt. Es zeigte sich, dass der bei der Voroperation genähte Rest des Innenmeniskus an einer Stelle nicht verheilt war, der Faden war ausgerissen. Die andere Hälfte war im Bereich des Hinterhorns eingeheilt. Dr. F. nahm eine partielle Resektion des Innenmeniskus vor.

Das vordere Kreuzband zeigte sich deutlich ausgedünnt, in seiner Kontinuität jedoch intakt. Auf Zug mit dem Häkchen zeigte sich eine mäßige Instabilität.

In seinem für die Beklagte erstellten Gutachten vom 25.12.2012 ist der Orthopäde Dr. S. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis gelangt, dass er nicht davon ausgehe, dass der Vorgang vom 19.01.2012 eine wesentliche Teilursache für die Gesundheitsstörungen der Klägerin am linken Kniegelenk sei. Es existierten keine ärztlichen Befunde über die Primärverletzungen nach dem Unfall vom 19.01.2012. Nach den Angaben der Klägerin seien die unfallbedingten Beschwerden bereits zwei Tage nach dem Sturz weitgehend abgeklungen gewesen. Ein Arztbesuch habe letztlich bis August 2012 nicht stattgefunden. Unfallfolgen seien insgesamt nicht anzuerkennen.

Wegen fortbestehender Beschwerden aufgrund der Kreuzbandinsuffizienz wurde zunächst am 11.03.2013 ein weiteres MRT des linken Kniegelenks angefertigt und anschließend mit Operation vom 20.03.2013 von Dr. F. eine Kreuzbandersatzplastik durchgeführt. Bezüglich des medialen Kompartiments wurde der Rest des Innenmeniskus überprüft. Dieser war nach Naht eingeheilt. Es lag zwar noch ein Horizontalriss vor, der jedoch nicht zu Einklemmungen führte. Kleinere Einrisse wurden punktiert, und es erfolgte eine Begradigung. Auf eine größere Resektion wurde jedoch verzichtet.

Der beratende Arzt der Beklagten, Dr. W., führte in seiner Stellungnahme vom 04.02.2013 aus, dass er sich dem Gutachten von Dr. S. anschließe. Die Klägerin habe nach dem Sturz vom 19.01.2012 wieder einige Zeit Skifahren können. Dies sei mit einem frischen Kreuzband- oder Meniskusriss nicht vereinbar.

In einem für die private Unfallversicherung erstellten Gutachten vom 29.05.2013 vertrat Dr. X. die Meinung, dass die Kreuzbandteilruptur mit Sicherheit nicht auf eine degenerative Vorschädigung, sondern auf eine äußere Einwirkung zurückzuführen sei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei die Kreuzbandteilruptur bei dem Unfall vom 19.01.2012 entstanden.

Mit dem ersten hier streitgegenständlichen Bescheid vom 10.06.2013 hat die Beklagte zwar den Unfall vom 19.01.2012 als Versicherungsfall anerkannt, einen Anspruch auf Verletztenrente jedoch verneint. Als Unfallfolge wurde bewertet: „Prellung des linken Kniegelenks“. Diese sei ausgeheilt, Unfallfolgen seien nicht verblieben. Nicht als Unfallfolgen würden anerkannt: „Korbhenkelriss des Innenmeniskus, Lappenriss des Außenmeniskus und Teilriss des Kreuzbandes am linken Kniegelenk“. Es bestehe keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit.

Mit weiterem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 10.06.2013 wurde die Anerkennung des Ereignisses vom 27.07.2012 als Versicherungsfall abgelehnt. Ein Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung habe nicht vorgelegen. Es habe bei diesem Ereignis keine Krafteinwirkung auf das linke Kniegelenk stattgefunden, welche geeignet gewesen wäre, eine Verletzung der Kreuzbänder oder der Menisken zu verursachen.

Gegen beide Bescheide vom 10.06.2013 hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.

Der behandelnde Arzt und Operateur der Klägerin, Chirurg und D-Arzt Dr. F., vertrat mit Attest vom 27.06.2013 folgende Auffassung hinsichtlich des Ursachenablaufs: Der Unfall vom 19.01.2012 habe zu einem Distorsionstrauma des linken Kniegelenks mit subtotaler vorderer Kreuzbandruptur und Längseinriss im Bereich des Innenmeniskus geführt. Zu einer Einklemmung sei es noch nicht gekommen.

Am 30.07.2012 habe die Klägerin beim Schulsport plötzlich eine Einklemmung erlitten, da der Längsriss des Innenmeniskus zugenommen habe und bei diesem Ereignis eingeklemmt sei. Primär sei versucht worden, den Innenmeniskus zu nähen, was jedoch nur partiell zur Ausheilung gekommen sei, sodass eine partielle Meniskektomie erforderlich geworden sei. Durch den partiellen Meniskusverlust sowie die Schwächung der Quadrizepsmuskulatur infolge der Nachbehandlung der Meniskusverletzung sei die vordere Kreuzbandinsuffizienz, die initial kompensiert gewesen sei, zur Dekompensation gelangt, da die subtotale Ruptur nicht zur Abheilung geführt habe. Aus diesem Grunde habe im März 2013 eine vordere Kreuzbandplastik erfolgen müssen.

Die Leichtathletik-Gemeinschaft P. teilte mit Schreiben vom 05.07.2013 mit, dass die Klägerin derzeit Mitglied im Sportverein D. E. sei. Die letzten Ergebnisse in der Leichtathletik seien von der Klägerin bei einer Sportveranstaltung im Jahre 2007 erzielt worden. Leider habe sie seit dem Jahr 2010 das Training nicht mehr wahrgenommen und demzufolge auch an keinen Leichtathletik-Wettkämpfen mehr teilgenommen.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin H. hat mit Attest vom 08.07.2013 bestätigt, dass nach vollständiger Durchsicht der Karteikarte der Klägerin in der Zeit vom 31.07.2000 bis Januar 2012 ein Eintrag das Kniegelenk betreffend nicht vorhanden sei.

Mit zwei getrennten Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2013 wies die Beklagte die gegen die Bescheide vom 10.06.2013 eingelegten Widersprüche jeweils als unbegründet zurück.

Gegen beide Bescheide vom 10.06.2013 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 hat die Klägerin am 20.01.2014, einem Montag, beim Sozialgericht (SG) Landshut Klage erhoben.

Der behandelnde Chirurg, Dr. F., hat im Befundbericht vom 06.10.2014 seine bereits mit Attest vom 27.06.2013 formulierte Auffassung zum Kausalverlauf bekräftigt.

Das SG hat den Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. M. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem nach ambulanter Untersuchung erstellten Gutachten vom 09.12.2014 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die vordere Kreuzbandteilruptur auf den Sturz am 19.01.2012 zurückzuführen sei. Bei dem Sturz habe es sich um einen geeigneten Mechanismus für eine Kreuzbandteilruptur gehandelt. Das linke Kniegelenk sei auch im Anschluss an den Unfall angeschwollen. Selbst die Tatsache, dass die Klägerin im Anschluss daran noch einige Zeit Ski gefahren sei, spreche nicht gegen die Kausalität, da schließlich nur ein Teilabriss des vorderen Kreuzbandes vorgelegen habe und man mit einem partiellen Kreuzbandriss bei gutem Zustand der umgebenden Muskulatur durchaus noch Ski fahren könne. Von einem guten muskulären Zustand könne man bei der Klägerin ausgehen, da sie vor dem Unfall jahrelang aktiv Sport betrieben habe. Eine wesentliche Instabilität im linken Kniegelenk habe aus dieser Verletzung höchstwahrscheinlich nicht resultiert, da eine Verletzung der Seitenbänder ja niemals nachgewiesen worden und auch nicht wahrscheinlich sei. Zwar könne mangels unfallnaher ärztlicher Befunde nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, dass die Kreuzbandteilruptur bereits zeitnah zum Unfall vom 19.01.2012 vorgelegen habe. Auf der anderen Seite sei bei der jungen sportlichen Klägerin kaum eine andere Ursache denkbar als dieser Unfall beim Skifahren; jedenfalls sei eine degenerative Ursache aufgrund des jugendlichen Alters der Klägerin ausgeschlossen. Die Frage, ob es im rechtlichen Sinne zu einer Beweiserleichterung zugunsten der Klägerin kommen könne, liege jedoch auf juristischem Fachgebiet und sei von Seiten des medizinischen Gutachters nicht zu entscheiden.

Bei dem Ereignis vom 27.07.2012 handle es sich dagegen nicht um einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein von außen einwirkendes Ereignis habe nicht vorgelegen: die Klägerin schildere normales, eventuell etwas beschleunigtes Laufen auf ebenem Untergrund, keine gegnerische Einwirkung, kein Hochspringen und Auftreffen mit Verdrehen des Unterschenkels gegen das Kniegelenk auf dem Untergrund und auch ohne sicher erinnerliches aktives Drehen des Oberkörpers gegen den fixierten Fuß.

Die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Unfall vom 19.01.2018 verursachte Kreuzbandteilruptur habe dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu dem Korbhenkelriss des Innenmeniskus geführt, der im Rahmen der Arthroskopie vom 03.08.2012 diagnostiziert worden sei. Es entspreche der medizinischen Erfahrung, dass es häufig nach einem teilweisen oder kompletten Kreuzbandriss mit nachfolgender Bandinstabilität im weiteren Verlauf zu Korbhenkelrissen am Innenmeniskus komme. Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit gelte dies auch für den kleinen Lappenriss am Außenmeniskusvorderhorn, welcher am 03.08.2012 entfernt worden sei.

Es bestünden folgende Unfallfolgen:

1. endgradige Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk

Im linken Kniegelenk finde sich bei der klinischen Untersuchung eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit. Die Streckung sei um endgradig ca. 5° eingeschränkt, was für die Funktion des linken Kniegelenks keine nennenswerte Bedeutung habe. Die Beugung sei gegenüber der nicht betroffenen rechten Seite um ca. 15 bis 20° eingeschränkt. Nach der Neutral-Null-Methode ergebe sich eine Beweglichkeit der Kniegelenke in der Streckung und Beugung rechts von 5-0-130° und links von 0-5-115°.

2. muskulär kompensierte Restinstabilität am linken Kniegelenk nach Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes am 20.03.2013

Es finde sich eine geringfügige Restinstabilität des linken Kniegelenks bezüglich des vorderen Kreuzbandes. Das Lachman-Zeichen sei zweifach positiv mit hartem Anschlag. Es sei eine vordere Schublade bei gebeugtem Kniegelenk auszulösen, die jedoch bei maximaler Anspannung der Muskulatur des linken Oberschenkels nicht mehr provozierbar sei. Es handele sich damit um eine muskulär kompensierte Instabilität.

3. geringe Muskelminderung am linken Oberschenkel und Unterschenkel

Es sei eine minimale Muskelminderung am körperfernen linken Oberschenkel und dem körpernahen linken Unterschenkel festzustellen, die jedoch von den Umfangsmaßen lediglich 1 cm betrage.

4. teilweiser Verlust des Innenmeniskus und partieller Verlust des Außenmeniskusvorderhorns nach arthroskopischen Operationen am 03.08.2012 und am 09.11.2012.

Im Anschluss an die Arthroskopie vom 03.08.2012 sei von einer Schulunfähigkeit von drei Wochen auszugehen. Die unfallbedingte MdE habe 10 v.H. betragen. Im Anschluss an die Arthroskopie vom 09.11.2012 sei wiederum von einer Schulunfähigkeit von ca. drei Wochen auszugehen. Nach der vorderen Kreuzbandersatzplastik vom 20.03.2013 sei von einer Schulunfähigkeit von sicherlich vier Wochen auszugehen. Im Anschluss an die Schulunfähigkeit habe sich die unfallbedingte MdE zunächst auf 20 v.H. für sechs Monate erhöht. Seitdem betrage die unfallbedingte MdE durchgehend 15 v.H. Die zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung festgestellte MdE von 15 v.H. hat der Sachverständige Dr. M. wie folgt begründet: für eine Funktionsminderung des linken Kniegelenks im Umfang 0-0-120° werde in der gutachterlichen Literatur eine unfallbedingte MdE von 10 v.H. vorgeschlagen. Bei der Klägerin betrage die Beugefähigkeit im linken Kniegelenk 115°, so dass für die Einschränkung der Beweglichkeit eine unfallbedingte MdE von maximal 10 v.H. anzusetzen sei, welche eher gegen unter 10 v.H. tendiere. Bezüglich der muskulär kompensierten Bandinstabilität am vorderen Kreuzband werde in der gutachterlichen Literatur eine unfallbedingte MdE von ebenfalls 10 v.H. vorgeschlagen. Die minimale Umfangsminderung (bzw. Muskelminderung) am körperfernen linken Oberschenkel und körpernahen linken Unterschenkel führe nicht zu einer weiteren Erhöhung der unfallbedingten MdE. Die beiden Teil-MdEs für die Einschränkung der Beweglichkeit und für die Bandinstabilität von jeweils 10 v.H. könnten nicht einfach addiert werden; in der Unfallbegutachtung sei es üblich, von der Summe zwei Drittel zu nehmen. Dadurch komme man auf eine unfallbedingte MdE von 13 v.H., die dann auf 15 v.H. aufzurunden sei.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG zusätzlich ein Gutachten vom Chirurgen Dr. X. zur Frage der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung eingeholt. Im Gutachten vom 16.04.2015 kommt Dr. X. zum selben Ergebnis wie Dr. M.. Durch die vollständig fehlende Erstdiagnostik nach dem Skiunfall vom 19.01.2012 könne in letzter Konsequenz, sprich im Vollbeweis, nicht behauptet werden, dass es dabei tatsächlich zur Teilruptur des vorderen Kreuzbandes und anderen Läsionen (zum Beispiel am Meniskus) gekommen sei. Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit hierfür sei jedoch gegeben.

Der durch die Sachbefunde gesicherte Schadensverlauf stelle sich nahezu lehrbuchmäßig dar. In der unfallchirurgischen Praxis fänden sich immer wieder vergleichbare Abläufe. Ein adäquates Trauma führe zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes und dabei auch meistens zu ersten Einrissen an den Menisken, in der Regel sei auch ein Seitenband zumindest gezerrt, dies ergebe sich aus der Biomechanik. Teilrupturen der Kreuzbänder könnten durchaus ohne dramatische klinische Erstbefunde ablaufen, gar mancher Fußballer spiele damit nicht nur das laufende Spiel, oft noch eine ganze Saison oder länger weiter. Es resultierten leichtere, rezidivierende Beschwerden. Die Kniegelenke seien am Anfang etwas geschwollen, könnten durch Eigenbehandlung in einen akzeptierten Zustand gebracht werden. Dann komme es entweder zu einem Zweitereignis im Sinne eines neuerlichen Unfalles, oder, auch das sei nicht selten, zu sekundären Komplikationen, meist in der Form, dass durch die eingetretene Instabilität Menisken abrissen (ganz abrissen) und sich dann oft einklemmten. Dieses Geschehen wiederum sei dann so schmerzhaft, dass die Verletzung letztendlich doch diagnostiziert werde und sich, wie im aktuellen Fall der Klägerin, das ganze Ausmaß des Schadens darstelle. Jeder, der Kniegelenkschirurgie betreibe, könne über viele solche Verläufe berichten. Das beschriebene Zweitereignis habe in diesen Fällen einen meist untergeordneten, mehr oder minder oft nur auslösenden Charakter. Entschieden habe sich die Entwicklung bereits durch die beim Erstereignis entstandenen Primärverletzungen.

Nach den beiden Arthroskopien sei von einer Schulunfähigkeit von jeweils zwei Wochen auszugehen, nach der Kreuzbandersatzoperation von einer Schulunfähigkeit von 3 bis 4 Wochen. Die unfallbedingte MdE habe für sechs Monate ab der Kreuzband-OP 20 v.H. betragen und danach 10 v.H. bis zum 15.04.2015, ab dem 16.04.2015 (dem Tag der Untersuchung durch Dr. X.) unter 10 v.H.

Der vom SG befragte Physiotherapeut der Klägerin, J. H., hat mit Schreiben vom 21.05.2015 die Behandlungsdaten mitgeteilt. Diese lagen sämtlich im Zeitraum vom 13.08.2012 bis zum 03.07.2013.

Am 06.10.2015 hat das SG einen Erörterungstermin abgehalten und darin die Klägerin persönlich sowie ihre Mutter und mehrere Zeugen vernommen. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat im Erörterungstermin vom 06.10.2015 u. a. erklärt, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls im Januar 2012 schon seit längerem nicht mehr im Leichtathletikverein gewesen sei. Sie sei zu dieser Zeit nicht privat mit der Familie Ski gefahren. Nach dem Januar 2012 habe sie im Sportunterricht in der Schule des Öfteren Beschwerden gehabt. Sie könne sich erinnern, dass sie, als einmal Fußball gespielt worden sei, aufhören habe müssen, weil ihr das Knie so weh getan habe. Sie sei etwa bis zum Jahr 2010 im Leichtathletikverein in P. aktiv gewesen. Die Mutter der Klägerin hat erklärt, wenn sie vom Schulsport mit einem geschwollenen Knie nachhause gekommen sei, hätten sie wieder Quarkwickel gemacht.

Die Zeugin K. F., eine damalige Mitschülerin, hat angegeben, auch im Skilager dabei gewesen und in der Gruppe der Klägerin mitgefahren zu sein. Den Unfall habe sie direkt nicht gesehen, aber sie habe die Klägerin kurze Zeit nach ihrem Sturz auf der Piste getroffen. Die Klägerin habe sie gefragt, ob sie das gesehen habe, dass sie mit V. W. zusammengestoßen sei. Die Klägerin habe gemeint, ein bisschen Beschwerden habe sie schon noch. Wie lange sie an diesem Tag noch gefahren seien, wisse sie nicht mehr. Am nächsten Tag sei die Heimreise gewesen, es sei dann auch nicht mehr Ski gefahren worden.

Die Zeugin J. D. hat ausgesagt, dass sie die Gruppe der Klägerin betreut habe, als der Skiunfall passiert sei. Sie habe aber den Unfall selbst nicht gesehen. Sie könne sich auch nicht mehr erinnern, dass die Klägerin gesagt habe, aufgrund eines Sturzes nun Schmerzen am Kniegelenk zu haben. Das sei einfach zu lange her. Wenn die Klägerin den Wunsch gehabt hätte, zum Arzt zu gehen, dann hätte man sie zum Arzt gefahren. Ansonsten könne sie mitteilen, dass für das zweite Halbjahr 2012 für die Klägerin keine Sportbefreiung vorgelegen habe. Über die Fehlzeiten im Sportunterricht im Zeitraum von Februar 2012 bis Juli 2012 könne sie nichts sagen, weil diese Unterlagen zum Ende eines Schuljahrs vernichtet würden. Lediglich Auskünfte zu allgemeinen Krankheitstagen wären möglich.

Das Gericht hatte ursprünglich auch die Sportlehrerin der Klägerin im Schuljahr 2011/12, C., geladen, auf deren Mitteilung hin, dass sie zu dem besagten Skiunfall nichts sagen könne, da sie im Skilager nicht dabei gewesen sei, jedoch die Ladung aufgehoben.

Die Unfallgegnerin V. W. hat das Gericht schriftlich als Zeugin befragt. Diese hat mit Schreiben vom 03.11.2015 mitgeteilt, dass sie sich an den Sturz nur beschränkt erinnern könne. Sie sei mit der Klägerin auf der Skipiste zusammengestoßen. Die Geschwindigkeit sei ihr nicht mehr bekannt. Es seien beide gestürzt. An den Sturzvorgang könne sie sich nicht mehr erinnern. Ob die Klägerin gleich wieder habe aufstehen können, wisse sie nicht mehr. Sie seien aber gemeinsam zur Talstation gefahren. Ob die Klägerin über Schmerzen geklagt habe, wisse sie nicht mehr. Sie sei mit der Klägerin im Januar 2012 gut befreundet gewesen.

Der Schulleiter der staatlichen Realschule T., RSK O. M., hat auf Befragung durch die Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2015 mitgeteilt, dass die Klägerin im Schuljahr 2011/12 in der achten Jahrgangsstufe im Fachsport von der Sportlehrerin C. unterrichtet worden sei. Laut Auskunft von Frau C. habe sie in den Zeiträumen September 2011 bis 14.01.2012 und vom 21.01.2012 bis zum 26.07.2012 die Beobachtung machen können, dass die Klägerin während des Sportunterrichts sehr häufig eine Kniebandage getragen habe. Sie habe sich aber trotzdem aktiv am regulären Sportunterricht beteiligt. Die Klägerin habe im Schuljahr an allen Sportdisziplinen wie folgt teilgenommen: Geräteturnen und Schwimmen von September 2011 bis Januar 2012; Leichtathletik, Schwimmen und Mannschaftssport von Februar bis Juni 2012. Erst im Schuljahr 2012/13 sei die Klägerin ganzjährig vom Sportunterricht befreit worden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 20.01.2014 beantragt, unter Abänderung der Bescheide vom 10.06.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.12.2013 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 27.07.2012 als Versicherungsfall anzuerkennen und der Klägerin Rentenleistungen aus dem Arbeitsunfall vom 19.01.2012 und dem Ereignis vom 27.07.2012 zu erbringen.

Nach der im Tatbestand des angefochtenen Gerichtsbescheides wiedergegebenen Interpretation durch das SG hat die Klägerin zusätzlich beantragt, die Gesundheitsstörungen am linken Kniegelenk als Folge des Schulunfalles vom 19.01.2012 anzuerkennen.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2015 (Az. S 15 U 31/14) die Beklagte verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 10.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 bei der Klägerin als Folge des Schulunfalles vom 19.01.2012 eine muskulär kompensierte Restinstabilität am linken Kniegelenk nach unfallbedingter Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes, eine endgradige Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk, eine geringe Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel, sowie einen teilweisen Verlust des Innenmeniskus links und einen partiellen Verlust des Außenmeniskusvorderhorns links anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach den Entscheidungsgründen bezog sich die Abweisung der Klage auf die beantragte Verurteilung zur Zahlung einer Verletztenrente sowie auf die beantragte Feststellung des Ereignisses vom 27.07.2012 als Arbeitsunfall.

In medizinischer Hinsicht ist das SG dem übereinstimmenden Ergebnis der Gutachten der Sachverständigen Dr. M. und Dr. X. gefolgt. Für die Feststellung der Unfallfolgen müsse nicht im Vollbeweis nachgewiesen sein, dass die Kreuzbandteilruptur links als Primärschaden am 19.01.2012 eingetreten sei. Vielmehr reiche es aus, dass im Vollbeweis nachgewiesen sei, dass es durch den Sturz beim Skifahren überhaupt zu einem Gesundheitserstschaden am betreffenden Körperteil (hier linkes Knie) gekommen sei. Ob dann später diagnostizierte Strukturverletzungen (hier die Kreuzbandteilruptur) mit dem Gesundheitserstschaden (hier zu bezeichnen als Zerrung) im Zusammenhang stünden, betreffe den Kausalzusammenhang und sei mit dem Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Es sei in der Unfallversicherung keine Seltenheit, dass zunächst etwa nur eine Schulterzerrung nachgewiesen sei und sich dann erst Monate später im Rahmen einer Arthroskopie zeige, dass beispielsweise auch eine Reruptur oder Teilruptur der Supraspinatussehne eingetreten sei. Auch dann genüge es zur Anerkennung einer entsprechenden Unfallfolge, wenn bewiesen sei, dass die Ruptur der Supraspinatussehne mit Wahrscheinlichkeit mit der Zerrung in Zusammenhang stehe.

Die Beklagte hat gegen den Gerichtsbescheid des SG, der ihr am 16.12.2015 zugestellt worden ist, am 15.01.2016 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid, der ihr am 16.12.2015 zugestellt worden ist, am 18.01.2016, einem Montag, Berufung eingelegt.

Das LSG hat am 24.10.2017 einen Erörterungstermin abgehalten, in dem der Berichterstatter den Beteiligten einen Vergleich des Inhalts vorgeschlagen hat, dass die im Gerichtsbescheid genannten Unfallfolgen anerkannt werden sollten und zusätzlich die Beklagte der Klägerin wegen der Unfallfolgen Verletztenrente im Zeitraum vom 20.03.2013 bis einschließlich 20.09.2013 gewähren sollte. Mit diesem Vergleichsvorschlag hat sich die Klägerin, nicht jedoch die Beklagte einverstanden erklärt.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 20.11.2017 die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. L. vom 31.12.2015 vorgelegt. Demnach sprechen im vorliegenden Fall alle entscheidungserheblichen Fakten und Indizien gegen die Verursachung eines Kniebinnenschadens durch den Unfall vom 19.01.2012. Ob es durch die versicherte Tätigkeit am 19.01.2012 zu einer direkten oder zu einer indirekten Krafteinwirkung auf das linke Kniegelenk der Versicherten gekommen sei, sei offen und könne nicht mehr gesichert werden. Das Verhalten der Versicherten mit Fortführung des Skisports (Abfahrtski), die volle Belastung des linken Kniegelenks / linken Beines im weiteren Verlauf, die ununterbrochene Teilnahme am Schulunterricht und am Schulsport und der erstmalige Arztbesuch am 30.07.2012 seien völlig verletzungsatypisch und sprächen ganz entschieden gegen einen unfallbedingten relevanten Kniebinnenschaden in Form einer gedeckten Teilverletzung des vorderen Kreuzbandes links. Dass nach einer derartig gravierenden Verletzung noch weiter Abfahrtski gefahren werde, sei zwar möglich (möglich sei in der Medizin fast alles), aber nicht naheliegend. Ebenso wenig sei naheliegend, dass im weiteren Verlauf keine relevanten Beschwerden einträten, so dass das linke Kniegelenk weiterhin voll belastet und ununterbrochen am Schulsport teilgenommen werde. Eine Verletzung des Kreuzbandes, wie sie bei der Klägerin aufgetreten sei, wäre nur durch einen Drehsturz zu erklären, der jedoch gleichzeitig zu einer ausgedehnten Verletzung des Innenmeniskus geführt hätte, mit der eine weitere Belastung des Kniegelenks jedoch mehr oder weniger ausgeschlossen gewesen wäre. Der Operateur sei am 03.08.2012 jedoch von einer relativ frischen Schädigung des Innenmeniskus ausgegangen. Ansonsten hätte er keine Naht durchgeführt. Feingeweblich seien die Veränderungen im Bereich des Außenmeniskusvorderhorns ebenfalls relativ frisch gewesen, so dass ein Bezug zur versicherten Tätigkeit am 19.01.2012 nicht hergestellt werden könne.

Die Klägerin hat bestritten, im Zeitraum von September 2011 bis Juli 2012 „sehr häufig eine Kniebandage“ getragen zu haben, wie im Schreiben des Schulleiters vom 29.10.2015 nur als Aussage der Sportlehrerin C. wiedergegeben. Auf Antrag der Klägerin hat das Gericht die Sportlehrerin C. hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2018 als Zeugin vernommen. Die Zeugin C. hat im Wesentlichen ausgesagt, sich weder an Einzelheiten bzgl. der Klägerin im Sportunterricht des Schuljahres 2011/12 noch an eine erfolgte Befragung im Zusammenhang mit dem Schreiben des Schulleiters vom 29.10.2015 erinnern zu können. Im Übrigen wird bezüglich ihrer Aussage auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die Klägerin, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte beantragt, unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 14.12.2015 und des Bescheides der Beklagten vom 10.06.2013, Az. 02/146917/ 12-9, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 19.01.2012 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. für die Zeit 20.03.2013 bis 31.10.2013 zu zahlen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

1. unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 14.12.2015 die Klage in vollem Umfang abzuweisen und

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungen sind zulässig, insbesondere wurden sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Berufungen bedürfen gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen, soweit sie darauf gerichtet war, unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.01.2012 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. für den Zeitraum vom 20.03.2012 bis zum 31.10.2012 zu bezahlen. Die Klage ist insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthaft und zulässig. Die Klage ist in diesem Umfang der zuletzt gestellten Klageanträge auch begründet.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG unter Abänderung des Bescheides vom 10.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 die Beklagte verurteilt, bei der Klägerin als Folge des Schulunfalles vom 19.01.2012 eine muskulär kompensierte Restinstabilität am linken Kniegelenk nach unfallbedingter Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes, eine endgradige Funktionseinschränkung am linken Kniegelenk, eine geringe Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel sowie einen teilweisen Verlust des Innenmeniskus links und einen partiellen Verlust des Außenmeniskusvorderhorns links anzuerkennen. Insoweit ist eine kombinierte Anfechtungs- und (auf einen feststellenden Verwaltungsakt gerichtete) Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft und zulässig. Zwar hat die Klägerin erstinstanzlich insoweit nicht ausdrücklich einen solchen Antrag gestellt, sondern er wurde vom SG in die Anträge der Klägerin hineininterpretiert. Spätestens mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten vom 22.02.2016 hat aber die Klägerin die Klage im Sinne der erstinstanzlichen Verurteilung erweitert. Diese Klageerweiterung ist gemäß § 99 SGG zulässig, weil sich die Beklagte darauf eingelassen hat, ohne der Klageerweiterung zu widersprechen; sie wäre im Übrigen auch sachdienlich, weil das SG insoweit ein Sachurteil erlassen hat und die Frage der Unfallfolgen durch die Gutachten entscheidungsreif geklärt ist. Die Klage ist im Rahmen der Verurteilung durch das SG auch begründet.

Welche Gesundheitsstörungen dem Unfallversicherungsträger als Unfallfolgen zuzurechnen sind, ist nach der Theorie von der wesentlichen Bedingung zweistufig zu prüfen (ständige Rechtsprechung, vergleiche z. B. BSG, Urteil vom 24.07.2012 Az. B 2 U 9/11 R, Rdnrn. 31 ff.):

Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung als Wirkursache objektiv (mit)verursacht wurde. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (Conditio-sine-qua-non). Nach der im Strafrecht maßgeblichen rechtlichen Zurechnungslehre der „Äquivalenztheorie“ gelten alle solchen notwendigen Bedingungen stets als gleichwertig (äquivalent) und deshalb schon rechtlich als Ursachen (BSG, Urteil vom 13.11.2012 Az. B 2 U 19/11 R = BSGE 112, 177, Rdnr. 34). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG vom 09.05.2006 Az. B 2 U 1/05 R = BSGE 96, 196, Rdnr. 15).

Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich „wesentliche“ ist. Hierzu muss auf der zweiten Stufe die Wirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Hierbei ist zu prüfen, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG, Urteil vom 13.11.2012 Az. B 2 U 19/11 R = BSGE 112, 177, Rdnr. 37). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 09.05.2006 Az. B 2 U 1/05 R, Rdnr. 15): Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG, SozR Nr. 69 zu § 542 RVO a.F.; BSG, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 1.7 S. 21 ff.). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f.; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSGE 94, 269 Rdnr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f.; BSGE 94, 269 Rdnr. 11).

Die als Unfallfolgen anzuerkennenden Gesundheitsschäden müssen nach allgemeinen Grundsätzen im Vollbeweis feststehen, d.h. es ist ein der Gewissheit nahe kommender Grad der Wahrscheinlichkeit bzw. ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erforderlich. Für den Zusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden genügt dagegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit; diese liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt (Keller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, Stand 06/18, zu § 8 SGB VII Rdnrn. 333 f. mit Nachweisen aus der Rspr.).

Die Unfallfolgen, zu deren Feststellung das SG die Beklagte verurteilt hat, ergeben sich aus den überzeugenden Gutachten der beiden gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. M. und Dr. X. und stehen auch im Einklang mit der von Dr. F. als Operateur und D-Arzt geäußerten Auffassung vom 27.06.2013.

Der Senat hält es demnach für deutlich überwiegend wahrscheinlich, dass die Anfang August 2012 diagnostizierte vordere Kreuzbandteilruptur sowie die Meniskusschäden durch den versicherten Skiunfall vom 19.01.2012 verursacht worden sind, wobei von folgendem Kausalverlauf auszugehen ist: Unmittelbar durch den Unfall vom 19.01.2012, der mit einer Distorsion des linken Knies verbunden war, kam es zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes. Bezüglich der Menisken des betroffenen Kniegelenks kam es entweder bereits unmittelbar im Zeitpunkt des Unfalles zu Einrissen, die sich eventuell im weiteren Verlauf verstärkten, oder die Risse sind erst in der Folgezeit entstanden, da die durch eine Kreuzbandteilruptur entstandene Instabilität typischerweise im weiteren Verlauf zu derartigen Meniskuseinrissen führt, wie insbesondere Dr. M. ausführlich und überzeugend dargelegt hat.

Die Tatsache, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall in der Lage war, sich noch eine Stunde auf der Piste aufzuhalten und insbesondere zur Talstation abzufahren und dass sie den Rest des Schuljahres am Sportunterricht teilgenommen hat, spricht nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. M. und Dr. X. sowie des Orthopäden Dr. F. nicht entscheidend gegen die Annahme, dass die Kreuzbandteilruptur bereits am 19.01.2012 eingetreten ist. Denn da das Kreuzband nicht vollständig, sondern nur teilweise gerissen war und insbesondere die Seitenbänder intakt geblieben waren, ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Klägerin insbesondere aufgrund Ihres jugendlichen Alters und einer gut trainierten Muskulatur in der Lage war, die sich aus der Teilruptur ergebende Instabilität weitgehend zu kompensieren. Trotzdem hatte sie weiterhin durchgehend Beschwerden am linken Knie. Der Senat hält insoweit die Aussagen der Klägerin und ihrer Mutter für glaubhaft, dass sie nach dem Unfall nie völlig beschwerdefrei war, dass sie beim Schulsport gelegentlich pausieren musste und dass nach dem Schulsport gelegentlich Schwellungen auftraten, die erneut mit Quarkwickeln behandelt wurden. Wie insbesondere der Sachverständige Dr. X. eindrucksvoll dargelegt hat, laufen Fußballspieler mit ähnlichen Verletzungen nicht nur noch das ganze Spiel, sondern sogar oft noch eine ganze Saison oder länger weiter. Andere Ursachen sind für die Kreuzbandteilruptur nicht bekannt und nach Auffassung des Senats höchst unwahrscheinlich. Die Auskunft des Hausarztes Dr. H. vom 08.07.2013 hat keine früheren Beschwerden des Kniegelenks ergeben. Eine degenerative Ursache hat der Sachverständige Dr. M. ausgeschlossen. Der Senat hält auch die Einschätzung der Klägerin für glaubhaft, dass außer dem Unfall vom 19.01.2012 kein anderes Ereignis als Ursache der Kreuzbandteilruptur in Betracht komme. Entscheidend für die Glaubhaftigkeit der Einschätzung der Klägerin ist der Umstand, dass bereits in der ersten ärztlichen Behandlung nach dem Vorfall beim Fußballspiel am 27.07.2012 bei Dr. F. in dessen D-Arzt-Berichten vom 30.07.2012 vermerkt ist, dass die Klägerin angegeben habe, dass sie beim Skifahren mit einer anderen Skifahrerin zusammengestoßen und gestürzt sei und seither Schmerzen im linken Kniegelenk habe. Die Schmerzen durch den Sturz seien zwar nach einer Woche besser geworden, jedoch nie richtig abgeklungen. Es ist für den Senat hochgradig unwahrscheinlich, dass diese eindeutig dokumentierte Aussage der Klägerin am 30.07.2012 eine bewusst unwahre Aussage darstellte. Wenn es die Klägerin darauf abgesehen hätte, Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen, hätte sie sich schon allein aus diesem Grunde in der Zeit vom 19.01.2012 bis zum 27.07.2012 in ärztliche Behandlung begeben und alles getan, um die Verletzungsfolgen des Schulunfalles zu dokumentieren; im Übrigen wäre es für sie dann viel leichter gewesen, bei der Untersuchung durch Dr. F. am 30.07.2012 das ebenfalls versicherte Fußballspiel (mit Unebenheit, Vertreten usw.) als Ursache zu nennen. Dass sie nun beim ersten Arztbesuch, der durch das erstmals für die Klägerin dramatische Ereignis vom 27.07.2012 unabweisbar geworden war, sofort und spontan auf die seit der Knieverletzung vom Januar durchgehend bestehenden Beschwerden hingewiesen hat, spricht eindeutig für die Glaubhaftigkeit dieser Aussage und für das Vorhandensein durchgehender Beschwerden. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln, zumal auch dem D-Arzt Dr. F. die Schilderung völlig glaubhaft erschien, weshalb er sich später für einen entsprechenden Kausalzusammenhang ausgesprochen hat.

Auch das Schreiben des Schulleiters der staatlichen Realschule T., M., vom 29.10.2015 an die Beklagte kann nicht als Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Klägerin oder gegen den hier für überwiegend wahrscheinlich angenommenen Kausalverlauf herangezogen werden. Zwar hat darin der Schulleiter ausgeführt, laut Auskunft von C., der Sportlehrerin der Klägerin im Schuljahr 2011/12, die jedoch nicht mit ins Skilager gefahren war, habe man in den Zeiträumen von September 2011 bis 14.01.2012 und vom 21.01.2012 bis 26.07.2012 beobachten können, dass die Klägerin während des Sportunterrichts sehr häufig eine Kniebandage getragen und sich aber trotzdem aktiv am regulären Sportunterricht beteiligt habe. Durch persönliche Befragung der inzwischen im Ruhestand befindlichen früheren Sportlehrerin C. in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2018 konnte jedoch das Zu-Stande-Kommen dieser Angaben nicht geklärt werden. Die Zeugin konnte sich selbst nicht mehr daran erinnern, ob sie die Klägerin überhaupt mit einer Kniebandage gesehen habe, weil dies schon zu lange her gewesen sei. Sie hat auch angegeben, über derartige Umstände keine Vermerke angefertigt zu haben, es sei denn, dass jemand keine Sportnote bekommen habe. Dies wäre aber angesichts der zugleich von der Realschule bestätigten Teilnahme der Klägerin am Sportunterricht bis einschließlich Juni 2012 nicht nachvollziehbar. Frau C. hat weiter ausgesagt, sie könne sich auch nicht erinnern, ob die Klägerin vor oder nach dem Skilager über Schmerzen im Knie geklagt habe. Der Senat geht davon aus, dass die genaue Angabe der Zeiträume im Schreiben des Schulleiters M. nicht von der Zeugin C. selbst stammte, sondern lediglich aus der entsprechenden Fragestellung seitens der Beklagten in deren Schreiben vom 22.10.2015 übernommen worden war, das der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, wobei beim Inhalt der Antwort nicht zwischen den beiden Zeiträumen differenziert wurde. Zusammenfassend kann der Aussagewert des Schreibens des Schulleiters M., das fast vier Jahre nach dem Unfall entstanden war, nicht mehr geklärt werden und ist jedenfalls höchst zweifelhaft.

Dass die zunächst von der Klägerin relativ gut muskulär kompensierbare Instabilität sich ab dem Ereignis vom 27.07.2017 immer stärker funktionell auswirkte, hat bereits Dr. F. in seiner Stellungnahme nachvollziehbar damit erklärt, dass infolge der Meniskusteilresektion sowie der durch die Arthroskopien erforderlichen körperlichen Schonung und dem damit verbundenen Muskelabbau eine muskuläre Kompensation der Instabilität immer schwieriger wurde.

Das Gutachten des Dr. S. vom 25.12.2012, der einen Kausalzusammenhang zwischen dem Sturz vom 19.01.2012 und den späteren Beschwerden der Klägerin verneinte, konnte den Senat schon deshalb nicht überzeugen, weil Dr. S. in wesentlicher Hinsicht von falschen Tatsachen ausgegangen war. So hat Dr. S. angenommen, dass die unfallbedingten Beschwerden bereits zwei Tage nach dem Sturz weitgehend abgeklungen gewesen seien, dass die Klägerin noch eine Woche nach dem Unfall im Skilager gewesen sei und dass sie nach dem Unfall auch wieder Leichtathletik im Verein betrieben habe. Demgegenüber hat die Klägerin für das Gericht glaubhaft angegeben, nach dem Unfall nie mehr völlig beschwerdefrei gewesen zu sein. Das Skilager endete nachgewiesen am Tag nach dem Unfall, so dass die Klägerin nur noch eine Stunde nach dem Unfall weiterfahren musste und nicht eine ganze Woche. Außerdem ist durch die Auskunft der Leichtathletik-Gemeinschaft P. vom 05.07.2013 geklärt worden, dass die Klägerin bereits geraume Zeit vor dem Unfall dort nicht mehr weiter trainiert hatte.

Der abweichenden Auffassung des Beratungsarztes Dr. L. in dessen Stellungnahme vom 31.12.2015 ist der Senat aus folgenden Gründen nicht gefolgt: Erstens hat sich Dr. L. nicht ausreichend mit den Argumenten der Sachverständigen Dr. M. und Dr. X. auseinandergesetzt. Zweitens hat Dr. L. die nach dem Skiunfall und der Abheilung der ersten Schwellung weiter bestehenden Beschwerden nicht ausreichend gewürdigt bzw. verharmlost. Drittens steht Dr. L. als Beratungsarzt auf der Seite der Beklagten, so dass im Zweifel seiner Aussage nicht das gleiche Gewicht zukommt wie derjenigen eines unabhängigen Gerichtssachverständigen. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass der Sachverständige Dr. X. zwar auf Antrag und Kosten der Klägerin bestellt worden war, jedoch bereits zuvor in einem für die private Unfallversicherung erstellten Gutachten vom 29.05.2013 die gleiche Auffassung vertreten hatte.

Da keine konkurrierenden unversicherten Ursachenbeiträge ersichtlich sind, ist die Kausalität des Unfalls für die Entwicklung der Kniegelenksschäden auch wesentlich.

Nicht erforderlich ist es, den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der über sechs Monate nach dem Unfall diagnostizierten Kreuzbandteilruptur im Vollbeweis festzustellen Auch wenn man die Kreuzbandteilruptur als Gesundheitserstschaden ansieht, ist ein solcher Beweis nicht zu fordern. Nur für die äußerlich feststellbaren Tatbestandsmerkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung zur Zeit des (Unfall-)Ereignisses, Gesundheits(erst)schaden und Unfallfolge fordert das BSG als Beweismaß die annähernde Gewissheit nach § 286 ZPO, während für die Zurechnungs- bzw. Kausalitätsfeststellungen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit als ausreichend angesehen wird (vgl. hierzu in Abgrenzung zum Zivilrecht Becker, in: MedSach 2011, S. 32 ff., 34). Der herabgesetzte Beweismaßstab hinreichende Wahrscheinlichkeit zur Feststellung der Ursachenzusammenhänge in der gesetzlichen Unfallversicherung wurde schon vom Reichsversicherungsamt entwickelt und geht als spezialgesetzliches Recht den allgemeinen Regeln zu den Beweismaßstäben vor (vgl. Becker, in MedSach 2011 S. 32 ff., 35). Das von der beklagten Berufsgenossenschaft postulierte Erfordernis, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, dass der Gesundheits(erst)schaden bereits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall eingetreten ist, findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des BSG eine Grundlage und würde in allen Fällen, in denen – wie häufig – der sichere Nachweis einer Gesundheitsstörung erst Wochen oder Monate nach dem Unfallereignis gelingt, die Beweiserleichterung hinsichtlich der Kausalität im Sinne des Nachweises mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konterkarieren. Es widerspricht dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung sowie der Rechtsprechung des BSG, einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Feststellung einer Gesundheitsstörung nicht nur als wichtiges Indiz sondern als zwingendes Kriterium zu fordern.

Wie der Senat bereits mit Urteil vom 18.10.2017 (Az. L 2 U 451/15) entschieden hat, ist es nicht erforderlich, eine Unfallfolge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als „Erstschaden“ festzustellen. Es genügt, wenn eine erst Jahre später festgestellte Verletzung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen ist. Davon abgesehen, hat die Beklagte selbst eine Prellung als Erstschaden im angefochtenen Bescheid festgestellt.

Bezüglich der Höhe der MdE folgt das Gericht dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M.. Das SG, das sich auch auf Dr. M. berufen hat, hat übersehen, dass auf Seite 25 des Gutachtens des Sachverständigen Dr. M. im Anschluss an die Kreuzbandersatzplastik-OP vom 20.03.2013 eine vierwöchige Schulunfähigkeit und anschließend eine 6-monatige MdE von 20 v.H. befürwortet wurde. Daraus ergibt sich eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 20.03.2013 bis zum 31.10.2013, weil die Rente gemäß § 73 Abs. 2 SGB VII bis zum Ende des Monats geleistet wird, in dem die Voraussetzungen ihrer Gewährung weggefallen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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