SG Hamburg, Az.: S 52 SO 514/16, Urteil vom 20.02.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
3. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 150 Euro auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger will die Erstattung von Nothelferaufwendungen erreichen.
Der 1953 geborene Kläger bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII).
Im Jahre 2016 reagierte er auf einen Spendenaufruf von Frau K.G., die im April 2016 eine Bitte um Geldspenden über f. veröffentlicht hatte. Mit der Behauptung, die Sozialverwaltung verweigere ihr existenzsichernde Leistungen, erklärte sie sich für mittellos und bat die Nutzer des Dienstes um die Zuwendung von 5 Euro, die auf ihr Bankkonto zu überweisen sei. Den Spendern wurde empfohlen, die Zuwendung als Nothelferaufwand beim Sozialhilfeträger geltend zu machen.
Der Kläger spendete der Frau G. am 22. April 2016 einen Betrag von 5 Euro. Mit Schreiben vom gleichen Tag beantragte er bei der Beklagten die Erstattung dieser Aufwendung. Die Beklagte lehnte die Erstattung mit Bescheid vom 9. Mai 2016 ab. Einen dagegen eingelegten Widerspruch vom 15. Mai 2016 wies die Beklagte mit Bescheid vom 31. Mai 2016 zurück. Dabei verwies sie zur Begründung auf die fehlende Unterschrift in dem Widerspruchsschreiben. Der Kläger beantragte am 12. Juni 2016 die Überprüfung der Ablehnungsentscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Die Beklagte lehnte die Überprüfung mit Bescheid vom 30. Juni 2016 ab. Dagegen erhob der Kläger am 29. Juni 2016 erneut Widerspruch, den die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2016 als unbegründet zurückwies.
Dagegen richtet sich die am 26. August 2016 beim erkennenden Gericht eingegangene Klage, die anfänglich unter dem Az. S 52 SO 429/16 geführt wurde. Mit ihr verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Am 14. Juli 2016 spendete der Kläger erneut 5 Euro an Frau G … Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 beantragte der Kläger die Erstattung dieser Aufwendung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. August 2016 ab. Einen dagegen gerichteten Widerspruch vom 6. September 2016 wies die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2016 als unbegründet zurück.
Dagegen richtet sich die am 12. Oktober 2016 beim erkennenden Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Sie wurde unter dem Az. S 52 SO 514/16 geführt. Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2016 sowie den Bescheid vom 9. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2016 und den Bescheid vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Nothelferaufwendungen in Höhe von insgesamt 10 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Verfahren S 52 SO 429/16 und S 52 SO 514/16 mit Beschluss vom 3. November 2016 gemäß § 113 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Das verbundene Verfahren wird seitdem unter dem Az. S 52 SO 514/16 geführt.
Das Gericht hat am 20. Februar 2017 mündlich über die Klage verhandelt. Der Kläger ist in der Verhandlung ausdrücklich auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage hingewiesen worden. Nachdem der Kläger sich für die Fortsetzung des Verfahrens entschieden hat, wurde er auf die mögliche Festsetzung von Verschuldenskosten nach § 192 SGG hingewiesen. Auch nach diesem Hinweis hat er auf einer Fortsetzung des Verfahrens bestanden.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Ablehnungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht antragsgemäß zu verurteilen (vgl. § 54 SGG).
1. Die Beklagte hat es zurecht abgelehnt, ihren Ablehnungsbescheid vom 9. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2016 aufzuheben. Der diesbezüglich ergangene Überprüfungsbescheid vom 30. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2016 ist nicht zu beanstanden und deshalb nicht aufzuheben.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt auch nach Eintritt der Bestandskraft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom 9. Mai 2016, mit dem die Beklagte die Erstattung der vom Kläger am 22. April 2016 aufgewendeten 5 Euro ablehnte, ist rechtmäßig. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf die Erstattung der in Rede stehenden Aufwendungen. Ein solcher Anspruch kann nicht aus § 25 SGB XII – der einzigen in Betracht kommenden Rechtsgrundlage – abgeleitet werden, denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Der § 25 SGB XII bestimmt: Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Nach Satz 2 gilt dies nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird. Vorliegend fehlt es an einem sozialhilferechtlichen Notfall. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 8. November 2014, Az. B 8 SO 9/13 R), der sich die Kammer anschließt, besteht ein auf § 25 SGB XII gestützter Anspruch des Nothelfers nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger nur deshalb nicht entsteht. Schon daran scheitert das Begehren des Klägers: Als er seine Spenden an Frau G. entrichtete, war dem Sozialhilfeträger deren Bedürftigkeit bereits bekannt. Die Voraussetzungen für einen eigenen Anspruch der Frau G. lagen damit bereits vor, sodass eine Nothelfersituation von Anfang an nicht bestand.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Internetaufruf der Frau G. beim Kläger möglicherweise einen Irrtum über die Berechtigung der Zuwendung ausgelöst hat. Im Hinblick darauf, dass die Voraussetzungen des Nothelferfalles von Beginn an gar nicht vorlagen, wird der Kläger seine Zuwendung von der Frau G. zurückverlangen können.
2. Aus den unter 1) genannten Gründen war auch der Bescheid vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016 nicht zu beanstanden.
3. Die Entscheidung zur Kostenlastverteilung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache.
4. Die Verhängung von Verschuldenskosten beruht auf § 192 SGG. Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt, denn der Kläger hat das Verfahren trotz Hinweises des Gerichts auf die fehlenden Erfolgsaussichten und auf § 192 SGG fortgesetzt. Hinsichtlich der Höhe der Verschuldenskosten hat das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung die Einkommensverhältnisse des Klägers berücksichtigt.