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Arbeitsunfall – haftungsbegründende Kausalität – Osteoporose – Beweiswürdigung

Osteoporose hin oder her – ein Arbeiter bekommt Recht: Selbst mit vorgeschädigter Wirbelsäule kann ein Arbeitsunfall der Auslöser für einen Wirbelbruch sein. Ein Thüringer Gericht entschied zugunsten eines Mannes, der beim Verschieben eines schweren Regals einen Wirbel brach, obwohl er an Osteoporose litt. Die Berufsgenossenschaft hatte zunächst abgelehnt, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, doch das Gericht stellte klar: Das Unfallereignis war die wesentliche Ursache für die Verletzung.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Entscheidung des Gerichts bestätigt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, der zu einer Wirbelsäulenfraktur führte.
  • Im Streitfall ging es um die Frage, ob der Arbeitsunfall durch eine bereits bestehende Osteoporose beeinflusst wurde.
  • Die Beklagte hatte zunächst die Anerkennung des Unfalls abgelehnt, was auf eine vermutete Zusammenwirkung von Osteoporose und dem Unfallgeschehen zurückzuführen war.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Umstände des Unfalls die Schmerzen und die Fraktur eindeutig erklären konnten, unabhängig von der Osteoporose.
  • Der Kläger hatte beim Heben eines schweren Regal­teils starke Schmerzen erlitten, was nachweislich mit dem Unfall zusammenhing.
  • Die medizinische Expertise hob hervor, dass der Unfall als Anlass für die Kompressionsfraktur zu betrachten ist, trotz vorhandener Osteoporose.
  • Das Gericht entschied zugunsten des Klägers, indem es die Beklagte zur Übernahme der Behandlungskosten und zur Zahlung von Verletztengeld verpflichtete.
  • Die Entscheidung des Gerichts zielt darauf ab, die Rechte von Versicherten zu schützen und klare Kriterien für die Anerkennung von Arbeitsunfällen aufzustellen.
  • Die Folgen dieser Entscheidung könnten wegweisend für ähnliche Fälle sein, in denen Osteoporose und Arbeitsunfälle in Verbindung stehen.
  • Die Beklagte muss die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen, was die finanziellen Belastungen des Klägers weiter entlastet.

Arbeitsunfall: Haftung und Kausalität im Fokus eines entscheidenden Falls

Ein Arbeitsunfall kann erhebliche Konsequenzen für die betroffene Person haben, sowohl körperlich als auch finanziell. Dabei stellt sich oft die Frage der Haftung und der entsprechenden Schadensersatzansprüche. Insbesondere die haftungsbegründende Kausalität spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, festzustellen, ob der Unfall tatsächlich die Ursache für die Verletzungen war. Bei der Beweiswürdigung müssen Gerichte häufig auch medizinische Gutachten heranziehen, um die Ursächlichkeit im Schadensrecht klarzustellen. Diese Gutachten sind entscheidend, da sie nicht nur die Verletzungsfolgen dokumentieren, sondern auch relevante Risikofaktoren wie Osteoporose berücksichtigen können.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Arbeitsunfällen sind vielschichtig. In vielen Fällen ist die Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung zuständig, deren Ziel es ist, die gesundheitlichen und finanziellen Folgen eines Arbeitsunfalls abzumildern. Das System sieht sowohl Präventionsmaßnahmen als auch Rehabilitation nach einem Unfall vor. Die richtige Einschätzung der Kausalität ist daher essenziell, um den Anspruch auf Schmerzensgeld und weitere Schadensersatzforderungen durchzusetzen. In der Folge wird ein konkreter Fall analysiert, der diese Aspekte der Haftung und Kausalität im Kontext eines Arbeitsunfalls beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Arbeitsunfall trotz Osteoporose: Gericht erkennt Wirbelkörperfraktur als Unfallfolge an

Haftung bei Arbeitsunfällen trotz Vorerkrankung
Trotz vorhandener Osteoporose erkannte ein Gericht einen Arbeitsunfall an, da das Unfallereignis die wesentliche Ursache für die Wirbelkörperfraktur war und die Beweislast für eine konkurrierende Ursache bei der Berufsgenossenschaft lag.(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Ein Arbeiter hat vor dem Thüringer Landessozialgericht erfolgreich die Anerkennung eines Arbeitsunfalls erstritten. Das Gericht entschied, dass die beim Unfall erlittene Fraktur des 12. Brustwirbelkörpers als Folge eines Arbeitsunfalls zu werten ist – trotz einer beim Kläger vorliegenden Osteoporose.

Der Unfallhergang: Schweres Regalteil rutschte ab

Der Vorfall ereignete sich am 2. März 2018 beim Aufbau eines Hochregallagers. Der Kläger versuchte gemeinsam mit Kollegen, ein bereits montiertes Schwerlasthochregal zu verschieben, das an der falschen Stelle aufgestellt worden war. Als das Regal von den Betonankern am Boden abrutschte, versuchte der Mann, ein Seitenteil festzuhalten. Dabei rutschte das schwere Bauteil trotz seines Halteversuches ab. Unmittelbar danach verspürte der Arbeiter starke Schmerzen in der Wirbelsäule und brach zusammen.

Berufsgenossenschaft lehnte Anerkennung zunächst ab

Die zuständige Berufsgenossenschaft hatte die Anerkennung als Arbeitsunfall zunächst abgelehnt. Sie argumentierte, die beim Kläger vorliegende Osteoporose sei die wesentliche Ursache für die Wirbelkörperfraktur gewesen. Das Ereignis am Arbeitsplatz sei lediglich eine Gelegenheitsursache gewesen.

Gericht: Unfallereignis war wesentliche Ursache

Das Landessozialgericht kam jedoch zu einer anderen Bewertung. Es stützte sich dabei maßgeblich auf das Gutachten eines unfallchirurgischen Sachverständigen. Dieser legte dar, dass die beim Kläger vorliegende Osteoporose Grad I nicht ausreiche, um die Fraktur als deren alleinige Folge zu werten.

Der Gutachter führte aus, dass bei diesem Schweregrad der Osteoporose die „Belastungen des normalen Lebens noch nicht ausreichend sind, um eine solche Verformung herbeizuführen“. Daher sei das Unfallereignis als rechtlich wesentliche Ursache für die Wirbelkörperfraktur anzusehen.

Beweislast lag bei der Berufsgenossenschaft

Das Gericht betonte in seinem Urteil, dass die Berufsgenossenschaft die Beweislast dafür trage, dass eine konkurrierende Ursache – in diesem Fall die Osteoporose – wesentlich für den Gesundheitsschaden war. Da der genaue Grad der Osteoporose zum Unfallzeitpunkt nicht mehr feststellbar war, gingen die Beweisschwierigkeiten zu Lasten der Beklagten.

Folgen des Urteils für den Kläger

Mit der Anerkennung als Arbeitsunfall hat der Kläger nun Anspruch auf Übernahme der Heilbehandlungskosten durch die Berufsgenossenschaft. Zudem steht ihm dem Grunde nach Verletztengeld für den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zu.

Das Urteil verdeutlicht, dass das Vorliegen einer Vorerkrankung wie Osteoporose nicht automatisch zur Ablehnung eines Arbeitsunfalls führt. Entscheidend ist vielmehr die Bewertung des konkreten Ereignisses und dessen Auswirkungen im Einzelfall.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass eine vorbestehende Erkrankung wie Osteoporose nicht automatisch die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ausschließt. Entscheidend ist die Bewertung des konkreten Ereignisses und dessen Auswirkungen im Einzelfall. Die Beweislast für das Vorliegen einer wesentlichen konkurrierenden Ursache liegt bei der Berufsgenossenschaft. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Arbeitnehmern mit Vorerkrankungen und betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Einzelfallprüfung bei der Beurteilung von Arbeitsunfällen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern mit Vorerkrankungen wie Osteoporose. Wenn Sie einen Arbeitsunfall erleiden, kann dieser auch dann anerkannt werden, wenn eine Vorerkrankung besteht. Entscheidend ist, dass der Unfall selbst eine wesentliche Ursache für den Gesundheitsschaden war. Die Berufsgenossenschaft muss beweisen, dass die Vorerkrankung allein für den Schaden verantwortlich ist. Bei Anerkennung haben Sie Anspruch auf Übernahme der Heilbehandlungskosten und Verletztengeld. Lassen Sie sich daher nicht vorschnell abweisen, wenn die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall aufgrund einer Vorerkrankung ablehnt.


FAQ – Häufige Fragen

Einerseits ist die Arbeit ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens, andererseits birgt sie auch die Gefahr von Unfällen. Die Frage der Haftung bei Arbeitsunfällen trotz Vorerkrankung ist dabei besonders komplex. Diese FAQ bietet Ihnen fundierte Informationen und verständliche Antworten auf Ihre Fragen.

Wie wird ein Arbeitsunfall definiert und welche Kriterien müssen erfüllt sein?

Ein Arbeitsunfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt und in Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht. Für die Anerkennung als Arbeitsunfall müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

Versicherte Tätigkeit

Der Unfall muss sich während einer versicherten Tätigkeit ereignen. Dies umfasst nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondern auch:

  • Dienstreisen
  • Betriebssport (unter bestimmten Voraussetzungen)
  • Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen
  • Wege von und zur Arbeit (Wegeunfälle)

Stellen Sie sich vor, Sie verletzen sich beim Bedienen einer Maschine in der Fabrik oder stürzen auf dem direkten Weg zur Arbeit – in beiden Fällen könnte ein Arbeitsunfall vorliegen.

Unfallbegriff

Es muss ein plötzliches Ereignis vorliegen, das von außen auf den Körper einwirkt. Dieses Ereignis muss sich innerhalb einer Arbeitsschicht abspielen. Wenn Sie beispielsweise von einem herabfallenden Gegenstand getroffen werden oder auf einer rutschigen Oberfläche ausrutschen, erfüllt dies den Unfallbegriff.

Gesundheitsschaden

Der Unfall muss zu einem körperlichen oder psychischen Gesundheitsschaden führen. Dies kann eine Verletzung, aber auch eine psychische Beeinträchtigung sein. Beachten Sie: Nicht jede Verletzung am Arbeitsplatz ist automatisch ein Arbeitsunfall. Wenn Sie sich beispielsweise aufgrund einer bestehenden Erkrankung verletzen, ohne dass ein äußeres Ereignis hinzukommt, liegt kein Arbeitsunfall vor.

Ursächlicher Zusammenhang

Zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis sowie zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dies wird als „haftungsbegründende Kausalität“ bezeichnet. Wenn Sie sich beispielsweise bei einer privaten Tätigkeit während der Arbeitszeit verletzen, liegt kein Arbeitsunfall vor.

Ausnahmen und Besonderheiten

Beachten Sie, dass bestimmte Situationen vom Versicherungsschutz ausgenommen sind:

  • Unfälle aufgrund von Trunkenheit
  • Vorsätzlich herbeigeführte Unfälle
  • Unfälle während privater Tätigkeiten am Arbeitsplatz

In Ihrem Fall mit Osteoporose ist die Beweiswürdigung besonders wichtig. Wenn Sie einen Unfall erleiden, bei dem die Osteoporose eine Rolle spielt, muss geprüft werden, ob das äußere Ereignis oder die Vorerkrankung die wesentliche Ursache für den Gesundheitsschaden war.


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Welche Rolle spielt eine Vorerkrankung wie Osteoporose bei der Beurteilung eines Arbeitsunfalls?

Eine Vorerkrankung wie Osteoporose kann bei der Beurteilung eines Arbeitsunfalls eine entscheidende Rolle spielen. Die gesetzliche Unfallversicherung prüft in solchen Fällen, ob der Unfall oder die Vorerkrankung die wesentliche Ursache für den eingetretenen Gesundheitsschaden ist.

Kausalitätsprüfung bei Vorerkrankungen

Bei der Beurteilung eines Arbeitsunfalls mit Vorerkrankung erfolgt eine zweistufige Kausalitätsprüfung:

  1. Es wird geprüft, ob der Unfall im Rahmen einer versicherten Tätigkeit stattfand.
  2. Es wird untersucht, ob der Gesundheitsschaden wesentlich durch den Unfall oder die Vorerkrankung verursacht wurde.

Wenn Sie an Osteoporose leiden und einen Arbeitsunfall erleiden, wird genau geprüft, ob der Unfall auch ohne die Vorerkrankung zu einem vergleichbaren Gesundheitsschaden geführt hätte.

Wesentliche Mitursache

Entscheidend ist die Frage der wesentlichen Mitursache. Stellen Sie sich vor, Sie stürzen bei der Arbeit und erleiden einen Knochenbruch. Wenn der Sturz so schwer war, dass er auch bei einem gesunden Knochen zu einem Bruch geführt hätte, wird der Unfall in der Regel als Arbeitsunfall anerkannt – trotz Ihrer Osteoporose.

Wenn jedoch ein leichter Sturz aufgrund der Osteoporose zu einem Bruch führt, der bei gesunden Knochen nicht aufgetreten wäre, könnte die Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt werden.

Rechtliche Grundlagen und Bewertung

Die rechtliche Grundlage für diese Beurteilung findet sich im Sozialgesetzbuch VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Die Rechtsprechung hat den Begriff der Wesentlichkeit entwickelt, um die Kausalität zu beurteilen.

Bei der Bewertung spielen medizinische Gutachten eine wichtige Rolle. Ein Sachverständiger wird beurteilen, inwieweit die Osteoporose zum Unfallgeschehen und den Folgen beigetragen hat.

In Fällen, wo sowohl der Unfall als auch die Vorerkrankung wesentlich zum Gesundheitsschaden beigetragen haben, kann die gesetzliche Unfallversicherung anteilig für die unfallbedingten Folgen aufkommen.


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Wer trägt die Beweislast bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Vorerkrankung?

Bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Vorerkrankung trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und den daraus resultierenden Gesundheitsschaden. Dies bedeutet, dass Sie als Arbeitnehmer nachweisen müssen, dass der Unfall die wesentliche Ursache für Ihren Gesundheitsschaden ist.

Nachweis des Unfallhergangs

Zunächst müssen Sie den Unfallhergang und die Umstände des Unfalls darlegen und beweisen. Dazu gehört, dass Sie zeigen, dass der Unfall während der versicherten Tätigkeit oder auf dem Weg zur oder von der Arbeit geschehen ist. Es ist wichtig, dass Sie den Unfall zeitnah melden und alle relevanten Details dokumentieren.

Nachweis des Kausalzusammenhangs

Der entscheidende Punkt bei Vorerkrankungen ist der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Gesundheitsschaden. Hierbei wird ein zweistufiges Prüfverfahren angewendet:

  1. Es muss nachgewiesen werden, dass das Unfallereignis den Gesundheitsschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne verursacht hat.
  2. Es muss gezeigt werden, dass das Unfallereignis auch die rechtlich wesentliche Ursache für den Gesundheitsschaden war.

Bedeutung der Vorerkrankung

Wenn bei Ihnen eine Vorerkrankung wie beispielsweise Osteoporose vorliegt, wird geprüft, ob diese so leicht ansprechbar war, dass sie sich auch ohne das Unfallereignis in ähnlicher Weise verschlimmert hätte. In diesem Fall wäre das Unfallereignis nur eine unwesentliche Gelegenheitsursache.

Für die Anerkennung als Arbeitsunfall ist es entscheidend, dass Sie nachweisen können, dass das Unfallereignis eine richtungsweisende Verschlimmerung der Vorerkrankung bewirkt hat. Dies bedeutet, dass der Unfall zu einer deutlichen und nachhaltigen Veränderung des Krankheitsverlaufs geführt haben muss.

Rolle der Berufsgenossenschaft

Die Berufsgenossenschaft hat die Aufgabe, den von Ihnen vorgetragenen Sachverhalt zu überprüfen. Sie kann eigene Ermittlungen anstellen und medizinische Gutachten einholen, um den Kausalzusammenhang zu beurteilen. In komplexen Fällen, insbesondere wenn Vorerkrankungen eine Rolle spielen, kann die Beweisführung schwierig sein und es können mehrere Gutachten erforderlich werden.

Beachten Sie, dass die Beweislast für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei Ihnen liegt, aber die Berufsgenossenschaft verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dies bedeutet, dass Sie zwar die grundlegenden Fakten darlegen müssen, die Berufsgenossenschaft aber auch eigenständig Nachforschungen anstellen muss, um den Fall vollständig zu klären.


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Welche Leistungen stehen einem Arbeitnehmer nach der Anerkennung eines Arbeitsunfalls zu?

Nach der Anerkennung eines Arbeitsunfalls haben Sie als Arbeitnehmer Anspruch auf umfassende Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Leistungen zielen darauf ab, Ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit bestmöglich wiederherzustellen.

Heilbehandlung

Die Heilbehandlung umfasst alle notwendigen medizinischen Maßnahmen, um Ihre Gesundheit wiederherzustellen oder zu verbessern. Dazu gehören:

  • Ärztliche und zahnärztliche Behandlung
  • Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln
  • Häusliche Krankenpflege
  • Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen

Die Heilbehandlung wird von speziell qualifizierten Ärzten, den sogenannten Durchgangsärzten, koordiniert. Sie müssen einen Durchgangsarzt aufsuchen, wenn Ihre Arbeitsunfähigkeit über den Unfalltag hinaus andauert oder die Behandlung voraussichtlich mehr als eine Woche in Anspruch nimmt.

Verletztengeld

Wenn Sie aufgrund des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig sind, haben Sie Anspruch auf Verletztengeld. Das Verletztengeld beträgt 80% Ihres regelmäßigen Arbeitsentgelts, maximal jedoch den Nettolohn. Es wird ab dem Tag nach dem Unfall gezahlt, wenn die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde.

Beachten Sie: In den ersten sechs Wochen nach dem Unfall erhalten Sie in der Regel Lohnfortzahlung von Ihrem Arbeitgeber. Das Verletztengeld wird erst im Anschluss daran von der Unfallversicherung gezahlt.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Sollten Sie aufgrund der Unfallfolgen Ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können, haben Sie Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese können Umschulungen, Weiterbildungen oder die Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche umfassen.

Rente

Bei bleibenden Gesundheitsschäden können Sie Anspruch auf eine Rente haben. Eine Rente wird gewährt, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit um mindestens 20% gemindert ist. Die Höhe der Rente richtet sich nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit und Ihrem Jahresarbeitsverdienst vor dem Unfall.

Besondere Fälle

In Fällen, bei denen neben dem Arbeitsunfall auch andere Faktoren eine Rolle spielen, wie etwa bei einer bestehenden Osteoporose, wird die haftungsbegründende Kausalität geprüft. Entscheidend ist, ob der Arbeitsunfall als wesentliche Ursache für den Gesundheitsschaden angesehen werden kann. Wenn Sie beispielsweise eine leichte Osteoporose haben und einen Wirbelbruch durch einen Sturz am Arbeitsplatz erleiden, kann der Unfall dennoch als wesentliche Ursache gelten und zu Leistungsansprüchen führen.


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Wie kann ein Arbeitnehmer vorgehen, wenn die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall nicht anerkennt?

Wenn die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall nicht anerkennt, haben Sie als Arbeitnehmer mehrere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen:

Widerspruchsverfahren

Legen Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids Widerspruch ein. Der Widerspruch muss schriftlich oder zur Niederschrift bei der Berufsgenossenschaft erfolgen. Eine Begründung ist zunächst nicht erforderlich, kann aber später nachgereicht werden.

Fordern Sie von der Berufsgenossenschaft alle Unterlagen an, die sie bei ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Sammeln Sie zusätzlich eigene Beweise wie ärztliche Atteste oder Zeugenaussagen, die Ihren Standpunkt untermauern.

Die Berufsgenossenschaft prüft daraufhin ihre Entscheidung erneut. Wird Ihrem Widerspruch nicht stattgegeben, leitet sie ihn an die Widerspruchsbehörde weiter.

Klage vor dem Sozialgericht

Wird Ihr Widerspruch abgelehnt, können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben. Die Klagefrist und das zuständige Gericht müssen im Widerspruchsbescheid angegeben sein.

Beweissicherung und Gutachten

Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen sorgfältig auf. Dazu gehören medizinische Berichte, Unfallprotokolle und Zeugenaussagen. Diese Dokumente können im Widerspruchs- oder Klageverfahren entscheidend sein.

Bei der Auswahl eines Gutachters haben Sie ein Mitspracherecht. Die Berufsgenossenschaft schlägt in der Regel drei Gutachter vor, aus denen Sie wählen können. Sie haben auch die Möglichkeit, selbst einen Gutachter vorzuschlagen.

Fristen und Verfahrensdauer

Beachten Sie unbedingt die Fristen für Widerspruch und Klage. Diese betragen in der Regel einen Monat. Wurde die Rechtsmittelbelehrung vergessen, verlängert sich die Frist auf ein Jahr.

Das Widerspruchsverfahren ist für Sie kostenlos. Es kann jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen, da die Berufsgenossenschaft und gegebenenfalls die Widerspruchsbehörde den Fall erneut prüfen müssen.

Bedeutung der Kausalität

Im Verfahren ist die sogenannte haftungsbegründende Kausalität von zentraler Bedeutung. Sie müssen nachweisen, dass der Unfall tatsächlich während der versicherten Tätigkeit geschehen ist und zu dem geltend gemachten Gesundheitsschaden geführt hat.

Wenn Sie diese Schritte befolgen und Ihre Rechte wahrnehmen, erhöhen Sie Ihre Chancen auf eine Anerkennung des Arbeitsunfalls durch die Berufsgenossenschaft.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Arbeitsunfall: Ein Ereignis, das während der Arbeit oder auf dem Weg zur oder von der Arbeit stattfindet und zu einem körperlichen oder psychischen Schaden führt. Im Kontext dieses Falles bedeutet es, dass der Unfall, bei dem der Mann sich den Wirbel brach, während seiner beruflichen Tätigkeit geschah und daher als Arbeitsunfall anerkannt werden sollte.
  • Berufsgenossenschaft: Eine Trägerorganisation der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland, die für die Absicherung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zuständig ist. Im speziellen Fall des Textes ist die Berufsgenossenschaft dafür verantwortlich, die Heilungskosten und Verletztengeld zu übernehmen, wenn der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wird.
  • Kausalität: Im juristischen Kontext die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls muss nachgewiesen werden, dass das Unfallereignis (Ursache) direkt zu den verletzungsbedingten Folgen (Wirkung) geführt hat. Die Beurteilung der Kausalität ist entscheidend, um zu bestimmen, ob der Unfall oder eine Vorerkrankung wie Osteoporose den Schaden verursacht hat.
  • Gutachten: Ein schriftlicher Bericht eines Sachverständigen, der detaillierte Informationen zu einem spezifischen Sachverhalt liefert. In diesem Fall wurde ein unfallchirurgisches Gutachten herangezogen, um festzustellen, ob die Fraktur hauptsächlich durch den Unfall oder die vorhandene Osteoporose verursacht wurde.
  • Beweislast: Die Verantwortung, Beweise vorzulegen, um eine Behauptung zu stützen. Hier muss die Berufsgenossenschaft beweisen, dass die Vorerkrankung Osteoporose die wesentliche Ursache für die Verletzung war, um den Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkennen zu müssen.
  • Verletztengeld: Eine Leistung, die von der Berufsgenossenschaft gezahlt wird, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig ist. Es soll den Verdienstausfall während der Arbeitsunfähigkeit ausgleichen. Im vorliegenden Fall hat der Arbeiter aufgrund des anerkannten Arbeitsunfalls Anspruch auf Verletztengeld.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 8 SGB VII (Gesetz über die soziale Unfallversicherung): Dieser Paragraf definiert den Begriff des Arbeitsunfalls. Demnach ist ein Arbeitsunfall ein zeitlich bestimmtes Ereignis, das von außen auf den Versicherten wirkt und bei ihm eine Verletzung oder eine Gesundheitsschädigung verursacht. Im konkreten Fall könnte die Frage bestehen, ob das Anheben des Regalteils als von außen einwirkende Kraft zu werten ist oder ob die Osteoporose als alleinige Ursache des Wirbelbruchs anzusehen ist.
  • § 9 SGB VII (Gesetz über die soziale Unfallversicherung): Dieser Paragraf definiert das Vorliegen eines Arbeitsweges. Demnach liegt ein Arbeitsweg vor, wenn der Versicherte auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit oder während der Erledigung einer mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden Aufgabe unterwegs ist. Dies ist im vorliegenden Fall von Bedeutung, da der Kläger während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit die schwere Fraktur erlitten hat.
  • § 10 SGB VII (Gesetz über die soziale Unfallversicherung): Dieser Paragraf behandelt die Leistungen der Berufsgenossenschaft im Falle eines Arbeitsunfalls. Die Leistungen umfassen unter anderem Heilbehandlungskosten, Verletztengeld und Entschädigung bei bleibenden Schäden. Der Kläger kann im vorliegenden Fall Ansprüche auf Heilbehandlungskosten und Verletztengeld geltend machen, falls die Berufsgenossenschaft den Arbeitsunfall anerkennt.
  • § 38 SGB VII (Gesetz über die soziale Unfallversicherung): Dieser Paragraf regelt die Rehabilitierung bei Arbeitsunfällen. Die Berufsgenossenschaft hat die Pflicht, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten zu fördern. Dies kann unter anderem durch medizinische Rehabilitation, berufliche Rehabilitation oder durch eine Umschulung erfolgen. Sollte der Kläger aufgrund der erfahrenen Verletzung in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt sein, könnte er Anspruch auf Reha-Leistungen haben.
  • § 142 SGB X (Sozialgesetzbuch 10. Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz): Dieser Paragraf behandelt die Beweislast im Sozialverwaltungsrecht. Die Beweislast für das Bestehen eines Arbeitsunfalls liegt grundsätzlich beim Versicherten. Allerdings kann die Berufsgenossenschaft im Rahmen eines Verfahrens zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls verpflichtet sein, den Nachweis zu erbringen, dass ein Arbeitsunfall nicht vorliegt. Diese Beweislastverteilung ist im vorliegenden Fall von Bedeutung, da der Kläger die Umstände des Unfallereignisses darlegen muss.

Das vorliegende Urteil

Thüringer Landessozialgericht – Az.: 1 U 265/21 – Urteil vom 15.02.2024


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