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Berücksichtigung Gehaltsnachzahlung Arbeitgeber bei Elterngeldbemessung

Hessisches Landessozialgericht – Az.: L 5 EG 1/19 – Urteil vom 28.02.2020

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Die 1981 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Sie ist mit dem 1980 geborenen C. A. verheiratet und beide sind die Eltern der 2012 geborenen D. A.

Die Klägerin war ab dem 1. März 2011 als Personalsachbearbeiterin bei der E. GmbH (vormals: F. Personal GmbH) beschäftigt. Mit Gehaltsabrechnung vom 28. Juni 2012 erhielt sie letztmals ihr Arbeitsentgelt bis zum 24. Juni 2012. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Insolvenzverwalters der E. GmbH mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 und Wirkung zum 30. November 2012. Hiergegen erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht und machte ihre ausstehenden Gehaltsforderungen geltend. In der Zeit vom 9. Juli 2012 bis 10. Oktober 2012 bezog sie Arbeitslosengeld i.H.v. 28,75 € täglich und in der Zeit vom 11. Oktober 2012 bis 17. Januar 2013 Mutterschaftsgeld ebenfalls i.H.v. 28,75 € täglich.

Am 4. Dezember 2012 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter aus vorangegangenem Erwerbseinkommen unter Vorlage ihrer Gehaltsbescheinigungen von Oktober 2011 bis Juni 2012 bei dem Beklagten.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 gewährte der Beklagte Elterngeld wie folgt:

– 1. bis 2. Lebensmonat (9. November 2012 bis 8. Januar 2013) i.H.v. 0,00 € monatlich,

– 3. Lebensmonat (9. Januar 2013 bis 8. Februar 2013) i.H.v. 481,36 €,

– 4. bis 12. Lebensmonat (9. Februar 2013 bis 8. November 2013) i.H.v. 678,23 € monatlich.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass auf das Elterngeld zunächst das bis zum 17. Januar 2013 bezogene Mutterschaftsgeld nach § 3 Abs. 1 BEEG anzurechnen sei. Die Höhe des durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von Oktober 2011 bis September 2012 betrage sodann 1.012,29 €. Das monatlich gewährte Elterngeld i.H.v. 678,23 € entspreche 67 % dieses Einkommens.

Am 8. Mai 2013 legte die Klägerin das Schreiben des Insolvenzverwalters vom 12. April 2013 vor, womit die Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO) für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 30. November 2012 in Höhe des Auszahlungsbetrages von einmalig 3.928,46 € abgerechnet wurden. Hierauf teilte der Beklagte mit Schreiben vom 21. Mai 2013 mit, dass Grundlage der Einnahmenermittlung für die Berechnung des Elterngeldes die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers seien. Nicht berücksichtigt werden könnten Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt würden (§ 2c Abs. 1 BEEG). Die vorgelegte Bescheinigung des Insolvenzverwalters könne daher nicht verwendet werden. Die Klägerin möge die einzelnen Lohnabrechnungen für die Monate Juni 2012 bis einschließlich Oktober 2012 vorlegen, woraufhin diese mit Schreiben vom 24. Mai 2013 eine Aufstellung der monatlichen Bruttoentgelte vorlegte.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Neuberechnung des Elterngeldes nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. BEEG ab. Bei der Bescheiderteilung am 13. Dezember 2012 sei das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit bis zum 24. Juni 2012 berücksichtigt worden. Im Jahr 2013 sei sodann im Rahmen des Insolvenzverfahrens Gehalt für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 nachgezahlt worden. Zahlungen, die in einem Kalenderjahr für das Vorjahr nachgezahlt würden, seien steuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Gemäß § 2c Satz 2 BEEG würden jedoch Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt würden, bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht berücksichtigt. Die nachträgliche Überprüfung habe somit ergeben, dass bei Erlass des bindenden Bescheides vom 13. Dezember 2012 das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.

Mit dem hiergegen am 3. Juli 2013 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Nachzahlung nicht im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, sondern im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens erfolgt sei, in welchem man sich geeinigt habe, das Arbeitsverhältnis bis zum 30. November 2012 fortzuführen. Insoweit handele es sich bei den Nachzahlungen nicht um sonstige Bezüge, sondern um gewöhnliche Gehaltsansprüche.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG würden die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelten Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden. Hierzu zählten neben anderen Einmalzahlungen auch Nach- und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamt- oder ein Teilbetrag der Nach- oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume beziehe, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung endeten. Da die Auszahlung des Gehalts bis zum 30. November 2012 erst im Folgejahr erfolgt sei, gälten für die Besteuerung das Zuflussprinzip und mithin auch die im Ausschüttungsjahr maßgeblichen Steuermerkmale. Die Nachzahlung für die Zeit ab dem 25. Juni 2012 sei mithin als sonstiger Bezug besteuert worden. Anders als nach der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Rechtslage seien im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs. 1 Satz 3 und § 39b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerrechtlich als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich sei die tatsächliche steuerliche Verbuchung.

Mit der am 26. August 2013 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage verfolgte die Klägerin weiterhin ihr Ziel der Gewährung von Elterngeld auf der Grundlage der vorgelegten Abrechnung des Insolvenzverwalters. Zur Begründung führte sie aus, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs eine Vereinfachung der Elterngeldberechnung habe erreichen wollen. Alles was der Arbeitgeber in den Lohnabrechnungen als sonstige Bezüge ausweise, sollte hiernach bei der Bemessung des Elterngeldes nicht mehr berücksichtigt werden. Eine weitergehende Einschränkung, die auf den tatsächlichen Bezugszeitraum abstelle, sehe das Gesetz nicht vor. Dies ließe sich im Übrigen auch nicht mit dem Sinn und Zweck der Gesetzesänderung vereinbaren. Die Nichtberücksichtigung nachträglich gezahlter Einkünfte führe nicht zu der bezweckten Verwaltungsvereinfachung. Bei der vorliegenden Nachzahlung handele es sich ausweislich der vorgelegten Bescheinigung um den normalen Grundlohn und nicht um sonstige Bezüge im Sinne des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG. In diesem Zusammenhang habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits ausgeführt, dass es nicht angebracht erscheine, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Eine solche Handhabung ließe sich im Übrigen weder mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Gleichbehandlung noch mit den europarechtlichen Richtlinien zur Gleichbehandlung vereinbaren. Voraus- bzw. Nachzahlungen von laufendem Arbeitslohn seien damit jeweils in dem Monat zu berücksichtigen, für den (und nicht in dem) die jeweilige Zahlung erfolge. Auf die tatsächliche steuerliche Verbuchung komme es gerade nicht an.

Mit Urteil vom 30. Januar 2019 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Neuberechnung und mithin auch keinen Anspruch auf weitere Auszahlung von Elterngeld. Der Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass die Gehaltsnachzahlung aus dem Jahr 2012 nach Abrechnung am 12. April 2013 entsprechend den Lohnsteuerrichtlinien als Einmalbezug versteuert worden sei. Allein diese Tatsache sei entscheidend. Zur weiteren Begründung nahm das Sozialgericht Bezug auf das Urteil des BSG vom 14. Dezember 2017 unter dem Aktenzeichen (Az.) B 10 EG 7/17 R.

Gegen das am 1. März 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. März 2019 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Vorliegend sei nicht § 44 SGB X, sondern § 48 SGB X anzuwenden, da es sich bei der Gewährung von Elterngeld um einen Dauerverwaltungsakt handele. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei der Sachverhalt nach der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Rechtslage zu beurteilen. Mit der Übergangsregelung des § 27 BEEG sei klargestellt, dass alle ab dem 1. Januar 2015 beginnenden Elterngeldbezugsmonate der Neuregelung unterlägen. Den vorliegenden Fall aus dem Jahr 2012/2013 erfassten sie nicht. Mithin sei nach dem modifizierten Zuflussprinzip die erfolgte Gehaltsnachzahlung bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen. Die Verfahrensweise bei der Nachzahlung von Grundvergütungen habe der Gesetzgeber mit der Änderung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht speziell aufgreifen wollen. Die Frage, ob die Nachzahlung des Grundlohns zu berücksichtigen sei, lasse sich nicht mit dem verfolgten Gesetzeszweck verneinen. Es stelle keine Mehrarbeit dar, wenn die Grundvergütung nachträglich belegt werde. Auch unterscheide sich die Nachzahlung etwa von der Provision, mit welcher sich der Großteil der BSG-Rechtsprechung beschäftige. Sie befasse sich regelmäßig nur mit Neben- und Zusatzleistungen. Es sei gesetzeskonform sicherzustellen, dass jedenfalls die Grundvergütung unabhängig vom Zahlungszeitpunkt als Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen sei. Die Elterngeldberechnung dürfe nicht dem Gutdünken privater Dritter, wie dem Arbeitgeber, unterstellt werden. Dies würde die Grenze zur unzulässigen Fremdbestimmung überschreiten. Das in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerte Willkürverbot gebiete hier, jedenfalls die Nachzahlung der Grundvergütung bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2019 und des Bescheides vom 21. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2013 zu verpflichten, den Bescheid vom 13. Dezember 2012 teilweise aufzuheben und ihr Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter D. A. unter Berücksichtigung der für den Zeitraum vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 i.H.v. 3.928,46 € erfolgten Gehaltsnachzahlung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die nach seiner Auffassung zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts sowie die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 2017 und führt ergänzend aus, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden könnten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist allerdings unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2019 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 21. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2013 ist rechtmäßig, sodass die Klägerin hierdurch nicht beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin, rückwirkend höhere Leistungen gewährt zu bekommen, ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X; der Beklagte hat zu Unrecht § 44 SGB X als Ausgangsnorm herangezogen (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 1996, Az. 11 RAr 101/94 zum vergleichbaren Abgrenzungsproblem beim Arbeitslosengeld).

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Dauerverwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Hierin spiegelt sich die Abgrenzung zu § 44 SGB X wider. Während § 44 SGB X die Fälle der anfänglichen Rechtswidrigkeit erfasst, betrifft § 48 SGB X regelmäßig Dauerverwaltungsakte, die bei ihrem Erlass rechtmäßig waren und deren Unvereinbarkeit mit dem Gesetz erst nachträglich aufgrund einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Der Bewilligungsbescheid vom 13. Dezember 2012 ist nicht von Anfang an rechtswidrig im Sinne von § 44 SGB X gewesen. Denn zum Zeitpunkt seines Erlasses war nicht absehbar, dass später eine Nachzahlung von Arbeitsentgelt durch den Insolvenzverwalter für den Bemessungszeitraum erfolgen würde (Bay. LSG, Urteil vom 11. September 2018, Az. L 9 EG 16/16, juris).

Die Klägerin macht hier vielmehr eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass der Bewilligungsentscheidung geltend, so dass § 48 SGB X grundsätzlich einschlägig ist. Ohne Zweifel handelt es sich bei der Bewilligung von Elterngeld für 12 Monate um einen Dauerverwaltungsakt. Sofern der ursprüngliche Verwaltungsakt rechtmäßig ergangen ist, ist eine Änderung regelmäßig dann „wesentlich“ im Sinne dieser Vorschrift, wenn durch sie dem ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen wird. Daher sind in der Regel alle Änderungen wesentlich, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1986, Az. 7 RAr 55/84, juris). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand des materiellen Rechts (vgl. BT-Drucks. 8/2034, Seite 35 zu § 46). Ausgehend hiervon ist eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nicht eingetreten.

Die Klägerin hat weiterhin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter D. A. Darüber hinaus besteht dieser Anspruch in unveränderter Höhe fort. Die Gehaltsnachzahlung auf Grundlage der Abrechnung des Insolvenzverwalters vom 12. April 2013 ist bei der Berechnung des Elterngeldes nicht heranzuziehen.

Auf den vorliegenden Fall finden die Vorschriften des Ersten Abschnitts des BEEG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) vom 9. Dezember 2010, BGBl. I, Seite 1885, (a.F.) Anwendung. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10. September 2012, BGBl. I, Seite 1878, (a.F.) wird für die vor dem 1. Januar 2013 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kinder Elterngeld unter Anwendung der Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes in der bis zum 16. September 2012 geltenden Fassung gezahlt.

Anspruch auf Elterngeld hat nach § 1 Abs. 1 BEEG a.F., wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, 2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Diese Voraussetzungen sind für die am xx. November 2012 geborene D. A. bezogen auf den streitgegenständlichen Bezugszeitraum vom xx. November 2012 bis xx. November 2013 erfüllt, was sich aus den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren ergibt und unstreitig ist. Sie ist als Inhaberin einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG anspruchsberechtigt im Sinne von § 1 Abs. 7 Nr. 1 BEEG a.F. Streitig ist allein die Frage, ob für die Berechnung des Elterngeldes weiteres Einkommen in Gestalt der Gehaltsnachzahlung für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 mit der Abrechnung vom 12. April 2013 im Bemessungszeitraum zu berücksichtigen ist. Dies ist auch nach Auffassung des Senats zu verneinen.

Elterngeld wird nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG a.F. in Höhe von 67 Prozent des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.

Als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit ist nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG a.F. der um die auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nach Satz 2 der Vorschrift nicht berücksichtigt. Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG a.F.). Unberücksichtigt bleiben nach Satz 6 der Vorschrift auch Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben ist zunächst festzustellen, dass Bemessungszeitraum für das begehrte Elterngeld der vom Beklagten berücksichtigte Zeitraum von Oktober 2011 bis September 2012 ist. Der Kalendermonat Oktober 2012 hat wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt zu bleiben (§ 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG a.F.).

Der Beklagte hat das für diesen Bemessungszeitraum zu berücksichtigende durchschnittliche monatliche Nettoerwerbseinkommen der Klägerin in dem Bescheid vom 13. Dezember 2012 in zutreffender Weise ermittelt. Die Gehaltsnachzahlung gemäß der Abrechnung vom 12. April 2013 ist bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln sind, welche bei der Berechnung des Einkommens im Bemessungszeitraum keine Berücksichtigung finden.

Die nach der Abrechnung vom 12. April 2013 bei der Klägerin eingegangene Gehaltsnachzahlung für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 gehört ebenso wie das bis zum 24. Juni 2012 regelmäßig monatlich gezahlte Gehalt zu den Einnahmen der Klägerin aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit in Gestalt von steuerpflichtigem Arbeitsentgelt. Es zählt aber zu den von der Bemessung des Elterngelds ausgeschlossenen sonstigen Bezügen. Dies folgt aus § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F.

In diesem Zusammenhang hatte sich der erkennende Senat in der Vergangenheit (Urteil vom 27. Februar 2015, Az. L 5 EG 15/12 und Urteil vom 16. Oktober 2015, Az. L 5 EG 23/14) der vorangegangenen und für überzeugend erachteten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3. Dezember 2009, Az. B 10 EG 3/09 R; Urteil vom 30. September 2010, Az. B 10 EG 19/09 R; Urteil vom 18. August 2011, Az. B 10 EG 5/11 R) angeschlossen und für die bis zum 31. Dezember 2014 geltende Rechtslage die modifizierte Zuflusstheorie zur Anwendung gebracht. Hiernach galt Arbeitsentgelt in dem Zeitraum als erzielt, in dem es erarbeitet und für den es tatsächlich gezahlt worden war. Insbesondere wurde angenommen, dass die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet wurde, im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen war.

Hieran hält der erkennende Senat für die streitentscheidende Rechtslage nach dem HBeglG 2011 unter dem Eindruck der weiteren Gesetzesentwicklung und der zwischenzeitlich auch durch das BSG (Urteil vom 27. Juni 2019, Az. B 10 EG 2/18 R) erfolgten Aufgabe der modifizierten Zuflusstheorie für die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2014 nicht mehr fest. In dem vom BSG a.a.O. zu entscheidenden Fall war § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 BEEG ab dem 1. Januar 2015 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18. Dezember 2014, BGBl. I, Seite 2325, und darüber hinaus auch § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10. September 2012, BGBl. I, Seite 1878, für die vorangegangenen Bezugszeiträume anzuwenden. Nach der Beschlussempfehlung und Bericht des Bundestags-Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29. Mai 2012 zum Gesetzentwurf des Bundesrates eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks. 17/9841, Seite 22, sollte diese Fassung die wortlautgleiche Regelung des vorliegend streitentscheidenden § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. ohne inhaltliche Änderungen weiterführen. Das BSG führt a.a.O. (Rdnrn. 21, 22) aus, dass ausweislich der Gesetzesentwicklung, die den eindeutigen Willen des Gesetzgebers deutlich zum Ausdruck bringt, eine strikte steuerrechtsakzessorische Bewertung von Einkünften im Elterngeldrecht unbeschadet der jeweiligen Gesetzesfassung vorzunehmen ist.

Zur Begründung seiner Einschätzung macht das BSG zunächst Ausführungen zur Gesetzesentwicklung. Seit Inkrafttreten des BEEG am 1. Januar 2007 stellen der Wortlaut und die Begründung des Gesetzes in verschiedenen Fassungen durchgehend darauf ab, die lohnsteuerrechtlich als Besonderheit geltenden sonstigen Bezüge bei der Bemessung des Elterngelds auszuschließen. Dieser steuerrechtsakzessorische Ansatz ist durch die seit 1. Januar 2015 geltende Fassung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG vom BEEG-Gesetzgeber fortgeführt und bekräftigt worden. Wie die Gesetzesmaterialien hierzu bestätigen, dient die Regelung der Klarstellung, dass allein die lohnsteuerrechtlichen Vorgaben in § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) für die elterngeldrechtliche Einordnung eines Lohn- oder Gehaltsbestandteils als sonstiger Bezug maßgebend sein sollen (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 22. September 2014). Demnach sollen alle Lohn- oder Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, auch elterngeldrechtlich so behandelt werden. Aus dieser Gesetzesentwicklung hat das BSG gefolgert, dass der Gesetzgeber die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren, sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen will, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Wegen dieses vom Gesetzgeber verfolgten steuerakzessorischen Regelungskonzepts ist eine einschränkende Auslegung im Sinne eines elterngeldrechtlich modifizierten lohnsteuerrechtlichen Begriffs der sonstigen Bezüge nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den darin klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018, Az. 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, beide in juris).

Berücksichtigung Gehaltsnachzahlung Arbeitgeber bei Elterngeldbemessung
(Symbolfoto:Von kitzcorner /Shutterstock.com)

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich nunmehr auch der erkennende Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Ist eine Lohn- oder Gehaltsnachzahlung des Arbeitgebers oder vorliegend des Insolvenzverwalters danach als sonstiger Bezug zu bewerten, kann er dem Bemessungsentgelt nicht zugeordnet werden, unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Arbeitgeber (oder vorliegend der Insolvenzverwalter) die Nachzahlung schuldet oder der Arbeitnehmer diese „erwirtschaftet“ oder „erarbeitet“ – also „erzielt“ – hat. Für die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips bleibt kein Raum.

Nicht zu beanstanden ist in diesem Kontext, dass die konkrete Abgrenzung zwischen den Einkunftsarten laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht im Gesetz selbst vorgenommen wird, sondern allein in den LStR, denen keine Normqualität zukommt. Nach Art. 108 Abs. 7 GG kann die Bundesregierung allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt. Neben diesem Umstand der verfassungsrechtlichen Legitimation und der im Rahmen des BEEG vorgenommenen gewährenden Staatstätigkeit ist nicht erkennbar, inwieweit ein darüberhinausgehender Parlamentsvorbehalt nötig wäre, zumal dem Gesetzgeber des BEEG dieser Umstand bekannt war (Schütz, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 5).

Die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen ist in vollem Umfang und mit bindender Wirkung anhand des materiellen Steuerrechts vorzunehmen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren im Einzelfall konkretisiert hat. Daraus folgt gemäß den §§ 38a Abs. 1, 39b EStG i.V.m. den in der Fassung der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011 vom 23. November 2010 (BStBl I, Seite 1325) R39b.2 Abs. 1, dass sonstige Bezüge immer dann vorliegen, wenn kein laufender Arbeitslohn gegeben ist. Laufender Arbeitslohn ist der Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, insbesondere: Monatsgehälter, Wochen- und Tagelöhne, Mehrarbeitsvergütungen, Zuschläge und Zulagen, geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung, Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt. Sonstige Bezüge liegen gemäß der LStR R39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 dagegen dann vor, wenn Nachzahlungen von Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume eines abgelaufenen Kalenderjahres erfolgen und dabei später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließen.

Bei der Gehaltsnachzahlung für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 mit der Abrechnung des Insolvenzverwalters vom 12. April 2013 handelt es sich lohnsteuerrechtlich eindeutig um sonstige Bezüge. Diese Einordnung anhand des materiellen Steuerrechts ist evident und entfaltet bindende Wirkung für den Beklagten.

Diesem Ergebnis steht auch nicht die Rechtsprechung des BSG zu der Vorgängervorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in seiner bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung entgegen. Dort war geregelt, dass sonstige Bezüge im Sinne des § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen zu berücksichtigen waren. Zwar hat das BSG zu dieser Norm zunächst noch entschieden, dass die lohnsteuerrechtliche Zuordnung in der LStR R 115 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 (= seit 2008 LStR R39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8) im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. nicht zu übernehmen sei. Zu dieser Annahme sah sich das BSG besonders deswegen befugt, weil diese Bestimmung ausdrücklich nur auf § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG verwiesen hatte. Durch die mit dem HBeglG 2011 vom 9. Dezember 2010 zum 1. Januar 2011 erfolgte Neufassung des Satz 2 des § 2 Abs. 7 BEEG a.F., wonach im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandelnde Einnahmen nicht berücksichtigt werden, war diesem entscheidungstragenden Argument allerdings die Grundlage entzogen. Aus den einschlägigen Gesetzesmaterialien hat sich ergeben, dass der BEEG-Gesetzgeber mit dieser Neuregelung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung entgegentreten wollte. Die Änderung sollte eine verwaltungspraktikable Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des EStG sowie deren Berücksichtigung im Elterngeldrecht sicherstellen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 27. September 2010 eines HBeglG 2011, BT-Drucks. 17/3030, Seite 48; hierzu insgesamt: BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 a.a.O. Rdnr.37).

Die so verstandene gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich steuerfinanzierter Sozialleistungen bzw. der gewährenden Staatstätigkeit, auch im Hinblick auf die Familienförderung, eine weite Gestaltungsfreiheit zu (BVerfG, Beschlüsse vom 20. April 2011, Az. 1 BvR 1811/08 und 9. November 2011, Az. 1 BvR 1853/11). Im Übrigen ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1980, Az. 1 BvL 89/79 und 1 BvR 240/79 und vom 9. November 2004, Az. 1 BvR 684/98). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993, Az. 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92 und 1 BvL 43/92). Hiervon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. alle anspruchsberechtigten Eltern gleichermaßen trifft, die im Bemessungszeitraum Einkünfte aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt haben. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind weder bei der Bemessung noch im Bezugszeitraum zu berücksichtigen. Der Ausschluss sonstiger Bezüge ist auch sachlich gerechtfertigt. Insofern war der Gesetzgeber zu einer typisierenden und pauschalierenden Regelung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unter Rückgriff auf das Steuerrecht verfassungsrechtlich berechtigt. § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG a.F. dient zudem dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017, Az.: B 10 EG 7/17 R m.w.N.).

Dass der der Regelung nach LStR R 39b.2 Abs. 1 Nr. 7 und R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 immanente Stichtag zu einer Härte für die Klägerin führt, weil der Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 25. Juni 2012 bis 10. Oktober 2012 bei einer Nachzahlung des Insolvenzverwalters vor Ablauf von drei Wochen nach Ende des Kalenderjahres 2012 der Bemessung des Elterngelds als laufender Arbeitslohn zugrunde gelegt worden wäre, vermag ebenfalls keine Verfassungswidrigkeit der Regelung zu begründen. Stichtage bedingen ihrer Natur entsprechend stets Härten, ohne die dadurch benachteiligten Personen in ihren Grundrechten zu verletzen, wenn sie nicht sachwidrig gewählt wurden (BVerfG Beschluss vom 20. April 2011; Az. 1 BvR 1811/08; BSG, Urteil vom 18. August 2011, Az. B 10 EG 10/10 R = SozR 4-7837 § 2 Nr. 9). Dies ist allerdings nicht der Fall (ebenso LSG Hamburg, Urteil vom 18. April 2018, Az. L 2 EG 10/17, juris).

Verstöße gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder sonstige Diskriminierungsverbote aus gemeinschaftsrechtlichem Sekundärrecht scheiden bereits mangels grenzüberschreitenden Bezugs des Sachverhalts aus. Darüber hinaus ist eine von der Staatsangehörigkeit abhängige Ungleichbehandlung offensichtlich nicht gegeben.

Auch verfängt das Argument der Klägerin, dass die Elterngeldberechnung nicht im Gutdünken privater Dritter, wie dem Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter, unterstellt werden könne, nicht. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gehalten, auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 a.a.O.). Das Arbeitsverhältnis besteht gem. § 108 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort und der Insolvenzverwalter tritt in den gesamten Rechte- und Pflichtenkreis des Arbeitgebers gem. § 80 InsO ein. Hierbei ist es nicht Aufgabe der Elterngeldbehörden, den Umständen einer Lohn- oder Gehaltsnachzahlung nachzugehen, ggf. sogar aufwändige Ermittlungen anzustellen, ob sich der Arbeitnehmer hinreichend bemüht hat, eine Verschiebung der Zahlung in das Folgejahr zu vermeiden, wann dem Arbeitgeber alle erforderlichen Informationen für die korrekte Bemessung des Lohns oder Gehalts vorgelegen haben oder ob ein Arbeitgeber schuldhaft die (Nach-)Zahlung hinausgezögert hat. Eine entsprechende Ermittlungstätigkeit der Elterngeldstellen würde das vom Gesetzgeber mit seinem steuerakzessorischen Regelungskonzept verfolgte legitime Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität im Bereich des BEEG unterlaufen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 a.a.O.). Bei schuldhaftem Fehlverhalten des Arbeitgebers (hier: Insolvenzverwalters) verbleibt dem betroffenen elterngeldberechtigten Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit, seinen Arbeitgeber in letzter Konsequenz vor den Zivilgerichten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen (BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 a.a.O.).

Die Bemessung des Elterngeldes für die Klägerin im Übrigen gemäß der Anlage zum Bescheid vom 13. Dezember 2012 ist zutreffend und entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Mangels wesentlicher Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse hat der Beklagte im Ergebnis zutreffend den Antrag der Klägerin auf Neuberechnung mit Bescheid vom 21. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2013 abgelehnt. Die Berufung der Klägerin war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.

 

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