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Beitragsbemessung – freiwilliges Mitglied Krankenversicherung  –  fehlende Einkommensangaben

Selbständiger muss Höchstbeiträge in der Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, weil er keine vollständigen Einkommensunterlagen vorgelegt hat. Das Landessozialgericht Hamburg bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung und betonte die Mitwirkungspflichten von Versicherten. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung lückenloser Einkommensnachweise für Selbstständige, um hohe Beitragszahlungen zu vermeiden.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht entschied über die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eines selbstständig Tätigen.
  • Der Kläger machte falsche Angaben zu seinen Einkünften bei der Beantragung der freiwilligen Mitgliedschaft.
  • Die Krankenkasse forderte mehrmals die Vorlage der Einkommenssteuerbescheide, um die endgültigen Beiträge festzusetzen.
  • Der Kläger reichte trotz mehrerer Aufforderungen nur unvollständige und geschwärzte Unterlagen ein.
  • Aufgrund fehlender Nachweise setzte die Krankenkasse Höchstbeiträge fest.
  • Der Kläger erhob Widerspruch gegen die Beitragsbescheide und klagte auf eine Neuberechnung der Beiträge.
  • Das Gericht wies die Klage ab, da die Beitragsbescheide rechtmäßig waren und der Kläger keine ausreichenden Nachweise erbrachte.
  • Das Gericht betonte die Pflicht des Versicherten, vollständige und ungeschwärzte Einkommensnachweise vorzulegen.
  • Die Entscheidung verdeutlicht, dass unvollständige oder falsche Angaben zu erheblichen Nachzahlungen führen können.
  • Versicherte sollten ihre Einkünfte korrekt und vollständig angeben, um rechtliche und finanzielle Konsequenzen zu vermeiden.

Falsche Einkommensangaben bei Krankenversicherung – Gericht entscheidet

Die Beiträge, die man in der Krankenversicherung zahlen muss, richten sich nach dem Einkommen. Das ist logisch, denn wer mehr verdient, kann sich auch einen größeren Beitrag leisten. Doch was passiert, wenn jemand seine Einkünfte verschweigt oder falsch angibt? Diese Frage beschäftigt die Gerichte regelmäßig, denn die Folgen sind gravierend. Schließlich könnte es zu einer falschen Beitragsberechnung kommen und die Versicherung müsste ihre Leistungen anpassen. Im schlimmsten Fall droht sogar der Entzug der Versicherung.

Manchmal kommt es auch vor, dass ein Mitglied der Krankenversicherung freiwillig ist. Hierbei spricht man von einer freiwilligen Mitgliedschaft. Doch auch dann gilt: Die Beiträge müssen korrekt berechnet werden. Das stellt die Gerichte immer wieder vor neue Herausforderungen, denn die Gesetze sind komplex und es gibt viele individuelle Faktoren, die bei der Beitragsberechnung berücksichtigt werden müssen. Einen solchen Fall, der vor Gericht entschieden wurde, wollen wir nun genauer betrachten.

Höchstbeiträge in der Krankenversicherung? Wir helfen Ihnen!

Stehen auch Sie vor ungerechtfertigt hohen Beiträgen in der Krankenversicherung? Als erfahrene Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Sozialrecht kennen wir die Fallstricke und Besonderheiten bei der Beitragsbemessung. Wir bieten Ihnen eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer Situation und prüfen, ob Ihre Beiträge rechtmäßig sind. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – der erste Schritt zu Ihrem Recht.

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Der Fall vor Gericht


Höchstbeiträge bei fehlenden Einkommensnachweisen rechtmäßig

Das Landessozialgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 21. Oktober 2021 die Festsetzung von Höchstbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für einen selbständig Tätigen bestätigt. Der Kläger hatte trotz mehrfacher Aufforderung keine vollständigen Nachweise über sein Einkommen vorgelegt.

Hintergrund des Rechtsstreits

Der 1947 geborene Kläger war von 2008 bis 2011 mit Unterbrechungen als hauptberuflich Selbständiger freiwillig kranken- und pflegeversichert. Bei der Beantragung der Mitgliedschaft hatte er zunächst niedrige monatliche Einnahmen von 2000 bzw. 1300 Euro angegeben. Die Krankenkasse setzte die Beiträge daraufhin vorläufig fest.

Nach mehrfachen erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage von Einkommensnachweisen setzte die Krankenkasse 2013 rückwirkend Höchstbeiträge fest. Begründet wurde dies damit, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Der Kläger legte zwar einen teilweise geschwärzten Steuerbescheid vor, machte aber keine Angaben zu im Ausland erzielten Einkünften.

Entscheidung des Gerichts

Das Landessozialgericht Hamburg bestätigte die Rechtmäßigkeit der Höchstbeitragsfestsetzung. Zentrale Begründung: Ohne Vorlage vollständiger Einkommensnachweise darf die Krankenkasse bei Selbständigen von den höchstmöglichen Einnahmen ausgehen.

Dies ergibt sich aus den Beitragsverfahrensgrundsätzen des GKV-Spitzenverbandes. Danach sind bei fehlenden Nachweisen 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze als Einkommen anzusetzen. Diese Regelung hat das Bundessozialgericht als verfassungsgemäß eingestuft.

Das Gericht sah auch keinen Anlass für eine nachträgliche Herabsetzung der Beiträge: Zwar gab der Kläger an, zeitweise arbeitslos gewesen zu sein. Eine Beitragsermäßigung setzt aber konkrete Einkommensnachweise voraus, die nicht vorgelegt wurden.

Bedeutung für Versicherte

Das Urteil verdeutlicht die Mitwirkungspflichten freiwillig versicherter Selbständiger. Ohne vollständige Einkommensnachweise drohen Höchstbeiträge – auch rückwirkend. Versicherte sollten daher unbedingt alle angeforderten Unterlagen einreichen, um unnötig hohe Beiträge zu vermeiden.

Allerdings gibt es seit 2018 eine Neuregelung: Krankenkassen müssen Beiträge auch rückwirkend auf den Mindestbeitrag reduzieren, wenn es klare Anhaltspunkte für ein niedriges Einkommen gibt – etwa den Bezug von Grundsicherung. Dies gilt aber nur für Einkommen unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg unterstreicht die zentrale Bedeutung der Mitwirkungspflicht freiwillig versicherter Selbständiger bei der Beitragsfestsetzung. Ohne vollständige Einkommensnachweise ist die Krankenkasse berechtigt, Höchstbeiträge festzusetzen – auch rückwirkend. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit für Versicherte, alle angeforderten Unterlagen lückenlos einzureichen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Die Entscheidung stärkt die Position der Krankenkassen und betont die Eigenverantwortung der Versicherten im Beitragsverfahren.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für freiwillig versicherte Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wenn Sie Ihre Einkommensnachweise nicht vollständig und fristgerecht bei der Krankenkasse einreichen, drohen Ihnen rückwirkend Höchstbeiträge – auch wenn Ihr tatsächliches Einkommen niedriger war. Die Krankenkasse darf in diesem Fall von den höchstmöglichen Einnahmen ausgehen. Um hohe Nachzahlungen zu vermeiden, sollten Sie alle angeforderten Unterlagen zeitnah und lückenlos vorlegen. Auch bei Auslandseinkünften müssen Sie Ihrer Auskunftspflicht nachkommen. Eine nachträgliche Korrektur ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn klar ersichtlich ist, dass Ihr Einkommen unter der Mindestbemessungsgrenze lag. Seien Sie also sehr sorgfältig bei der Kommunikation mit Ihrer Krankenkasse.


FAQ – Häufige Fragen

Die Beitragsberechnung in der Krankenversicherung ist komplex und kann für viele Menschen verwirrend sein. Uns erreichen täglich zahlreiche Fragen zu diesem Thema. In unserer FAQ-Rubrik haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten übersichtlich zusammengestellt, damit Sie einen klaren Überblick über Ihre Beiträge erhalten.


Welche Folgen hat die Nichtvorlage von Einkommensnachweisen für freiwillig Versicherte?

Die Nichtvorlage von Einkommensnachweisen hat für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung weitreichende Folgen. Gemäß § 240 Abs. 4a Satz 4 SGB V werden die Beiträge in diesem Fall auf Basis der Beitragsbemessungsgrenze, also dem Höchstbeitrag, festgesetzt. Dies bedeutet konkret, dass die Krankenkasse den maximal möglichen Beitrag berechnet, unabhängig vom tatsächlichen Einkommen des Versicherten.

Der Höchstbeitrag beläuft sich derzeit auf 755,55 Euro zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Diese Summe ergibt sich aus der Multiplikation der Beitragsbemessungsgrenze von 5.175 Euro (Stand 2024) mit dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Für viele freiwillig Versicherte, insbesondere Selbstständige mit geringeren Einkünften, kann diese Einstufung zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, zur Feststellung der Beitragspflicht einen aktuellen Nachweis über die beitragspflichtigen Einnahmen zu verlangen. Diese Einnahmen müssen regelmäßig, spätestens nach 12 Monaten, überprüft werden. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die Vorlage des Einkommensteuerbescheids. Freiwillig Versicherte müssen diesen spätestens innerhalb von drei Jahren nach Ende des jeweiligen Kalenderjahres bei ihrer Krankenkasse einreichen.

Versäumen Versicherte diese Frist, drohen ihnen unter Umständen erhebliche finanzielle Nachteile. Die Krankenkasse ist dann berechtigt, rückwirkend den Höchstbeitrag festzusetzen. Dies kann zu hohen Nachzahlungsforderungen führen, die für viele Versicherte eine existenzielle Bedrohung darstellen können.

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Regelung nicht nur säumige oder nachlässige Versicherte trifft. Auch Personen, die aufgrund komplexer Einkommensverhältnisse oder anderer Umstände Schwierigkeiten haben, ihre Steuererklärung rechtzeitig zu erstellen, können von diesen harten Konsequenzen betroffen sein.

Allerdings gibt es seit Dezember 2023 eine wichtige Gesetzesänderung, die den Betroffenen mehr Flexibilität einräumt. Freiwillig Versicherte haben nun die Möglichkeit, innerhalb von zwölf Monaten nach Festsetzung zum Höchstbeitrag eine Neuberechnung der Beiträge zu beantragen. Dafür müssen sie entweder den betreffenden Steuerbescheid nachreichen oder einen Nachweis vom Finanzamt vorlegen, dass dieser noch nicht erstellt wurde.

Für die Jahre 2018 und 2019 wurde zudem eine Übergangsregelung geschaffen. Betroffene haben bis zum 16.12.2024 Zeit, eine Überprüfung zu beantragen, falls sie in diesen Jahren keinen oder verspätet einen Steuerbescheid eingereicht hatten.

Diese Gesetzesänderung stärkt den Verbraucherschutz für freiwillig versicherte Selbstständige deutlich. Sie bietet eine zweite Chance für diejenigen, die aus verschiedenen Gründen ihre Einkommensnachweise nicht rechtzeitig vorlegen konnten. Dennoch bleibt es für Versicherte ratsam, ihre Einkommensnachweise möglichst zeitnah und vollständig bei der Krankenkasse einzureichen, um von vornherein hohe Beitragsfestsetzungen und mögliche Nachzahlungen zu vermeiden.

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Wie berechnet sich der Beitrag für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung?

Die Berechnung der Beiträge für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt nach einheitlichen Regelungen, die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen festgelegt werden. Grundsätzlich wird die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt.

Bei der Beitragsbemessung müssen mindestens die Einnahmen berücksichtigt werden, die auch bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten zur Beitragsberechnung herangezogen würden. Dies bedeutet, dass nicht nur das Arbeitseinkommen, sondern auch andere Einkommensarten wie Kapitalerträge oder Mieteinnahmen in die Berechnung einfließen können.

Ein wichtiger Aspekt ist die Vorlage von Einkommensnachweisen. Wenn ein freiwilliges Mitglied diese Nachweise nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, greift eine besondere Regelung: In diesem Fall wird als beitragspflichtige Einnahme für jeden Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze angesetzt. Dies kann zu einer erheblich höheren Beitragsbelastung führen.

Allerdings besteht die Möglichkeit, innerhalb von zwölf Monaten nach der Beitragsfestsetzung einen Antrag auf Neufestsetzung zu stellen. Wenn das Mitglied dann Nachweise über die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen vorlegt, werden die Beiträge für die entsprechenden Zeiträume neu berechnet.

Die Krankenkasse ist verpflichtet, die Beiträge neu festzusetzen, wenn ihr Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten. Dies dient dem Schutz von Mitgliedern mit geringem Einkommen.

Es ist zu beachten, dass Abstufungen nach Familienstand oder der Zahl der mitversicherten Angehörigen bei der Beitragsbemessung unzulässig sind. Dies gewährleistet eine gleichmäßige und faire Beitragsberechnung für alle freiwillig Versicherten.

Die konkrete Berechnung erfolgt, indem die ermittelten beitragspflichtigen Einnahmen mit dem aktuellen Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse multipliziert werden. Dabei ist zu beachten, dass es eine Beitragsbemessungsgrenze gibt, bis zu der Einkommen beitragspflichtig ist. Einkommen oberhalb dieser Grenze wird nicht zur Beitragsberechnung herangezogen.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Angenommen, ein freiwillig Versicherter hat ein monatliches Einkommen von 4.000 Euro und der Beitragssatz seiner Krankenkasse beträgt 14,6% (allgemeiner Beitragssatz) plus 1,6% (durchschnittlicher Zusatzbeitrag), also insgesamt 16,2%. Der monatliche Beitrag würde sich dann wie folgt berechnen: 4.000 Euro x 16,2% = 648 Euro.

Die genaue Höhe des Beitrags kann jedoch je nach individueller Situation und gewählter Krankenkasse variieren. Es ist ratsam, die aktuellen Beitragssätze und mögliche Zusatzbeiträge bei der jeweiligen Krankenkasse zu erfragen.

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Welche Möglichkeiten haben freiwillig Versicherte, ihre Beiträge nachträglich anzupassen?

Freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Beiträge nachträglich anzupassen. Diese Optionen sind besonders relevant, wenn sich die finanzielle Situation des Versicherten ändert oder wenn die ursprüngliche Beitragsfestsetzung auf fehlerhaften Annahmen beruhte.

Eine zentrale Möglichkeit zur nachträglichen Beitragsanpassung ergibt sich aus dem Verfahren der vorläufigen Beitragsfestsetzung. Bei diesem Verfahren werden die Beiträge zunächst auf Basis der geschätzten Einnahmen festgesetzt und später anhand des tatsächlichen Einkommens korrigiert. Sobald der Einkommensteuerbescheid für das betreffende Jahr vorliegt, erfolgt eine endgültige Berechnung der Beiträge. Dies kann zu Erstattungen oder Nachzahlungen führen, je nachdem, ob das tatsächliche Einkommen niedriger oder höher als ursprünglich angenommen war.

Darüber hinaus besteht für freiwillig Versicherte die Möglichkeit, bei einer erheblichen Veränderung ihrer Einkommenssituation eine vorzeitige Beitragsanpassung zu beantragen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn das aktuelle Arbeitseinkommen um mehr als 25 Prozent gegenüber dem zuletzt für die Beitragsberechnung festgestellten Einkommen gesunken ist. In solchen Fällen liegt eine sogenannte unverhältnismäßige Belastung vor, die eine Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage rechtfertigt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Krankenkassen bei der Beitragsberechnung an bestimmte gesetzliche Vorgaben gebunden sind. So gibt es beispielsweise eine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, die auch bei sehr geringen Einkünften nicht unterschritten werden darf. Freiwillig Versicherte sollten daher stets prüfen, ob ihr tatsächliches Einkommen oberhalb dieser Grenze liegt, um von einer möglichen Beitragsreduzierung profitieren zu können.

In Fällen, in denen die Beitragsfestsetzung auf offensichtlichen Fehlern beruht, haben Versicherte das Recht, eine Korrektur zu verlangen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Krankenkasse bei der Berechnung falsche Einkommensdaten zugrunde gelegt hat. Hier ist es ratsam, umgehend nach Feststellung des Fehlers Kontakt mit der Krankenkasse aufzunehmen und entsprechende Nachweise vorzulegen.

Für Selbstständige, deren Einkommen starken Schwankungen unterliegt, ist es besonders wichtig, die Möglichkeit der vorläufigen Beitragsfestsetzung zu nutzen. Sie können ihre voraussichtlichen Einnahmen für das laufende Jahr schätzen und auf dieser Basis eine Anpassung der Beiträge beantragen. Allerdings sollten sie dabei bedenken, dass eine zu niedrige Schätzung zu hohen Nachzahlungen führen kann.

In Härtefällen, bei denen die Beitragszahlung zu einer unzumutbaren Belastung führt, können freiwillig Versicherte auch einen Antrag auf Beitragsermäßigung stellen. Die Krankenkassen haben hier einen gewissen Ermessensspielraum, um auf individuelle Situationen einzugehen.

Es ist zu betonen, dass die nachträgliche Anpassung von Beiträgen in der Regel nur für die Zukunft wirksam wird. Eine rückwirkende Korrektur ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn die ursprüngliche Beitragsfestsetzung rechtswidrig war. Versicherte sollten daher stets zeitnah reagieren, wenn sich ihre Einkommenssituation ändert oder sie Fehler in der Beitragsberechnung feststellen.

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Was bedeutet die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für freiwillig Versicherte?

Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung legt den Mindestbetrag fest, auf dessen Grundlage die Beiträge berechnet werden. Diese Grenze gilt unabhängig vom tatsächlichen Einkommen und stellt sicher, dass auch bei geringem oder fehlendem Einkommen ein Mindestbeitrag gezahlt wird.

Für das Jahr 2024 beträgt die Mindestbeitragsbemessungsgrenze 1.178,33 Euro pro Monat. Dies bedeutet, dass die Beiträge für freiwillig Versicherte mindestens auf Basis dieses Betrags berechnet werden, selbst wenn das tatsächliche Einkommen darunter liegt. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich im Sozialgesetzbuch V.

Die Anwendung dieser Grenze hat erhebliche Auswirkungen auf die Beitragsberechnung. Freiwillig Versicherte müssen mindestens den Beitrag zahlen, der sich aus dieser Mindestbemessungsgrundlage ergibt. Für Selbstständige ohne Krankengeldanspruch beträgt der monatliche Mindestbeitrag im Jahr 2024 beispielsweise 185,00 Euro, mit Krankengeldanspruch 192,07 Euro. Diese Beträge ergeben sich aus der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes von 14,6% plus dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 1,7% auf die Mindestbemessungsgrundlage.

Die Einführung dieser Regelung zielt darauf ab, eine angemessene Finanzierung des Gesundheitssystems sicherzustellen und eine Unterfinanzierung durch zu geringe Beiträge zu vermeiden. Gleichzeitig soll sie eine Mindestabsicherung für alle Versicherten gewährleisten, unabhängig von ihrer aktuellen Einkommenssituation.

Für freiwillig Versicherte mit höherem Einkommen ist die Mindestbeitragsbemessungsgrenze in der Regel nicht relevant, da ihre Beiträge auf Basis des tatsächlichen Einkommens berechnet werden. Die Obergrenze bildet hier die Beitragsbemessungsgrenze, die 2024 bei 5.175 Euro monatlich liegt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Krankenkassen bei der Beitragsberechnung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten berücksichtigen. Neben dem Arbeitseinkommen können also auch andere Einkunftsarten wie Mieteinnahmen oder Kapitalerträge beitragspflichtig sein. Die Gesamtbeitragsberechnung ist jedoch auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.

Für bestimmte Personengruppen, wie etwa Existenzgründer oder Härtefälle, können Sonderregelungen gelten, die zu einer Reduzierung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze führen. Diese Ausnahmen müssen im Einzelfall mit der zuständigen Krankenkasse geklärt werden.

Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze stellt somit einen wichtigen Mechanismus dar, um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine solide Basis zu stellen und gleichzeitig einen Mindestschutz für alle Versicherten zu gewährleisten. Sie bildet einen Kompromiss zwischen der Notwendigkeit einer ausreichenden Finanzierung des Gesundheitssystems und der Berücksichtigung individueller wirtschaftlicher Situationen.

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Welche Einkommensnachweise müssen freiwillig Versicherte ihrer Krankenkasse vorlegen?

Freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung müssen ihrer Krankenkasse regelmäßig Einkommensnachweise vorlegen, um die korrekte Beitragshöhe zu ermitteln. Der Einkommensteuerbescheid ist dabei das wichtigste Dokument. Er muss vollständig und ungeschwärzt eingereicht werden, da er als amtliches Dokument gilt und die festgesetzte Steuer, eine Rechtsbehelfsbelehrung sowie die ausstellende Behörde enthalten muss.

Für Arbeitseinkommen und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ist der Einkommensteuerbescheid zwingend erforderlich. Diese Einkünfte müssen stets über den maßgeblichen Steuerbescheid nachgewiesen werden. Die Krankenkassen fordern in der Regel einmal jährlich zur Vorlage der aktuellen Einkommensnachweise auf.

Wenn kein Einkommensteuerbescheid vorliegt oder wesentliche Einkünfte daraus nicht hervorgehen, können alternative Nachweise eingereicht werden. Dazu gehören Verdienstbescheinigungen, Zinsbescheinigungen der Bank, Bescheide über Zahlungen von Behörden oder Trägern sozialer Leistungen sowie andere Belege über erhaltene Zahlungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass freiwillig Versicherte den Steuerbescheid innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres einreichen müssen. Wird diese Frist versäumt, erfolgt eine rückwirkende Einstufung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze, was zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen kann.

Eine Ausnahme von der Vorlagepflicht besteht, wenn das freiwillige Krankenkassenmitglied erklärt, Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze zu haben und infolgedessen den Höchstbeitrag entrichtet. In diesem Fall sind grundsätzlich keine Einkommensnachweise vorzulegen.

Die Krankenkassen sind verpflichtet, den Versicherten mitzuteilen, welche Daten zur Beitragsermittlung erforderlich sind. Nicht benötigte Daten können von den Versicherten geschwärzt werden, sofern dies nicht die wesentlichen Bestandteile des Steuerbescheids betrifft.

Für Selbstständige und Freiberufler gilt, dass die Beiträge zunächst vorläufig festgesetzt werden. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids erfolgt eine endgültige Festsetzung für das jeweilige Kalenderjahr, was zu Erstattungen oder Nacherhebungen von Beiträgen führen kann.

Es ist ratsam, die von der Krankenkasse geforderten Nachweise fristgerecht und vollständig einzureichen, um eine korrekte Beitragsberechnung zu gewährleisten und mögliche finanzielle Nachteile zu vermeiden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Mitwirkungspflicht: Versicherte sind verpflichtet, der Krankenkasse alle notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, um die korrekte Beitragshöhe festzulegen. Bei Selbständigen bedeutet dies, dass sie ihre Einkommensnachweise vollständig und ungeschwärzt vorlegen müssen.
  • Beitragsbemessungsgrenze: Diese Grenze legt fest, bis zu welchem Einkommen Beiträge zur Sozialversicherung erhoben werden. Einkünfte über dieser Grenze werden bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt. Wenn keine Einkommensnachweise vorliegen, kann die Krankenkasse die Beitragsbemessungsgrenze als Grundlage für die Höchstbeiträge ansetzen.
  • Freiwillige Mitgliedschaft: Dies betrifft Personen, die sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern, weil sie nicht versicherungspflichtig sind, z.B. Selbständige. Die Beiträge richten sich nach ihrem Einkommen, und sie müssen regelmäßig Nachweise darüber einreichen.
  • Höchstbeitrag: Dies ist der maximal mögliche Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung, der bei fehlenden oder unvollständigen Einkommensnachweisen festgesetzt wird. Die Krankenkasse geht dann von den höchstmöglichen Einnahmen aus, was zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.
  • Rückwirkende Beitragsfestsetzung: Die Krankenkasse kann Beiträge auch rückwirkend erhöhen, wenn sich herausstellt, dass die Einkünfte des Versicherten höher waren als ursprünglich angegeben. Dies kann zu Nachforderungen führen, die für den Versicherten finanziell belastend sind.
  • Beitragsverfahrensgrundsätze: Diese Regeln des GKV-Spitzenverbandes bestimmen, wie die Beiträge für freiwillige Mitglieder zu berechnen sind. Bei fehlenden Einkommensnachweisen ist die Krankenkasse berechtigt, pauschal die Höchstbeiträge anzusetzen, um sicherzustellen, dass die Beiträge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten widerspiegeln.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 240 SGB V (Mitwirkungspflichten): Versicherte sind verpflichtet, der Krankenkasse die Auskünfte zu erteilen und die Beweismittel vorzulegen, die für die Durchführung der Aufgaben der Krankenkasse erforderlich sind. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung keine vollständigen Nachweise über sein Einkommen vorgelegt, was eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht darstellt.
  • § 238 SGB V (Beitragsbemessung freiwillige Mitglieder): Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Im konkreten Fall konnte die Krankenkasse aufgrund fehlender Einkommensnachweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht ermitteln und setzte daher die Beiträge auf den Höchstbetrag fest.
  • § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV (Beitragsbemessungsgrenze): Die Beitragsbemessungsgrenze legt die Obergrenze für die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung fest. Da der Kläger keine Einkommensnachweise vorlegte, durfte die Krankenkasse von der Beitragsbemessungsgrenze als Grundlage für die Beitragsberechnung ausgehen, was zu den Höchstbeiträgen führte.
  • § 205 SGB V (Verjährung): Ansprüche auf Beiträge zur Krankenversicherung verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Im vorliegenden Fall waren die Beitragsansprüche für die Zeit vor dem 1. Dezember 2008 bereits verjährt, weshalb die Krankenkasse nur ab diesem Zeitpunkt Beiträge nachfordern konnte.
  • § 24a SGB IV (Mindestbeitragsbemessungsgrundlage): Für freiwillig Versicherte gibt es eine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, die sicherstellt, dass sie mindestens einen bestimmten Beitrag zahlen. Dieser Mindestbeitrag ist relevant, wenn das tatsächliche Einkommen des Versicherten unter der Mindestbeitragsbemessungsgrenze liegt. Im vorliegenden Fall war dies jedoch nicht der Fall, da die Krankenkasse aufgrund fehlender Nachweise vom Höchstbeitrag ausgehen musste.

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 1 KR 22/21 – Urteil vom 21.10.2021


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.

Der 1947 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 als hauptberuflich Selbständiger bei der Beklagten zu 1 freiwillig kranken- und bei der Beklagten zu 2 pflegeversichert. Bei der Beantragung der freiwilligen Mitgliedschaft hatte er jeweils angegeben, dass er beabsichtige, nur für einige Monate / vorläufig als Büroleiter für Ingenieursdienstleistungen im Anlagenbau eines deutschen Unternehmens mit internationalen Einsätzen selbstständig tätig zu sein. Er erwarte Einnahmen in Höhe von durchschnittlich monatlich 2000,00 Euro (ab 2008) bzw. 1300,00 Euro (2011).

Die Beklagte zu 1, die wie bei allen streitgegenständlichen Bescheiden zugleich im Namen der Beklagten zu 2 handelte, setzte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zunächst jeweils unter Vorbehalt fest; die endgültige Höhe werde sie aus dem ersten Einkommenssteuerbescheid zu der selbstständigen Tätigkeit ermitteln. Dabei legte sie die vom Kläger geschätzten Einnahmen in Höhe von 2000,00 Euro (2008) bzw. die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbemessungsgrenze in Höhe von 1916,25 Euro (2011) monatlich zugrunde.

Ab dem 1. November 2012 bezog der Kläger eine Regelaltersrente und verrichtete nebenher eine „variable selbstständige Aushilfstätigkeit“. Ergänzend erhielt er laufende Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Mit Schreiben vom 16. November 2012 forderte die Beklagte zu 1 den Kläger auf, zur Festsetzung der endgültigen Beiträge ab Februar 2008 eine Kopie aller Seiten seiner Einkommenssteuerbescheide ab dem Jahr 2008 zu übersenden. Zur Berechnung der Beiträge ab dem 1. Oktober 2012 bat sie zudem um Übersendung eines aktuellen Steuervorauszahlungsbescheids bzw. einer schriftlichen Bestätigung des Finanzamtes darüber, dass keine Vorauszahlungen zu leisten sind, des Rentenbescheids und einer reellen Schätzung der zu erwartenden Einnahmen aus seiner Tätigkeit.

Nachdem – abgesehen von telefonischen Nachfragen – keine Reaktion des Klägers erfolgt war, forderte die Beklagte zu 1 die Unterlagen mit Schreiben vom 14. März 2013 und 18. März 2013 unter Fristsetzung erneut an und wies darauf hin, dass die Beiträge anderenfalls pauschal als Höchstbeiträge nach der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen seien.

Mit Bescheid vom 2. April 2013 teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, dass dieser trotz wiederholter Aufforderung Einkommenssteuerbescheide zu seiner Selbstständigkeit nicht vorgelegt habe. Daher seien für die Zeit vom 1. Dezember in 2008 (die Beitragsansprüche für die Zeit davor seien verjährt) bis zum 5. Juli 2010 und vom 2. August 2011 bis 30. November 2011 Höchstbeiträge aus der jeweils gültigen, aktuell 3937,50 Euro betragenden monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu erheben. Die Beklagte zu 1 setzte die Beiträge „bis zur endgültigen Klärung der Einnahmeverhältnisse“ entsprechend fest. Aufgrund der rückwirkenden Änderung bestehe für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2011 ein Beitragsrückstand in Höhe von 10.179,48 Euro.

Mit weiterem Bescheid vom 12. Juli 2013 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 1. Juli 2013 neu fest und teilte dem Kläger mit, dass für die Zeit vom Dezember 2008 bis Dezember 2012 ein Beitragsrückstand von insgesamt 15.693,28 Euro bestehe.

Nur gegen letzteren Bescheid erhob der Kläger mit am 17. Juli 2013 bei der Beklagten zu 1 eingegangenem Schreiben vom 10. Juli 2013 Widerspruch und bat um Überprüfung der Beitragseinstufung sowie des -rückstands.

Daraufhin teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, dass der in der Beitragsmitteilung vom 12. Juli 2013 mitgeteilte Beitragsrückstand nicht zutreffend sei. Für die Zeit von Dezember 2008 bis Dezember 2012 bestehe lediglich ein Beitragsrückstand in Höhe von 10.912,26 Euro. Hinsichtlich der Überprüfung der Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 und vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 forderte sie zudem erneut den Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2008 an. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 liege bereits eine Bestätigung des Finanzamts Lindau vor, dass der Kläger dort steuerlich nicht mehr geführt werde und aufgrund seiner Einkünfte keine Steuererklärung mehr einreichen müsse.

Unter dem 31. Juli 2013 erwiderte der Kläger, dass er nicht nachvollziehen könne, warum die Beklagte den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 benötige, wenn die Beklagte für das Jahr 2008 lediglich Beiträge für den Monat Dezember verlange. Er habe den Bescheid jedoch erneut vom Finanzamt angefordert. Für die Zeit von August bis November 2011 habe er um Stundung der Beiträge gebeten er sei in dieser Zeit arbeitslos gewesen, habe jedoch keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezogen. Einnahmen aus seiner Selbstständigkeit habe er in dieser Zeit jedoch nicht gehabt. Seine von der Beklagten zu 1 angesprochenen häufigen Auslandsreisen hätten nichts mit der deutschen Krankenversicherung zu tun.

Im August 2013 übersandte der Kläger der Beklagten zu 1 eine Kopie des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2008. Auf der Seite 3 des Bescheides waren mehrere Textpassagen sowie – wie auf allen Seiten – die Steuer- und die Identitätsnummer geschwärzt.

Mit Bescheid vom 6. September 2013 teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, dass anhand der eingereichten Unterlagen eine Änderung der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 nicht vorgenommen werden könne. Sofern und solange Nachweise auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorgelegt würden, seien nach § 6 Abs. 5 der Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ) für die weitere Beitragsbemessung für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen Zur Prüfung der Beitragsfestsetzung des Klägers fehlten weiterhin die ungeschwärzte dritte Seite des Einkommenssteuerbescheides 2008 und entsprechende Nachweise über ausländische Einkünfte ab dem Jahr 2009, die ebenfalls für die Bemessung der Beiträge maßgebend seien.

Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 27. September 2013. Die angeforderten Unterlagen übersandte er jedoch nicht und machte auch im Übrigen keine Angaben zu seinem im Ausland erzielten Einkommen.

Nachdem die Beklagte zu 1 dem Widerspruch des Klägers insoweit abgeholfen hatte, dass die Säumniszuschläge rückwirkend in Höhe von 1% neu festgesetzt worden waren (Bescheid vom 31. Oktober 2013), wies sie den Widerspruch gegen die Ablehnung des im Widerspruchsschreiben des Klägers vom 10. Juli 2013 gesehenen Überprüfungsantrags hinsichtlich der Beitragseinstufung für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2013 im Übrigen zurück (mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom selben Tag wurde der Widerspruch gegen die Beitragsfestsetzung für die Zeit ab dem 1. Juli 2013 zurückgewiesen). Für den Kläger als Existenzgründer sei die Beitragseinstufung ab dem 1. Februar 2008 – vorbehaltlich einer späteren Korrektur nach Erlass des ersten Steuerbescheids – anhand der geschätzten Einnahmen erfolgt. Der Kläger habe im Rahmen der nachgehenden Einkommensbefragung nicht nachgewiesen, dass sein tatsächliches Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe. Die hierfür erforderlichen Nachweise – insbesondere auch zur Art und Höhe seines im Ausland erzielten Einkommens – habe der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung nicht erbracht.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 15. Januar 2014 beim Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage gewandt und gemeint, die Beitragsanhebung seit 2008 nebst daraus resultierenden Nachforderungen sei nicht begründet. Eine Einstufung als hauptberuflich Selbständiger setze voraus, dass jemand nachweisbar während eines längeren Zeitraums über ein entsprechend hohes Einkommen verfügt habe. Dies treffe auf ihn nicht zu. Er sei über längere Zeiträume arbeitslos gewesen und habe zeitweise Arbeitslosengeld II bezogen.

Das SG Augsburg hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten an das SG Hamburg verwiesen (Beschluss vom 28. Februar 2014).

Das SG Hamburg hat den Kläger vergeblich mehrfach und zuletzt unter Fristsetzung nach § 106a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgefordert, den kompletten ungeschwärzten Steuerbescheid sowie eine Erklärung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er in den Jahren 2008 bis 2011 Einkommen im Ausland erzielte, vorzulegen. Schließlich hat es die Klage nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2021 abgewiesen, wobei das Rubrum lediglich die Beklagte zu 1 als einzige Beklagte ausgewiesen hat.

Streitgegenstand sei der Bescheid vom 6. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2013, mit dem die Beklagte (zu 1) eine Überprüfung des Bescheids vom 2. April 2013 über die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 abgelehnt habe, denn die Klage richte sich ausdrücklich nur gegen den Widerspruchsbescheid mit dem Aktenzeichen S607789322/0564/6391/2013 und beziehe sich inhaltlich auf die „Anhebung der monatlichen Krankenkassenbeiträge seit dem Jahr 2008“ sowie „daraus resultierende Nachzahlungen“. Der ebenfalls am 4. Dezember 2013 ergangene Widerspruchsbescheid, mit dem die Beklagte (zu 1) über den Widerspruch des Klägers gegen die Beitragseinstufung als freiwillig versicherter Rentner entschieden habe, trage das Geschäftszeichen S607789322/0564/6392/2013 und sei nicht Gegenstand der vorliegenden Klage.

Die so verstandene Klage sei als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig und insbesondere rechtzeitig erhoben worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Widerspruchsbescheids sei das Sozialgericht Augsburg als zuständiges Gericht angeführt worden; da der Kläger zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses seinen Wohnsitz jedoch im Ausland gehabt habe, hätte die Beklagte (zu 1) das SG Hamburg als örtlich zuständiges Gericht angeben müssen (§ 57 Abs. 3 SGG). Die insoweit unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung setze die Rechtsbehelfsfrist nicht in Lauf (Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG § 66 Rn. 7d unter Verweis auf Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 5 B 2/09, juris), sodass gemäß § 66 Abs. 2 S. 1 SGG die Jahresfrist gelte.

Die Klage sei jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Anspruch auf Abänderung der Beitragsbescheide ergebe sich nicht aus § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 44 Abs.1 S. 1 SGB X gelte: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Die Beklagte (zu 1) habe die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids vom 2. April 2013 überprüft. Die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X auf Aufhebung oder Änderung der Beitragsbescheide.

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung sei § 240 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011. Danach werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt (Abs. 1 S. 1), wobei sicherzustellen sei, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtige (Abs. 1 S. 2). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit seien mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien (Abs. 2 S. 1).

Gemäß § 240 Abs. 4 SGB V und § 7 der auf der Grundlage von § 240 Abs. 1 S. 1 SGB V vom GKV (gesetzliche Krankenversicherung)-Spitzenverband erlassenen BeitrVerfGrSz, die als untergesetzliche Normen auch die Versicherten bänden und als solche grundsätzlich verfassungsgemäß seien (Hinweis auf Bundessozialgericht , Urteil vom 19. Dezember 2012 – B 12 KR 20/11 – juris, Rn. 21 ff.) gelte als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, gelte als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die einen monatlichen Gründungszuschuss nach § 93 des Dritten Buches oder eine entsprechende Leistung nach § 16b des Zweiten Buches erhielten, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimme, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt würden. Dabei seien insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied in Bedarfsgemeinschaft lebten, zu berücksichtigen. Als beitragspflichtige Einnahmen seien das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 S. 1 BeitrVerfGrSz). Einnahmen, die nicht in Geld bestünden, seien entsprechend den für die Sachbezüge geltenden Regelungen der Sozialversicherungsentgeltordnung zu bewerten (§ 3 Abs. 1 S. 2 BeitrVerfGrSz). Nach § 242 SGB V könnten die Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben.

Nach dieser für den Kläger maßgeblichen Bemessungsgrundlage habe die Beklagte (zu 1) die Beiträge mit Bescheid vom 2. April 2013 rückwirkend für die Zeiträume vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 und vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011 in Höhe des Höchstbeitrages festgesetzt gehabt. Diese Vorgehensweise sei nicht zu beanstanden.

Für die mit Bescheid vom 2. April 2013 erfolgte Beitragsfestsetzung in Höhe des Höchstbetrags könne sich die Beklagte (zu 1) auf § 6 Abs. 5 BeitrVerfGrSz stützen. § 6 Abs. 5 der BeitrVerfGrSz in der vom 1. Januar 2009 bis zum 26. November 2014 gültigen Fassung bestimme, dass für die weitere Beitragsbemessung 1/30 der Beitragsbemessungsgrundlage als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag zugrunde zu legen seien, sofern und solange Nachweise zum Einkommen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorgelegt würden. Änderungen der Beitragsbemessung seien erst ab dem 1. des Folgemonats nach Vorlage der Nachweise zu berücksichtigen, wenn diese später vorgelegt würden.

Diese Vorschrift finde im vorliegenden Fall Anwendung, denn eine „weitere Beitragsbemessung“ im Sinne von § 6 Abs. 5 BeitrVerfGrSz sei nicht (nur) temporär und auf zukünftige Beitragszeiträume bezogen zu verstehen, sondern gelte auch für eine neue Beitragsfestsetzung (Hinweis auf SG Aachen, Urteil vom 11. Januar 2011 – S 13 KR 234/10, juris, Rn. 24). § 6 Abs. 5 BeitrVerfGrSz stelle im vorliegenden Fall eine hinreichende Rechtsgrundlage dar, um den Beitragsbescheid gegenüber dem Kläger zu erlassen. Zwar habe das BSG festgestellt, dass der Verband Bund der Krankenkassen bei der Festsetzung der Beitragsbemessungsgrundlage die Grenzen seiner Regelungsbefugnis überschritten habe, indem er beim Fehlen eines Nachweises über das tatsächliche Einkommen auch für nichtselbstständige Erwerbstätige Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze unterstelle (Hinweis auf BSG, Urteil vom 18. Dezember 2013 – B 12 KR 15/11 R). Diese Einschränkung gelte jedoch nicht für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, für die § 240 Abs. 4 S. 2 SGB eine Beitragsfestsetzung in dieser Höhe grundsätzlich gestatte.

Dem habe auch nicht entgegengestanden, dass die Beklagte (zu 1) die Beiträge des Klägers mit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 1. Februar 2008 zunächst nach den voraussichtlichen Einnahmen festgesetzt gehabt habe. Bei dieser Beitragsfestsetzung habe es sich nicht um eine endgültige Regelung gehandelt, denn sie sei nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten vorläufig erfolgt gewesen. Eine solche vorläufige Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 5 SGB X habe das BSG bei freiwillig versicherten, hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigen als zulässig erachtet, wenn diese mit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen hätten und damit der Nachweis niedrigerer Einnahmen aus dieser Tätigkeit mittels eines Steuerbescheides für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht möglich sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 12 KR 14/05 R, juris, Rn. 17).

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 BeitrVerfGrSz lägen vor. Die Beklagte habe den Kläger mehrfach zur Vorlage von Einkommensnachweisen, der ungeschwärzten Seite 3 des Steuerbescheids 2008 sowie von Angaben zu seinem im Ausland erwirtschaftete Einkommen aufgefordert gehabt. Der Kläger habe jedoch den insoweit maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 nicht vollständig, sondern in weiten Teilen geschwärzt vorgelegt. Auch habe er der Beklagten keine Auskunft über sein im Ausland erwirtschaftetes Einkommen gegeben und sei damit seiner nach § 206 Abs. 1 Nr. 1 SGB V grundsätzlich bestehenden Auskunftspflicht nicht nachgekommen.

Schließlich habe sich die Beklagte auch nicht veranlasst sehen müssen, die Beiträge abermals neu festzusetzen. Zwar habe der Kläger vorgetragen, er sei über längere Zeit arbeitslos gewesen. Dies führe jedoch nicht zwangsläufig zu einer Herabstufung der Beiträge. Die in § 240 Abs. 4 S. 2 Hs. 2. SGB V in der Fassung vom 20. Dezember 2011 grundsätzlich vorgesehene Möglichkeit einer Beitragsermäßigung setze den Nachweis niedriger Einnahmen voraus. Da der Beklagten jedoch keine vollständigen Nachweise über die Einnahmen des Klägers vorgelegen hätten, lägen die Voraussetzungen für eine Beitragsermäßigung nicht vor. Darüber hinaus ermögliche die Vorschrift lediglich eine Beitragsermäßigung für die Zukunft. So bestimme § 240 Abs. 4 S. 6 SGB V in der Fassung vom 20. Dezember 2011, dass Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nur zum ersten Tag auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam würden.

Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Neufestsetzung der Beiträge nach der mit Wirkung zum 15. Dezember 2018 – und damit nach Klagerhebung – eingeführten Erlassregelung des § 240 Abs. 1 S. 4 SGB V. Die Regelung bestimme:

„Für Zeiträume, für die der Krankenkasse hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die nach Absatz 4 Satz 1 oder Satz 2 jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten, hat sie die Beiträge des Mitglieds neu festzusetzen. Wird der Beitrag nach den Sätzen 3 oder 4 festgesetzt, gilt § 24 des Vierten Buches nur im Umfang der veränderten Beitragsfestsetzung.“

Diese Regelung gelte unabhängig von der Mitwirkungserfüllung und verpflichte die Kranken- und Pflegekasse (sogar) von Amts wegen zur unbegrenzt rückwirkenden Neufestsetzung der Beiträge (Hinweis auf SG Berlin, Beschluss vom 24. Januar 2019 – S 56 KR 3411/18 ER, juris, Rn. 61). Der Anspruch gelte jedoch ausschließlich für die Fälle, in denen das Einkommen des Versicherten die Mindestbemessungsgrenze nicht überschreite.

Dies begründe der Gesetzgeber (Hinweis auf BT-Drs. 19/4454, S. 27 zu Art. 1 Nr. 6) wie folgt:

„Die Neuregelung in § 240 Absatz 1 Satz 4 sieht darüber hinaus eine rückwirkende Korrektur der Beitragsfestsetzung auf den Höchstbeitrag in den Fällen vor, in denen das Mitglied zwar nach wie vor nicht den Nachweis geringerer Einnahmen erbringt, jedoch aufgrund hinreichender Anhaltspunkte klar ist, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils einschlägige Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten. Entsprechende Anhaltspunkte dafür können z. B. das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II oder der Sozialhilfe nach SGB XII sein. […] Die „hinreichenden Anhaltspunkte“ stellen einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der grundsätzlich von der zuständigen Krankenkasse eigenverantwortlich ausgelegt und angewandt werden muss. Dabei ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen hierzu einheitliche Vorgaben abstimmen werden.“

Die Regelung finde auf den vorliegenden Sachverhalt rückwirkend Anwendung, obwohl sie erst nach Klagerhebung in Kraft getreten sei (zur Anwendbarkeit auf noch nicht bestandskräftig beschiedene Zeiträume vor Inkrafttreten der Änderung Hinweis auf Landessozialgericht LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. April 2019 – L 6 KR 80/17 – juris Rn. 51; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 240 SGB V, Stand: 17. Dezember 2020, Rn. 36). Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung (Hinweis auf BT-Drs. 19/4454, S. 27), in der es heiße:

„Die Regelung gilt zeitlich unbeschränkt und bezieht sich auf alle vergangenen Zeiträume der Zwangseinstufung. Die rückwirkende Anpassung der Beiträge auf den Mindestbeitrag dient dem Abbau „fiktiver“ Beitragsschulden und setzt für die Betroffenen Anreize, den korrigierten Beitragsforderungen nachzukommen. […]“

Die Anspruchsvoraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt, denn es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze erzielt habe. Zwar habe der Kläger eine Bescheinigung des Jobcenters Lindau über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II vorgelegt. Jedoch sei der Leistungsbezug danach in den Zeiträumen vom 6. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 sowie ab dem 1. Dezember 2011 erfolgt und damit gerade nicht im hier zu prüfenden Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 2. August 2011 bis zum 30. November 2011. Im Übrigen habe der Kläger lediglich angegeben, dass sein Einkommen aus dem Ausland „meist geringer Natur gewesen sei“. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um Einnahmen unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gehandelt habe, ergäben sich hieraus nicht.

Gegen diesen ihm am 5. Februar 2021 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. Februar 2021 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er weiterhin weder die geforderten konkreten Angaben zu Art und Höhe der in den streitigen Zeiträumen im Ausland erzielten Einkünften macht noch den vollständigen ungeschwärzten Einkommensteuerbescheid für 2008 vorlegt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

6. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheids vom 2. April 2013 für die Zeiträume vom 1. Dezember 2008 bis zum 5. Juli 2010 sowie vom 1. August 2011 bis zum 30. November 2011 niedrigere Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung seines tatsächlichen Einkommens festzusetzen.

Die Beklagten beantragen schriftsätzlich, die Berufung zurückzuweisen.

Sie nehmen Bezug auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids.

Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 12. August 2021 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 SGG).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Oktober 2021, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Inhalt der Prozessakte einschließlich der vom Kläger eingereichten Fotos sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers und der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden können, weil die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die statthafte (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als unbegründet abgewiesen, wobei die Klage ebenso wie der Gerichtsbescheid dahingehend auszulegen sind, dass sie sich auch auf die Beklagte zu 2 erstrecken.

Materiell ist die Entscheidung des SG in keiner Weise zu beanstanden, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG vollumfänglich Bezug auf deren Gründe nimmt.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung. Weder enthält es relevante inhaltliche Ausführungen noch hat der Kläger die erforderlichen Mitwirkungshandlungen nachgeholt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.


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