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Arbeitsunfall – Nachweis im Wege des Anscheinsbeweises

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 17 U 317/17 – Urteil vom 10.01.2018

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.03.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Unfallereignisses im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dem Grunde nach und die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin.

Die Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1961 geborenen und am 17.11.2014 verstorbenen Versicherten B N.

Am 17.11.2014 war der Versicherte ausweislich eines Telefonvermerks der Beklagten vom 24.11.2014 nach Angaben des Arbeitgebers auf der Autobahn A 61 in Fahrtrichtung Koblenz gegen 10:30 Uhr in seinem dienstlichen Pkw in einer Haltebucht stehend von der Straßenmeisterei aufgefunden worden. Er wurde sodann mit dem Rettungsdienst zum Krankenhaus F verbracht. Nach kurzem Aufenthalt erfolgte die Verlegung in die Uniklinik L. Auf dem Weg dorthin verstarb der Versicherte. Nach Angabe des Arbeitgebers war beim Versicherten ein Aneurysma festgestellt worden.

Dem Notarzteinsatzprotokoll ist zu entnehmen, dass der Notarzt um 10:48 Uhr alarmiert wurde. Bei Auffindung befand sich der Versicherte seit mindestens zwei Stunden im Auto sitzend, hatte eingenässt und erbrochen und war unterkühlt. Auf Anforderung konnte der Versicherte die Augen öffnen, gezielte Schmerzreize waren vorhanden, der Versicherte konnte jedoch nur unverständliche Laute äußern. Ausweislich des zweiten Notarztprotokolls bezüglich der Verlegungsfahrt in die Uni-Klinik verstarb der Versicherte sodann auf dem Verlegungstransport. Als Diagnose wurde eine Stanford A-Aortendissektion festgestellt.

Mit Schreiben vom 24.07.2015 machte die Klägerin gegenüber der Beklagen Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend. Der versicherte Ehemann habe gegen 06:45 Uhr das Haus verlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei es ihm gut gegangen, er habe lediglich eine Vielzahl von Terminen beklagt. Dienstbeginn sei 07:00 Uhr bei der Deutschen G in L gewesen. Die Aufgabe des Versicherten sei die regel- und routinemäßige Wartung von Sendeanlagen auf Funktürmen gewesen. An dem betreffenden Tag habe der Versicherte zu verschiedenen Einsätzen in die Eifel gewollt, u.a. (weitester Ort) Bad Münstereifel. Der Versicherte habe gegen 08:00 Uhr seinen Dienstwagen aus einem Lackierbetrieb abgeholt, das Fahrzeug sei gerade erst frisch repariert/lackiert und völlig intakt gewesen. Als man das Fahrzeug des Versicherten gegen 11:00 Uhr auf der Autobahn A 61 gefunden habe, sei jedoch der rechte Außenspiegel beschädigt gewesen. Die Klägerin meinte daher, dass es unterwegs, und zwar am ehesten im Autobahnkreuz C, zu einem kleineren Unfall gekommen sein müsse. Wohl deshalb habe der Ehemann dann das Fahrzeug auf den Standstreifen gelenkt. Wohl habe sich der Unfallgegner unerkannt entfernt. Die Klägerin ging davon aus, dass sich der Versicherte über das Unfallereignis aufgeregt habe, was sodann zur Ruptur des Aneurysmas der Halsschlagader geführt habe.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.09.2015 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls des Versicherten und die Gewährung von Leistungen an die Klägerin ab. Es sei ein Aneurysma festgestellt worden, somit sei der Tod aus innerer Ursache eingetreten.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 20.09.2015 Widerspruch ein. Sie behauptete, während der Arbeitszeit des Versicherten habe sich ein Unfall mit Todesfolge ereignet. Ursache für den Riss des Aneurysmas sei ein Unfallereignis im Autobahnkreuz C gewesen, mit einer nachfolgenden Aufregung und Blutdrucksteigerung beim Versicherten. Der Verkehr beim Wechsel von der A 61 auf die A 1 sei regelmäßig bei starkem Verkehr schwierig. Ein unbekannt gebliebenes Fahrzeug habe beim unberechtigten Rechtsüberholen den Pkw des Versicherten am rechten Außenspiegel touchiert. Dann sei der Versicherte ausgewichen und habe im Ergebnis auf dem Standstreifen angehalten und sei infolge des Ereignisses kollabiert. Nur so sei auch zu erklären, dass der Versicherte von der ursprünglichen Fahrtroute über die A 1 in Fahrtrichtung Eifel abgewichen sei und sodann in eine völlig andere Richtung, nämlich auf die A 61 in Fahrtrichtung Koblenz, geraten sei, wo man ihn letztendlich aufgefunden habe. Dort habe der Versicherte absolut nichts zu tun gehabt. Insgesamt betrachtet seien folgende Ereignisse kumuliert für den Tod des Versicherten verantwortlich:

  • Die morgendliche (außerplanmäßige) Übernahme des Firmen-PKW nach Reparatur eines Unfallschadens in der Werkstatt.
  • Die Begehung der Funktürme (über Treppen) zu den (routinemäßigen) Wartungsarbeiten.
  • Die zusätzlich und stressbelastend zu wartenden Objekte in Mechernich und Münstereifel.
  • Fatalerweise das noch dazu kommende Unfallereignis im Autobahnkreuz C.
  • Die anschließende traumatische Krankenhausbehandlung, bei der man das gesundheitliche Problem dann noch zur Eskalation gebracht habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Tod sei nicht durch eine äußere Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht worden. Eine Aortendissektion habe eine innere, aus dem Körper selbst kommende Ursache. Vorbestimmend sei ein arteriosklerotisch geschädigtes Gefäß. Akute psychische Belastung sei lediglich bei Schädigungen im Herzen selbst als Ursache zu prüfen. Von der Klägerin angenommene berufliche Belastungen seien allenfalls eine unwesentliche Teilursache. Die Erscheinungen hätten sich auch ohne sie zu etwa der gleichen Zeit bemerkbar gemacht.

Am 08.01.2016 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie nochmals darauf hingewiesen, dass noch am Morgen der Außenspiegel in Ordnung gewesen sei. Bei Auffinden des Ehemannes sei der rechte Außenspiegel jedoch beschädigt gewesen, insofern müsse es irgendeine Kollision gegeben haben. Es sei auch nicht anzunehmen, dass zuerst eine Aortenruptur eingetreten sei und der Versicherte erst dann einen Unfall verursacht habe. Denn dann hätte sich der Unfallgegner vermutlich gemeldet. Die aufgrund des Unfallereignisses eingetretene psychische Belastung des Versicherten sei Ursache der Aortendissektion. Es sei in der medizinischen Wissenschaft anerkannt, dass plötzlich auftretende heftige bis heftigste thorakale Schmerzen mit Ausstrahlung in Arme und Beine, letztlich den ganzen Thorax befallend mit Bewusstseinsstörungen, zurückzuführen auf eine besondere psychische oder körperliche Belastung, Auslöser einer Aortendissektion sein könnten.

Die Klägerin hat beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 03.09.2015 und des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2015 festzustellen, dass der Versicherte B N am 17.11.2014 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat und die Beklagte zu verurteilen, auf dieser Grundlage der Klägerin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass völlig unklar sei, wie es zu der von der Klägerin behauptete Beschädigung des Außenspiegels gekommen sei. Jedenfalls sei die Kollisionsgewalt bei einem nur geringen Schaden am Außenspiegel keinesfalls geeignet gewesen, zu einem Riss der Arterie zu führen. Ein reines Erschrecken könne auch keinesfalls die wesentliche Ursache für den Riss einer Arterie sein. Im Vordergrund stehe bezüglich des Todes des Versicherten die Schadensanlage, nämlich das Aneurysma. Darüber hinaus habe sich der Versicherte in der Auffindungssituation schon nach den eigenen Angaben der Klägerin ganz offensichtlich auf einem unversicherten Weg befunden. Denn die Klägerin habe selbst ausgeführt, dass der Versicherte auf der Autobahn A 61 in Fahrtrichtung Koblenz bei X nichts zu tun gehabt habe.

Mit Urteil vom 09.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 03.09.2015 und den Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn diese Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Denn der versicherte Ehemann der Klägerin, B N, habe am 17.11.2014 keinen Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten, insbesondere sei der Tod des Versicherten nicht Folge eines Arbeitsunfalls. Es gebe vorliegend schon keine Nachweise für einen Unfall, nämlich eine von außen auf den Körper des Versicherten einwirkende Gewalt. Ein von der Klägerin angenommenes Unfallereignis sei durch nichts belegt. Soweit die Klägerin argumentiere, der Versicherte habe sich in einem Zustand beruflich bedingter Aufregung oder beruflich bedingten Stresses befunden, sei auch dies durch nichts belegt. Überdies habe sich der Versicherte zum Zeitpunkt seines Auffindens offenbar nicht mehr auf einem versicherten Weg befunden.

Gegen das ihr am 03.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.04.2017 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, im Hinblick auf die Auffindesituation mit dem nachweislich am Straßenrand abgestellten und zugleich am rechten Außenspiegel beschädigten von dem Ehemann der Klägerin gesteuerten Dienstfahrzeug könne kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass die Aortendissektion auf einen von einem anderen Verkehrsteilnehmer verursachten Verkehrsunfall zurückzuführen sei. Jede andere Annahme erscheine denknotwendig ausgeschlossen und lebensfremd. Die anderslautende Darstellung der Beklagten sei eine reine Schutzbehauptung, zumal sie hierfür keine konkreten Tatsachen vortrage. Aufgrund der hier zur Anwendung kommenden Grundsätze der Beweislastumkehr müsse unter Beweislasterwägungen jedenfalls zu Gunsten der Klägerin entschieden werden. Ausweislich des Akteninhalts habe der Versicherte das Fahrzeug gegen 8.00 Uhr in repariertem und verkehrstüchtigem Zustand aus einer Fachwerkstatt in Besitz genommen, um bereits gegen 8:48 Uhr mit beschädigtem Außenspiegel am Straßenrand stehend gesichtet worden zu sein. Um 10:48 Uhr seien die Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs und die erste Meldung an den Rettungswagen erfolgt. Schon unter zeitlichen Erwägungen sei es ausgeschlossen, dass der Versicherte sein Auto in der Zwischenzeit geparkt habe, wo es dann zu einer Beschädigung des Außenspiegels hätte kommen können. Keinesfalls könne von einem rein spekulativen Vortrag eines unverschuldeten Unfallgeschehens ausgegangen werden, da nur der von hier geschilderte Sachverhaltsablauf plausibel und lebensnah erscheine.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.03.2017 abzuändern und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2015 festzustellen, dass der Versicherte B N am 17.11.2014 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch unbegründet.

Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 03.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2015 zutreffend abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Versicherte B N am 17.11.2014 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat und auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S 2 SGB VII). Ein Arbeitsunfall setzt mithin voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; stRspr; vgl nur BSG, Urteil vom 20.12.2016 – B 2 U 16/15 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 60 Rn. 12, vom 15.11.2016 – B 2 U 12/15 R – SozR 4-2700 § 2 Nr 37 Rn. 14 und vom 5.7.2016 – B 2 U 16/14 R – SozR 4-2700 § 8 Nr 58 Rn. 9, jeweils mwN). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung zur Zeit des Unfalls“, „Unfallereignis“ sowie „Gesundheitsschaden“ erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R – Rn. 17 m.w.N. – zitiert nach juris).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte B N ging am Morgen des 17.11.2014 zwar einer versicherten Verrichtung nach, als er mit dem dienstlichen PKW auf dem Weg zu Wartungsarbeiten in der Eifel war. Der angegebene Einsatzort Bad Münstereifel kann mit einer Fahrt über die A 61 und Bundes- bzw. Landstraßen ähnlich schnell erreicht werden wie mit einer Streckenführung über die A1.

Bereits ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis ist jedoch nicht im notwendigen Vollbeweis gesichert. Es ist nicht feststellbar, welches konkrete Geschehen dem Zustand des Versicherten voranging, in dem er am Morgen des 17.11.2014 aufgefunden wurde. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, sind die von der Klägerin vorgebrachten Hergangsschilderungen rein spekulativ und durch nichts belegt. Die Beschädigung des Außenspiegels des PKW, in welchem der Versicherte aufgefunden wurde, ist nicht beweisend für ein Unfallereignis im vorgenannten Sinne. Zwar kann unterstellt werden, dass der Versicherte den PKW am frühen Morgen des 17.11.2014 unbeschädigt aus der Werkstatt abgeholt hatte. Gleichwohl sind Ort, Zeitpunkt und nähere Umstände einer möglichen nachfolgenden Einwirkung physischer oder psychischer Art auf den Körper des Versicherten durch nichts belegt. Es kann nicht festgestellt werden, was sich zwischen dem Verlassen der Werkstatt am frühen Morgen des 17.11.2014 und dem Auffinden des Versicherten im Fahrzeug ereignet hat.

Des Weiteren steht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die bei dem Versicherten am 17.11.2014 festgestellte Aortendissektion objektiv und rechtlich wesentlich durch eine äußere Einwirkung verursacht worden ist. Auch insofern erschöpft sich das Vorbringen der Klägerin in Spekulationen, welche sich nicht belegen lassen. Selbst wenn der Senat das von der Klägerin vorgetragene Unfallereignis unterstellt, kann nicht festgestellt werden, dass dieses Unfallereignis conditio sine qua non für die Aortendissektion war und diese nicht spontan aus innerer Ursache eingetreten ist. Zum einen ist schon nicht feststellbar, ob die Aortendissektion vor oder nach dem unterstellten Unfall stattgefunden hat. Zum anderen muss nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 836) neben einem nachgewiesenen Unfallereignis der Unfallhergang nach Art und Weise der Einwirkung der Verletzung entsprechen, d.h. es muss einen entsprechend festen Schlag oder Stoß oder eine abrupte Geschwindigkeitsänderung oder eine Kompression des Brustkorbes oder eine Explosion oder Detonation gegeben haben. Objektive Anhaltspunkte für ein solch erhebliches Trauma bestehen vorliegend nicht.

Auch nach den Grundsätzen des „Anscheinsbeweises“ ist ein von außen auf den Körper des Versicherten einwirkendes Ereignis, welches kausal zu dem Gesundheitserstschaden geführt hat, nicht festzustellen. Beim Beweis des ersten Anscheins handelt es sich um eine Tatsachenvermutung. Bei typischen Geschehensabläufen erlaubt er den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens aufgrund von Erfahrungssätzen, auch wenn im Einzelfall entsprechende Tatsachen nicht festgestellt werden können (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R – Rn. 30 – zitiert nach juris). Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann beim Beweis des ersten Anscheins der Geschehensablauf zu Grunde gelegt werden, als habe er sich in der typischen Weise ereignet. Erforderlich ist ein Hergang, der nach der Lebenserfahrung unabhängig von den Umständen des Einzelfalls und dem Willen der handelnden Personen in einer bestimmten Weise abzulaufen pflegt und deshalb auch im zu entscheidenden Fall als gegeben unterstellt werden kann (BSG aaO, m.w.N.). Ein solcher Anscheinsbeweis kann jedoch vorliegend in Ermangelung eines typischen Geschehensablaufs nicht angenommen werden. Ungeachtet dessen, dass schon nicht erwiesen ist, dass der Kläger überhaupt auf die A 1 abbiegen und nicht weiter auf der A 61 fahren wollte, fehlt es an einem allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein zu einem unbekannten Zeitpunkt beschädigter rechter Außenspiegel typischerweise auf einen Unfall beim Abbiegevorgang an dem von der Klägerin angenommenen Ort, einen daraus resultierenden außergewöhnlichen Erregungszustand des Fahrers und eine zeitlich danach eingetretene Aortendissektion hinweist.

Auch die von der Klägerin geltend gemachte „Beweislastumkehr“ greift nicht. Eine gesetzliche Grundlage hierfür ist nicht ersichtlich. Kann eine Tatsache nicht festgestellt werden, so trägt derjenige dafür die Beweislast, der sich auf diese Tatsache zur Begründung seines geltend gemachten Anspruchs stützen will (vgl. BSG, aaO., Rn. 28 – zitiert nach juris). Bloße Beweisschwierigkeiten führen jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast.

Ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen gem. § 63 Abs. 1 SGB VII besteht nicht, da aus den vorgenannten Gründen kein Versicherungsfall vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Anlass zur Revisionszulassung besteht nicht, da die gemäß § 160 Abs. 2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

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