Skip to content
Menü

Befreiung von Versicherungspflicht in Krankenversicherung – sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

Krebs zwingt zur Arbeitszeitreduzierung – und plötzlich droht die gesetzliche Krankenkasse! Eine Frau kämpft gegen die Versicherungspflicht, obwohl sie jahrelang privat versichert war. Kann eine Krebserkrankung den Versicherungsstatus verändern? Ein Gerichtsurteil sorgt für Aufsehen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es ging darum, ob die Klägerin der Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt.
  • Die Klägerin war seit 2001 als p engineer beschäftigt und ab 2004 privat versichert.
  • Sie reduzierte ihre Arbeitszeit krankheitsbedingt nach einer Operation und erhielt eine Erwerbsminderungsrente.
  • Die Beklagte entschied, dass die Klägerin ab 2008 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sei, da ihr Einkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fiel.
  • Die Klägerin argumentierte, dass ihre Arbeitszeitreduzierung nur vorübergehend und krankheitsbedingt sei und ihre private Versicherung beibehalten werden sollte.
  • Das Gericht entschied, dass die Klägerin ab 2008 versicherungspflichtig sei, da das Einkommen unter der relevanten Grenze lag und die Rentenbezüge nicht hinzugerechnet werden dürfen.
  • Die Regelungen zur Befreiung von der Versicherungspflicht wurden nicht erfüllt, da die Arbeitszeit nicht ausreichend reduziert wurde.
  • Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund fehlerhafter Beratung lag nicht vor, da die Beklagte die Klägerin korrekt informiert hatte.
  • Die Revision wurde nicht zugelassen.

Krankenversicherungspflicht: Ein Urteil zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch

Die Krankenversicherung ist ein zentrales Element des deutschen Sozialversicherungsrechts. Sie sorgt dafür, dass die Versicherten im Krankheitsfall finanziell abgesichert sind und Zugang zu medizinischen Leistungen erhalten. In bestimmten Fällen kann es jedoch zu Fragen der Versicherungspflicht kommen, beispielsweise wenn ein Versicherter sich von der Pflicht zur GKV (gesetzlichen Krankenversicherung) befreien lassen möchte. In solchen Situationen spielt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch eine bedeutende Rolle. Dieser Anspruch zielt darauf ab, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, wenn jemand durch eine fehlerhafte oder unzureichende Information in seiner Entscheidung beeinträchtigt wurde.

Ein konkreter Aspekt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von der Versicherungspflicht sinnvoll und rechtlich möglich ist. Hierbei sind sowohl persönliche als auch wirtschaftliche Faktoren von Bedeutung, die in die Entscheidungsfindung einfließen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann nötig werden, wenn jemand zu Unrecht gesetzlich versichert wurde oder es Schwierigkeiten bei der richtigen Einstufung in die Versicherungsschutzklassen gibt. Im Folgenden wird ein spezifischer Rechtsfall näher beleuchtet, der diese Thematik anschaulich darstellt und die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen aufzeigt.

Versicherungsrechtliche Fragen? Wir helfen Ihnen weiter.

Stehen Sie vor ähnlichen versicherungsrechtlichen Herausforderungen wie im beschriebenen Fall? Fühlen Sie sich bezüglich Ihrer Krankenversicherungspflicht unsicher? Unsere Anwaltskanzlei verfügt über langjährige Erfahrung im Sozialversicherungsrecht und kennt die Feinheiten der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung.

Erhalten Sie eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Optionen prüfen. Ihre Rechte sind uns wichtig. Kontaktieren Sie uns noch heute.

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Gerichtsfall: Krankenversicherungspflicht trotz privater Versicherung

Der Fall dreht sich um eine Klägerin, die nach einer Krebserkrankung ihre Arbeitszeit reduzierte und dadurch in die gesetzliche Krankenversicherungspflicht fiel. Sie klagte gegen diese Einstufung durch ihre Krankenkasse.

Hintergrund und Sachverhalt

Die 1961 geborene Klägerin arbeitete seit 2001 bei einem Unternehmen und war ab 2004 privat krankenversichert, da ihr Jahresarbeitsentgelt über der Versicherungspflichtgrenze lag. Nach einer Krebsoperation 2006 und anschließender Rehabilitation reduzierte sie ab Mai 2008 ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Gleichzeitig bezog sie eine Erwerbsminderungsrente.

Ihre Krankenkasse stellte im Mai 2010 fest, dass die Klägerin ab Mai 2008 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sei, da ihr reduziertes Gehalt nun unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag. Die Klägerin legte Widerspruch ein und klagte schließlich gegen diese Entscheidung.

Rechtliche Argumentation der Klägerin

Die Klägerin argumentierte, dass sie weiterhin versicherungsfrei sein müsse. Sie berief sich auf verschiedene gesetzliche Regelungen:

  1. Die Übergangsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V sollte ihren bisherigen Versicherungsstatus schützen.
  2. Nach § 6 Abs. 4 Satz 5 SGB V müsse ihr volles früheres Gehalt angerechnet werden, da die Reduzierung krankheitsbedingt sei.
  3. Ihre Erwerbsminderungsrente müsse zum Jahresarbeitsentgelt hinzugerechnet werden.
  4. Sie habe Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht analog zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V.

Zudem berief sie sich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, da die Krankenkasse sie nicht ausreichend über die Folgen ihrer Arbeitszeitreduzierung informiert habe.

Entscheidung des Gerichts

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Die wichtigsten Punkte der Urteilsbegründung:

  1. Die Übergangsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V greift nicht, da sie nur für Fälle gedacht war, in denen die Versicherungsfreiheit durch Gesetzesänderung entfallen wäre.
  2. § 6 Abs. 4 Satz 5 SGB V ist nicht anwendbar, da die Klägerin weiterhin Arbeitsentgelt bezog, nur in geringerer Höhe.
  3. Die Erwerbsminderungsrente zählt nicht zum Jahresarbeitsentgelt im Sinne des Gesetzes.
  4. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V ist nicht möglich, da die Klägerin nicht in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig ist.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wurde ebenfalls verneint, da kein Beratungsfehler der Krankenkasse vorlag. Zum Zeitpunkt der Auskunft war die geplante Arbeitszeitreduzierung noch nicht bekannt.

Konsequenzen des Urteils

Die Klägerin bleibt ab Mai 2008 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Urteil verdeutlicht, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit und des damit verbundenen Einkommens unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze auch bei vorheriger privater Versicherung zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung führen kann, selbst wenn dies krankheitsbedingt geschieht.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass eine krankheitsbedingte Reduzierung der Arbeitszeit und des Einkommens unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung führen kann, auch wenn zuvor eine private Versicherung bestand. Weder Übergangsregelungen noch Befreiungstatbestände greifen in solchen Fällen. Die Entscheidung unterstreicht die strikte Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Versicherungspflicht, unabhängig von den individuellen Umständen des Versicherten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als privat Versicherter Ihre Arbeitszeit krankheitsbedingt reduzieren müssen und dadurch unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fallen, werden Sie in der Regel versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung – auch wenn dies nur vorübergehend sein soll. Eine Erwerbsminderungsrente zählt dabei nicht zum Arbeitsentgelt. Übergangsregelungen oder Befreiungsmöglichkeiten greifen in solchen Fällen meist nicht. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund mangelhafter Beratung ist schwer durchzusetzen. Prüfen Sie daher vor einer Arbeitszeitreduzierung sorgfältig die Konsequenzen für Ihren Versicherungsstatus und lassen Sie sich umfassend beraten.


FAQ – Häufige Fragen

Sind Sie verunsichert, ob Sie krankenversicherungspflichtig sind? Oder wollen Sie wissen, unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von der Versicherungspflicht möglich ist? In unseren FAQs finden Sie alle wichtigen Informationen rund um das deutsche Gesundheitssystem und Ihre persönlichen Rechte und Pflichten.


Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit zu werden?

Für eine Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist ein schriftlicher Antrag bei der zuständigen Krankenkasse erforderlich, der innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt werden muss. Der Antragsteller muss nachweisen, dass er anderweitig krankenversichert ist, beispielsweise durch eine private Krankenversicherung oder einen Anspruch auf Beihilfe.

Die Befreiung von der Versicherungspflicht ist in verschiedenen Situationen möglich. Ein häufiger Fall tritt ein, wenn das Jahresarbeitsentgelt die Versicherungspflichtgrenze überschreitet. Sinkt das Einkommen später wieder unter diese Grenze, kann eine Befreiung beantragt werden, um in der privaten Krankenversicherung zu bleiben.

Weitere Befreiungsmöglichkeiten bestehen bei Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit oder bei Reduzierung der Arbeitszeit auf maximal die Hälfte der üblichen Vollzeitbeschäftigung. Auch Arbeitslose, die in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert waren und eine private Krankenversicherung mit vergleichbarem Leistungsumfang haben, können sich befreien lassen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Regel nicht widerrufen werden kann. Sie gilt oft nur für die aktuelle Beschäftigung und endet, wenn diese beendet wird oder sich die Umstände ändern. Bei einem Arbeitgeberwechsel bleibt die Befreiung nur bestehen, wenn das neue Arbeitsverhältnis direkt im Anschluss oder mit einer Unterbrechung von maximal einem Monat beginnt.

Die Entscheidung zur Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sollte wohlüberlegt sein, da sie weitreichende Konsequenzen haben kann. Für privat Versicherte bedeutet dies meist, dass eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die Befreiung wirkt sich zudem auf die Versicherung in der gesetzlichen Pflegeversicherung aus.

zurück


Welche Auswirkungen hat eine krankheitsbedingte Reduzierung der Arbeitszeit auf die Krankenversicherungspflicht?

Bei einer krankheitsbedingten Reduzierung der Arbeitszeit können sich Auswirkungen auf die Krankenversicherungspflicht ergeben, die von der Dauer und dem Ausmaß der Arbeitszeitverringerung abhängen. Grundsätzlich bleibt der Versicherungsstatus zunächst unverändert, wenn die Reduzierung nur vorübergehend ist.

Für Arbeitnehmer, die aufgrund ihres regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts (JAE) oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAG) liegen und daher krankenversicherungsfrei sind, ist die Dauer der Entgeltminderung entscheidend. Bei einer nur vorübergehenden Reduzierung des Entgelts, die weniger als einen Monat andauert, tritt in der Regel keine Änderung des Versicherungsstatus ein. Die Versicherungsfreiheit bleibt in diesem Fall bestehen.

Dauert die Entgeltminderung jedoch länger an, muss eine Neuberechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts erfolgen. Dabei wird eine vorausschauende Betrachtung der zu erwartenden Bezüge nach der Änderung vorgenommen. Die monatlichen Bezüge werden mit zwölf multipliziert und eventuell gezahlte Sonderzuwendungen hinzugerechnet. Wird nach dieser Neuberechnung die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr überschritten, tritt mit sofortiger Wirkung Krankenversicherungspflicht ein.

Bei einer stufenweisen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben nach längerer Krankheit gelten besondere Regelungen. In diesem Fall greift die Versicherungsfreiheit bei Teilzeit bezüglich der Krankenversicherung nicht. Das während der Wiedereingliederung erzielte Arbeitsentgelt ist beitragspflichtig und wird auf ein eventuell gezahltes Krankengeld angerechnet.

Für Arbeitnehmer, die bereits gesetzlich krankenversichert sind, hat eine krankheitsbedingte Reduzierung der Arbeitszeit in der Regel keine Auswirkungen auf ihren Versicherungsstatus. Sie bleiben weiterhin pflichtversichert, solange ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht. Allerdings kann sich die Höhe der zu zahlenden Beiträge aufgrund des geringeren Einkommens reduzieren.

Es ist wichtig zu beachten, dass bei einer dauerhaften Reduzierung der Arbeitszeit, die zu einem Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze führt, eine Überprüfung des Versicherungsstatus erforderlich ist. In solchen Fällen könnte eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder ein Wechsel in die private Krankenversicherung notwendig werden.

Bei einer Reduzierung des Entgelts auf einen Betrag innerhalb des Übergangsbereichs (zwischen 538,01 Euro und 2.000,00 Euro) kommt eine besondere Beitragsberechnung zur Anwendung. Dies kann zu einer Entlastung des Arbeitnehmers bei den Sozialversicherungsbeiträgen führen.

Für Personen, die vor der Arbeitszeitreduzierung privat krankenversichert waren und nun aufgrund des geringeren Einkommens versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung werden, besteht die Möglichkeit, ihre private Krankenversicherung zum Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht zu kündigen.

zurück


Zählen Rentenbezüge zum Jahresarbeitsentgelt bei der Berechnung der Versicherungspflicht?

Rentenbezüge zählen nicht zum Jahresarbeitsentgelt bei der Berechnung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Für die Ermittlung des Jahresarbeitsentgelts werden ausschließlich Einkünfte aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung berücksichtigt.

Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt umfasst alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis. Dazu gehören das Grundgehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie andere regelmäßige Zulagen oder Boni. Nicht einbezogen werden hingegen Einkünfte aus anderen Quellen wie Renten, Mieteinnahmen oder Kapitalerträge.

Bei der Berechnung wird das monatliche Bruttoarbeitsentgelt mit zwölf multipliziert und um vertraglich vereinbarte Einmalzahlungen ergänzt. Überschreitet dieses berechnete Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze (2024: 69.300 Euro), endet die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Für Personen, die neben ihrem Arbeitsentgelt auch Rentenbezüge erhalten, bedeutet dies: Die Rentenzahlungen bleiben bei der Prüfung der Versicherungspflicht außen vor. Nur das tatsächliche Einkommen aus der Beschäftigung ist relevant. Ein Arbeitnehmer mit einem Jahresarbeitsentgelt von 65.000 Euro und zusätzlichen Rentenbezügen von 10.000 Euro würde demnach die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschreiten und bliebe versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Es ist wichtig zu beachten, dass für die Beitragsbemessung in der Krankenversicherung andere Regeln gelten. Hier werden unter Umständen auch Renteneinkünfte berücksichtigt, allerdings erst nach Feststellung der Versicherungspflicht bzw. -freiheit.

Arbeitgeber müssen bei der Beurteilung der Versicherungspflicht ihrer Beschäftigten stets nur das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt heranziehen. Eine Berücksichtigung anderer Einkünfte wie Renten findet nicht statt.

zurück


Was ist ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch und wann kann er geltend gemacht werden?

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein von der Rechtsprechung entwickeltes Rechtsinstitut im Bereich des Sozialrechts. Er ermöglicht es Bürgern, die durch fehlerhaftes Verhalten eines Sozialleistungsträgers einen Nachteil erlitten haben, so gestellt zu werden, als hätte die Behörde von Anfang an rechtmäßig gehandelt.

Dieser Anspruch kann geltend gemacht werden, wenn ein Sozialleistungsträger seine Pflichten verletzt hat, insbesondere die Pflicht zur Aufklärung, Beratung oder Auskunftserteilung. Ein typisches Beispiel wäre eine fehlerhafte oder unterlassene Beratung bezüglich der Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Durch solch eine Pflichtverletzung muss dem Bürger ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden sein, wie etwa der Verlust von Leistungsansprüchen oder ungünstigere Versicherungsbedingungen.

Für die Geltendmachung des Herstellungsanspruchs muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem eingetretenen Nachteil bestehen. Der Bürger muss also darlegen können, dass er bei korrekter Beratung anders gehandelt und dadurch den Nachteil vermieden hätte.

Wichtig ist, dass der Herstellungsanspruch keine rechtswidrigen Zustände herbeiführen darf. Die Korrektur muss im Rahmen des geltenden Rechts möglich und mit dem Gesetzeszweck vereinbar sein. Zudem ist der Anspruch auf das Sozialrecht beschränkt und findet keine Anwendung in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts.

Die Geltendmachung erfolgt in der Regel durch einen Antrag beim zuständigen Sozialleistungsträger. Dabei sollte der Betroffene die Pflichtverletzung, den entstandenen Nachteil und den Kausalzusammenhang möglichst genau darlegen. Lehnt der Sozialleistungsträger den Antrag ab, kann der Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschritten werden.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch unterliegt keiner speziellen gesetzlichen Frist. Allerdings wird in der Rechtsprechung oft eine Regelfrist von einem Jahr ab Kenntnis der Pflichtverletzung angenommen. Bei der Gewährung von Leistungen aufgrund eines Herstellungsanspruchs gilt eine Begrenzung auf maximal vier Jahre rückwirkend.

Zu beachten ist, dass der Herstellungsanspruch kein Verschulden des Sozialleistungsträgers voraussetzt. Es genügt das objektive Vorliegen einer Pflichtverletzung. Dies unterscheidet ihn vom Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, der ein Verschulden erfordert und auf Schadensersatz in Geld gerichtet ist.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dient somit als wichtiges Instrument, um Benachteiligungen auszugleichen, die durch fehlerhaftes Behördenhandeln im Sozialrecht entstanden sind. Er stärkt die Rechtsposition der Bürger gegenüber den Sozialleistungsträgern und fördert die Verwirklichung sozialer Rechte.

zurück


Welche Schritte sollten unternommen werden, wenn eine falsche Auskunft zur Krankenversicherungspflicht erteilt wurde?

Bei einer falschen Auskunft zur Krankenversicherungspflicht ist schnelles und strukturiertes Handeln geboten. Zunächst sollte die fehlerhafte Auskunft schriftlich dokumentiert werden. Dies umfasst Details wie Datum, Uhrzeit, Name des Auskunftgebenden sowie den genauen Inhalt der Auskunft. Diese Dokumentation dient als wichtiger Nachweis für spätere Schritte.

Im nächsten Schritt ist es ratsam, sich an die zuständige Krankenkasse oder den Rentenversicherungsträger zu wenden. Hier sollte der Sachverhalt geschildert und um eine schriftliche Stellungnahme gebeten werden. Oftmals lassen sich Missverständnisse auf diesem Weg bereits klären.

Sollte die Klärung mit der Krankenkasse oder dem Rentenversicherungsträger nicht erfolgreich sein, besteht die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen. Dieser Antrag zielt darauf ab, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zur Versicherungspflicht überprüfen zu lassen.

In komplexeren Fällen kann der sogenannte sozialrechtliche Herstellungsanspruch relevant werden. Dieser nicht gesetzlich normierte, aber von der Rechtsprechung entwickelte Anspruch ermöglicht es, Nachteile auszugleichen, die durch fehlerhafte Auskünfte oder Beratungen von Sozialleistungsträgern entstanden sind. Der Betroffene soll so gestellt werden, als ob die korrekte Auskunft erteilt worden wäre.

Für die Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss ein Pflichtverstoß des Sozialleistungsträgers vorliegen, dieser muss kausal für einen Rechtsnachteil sein, und die Herstellung der Situation darf nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen.

Bei der Durchsetzung des Anspruchs ist es wichtig, alle relevanten Unterlagen und Nachweise zu sammeln. Dazu gehören Korrespondenzen mit der Krankenkasse, Beratungsprotokolle und ggf. Zeugenaussagen. Je detaillierter die Dokumentation, desto höher die Erfolgsaussichten.

Sollten alle vorgenannten Schritte nicht zum gewünschten Ergebnis führen, bleibt als letzter Ausweg der Klageweg vor dem Sozialgericht. Hier ist es ratsam, fachkundige juristische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, da die Materie komplex ist und spezifisches Fachwissen erfordert.

Es ist zu beachten, dass für die verschiedenen Rechtsbehelfe und Anträge Fristen gelten können. So muss ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt in der Regel innerhalb eines Monats eingelegt werden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch unterliegt zwar keiner spezifischen Frist, sollte aber zeitnah geltend gemacht werden.

Wichtig ist auch, dass während des gesamten Prozesses die laufenden Beitragszahlungen nicht eingestellt werden sollten, um weitere rechtliche Komplikationen zu vermeiden. Stattdessen empfiehlt es sich, die Zahlungen unter Vorbehalt zu leisten und dies dem Versicherungsträger schriftlich mitzuteilen.

In Fällen, in denen die falsche Auskunft zu einem Wechsel in die private Krankenversicherung geführt hat, kann unter Umständen auch ein Anspruch auf Rückabwicklung des privaten Versicherungsvertrags bestehen. Hier sind die spezifischen Umstände des Einzelfalls entscheidend.

Der gesamte Prozess erfordert Geduld und Ausdauer, da die Klärung komplexer versicherungsrechtlicher Fragen oft zeitaufwendig ist. Eine sorgfältige Dokumentation und ein strukturiertes Vorgehen erhöhen jedoch die Chancen, eine fehlerhafte Einstufung der Versicherungspflicht zu korrigieren und eventuelle Nachteile auszugleichen.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Versicherungspflichtgrenze: Die Versicherungspflichtgrenze ist ein jährlich festgelegter Betrag, der bestimmt, ob Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert sind oder sich privat versichern können. Übersteigt das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt diese Grenze, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich privat zu versichern.
  • Jahresarbeitsentgelt: Das Jahresarbeitsentgelt ist die Summe aller Einkünfte aus einer nichtselbständigen Tätigkeit innerhalb eines Kalenderjahres. Es ist entscheidend für die Bestimmung der Versicherungspflicht in der GKV. Liegt das Jahresarbeitsentgelt unter der Versicherungspflichtgrenze, besteht in der Regel Versicherungspflicht in der GKV.
  • Übergangsregelung: Übergangsregelungen sind gesetzliche Bestimmungen, die dazu dienen, Härten oder Ungerechtigkeiten abzufedern, die durch Gesetzesänderungen entstehen können. Im Kontext der Krankenversicherung können Übergangsregelungen beispielsweise Personen schützen, die vor einer Gesetzesänderung versicherungsfrei waren, vor einer plötzlichen Versicherungspflicht.
  • Befreiung von der Versicherungspflicht: Unter bestimmten Voraussetzungen können sich Personen von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn das Einkommen dauerhaft über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt oder bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch: Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein Rechtsinstrument, das dazu dient, einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, der durch eine rechtswidrige Handlung oder Unterlassung einer Behörde oder Sozialversicherungsträgers beeinträchtigt wurde. Im Kontext der Krankenversicherung kann dieser Anspruch beispielsweise geltend gemacht werden, wenn jemand aufgrund einer fehlerhaften Beratung zu Unrecht gesetzlich versichert wurde.
  • Erwerbsminderungsrente: Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung, die bei eingeschränkter Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Behinderung gezahlt wird. Sie dient dazu, den Lebensunterhalt zu sichern, wenn die Erwerbsfähigkeit erheblich gemindert ist. Im Zusammenhang mit der Krankenversicherungspflicht zählt die Erwerbsminderungsrente jedoch nicht zum Jahresarbeitsentgelt.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 6 Abs. 1 SGB V (Versicherungspflichtgrenze): Die Versicherungspflichtgrenze ist ein jährlich festgelegter Betrag, der bestimmt, ob Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind oder sich privat versichern können. Übersteigt das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt diese Grenze, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich privat zu versichern. Im vorliegenden Fall unterschritt die Klägerin aufgrund ihrer reduzierten Arbeitszeit die Versicherungspflichtgrenze und wurde daher pflichtversichert in der GKV.
  • § 6 Abs. 9 SGB V a.F. (Übergangsregelung): Diese Regelung sollte Arbeitnehmer, die vor einer Gesetzesänderung versicherungsfrei waren, davor schützen, durch diese Änderung plötzlich versicherungspflichtig zu werden. Im konkreten Fall berief sich die Klägerin auf diese Regelung, da sie aufgrund ihrer Arbeitszeitreduzierung versicherungspflichtig wurde. Das Gericht entschied jedoch, dass die Regelung nicht anwendbar ist, da die Versicherungspflicht nicht durch eine Gesetzesänderung, sondern durch die Änderung des Arbeitsvertrags entstand.
  • § 6 Abs. 4 Satz 5 SGB V (Anrechnung von Entgelt bei Arbeitsunfähigkeit): Diese Regelung besagt, dass bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit das frühere Arbeitsentgelt weiter angerechnet wird, um die Versicherungspflicht zu beurteilen. Die Klägerin argumentierte, dass dies auch für ihre Arbeitszeitreduzierung gelten sollte, da diese krankheitsbedingt war. Das Gericht lehnte dies ab, da die Klägerin weiterhin Arbeitsentgelt bezog, wenn auch in geringerer Höhe.
  • § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V (Befreiung von der Versicherungspflicht): Bestimmte Personengruppen können sich unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen. Die Klägerin beantragte eine solche Befreiung, da sie aufgrund ihrer Krebserkrankung ihre Arbeitszeit reduziert hatte. Das Gericht wies diesen Antrag jedoch zurück, da die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht erfüllt waren.
  • Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch: Dieser Anspruch kann geltend gemacht werden, wenn jemand durch eine fehlerhafte Beratung oder Information in seinen sozialversicherungsrechtlichen Entscheidungen beeinträchtigt wurde. Im vorliegenden Fall berief sich die Klägerin auf diesen Anspruch, da sie der Meinung war, die Krankenkasse habe sie nicht ausreichend über die Folgen ihrer Arbeitszeitreduzierung informiert. Das Gericht sah jedoch keinen Beratungsfehler der Krankenkasse, da zum Zeitpunkt der Auskunft die geplante Arbeitszeitreduzierung noch nicht bekannt war.

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 1 KR 295/13 – Urteil vom 24.07.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, nicht als Versicherte der Beklagten der Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu unterliegen.

Sie ist 1961 geboren und seit 2001 bei Unternehmen der T als p engineer beschäftigt. Sie versicherte sich ab 1. Oktober 2004 privat bei der S Versicherungsverein a.G., da ihr Jahresarbeitsentgelt (jedenfalls) ab diesem Zeitpunkt jeweils die Einkommensgrenze des § 6 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) überschritt.

Im Dezember 2006 musste sie sich einer Mamma-Karzinom-Operation unterziehen. Sie bezog nach Ablauf der Entgeltfortzahlung zunächst Krankengeld und unternahm ab November 2007 bis April 2008 eine Arbeitserprobung nach dem Hamburger Modell.

Am 6. November 2007 stellte sie einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente.

Die von der Rentenversicherung informierte Beklagte schrieb ihr unter dem 14. März 2008, aus dem Rentenantrag ergäben sich versicherungsrechtliche Folgen, welche sie geprüft habe. Ein Rentenantrag bzw. ein späterer Rentenbezug führten zu einer eigenständigen Versicherung, sofern die Klägerin in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens mindestens 90 Prozent der Zeit als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder als Familienangehöriger eines solchen versichert gewesen sei. Diese Voraussetzungen erfülle diese nicht. Weiter heißt es in dem Schreiben wörtlich:

„Da Sie allerdings bislang in einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, ergeben sich für Sie keine Änderungen.“

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2008 in Höhe von 1.400,55 Euro pro Monat. Für die Zeit vom 1. November 2007 bis zum 30. Juli 2008 sprach sie 719,84 Euro monatlich zu. Mit Bescheid vom 17. August 2009 bewilligte die DRV Bund eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. August 2009 in Höhe von monatlich 711,26 Euro.

Die Klägerin nahm zum 1. Mai 2008 ihre Beschäftigung wieder auf. Mit Änderungs-/ Teilzeitbefristungsvertrag vom 13. September 2008 zwischen der T GmbH wurde in Abänderung des Arbeitsvertrages vom 14. Dezember 2004 in seiner Fassung vom 25. Februar 2005 rückwirkend eine Arbeitszeit für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 30. April 2009 von regelmäßig wöchentlich 30 Stunden als Teilzeitbeschäftigung vereinbart. Als Jahreszielgehalt wurde ein Gehalt von 42.678,95 Euro vereinbart. Mit weiterem Änderungsvertrag vom 14. Mai 2009 vereinbarten die Vertragspartner für die Zeit ab 1. Mai 2009 bis 30. April 2010 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 27,5 Stunden sowie ein Jahreszielgehalt von 40.335,16 Euro. Aufgrund weiteren Änderungsvertrags vom 23. Juli 2010 wurde diese wöchentliche Arbeitszeit auch für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis zum 30. April 2011 sowie ein Jahreszielgehalt von 41.343,54 Euro vereinbart. Eine entsprechende Arbeitszeitvereinbarung gilt bis heute. Die Klägerin gab in einer eidesstattlichen Versicherung vom 15. August 2010 an, aufgrund schneller Erschöpfbarkeit, chronischer Muskel- und Skelettschmerzen (u.a. Osteoporose) und Depressionen sei ihr (derzeit) nur ein verkürztes Arbeiten möglich. Nach vollständiger Genesung bzw. deutlicher Linderung der Erkrankungsfolgen beabsichtige sie, in jedem Fall wieder Vollzeit zu arbeiten.

(Wohl erst im Frühjahr 2010) ging die Arbeitgeberin der Klägerin davon aus, dass diese (rückwirkend) ab 1. Mai 2008 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sei und bat die Beklagte um Prüfung.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2010 stellte die Beklagte daraufhin gegenüber der Klägerin fest, dass diese versicherungspflichtig sei, weil sie zum 1. Mai 2008 die Arbeitsstunden auf 30 Stunden wöchentlich und ein Jahr später auf 27,5 Stunden reduziert habe. Bereits zum 1. Mai 2008 habe sie aufgrund des geringeren Gehalts die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten. § 6 Abs. 9 SGB V (in der bis 30. Dezember 2010 geltenden Fassung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz [GKV-WSG] vom 26. März 2007 [BGBl I 378], nachfolgend nur: „SGB V alte Fassung“ = „SGB V a. F.“), sei nicht einschlägig weil danach Arbeitnehmer nur versicherungsfrei blieben, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllten.

Die Klägerin sei nicht aufgrund geänderter Rechtslage sondern durch Änderung des Arbeitsvertrages versicherungspflichtig geworden. Auch eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht möglich, da dies eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger voraussetze, § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V.

Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2010 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 16. August 2010 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.

Zur Klagebegründung hat sich die Klägerin zunächst erneut auf die Übergangsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V a. F. berufen. Ein „anderer Tatbestand der Versicherungspflicht“ sei nicht eingetreten, denn sie sei nach wie vor in dem ursprünglichen unbefristeten Beschäftigtenverhältnis beschäftigt und habe nur befristet die Beschäftigungszeit reduziert. Die Verkürzung der Arbeitszeit dürfe sich nicht auf die Versicherungspflicht auswirken, weil sie krankheitsbedingt sei. Es dürfe nicht sein, dass sich ein Angestellter, der sich zuvor bewusst für die private Krankenversicherung entschieden habe, gerade im Fall einer schweren Erkrankung in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln müsse. Dies spiegele sich rechtlich in § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a. F.. Die Einbußen der Arbeitsentgelte seien rein krankheitsbedingt und fielen unter § 6 Abs. 4 Satz 5 SGB V a. F..

Ferner sei die Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht unterschritten, weil zu dem erzielten Jahresarbeitsentgelt jeweils die Erwerbsminderungsrente zu addieren sei. Die regelmäßige Jahresarbeitszeit habe sich durch die nur vorübergehende krankheitsbedingte Reduzierung nicht verringert. § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a. F. sei nicht nur für den vorübergehenden Wegfall, sondern auch für eine vorübergehende Reduzierung des Arbeitsentgelts einschlägig (Bezugnahme auf das Urteil des 24. Senats im Haus vom 26. Juli 2005 – L 24 KR 39/04).

Auch müsse ihr Befreiungsantrag, den sie vorsorglich gestellt habe, analog § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V greifen. Wenn pflichtversicherte Rentner einen Befreiungsantrag stellen könnten, müsse es ein Befreiungsrecht erst recht dann geben, wenn eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) mangels Erfüllung der Vorversicherungszeiten ausscheide.

Zuletzt habe die Beklagte mit ihrem Auskunftsschreiben vom 14. März 2008 eine Falschauskunft erteilt. Hätte die Klägerin eine korrekte Auskunft dahingehend erhalten, dass gegebenenfalls bei Reduzierung der Arbeitszeit und Erhalt einer Teil-Erwerbsminderungsrente möglicherweise Versicherungspflicht begründet werde, hätte sie sich frühzeitig beraten lassen und ihre Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit reduziert, um einen Befreiungsantrag nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V stellen zu können.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2013 abgewiesen. Der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung als Angestellte nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe der Tatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 SGB V nicht entgegengestanden. Die Klägerin sei ab 1. Mai 2008 nicht versicherungsfrei gewesen, denn aufgrund der Ermäßigung ihrer Arbeitszeit und der damit einhergehenden Reduzierung des Verdienstes habe das für das kommende Jahr prognostizierte Entgelt mit 42.678,95 Euro unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze für das Jahr 2008 nach § 6 Abs. 6 SGB V i. V. m § 4 Abs. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008 i. H. v. 48.150 € gelegen. Diese Unterschreitung der Jahresentgeltgrenze habe sich in den folgenden Jahren fortgesetzt.

Bei der Berechnung seien die Rentenbezüge nicht hinzuzuaddieren. Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 SGB V stelle allein auf das Jahresarbeitsentgelt ab. Nach der Legaldefinition in § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) handele es sich bei Arbeitsentgelt um alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Hierzu zählten Rentenbezüge nicht.

Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze ergebe sich auch nicht entsprechend aus § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a.F.. Eine der dort genannten Entgeltersatzleistungen, bei deren Bezug ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in Höhe der bisherigen Bezüge fingiert worden seien, habe die Klägerin nicht erhalten. Die Erwerbsminderungsrente sei keine Entgeltersatzleistung, sondern eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Klägerin könne sich auch nicht aufgrund eines Bestandschutzes nach § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. auf Versicherungsfreiheit berufen. Diese Vorschrift sei eine Übergangsregelung allein für die Fälle gewesen, in denen ohne diese Regelung am Stichtag des 2. Februar 2007 infolge der ab diesem Tag wirkenden Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die Versicherungsfreiheit (per Gesetz) entfallen wäre (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 10/10 R – juris-Rdnr. 13). Zu dieser Fallgruppe habe die Klägerin nicht gehört. Ein weitergehender Bestandsschutz sei durch diese Übergangsvorschrift nicht eingeräumt worden.

Es liege auch keine Befreiung von der Versicherungspflicht vor.

§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V sei nicht einschlägig, weil die Klägerin nicht in der KVdR versicherungspflichtig sei. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht setze denknotwendig den Tatbestand der Versicherungspflicht voraus. Ohne Versicherungspflicht könne es keine Befreiung hiervon geben (Bezugnahme auf Beschluss des 24. Senats im Haus vom 17. Oktober 2008 – L 24 B 373/08 KR – juris -Rdnr. 35). Auch eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 Alt.1 SGB V komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe ihre Arbeitszeit nur auf 30 Stunden und damit mehr als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter ihres Betriebes reduziert.

Es lägen auch nicht die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches vor. In Betracht käme hier lediglich ein Beratungsfehler, der dazu geführt habe, dass es die Klägerin mangels ausreichender Information versäumt habe, ihre Arbeitszeit in einem den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 3 Alt 1 SGB V entsprechenden Umfanges zu reduzieren und rechtzeitig einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen. Anhaltspunkte für einen derartigen Beratungsfehler der Beklagten oder eines anderen Sozialleistungsträgers seien jedoch nicht ersichtlich. Die Beklagte sei im Jahr 2008, als sie die Auskunft zu den versicherungsrechtlichen Konsequenzen des Erwerbsminderungsrentenbezuges der Klägerin erteilt habe, noch gar nicht mit der Möglichkeit konfrontiert worden, dass die Klägerin ihre Arbeitszeit reduzieren werde. Im März 2008 seien alle Beteiligten vielmehr noch davon ausgegangen, dass die Klägerin ab Mai 2008 wieder in vollem Umfang arbeiten werde, wie das Attest der Ärztin U vom 6. März 2008 zeige. Danach habe die Absicht bestanden, dass die Klägerin nach einer Reduzierung von zuletzt sechs Stunden Arbeitszeit an fünf Tagen in der Woche bis zum 30. April 2008 „ab Mai 2008 dann volle Arbeitszeit“ anstrebe. Vor diesem Hintergrund habe für die Beklagte kein Anlass bestanden, über die Voraussetzungen des Befreiungstatbestands des § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V zu informieren.

Gegen dieses am 16. September 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 10. Oktober 2013.

Zu deren Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie hat sich zu § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a. F. auf die Literatur (Peters in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 6 SGB V Rdnr. 25) bezogen, wonach die vorübergehende Absenkung des Einkommens in den Geltungsbereich einbezogen sei. Auch sei ihre Teilerwerbsminderungsrente zwar nicht formell eine Entgeltersatzleistung, im materiellen Sinne diene sie der Existenzsicherung bei einem über sechs Monate währenden Wegfall der Möglichkeit, Arbeitsentgelt zu erzielen. Eine Erwerbsminderungsrente werde aus Beiträgen aus dem Arbeitsentgelt finanziert und stehe auch in der Höhe im direkten Zusammenhang zu diesem. Es würden aus ihr Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Sie sei zwingend an den ganzen oder teilweisen Verlust der Erwerbsfähigkeit gekoppelt.

Sie könne nicht nachvollziehen, weshalb sie gerade in der Zeit, in der sie sich von der Krebsbehandlung erhole, auf den Schutz ihrer privaten Krankenversicherung verzichten solle, obwohl sie auf die im Zusammenhang mit der privaten Krankenversicherung bezahlten Therapien und Ärzte vertraue.

Sie habe aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als sei sie über die Folgen der im Rahmen einer Erwerbsminderung eintretenden Minderung der Arbeitszeit durch die Beklagte hinreichend aufgeklärt oder zumindest gewarnt worden. Mit dem Schreiben vom 14. März 2008 habe die Beklagte bei ihr den Anschein erweckt, die Versicherungspflicht grundsätzlich geprüft zu haben. An der Versicherungsfreiheit ändere sich nichts, insbesondere nicht durch den Bezug einer Rente. Hätte die Beklagte ihrer aus § 1 S. 3 SGB V resultierenden Beratungs- und Aufklärungspflicht genügt, so hätte sie bei einer sich zwecks Feststellung des Restleistungsvermögens im Hamburger Modell befindlichen Kranken zumindest den Hinweis erteilen müssen, dass bei einer Änderung der arbeitsvertraglichen Situation sich wohl versicherungsrechtliche Folgen ergeben könnten, insbesondere wenn sich die Arbeitszeit reduziere. Sie habe aufgrund des über Jahre gefassten Vertrauens in ihre bisherige Krankenversicherung in Anbetracht der Krebserkrankung privat krankenversichert bleiben wollen. Die Beklagte habe ihr im Auskunftsschreiben vom 14. März 2008 eindeutig und zweifelsfrei mitgeteilt, dass sich aufgrund des Rentenbezugs an der Versicherungsfreiheit nichts ändere. Dem Schreiben sei auch ein Auskunftsbegehren von ihr gefolgt. Sie habe nach Erhalt des Schreibens bei der Beklagten angerufen; die Mitarbeiterin der Beklagten habe ihr ausführlich die rechnerischen Aspekte der Versicherungszeiten erläutert. Dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits in der Wiedereingliederung im Rahmen des Hamburger Modelles gewesen sei, habe sie ganz sicher auch im Gespräch erwähnt. Aus ihrer Sicht hätte die Mitarbeiterin sie entweder sofort intensiver beraten müssen oder raten müssen, einen Termin zu vereinbaren (vgl. eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 25. November 2013).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin ab dem 1. Mai 2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Ihr sei zum Zeitpunkt der Rentenantragsstellung nicht bekannt gewesen, dass die Klägerin ihre regelmäßige Arbeitszeit habe ändern wollen. Im Gegenteil habe der Wiedereingliederungsplan der Ärztin der Klägerin ab Mai 2008 die Ausübung der Beschäftigung im Rahmen der vollen Arbeitszeit vorgesehen.

Entscheidungsgründe

Es konnte im schriftlichen Verfahren nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben.

Das SG hat die als Kombination aus Anfechtungs- und negativer Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 SGG zulässige Klage zu Recht und mit ausführlicher Begründung in der Sache abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.

Wie das SG insbesondere festgestellt hat, ist bzw. war hier insbesondere § 6 Abs. 4 Satz 5 und Abs. 9 SGB V a. F. nicht einschlägig.

Die Vorschriften lauteten:

„Für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ist ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.“ (Abs. 4 S. 5).

„Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 erfüllen und die am 2. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, bleiben versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen“ (Abs. 9 S. 1).

Zur fehlenden Anwendbarkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 SGB V a. F. ist zu ergänzen, dass sich die Feststellung, dass eine Rente keine Entgeltersatzleistung ist, auch aus der Systematik ergibt, insbesondere aus § 50 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). § 50 Abs. 1 SGB IX zählt eine Reihe von Regelbeispielen für Entgeltersatzleistungen auf (Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld und Übergangsgeld auf).

Der Begriff wird weiter auch von § 38 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und Übermittlungs-Verordnung – DEÜV) verwendet. Dort wird auf die Leistungen des Krankengelds, des Verletztengelds, des Versorgungskrankengelds, des Übergangsgelds, des Arbeitslosengelds und des Pflegeunterstützungsgelds verwiesen (§ 38 Abs. 1 S. 1, 1. Alt DEÜV i. V. m. § 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), ferner speziell auf das Vorruhestandsgeld (§ 38 Abs. 1 S. 1, 2. Alt DEÜV i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI), Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang von Organspenden (§ 38 Abs. 1 Satz 1, 3. Alt-DEÜV i. V. m. §§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI), Eingliederungshilfe für Spätaussiedler, Leistungen, die die Bundesagentur für Arbeit nach dem Altersteilzeitgesetz anstelle des Arbeitgebers erbringt oder aber Arbeitslosenbeihilfe (§ 38 Abs. 1 Satz. 1, 4.Alt ff DEÜV).

Außerdem verlangt der Wortlaut des § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a. F., dass bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis (überhaupt) kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist. Als Beispiele hierfür nennt das Gesetz Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug der vorgenannten Entgeltersatzleistungen.

Die hiesige Klägerin hat hingegen Arbeitsentgelt bezogen.

Soweit sich die Klägerin für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 4 S. 5 SGB V a. F. auf das Urteil des 24. Senats im Hause (vom 26. Juli 2005 – L 24 KR 39/04) beruft, kann sie damit nicht durchdringen. Die Ausführungen des dortigen Senats zu einer vorübergehenden Reduzierung des Arbeitsentgelts haben sich auf die Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts bezogen. Der dortige Kläger habe -so der 24. Senat-seinen Anspruch auf eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit von 39 Stunden wöchentlich nicht aufgeben wollen, auch wenn sein Arbeitgeber zunächst vorübergehend eine geringere Arbeitsleistung geduldet habe.

Die Klägerin im hiesigen Rechtsstreit hingegen hat ausdrücklich Änderungen ihres ursprünglichen Arbeitsvertrages vereinbart und hat vertraglich nur noch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt entsprechend der reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit.

Wie ferner bereits das SG zutreffend unter Bezugnahme auf das einschlägige Urteil des BSG vom 25. April 2012 (B 12 KR 10/10 R) ausgeführt hat, sollte § 6 Abs. 9 SGB V a. F. nur eine Übergangsregelung anlässlich der ab 1. Februar 2007 eingeführten Erschwernis für den Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung in die private Krankenversicherung darstellen, die dadurch entstanden war, dass zwischen dem 1. Februar 2007 und dem 31. Dezember 2010 nur bei einem Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze für drei aufeinanderfolgende Kalenderjahre eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V möglich war. (Nur) bei demjenigen, der zwar bereits am 2. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert war, jedoch die Jahresarbeitsentgeltgrenze noch nicht für drei aufeinanderfolgende Kalenderjahre überschritten hatte, sollte es ungeachtet dessen beim substitutiven Krankenversicherungsschutz durch private Krankenversicherungsunternehmen verbleiben können.

Vom Gesetz nicht umfasst, war hingegen der Fall, dass bei einem Beschäftigungsverhältnis das Jahresarbeitsentgelt unter die Grenze fällt. Das BSG konstatiert zwar, dass sich dies nicht klar aus dem Wortlaut ergebe (a. a. O., juris-Rdnr. 14), leitet dies jedoch aus der inneren Systematik des § 6 SGB V und den Regelungszusammenhang des den § 6 Abs. 9 einführenden GKV-WSG her.

Da die Klägerin ferner nicht durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente versicherungspflichtig geworden ist, scheidet auch eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V aus.

Für pflichtversicherte Arbeitnehmer ist zuletzt ein Befreiungsantrag nur möglich, wenn nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die Jahresarbeitsentgeltgrenze geändert wird. Eine Regelungslücke für den Fall der Klägerin, bei dem das erzielte Entgelt unter die Grenze absinkt, besteht nicht.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheidet aus.

Dieser liegt nach richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung vor, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 27. Juni 2012 – B 12 KR 11/10 R – Rdnr. 29 mit weiteren Nachweisen).

Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Mitteilung der Klägerin, es sei beabsichtigt, im Rahmen eines „Hamburger Modell“ wieder zu arbeiten, eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess aus dem Krankenstand bis zum gewohnten Maße impliziert und gerade keine absehbare dauerhafte Verrentung. Im Übrigen fehlte es bei einer unterstellten Beratungspflichtverletzung am Erfordernis, dass diese die wesentliche Ursache für die ausgleichungsbedürftige Situation gewesen sein müsste (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Vorbemerkungen vor §§ 38-47 SGB I, Rdnr. 176ff mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung). Eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V hätte aber nicht nur einen entsprechenden Antrag vorausgesetzt, vielmehr hätte auch tatsächlich die Arbeitszeit auf die Hälfte oder noch weniger abgesenkt worden sein müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!