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Eignung als Pflegeperson

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 12 A 608/16 – Beschluss vom 02.12.2016

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Eine Zulassung der Berufung kommt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO in Betracht, wenn ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Frist dargelegt worden ist und vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall. Das mit Schriftsatz vom 5. April 2016 fristgemäß angebrachte Zulassungsvorbringen rechtfertigt eine Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt und/oder liegen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung über die Eignung der Klägerin als Pflegeperson gerichtete Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig angesehen. Dies hat es zusammengefasst damit begründet, dass es schon kein auf die Bewilligung von Hilfe zur Erziehung gerichtetes Verwaltungsverfahren gegeben habe, an dem die Klägerin als mögliche Pflegeperson hätte beteiligt werden können, und es außerhalb eines solchen Verfahrens keine Verpflichtung des Jugendhilfeträgers gebe, abstrakt eine Person als Pflegeperson anzuerkennen und dazu ihre entsprechende Eignung festzustellen. Dem setzt die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nichts entgegen, was einen Zulassungsgrund ergibt.

Das Vorbringen zum Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO greift schon deshalb nicht durch, weil die Klägerin durchgängig unzutreffend davon ausgeht, die Beklagte habe hinsichtlich ihrer (der Klägerin) Person eine abstrakte, d. h. von einem konkreten Pflegefall losgelöste Prüfung, der Eignung als Pflegeperson vorgenommen. Insbesondere mit dem inzident angegriffenen Ausgangsbescheid vom 18. Mai 2015 ist indes keine solche abstrakte Eignungsbeurteilung vorgenommen worden. Dies ergibt sich daraus, dass der Bescheid die Reaktion der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 9. Mai 2015 darstellte, mit dem diese „um einen schriftlichen Bescheid (mit Rechtsbehelf) zu meinem Antrag auf Pflegegeld bzw. Betreuungsgeld vom Juli 2013“ gebeten hatte. Unabhängig davon, was vor diesem Hintergrund der genaue Regelungsgegenstand des Bescheids vom 18. Mai 2015 ist, geht es jedenfalls um ein konkretes (potentielles) Pflegeverhältnis im Sinne von § 33 SGB VIII, nämlich um das der Klägerin zu ihrer Enkelin. Dementsprechend verneint der Bescheid vom 18. Mai 2015, soweit es um die Eignung der Klägerin geht, diese nicht aufgrund abstrakter, von einem konkreten Pflegefall losgelöster Kriterien. Sämtliche diesbezüglichen Ausführungen beziehen sich allein auf ein potentielles Pflegeverhältnis der Klägerin zu ihrer Enkelin und stützen sich ganz wesentlich auf das problematische Verhältnis der Klägerin zu ihrer Tochter und sich daraus ergebende Unzuträglichkeiten für die Entwicklung des Kindes (der Enkelin).

Eignung als Pflegeperson
(Symbolfoto: Dragana Gordic /Shutterstock.com)

Daran anschließend kommt es auf das gesamte Zulassungsvorbringen zu von der Beklagten durchgeführten abstrakten Eignungsprüfungen, die das Ziel verfolgen, die erfolgreichen Bewerber auf eine Liste mit (geeigneten) Pflegepersonen setzen zu können, nicht an. Abgesehen davon, dass eine solche Prüfung hinsichtlich der Klägerin, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, nicht durchgeführt wurde, ist eine solche Prüfung von der Klägerin auch gar nicht bei der Beklagten beantragt worden. Der Klägerin ging es im Wesentlichen um die Zahlung von Betreuungs-/Pflegegeld im Hinblick auf ein (potentielles) Pflegeverhältnis im Sinne von § 33 SGB VIII zu ihrer Enkelin, was sich aus dem zuvor erwähnten Schreiben der Klägerin vom 9. Mai 2015 ergibt. Aus diesem ergibt sich zudem, dass die Klägerin selbst ihr Herantreten an die Beklagte im Juli 2013 im Zusammenhang mit der Betreuung ihrer Enkelin als Antrag auf Pflegegeld bzw. Betreuungsgeld angesehen hat.

Soweit sich aus dem Zulassungsvorbringen ergibt, dass die Klägerin ihre Klage und die beantragte Neubescheidung in Bezug auf eine abstrakte Eignungsfeststellung als Pflegeperson verstanden wissen will, dringt sie auch damit nicht durch. Mit einem solchen Begehren wäre ihre Klage schon deshalb unzulässig, weil die abstrakte Eignungsfeststellung auch mangels eines entsprechenden Antrags der Klägerin nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war und die Beklagte hierüber gar nicht entschieden hat. Unabhängig davon, welchen genauen Regelungsgegenstand der Bescheid vom 18. Mai 2015 hat, betrifft er nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls nicht eine abstrakte Eignungsfeststellung. Für den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2015 gilt nichts anderes.

Die Ausführungen zu einem die Klägerin belastenden Verwaltungsakt und einer sich daraus ergebenden Klagebefugnis lassen das Ergebnis des angegriffenen Gerichtsbescheids ebenfalls nicht ernstlich zweifelhaft erscheinen. Die Auffassung, ein belastender Verwaltungsakt müsse angreifbar sein und dementsprechend müsse auch eine Klagebefugnis bestehen, mag für Anfechtungsklagen zutreffen. Hier handelt es sich indes um eine Verpflichtungsklage in Gestalt der Bescheidungsklage. Dazu, aus welcher Vorschrift sich der geltend gemachte Anspruch (möglicherweise) ergeben soll, trägt die Klägerin nichts Hinreichendes vor. Versteht man ihr Zulassungsvorbringen dahingehend, dass sich der Anspruch aus einer ständigen Verwaltungspraxis, für potentielle Pflegepersonen abstrakte Eignungsfeststellungen durchzuführen, ergebe, führt das nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls deshalb nicht auf eine zulässige Klage, weil die Klägerin keinen Antrag auf abstrakte Eignungsfeststellung bei der Beklagten gestellt hat und sich der inzident angegriffene Ausgangsbescheid dementsprechend nicht über eine solche verhält. Eine isolierte Aufhebung des Ausgangsbescheides (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) war auch nicht als „Minus“ in dem zur Entscheidung des Gerichts gestellten Verpflichtungsbegehren enthalten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2010 – 2 A 1445/09 -, juris Rn. 46 f., m. w. N.

Soweit die Klägerin aus dem Umstand, dass kein Hilfeantrag nach den §§ 27, 33 SGB VIII vorlag, schließt, die Beklagte habe außerhalb eines konkreten jugendhilferechtlichen Verfahrens und damit abstrakt über ihre (der Klägerin) Eignung befunden, trifft auch dies nicht zu. Zum einen enthält der Bescheid vom 18. Mai 2015 unabhängig von der Frage eines Hilfeantrags nach den §§ 27, 33 SGB VIII nach den vorstehenden Ausführungen offensichtlich eine konkrete (negative) Eignungsfeststellung gerade in Bezug auf ein (potentielles) Pflegeverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Enkelin. Zum anderen schließt ein fehlender Hilfeantrag im Sinne der zuvor genannten Vorschriften die Annahme eines konkreten jugendhilferechtlichen Verfahrens nicht aus. Ein solches ist hier dadurch ausgelöst oder in Gang gesetzt worden, dass die Klägerin, so ihre eigene Einschätzung, im Juli 2013 Pflege-/Betreuungsgeld im Hinblick auf die Betreuung ihrer Enkelin beantragt hat. Darin kann konkludent sogar ein Hilfeantrag im Sinne der §§ 27, 33 SGB VIII gesehen werden; die fehlende Antragsbefugnis der Klägerin steht der Annahme eines solchen Antrags nicht entgegen. Je nach Auslegung des Antrags hätten verschiedene Ablehnungsgründe zur Verfügung gestanden. Der Umstand, dass die Beklagte den Antrag nicht wegen fehlender Antragsbefugnis und auch nicht wegen Fehlens eines von einem Berechtigten gestellten Antrags nach §§ 27, 33 SGB VIII abgelehnt hat, macht die mit dem Bescheid vom 18. Mai 2015 getroffene ablehnende Entscheidung noch nicht zu einer abstrakten (negativen) Eignungsfeststellung. Sinngemäß ist dieser Bescheid dahingehend zu verstehen, dass eine jugendhilferechtliche Maßnahme in Gestalt einer Vollzeitpflege der Enkelin der Klägerin durch letztere und die gegebenenfalls damit verbundene (und von der Klägerin beantragte) Zahlung eines Pflegegelds deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Klägerin für dieses konkrete (potentielle) Pflegeverhältnis die Eignung fehlt. Auch der Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2015 stellt auf eine mangelnde Eignung für dieses Pflegeverhältnis ab (vgl. dort S. 6, Buchst. b, 1. Abs.).

Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die von der Klägerin als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, „wann und inwieweit ein Träger der Jugendhilfe, der im Rahmen seiner Verwaltungspraxis die persönliche Eignung als Pflegeperson im Sinne der §§ 27 ff. SGB VIII auf Antrag auch außerhalb eines konkreten jugendhilferechtlichen Verführens prüft, an diese Praxis gebunden ist“, würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Zum einen geht die Frage nach den vorstehenden Ausführungen von dem unzutreffenden Ausgangspunkt aus, es habe eine abstrakte Eignungsstellung außerhalb eines konkreten jugendhilferechtlichen Verfahrens stattgefunden. Zum anderen wäre die Klage mit einem auf eine abstrakte Eignungsfeststellung gerichteten Neubescheidungsantrag nicht zulässig, weil die Klägerin keinen auf eine abstrakte Eignungsfeststellung gerichteten Antrag bei der Beklagten gestellt hat.

Schließlich ist die Berufung nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Klageabweisung auf den von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehlern (Verletzung des rechtlichen Gehörs und der gerichtlichen Aufklärungspflicht) beruhen kann. Denn das angeblich übergangene und nicht weiter aufgeklärte Klagevorbringen zu einer ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten, abstrakt außerhalb eines konkreten jugendhilferechtlichen Verfahrens die Eignung potentieller Pflegepersonen zu prüfen, ist nach den vorstehenden Ausführungen in mehrfacher Hinsicht ungeeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

Mit diesem Beschluss, der nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar ist, wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 84 Abs. 3 Halbs. 1, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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