Skip to content
Menü

Erwerbsminderungsrente – Ablehnungsbescheid bei laufenden sozialgerichtlichem Verfahren

Arbeitsunfall mit weitreichenden Folgen: Eine Hotelfachfrau kämpft nach einem Sturz um ihre Erwerbsminderungsrente, doch Gutachter sehen sie noch als arbeitsfähig an. Das Landessozialgericht entscheidet nun über ihr Schicksal und setzt damit Maßstäbe für die Anerkennung von Arbeitsunfähigkeit.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Bei der Klage geht es um die Gewährung einer Rente aufgrund einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung.
  • Die Klägerin hat aufgrund eines Arbeitsunfalls gesundheitliche Probleme erlitten und beantragte eine Erwerbsminderungsrente.
  • Es wurde festgestellt, dass die medizinischen Gutachten keine erheblichen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach dem Unfall bescheinigten.
  • Das Sozialgericht Regensburg hat den ursprünglichen Bescheid der Beklagten aufgehoben, die Klage jedoch abgewiesen.
  • Das Gericht entschied, dass die Klägerin weiterhin ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden pro Tag hat.
  • Die Entscheidung beruht auf umfassenden medizinischen Gutachten, die keine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit erkennen konnten.
  • Die Klägerin wird rechtlich nicht für die entstehenden Kosten entschädigt.
  • Es wird keine Möglichkeit zur Revision gegeben, was den rechtlichen Spielraum des Verfahrens stark einschränkt.
  • Die Entscheidung könnte in ähnlichen Fällen von Bedeutung sein, wenn es um die Bewertung der Erwerbsfähigkeit nach Unfällen geht.
  • Die Klägerin hat aufgrund der Ablehnung des Antrags möglicherweise weiterhin finanzielle Unsicherheiten.

Anspruch auf Erwerbsminderungsrente: Rechte und Widerspruchsmöglichkeiten im Detail

Die Erwerbsminderungsrente sichert Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Unfall dauerhaft nicht mehr in der Lage sind, ihren Beruf auszuüben, ein Einkommen. Der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ist allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft. So muss die Arbeitsunfähigkeit zumindest schwerwiegend und von Dauer sein. Der Grad der Arbeitsunfähigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Auch andere Kriterien, wie beispielsweise das Alter und die Dauer der Erwerbstätigkeit müssen erfüllt sein.

Die Entscheidung darüber, ob eine Erwerbsminderungsrente zusteht, treffen die Rentenversicherungsträger. Die Entscheidung kann für Betroffene jedoch schwierig sein, denn viele Prozesse sind komplex und die rechtlichen Anforderungen können undurchsichtig sein. Im Falle einer Ablehnung der Erwerbsminderungsrente können Betroffene jedoch Widerspruch einlegen und sich durch ein sozialgerichtliches Verfahren Unterstützung holen. Doch was passiert, wenn das sozialgerichtliche Verfahren noch läuft und ein Ablehnungsbescheid der Rentenversicherung ergeht? Genau diese Situation soll im Folgenden genauer betrachtet werden.

Erwerbsminderungsrente abgelehnt? Wir helfen Ihnen weiter!

Sie haben einen Ablehnungsbescheid für Ihre Erwerbsminderungsrente erhalten oder Ihr Verfahren zieht sich in die Länge? Wir verstehen Ihre Sorgen und Unsicherheiten. Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Sozialrecht und verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Vertretung von Mandanten in ähnlichen Fällen. Nutzen Sie die Chance auf eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer Situation und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Ansprüche prüfen. Ihre Zukunft ist uns wichtig!

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Erwerbsminderungsrente nach Arbeitsunfall abgelehnt – Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts

Erwerbsminderungsrente und gerichtliche Entscheidungen
Das Bayerische Landessozialgericht wies die Klage auf Erwerbsminderungsrente ab, da die Klägerin trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich arbeiten kann. (Symbolfoto: fizkes – 123rf.com)

Das Bayerische Landessozialgericht hat in einem Urteil vom 26.10.2015 die Klage einer Frau auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente abgewiesen. Die Klägerin hatte nach einem Arbeitsunfall im Jahr 2007 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt, der von der Deutschen Rentenversicherung abgelehnt wurde.

Hintergründe des Falls

Die 1960 geborene Klägerin erlitt im Januar 2007 einen Arbeitsunfall, bei dem sie auf glattem Boden ausrutschte und sich Verletzungen am Steißbein sowie an der Brust- und Halswirbelsäule zuzog. In der Folge wurde bei ihr ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert, der im November 2007 operativ behandelt wurde. Die Klägerin klagte seitdem über anhaltende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule sowie über psychische Beschwerden.

Vor dem Unfall war die gelernte Hotelfachfrau zuletzt als Sachbearbeiterin im Qualitätswesen tätig gewesen. Nach dem Unfall übte sie nur noch eine geringfügige selbständige Tätigkeit im Wellnessbereich aus.

Streit um Leistungsfähigkeit

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch in der Lage ist, mindestens 6 Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass keine Erwerbsminderung im Sinne des Gesetzes vorliegt.

Während das Sozialgericht Regensburg der Klägerin in erster Instanz eine volle Erwerbsminderung bescheinigte, kam das Landessozialgericht zu einer anderen Einschätzung. Es stützte sich dabei auf die Gutachten zweier medizinischer Sachverständiger.

Medizinische Beurteilung

Die vom Gericht beauftragten Gutachter Dr. I. (Neurologie/Psychiatrie) und Dr. J. (Orthopädie) attestierten der Klägerin übereinstimmend, dass sie noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich auszuüben.

Dr. I. stellte bei der Untersuchung fest, dass die Klägerin neurologisch weitgehend unauffällig war. Zwar leide sie unter einer chronischen Schmerzstörung und einer Angst- und depressiven Störung. Diese seien aber nicht so ausgeprägt, dass sie zu einer erheblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen würden.

Auch Dr. J. konnte bei der orthopädischen Untersuchung keine gravierenden Funktionseinschränkungen feststellen. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei weitgehend erhalten, auch an den Extremitäten zeigten sich keine wesentlichen Auffälligkeiten.

Beurteilung des Gerichts

Das Landessozialgericht folgte der Einschätzung der Gutachter und sah es als erwiesen an, dass die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich leichte, gelegentlich sogar mittelschwere Tätigkeiten verrichten kann. Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung liege damit nicht vor.

Das Gericht betonte, dass weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, die ausnahmsweise eine Erwerbsminderung begründen könnten. Die qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin seien weder zahlreich noch würden sie ihren möglichen Einsatzbereich auf dem Arbeitsmarkt erheblich einschränken.

Bedeutung für Betroffene

Das Urteil verdeutlicht, dass für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente strenge Maßstäbe gelten. Auch wenn gesundheitliche Einschränkungen vorliegen, wird genau geprüft, ob diese tatsächlich zu einer wesentlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit führen. Dabei kommt den Gutachten medizinischer Sachverständiger eine hohe Bedeutung zu.

Für Betroffene ist es wichtig, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglichst umfassend zu dokumentieren und sich gegebenenfalls fachärztlich behandeln zu lassen. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, einen auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Selbst bei nachweisbaren gesundheitlichen Einschränkungen nach einem Arbeitsunfall wird eine Erwerbsminderung nur dann anerkannt, wenn die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erheblich eingeschränkt ist. Dabei kommt den Gutachten medizinischer Sachverständiger eine zentrale Bedeutung zu. Für Betroffene ist eine umfassende Dokumentation ihrer Beeinträchtigungen sowie fachärztliche Behandlung entscheidend.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil verdeutlicht die hohen Hürden für den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente. Auch wenn Sie nach einem Unfall oder einer Krankheit unter Schmerzen und Einschränkungen leiden, reicht dies allein meist nicht aus. Entscheidend ist, ob Sie noch mindestens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten ausüben können. Dabei werden nicht nur Ihre körperlichen Beschwerden, sondern auch psychische Faktoren berücksichtigt. Wichtig ist, dass Sie alle Ihre Beschwerden ärztlich dokumentieren lassen und sich gegebenenfalls auch psychiatrisch behandeln lassen. Selbst wenn Ihr Rentenantrag zunächst abgelehnt wurde, lohnt es sich oft, Widerspruch einzulegen und notfalls zu klagen. Lassen Sie sich dabei unbedingt von einem spezialisierten Anwalt beraten, um Ihre Chancen zu verbessern.


FAQ – Häufige Fragen

Erwerbsminderungsrente und gerichtliche Entscheidungen sind komplexe Themen, die viele Fragen aufwerfen. Unser Ziel ist es, Ihnen mit dieser FAQ-Rubrik einen umfassenden Überblick zu bieten und Ihnen dabei zu helfen, die für Sie relevanten Informationen zu finden. Hier finden Sie Antworten auf häufige Fragen rund um die Erwerbsminderungsrente und die gerichtliche Praxis in diesem Bereich.


Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, die Erwerbsminderungsrente zu erhalten, obwohl mein Antrag bereits abgelehnt wurde, aber das Verfahren vor dem Sozialgericht noch läuft?

Die Wahrscheinlichkeit, eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, obwohl der Antrag zunächst abgelehnt wurde, ist durchaus beachtlich. Statistiken zeigen, dass etwa 42 Prozent der Anträge auf Erwerbsminderungsrente initial abgelehnt werden. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass der Weg zur Rente endgültig versperrt ist.

Ein laufendes Verfahren vor dem Sozialgericht eröffnet neue Chancen, die ursprüngliche Entscheidung zu revidieren. In diesem Stadium des Prozesses wird der Fall nochmals gründlich und unabhängig geprüft. Das Gericht berücksichtigt dabei nicht nur die bereits vorliegenden Unterlagen, sondern auch neue Beweise oder Gutachten, die im Laufe des Verfahrens eingebracht werden können.

Die Erfolgsaussichten vor Gericht sind nicht zu unterschätzen. Erfahrungsgemäß führen viele Klagen zu einer Neubewertung des Falls. Sozialverbände berichten von Erfolgsquoten von bis zu 50 Prozent bei Widersprüchen und Klagen gegen ablehnende Bescheide. Dies unterstreicht die Bedeutung des gerichtlichen Weges für Betroffene.

Mehrere Faktoren beeinflussen die Chancen auf einen positiven Ausgang des Verfahrens. Entscheidend ist oft die Qualität und Vollständigkeit der medizinischen Unterlagen. Detaillierte ärztliche Gutachten, die den Gesundheitszustand und die daraus resultierende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit präzise dokumentieren, können die Erfolgsaussichten erheblich steigern.

Auch die Argumentation vor Gericht spielt eine wichtige Rolle. Eine fundierte rechtliche Vertretung kann dazu beitragen, die relevanten Aspekte des Falls überzeugend darzulegen und mögliche Schwachstellen in der ursprünglichen Ablehnung aufzuzeigen. Hierbei ist es von Vorteil, wenn im Laufe des Verfahrens neue, bisher nicht berücksichtigte Erkenntnisse oder Entwicklungen eingebracht werden können.

Die Dauer des Gerichtsverfahrens kann sich positiv auswirken. In manchen Fällen verschlechtert sich der Gesundheitszustand des Antragstellers während des laufenden Verfahrens. Diese Veränderung kann zu einer Neubewertung der Situation führen und die Chancen auf eine Bewilligung der Erwerbsminderungsrente erhöhen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Sozialgericht eine unabhängige Instanz darstellt. Die Richter sind nicht an die Einschätzung der Rentenversicherung gebunden und können zu einer anderen Beurteilung kommen. Sie prüfen den Fall umfassend und berücksichtigen dabei alle relevanten Aspekte, einschließlich der individuellen Lebens- und Arbeitssituation des Antragstellers.

Die Erfolgsaussichten hängen auch davon ab, aus welchen Gründen der ursprüngliche Antrag abgelehnt wurde. Handelte es sich um formale Gründe, wie etwa nicht erfüllte Wartezeiten, sind die Chancen auf eine Revision geringer. Wurde die Ablehnung hingegen aufgrund einer abweichenden Einschätzung des Gesundheitszustands oder der Arbeitsfähigkeit ausgesprochen, bietet das gerichtliche Verfahren gute Möglichkeiten, diese Einschätzung anzufechten und zu korrigieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Mitwirkung des Antragstellers. Aktive Teilnahme am Verfahren, die Bereitschaft zur Vorlage zusätzlicher Unterlagen oder zur Teilnahme an weiteren medizinischen Untersuchungen können die Erfolgschancen deutlich verbessern. Dies zeigt dem Gericht die Ernsthaftigkeit des Anliegens und liefert möglicherweise entscheidende Informationen für eine Neubewertung des Falls.

Die Wahrscheinlichkeit, trotz eines zunächst abgelehnten Antrags eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, ist also durchaus gegeben. Das laufende Verfahren vor dem Sozialgericht bietet eine reelle Chance, die ursprüngliche Entscheidung zu korrigieren. Mit der richtigen Vorbereitung, einer fundierten Argumentation und der Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung können Betroffene ihre Aussichten auf einen positiven Ausgang des Verfahrens erheblich verbessern.

zurück


Welche konkreten Indizien kann ich im sozialgerichtlichen Verfahren nutzen, um die Auswirkungen meiner gesundheitlichen Einschränkungen auf meine Erwerbsfähigkeit darzulegen?

Im sozialgerichtlichen Verfahren zur Erwerbsminderungsrente sind konkrete Indizien für die Auswirkungen gesundheitlicher Einschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit von zentraler Bedeutung. Entscheidend ist es, die tatsächlichen Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag detailliert und nachvollziehbar darzulegen.

Ein wesentliches Indiz stellen ärztliche Befundberichte und Gutachten dar. Diese sollten nicht nur Diagnosen auflisten, sondern konkret beschreiben, wie sich die Erkrankungen auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Beispielsweise könnte ein orthopädisches Gutachten erläutern, dass aufgrund von Wirbelsäulenproblemen kein längeres Sitzen oder Stehen möglich ist und häufige Positionswechsel erforderlich sind.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über längere Zeiträume oder mit häufigen Unterbrechungen können ebenfalls als Indiz dienen. Sie zeigen, dass eine kontinuierliche Arbeitsleistung nicht erbracht werden kann. Besonders aussagekräftig sind detaillierte Bescheinigungen, die die Gründe für die Arbeitsunfähigkeit näher erläutern.

Ein weiteres wichtiges Indiz sind Dokumentationen über Therapieversuche und Rehabilitationsmaßnahmen. Diese belegen, dass aktiv an der Verbesserung des Gesundheitszustands gearbeitet wurde, jedoch keine nachhaltige Besserung eingetreten ist. Rehabilitationsberichte, die eine eingeschränkte Belastbarkeit oder fehlende Erwerbsprognose attestieren, haben besonderes Gewicht.

Zeugenaussagen von Arbeitskollegen oder Vorgesetzten können wertvolle Indizien liefern. Sie können aus erster Hand berichten, wie sich die gesundheitlichen Probleme im Arbeitsalltag bemerkbar machen, etwa durch häufige Pausen, verminderte Leistungsfähigkeit oder Fehltage.

Ein oft unterschätztes Indiz ist ein detailliertes Schmerztagebuch. Darin werden Art, Intensität und Dauer der Schmerzen sowie deren Auswirkungen auf alltägliche Aktivitäten festgehalten. Dies kann die Glaubwürdigkeit der geschilderten Beschwerden erhöhen und deren Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit verdeutlichen.

Medikationspläne können als Indiz für die Schwere der Erkrankung dienen. Insbesondere bei starken Schmerzmitteln oder Psychopharmaka lässt sich argumentieren, dass deren Nebenwirkungen die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.

Auch gescheiterte Arbeitsversuche oder Eingliederungsmaßnahmen sind wichtige Indizien. Sie zeigen, dass trotz Bemühungen eine Rückkehr ins Arbeitsleben nicht gelungen ist. Dokumentationen über Abbrüche solcher Maßnahmen aufgrund gesundheitlicher Probleme sind besonders aussagekräftig.

Bei psychischen Erkrankungen können Berichte über soziale Isolation oder die Unfähigkeit, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, wichtige Indizien sein. Sie verdeutlichen, dass nicht nur die Arbeitsfähigkeit, sondern das gesamte Lebensgefüge beeinträchtigt ist.

Fotos oder Videos, die den Gesundheitszustand oder Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Prothesen zeigen, können als visuelle Indizien dienen. Sie machen die Einschränkungen greifbar und nachvollziehbar.

Schließlich kann auch die Darlegung des Tagesablaufs ein wichtiges Indiz sein. Eine detaillierte Schilderung, wie der Alltag bewältigt wird und welche Einschränkungen dabei auftreten, kann die Auswirkungen der gesundheitlichen Probleme auf die Erwerbsfähigkeit verdeutlichen.

Es ist wichtig, diese Indizien nicht isoliert zu betrachten, sondern in ihrer Gesamtheit zu präsentieren. Je mehr sich die verschiedenen Indizien gegenseitig stützen und ein kohärentes Bild der Einschränkungen zeichnen, desto überzeugender ist die Argumentation im sozialgerichtlichen Verfahren.

zurück


Kann meine Erwerbsminderung anerkannt werden, wenn die Gutachter des Gerichts meine Beschwerden als nicht schwerwiegend genug einstufen?

Die Anerkennung einer Erwerbsminderung durch das Gericht hängt nicht allein von den Einschätzungen der gerichtlich bestellten Gutachter ab. Zwar spielen die medizinischen Gutachten eine wichtige Rolle im Gerichtsverfahren, sie sind jedoch nicht das einzige entscheidende Element.

Das Gericht ist verpflichtet, eine eigenständige rechtliche Bewertung aller vorliegenden Beweise vorzunehmen. Dazu gehören neben den Gutachten auch andere medizinische Unterlagen, Stellungnahmen behandelnder Ärzte, Bescheinigungen von Arbeitgebern und die persönlichen Schilderungen des Betroffenen. Die Richter müssen all diese Informationen sorgfältig prüfen und gegeneinander abwägen.

Es ist durchaus möglich, dass das Gericht zu einer anderen Einschätzung gelangt als die Gutachter. Die Richter können beispielsweise die Glaubwürdigkeit der Schilderungen des Betroffenen höher bewerten oder zusätzliche Aspekte berücksichtigen, die in den Gutachten nicht ausreichend beachtet wurden. Auch können sie die Gutachten kritisch hinterfragen und gegebenenfalls weitere Sachverständige hinzuziehen.

Betroffene sollten daher nicht den Mut verlieren, wenn die gerichtlichen Gutachter ihre Beschwerden als weniger schwerwiegend einstufen. Es ist ratsam, dem Gericht alle relevanten Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die die eigene Sichtweise unterstützen. Dazu können detaillierte Beschreibungen des Krankheitsverlaufs, Atteste von Fachärzten oder Dokumentationen über erfolglose Therapieversuche gehören.

Das Sozialgericht ist zudem verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Das bedeutet, dass es aktiv nach weiteren Beweismitteln suchen muss, wenn die vorliegenden Informationen für eine Entscheidung nicht ausreichen. Betroffene können das Gericht auch auf bisher nicht berücksichtigte Aspekte ihrer gesundheitlichen Situation hinweisen und um weitere Untersuchungen bitten.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Beurteilung einer Erwerbsminderung nicht nur auf medizinischen Kriterien beruht, sondern auch die Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die Arbeitsfähigkeit im allgemeinen Arbeitsmarkt berücksichtigt. Dabei spielen Faktoren wie Alter, Ausbildung und bisherige berufliche Tätigkeiten eine Rolle.

Selbst wenn die Gutachter zu dem Schluss kommen, dass die Beschwerden nicht schwerwiegend genug sind, kann das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Erwerbsminderung vorliegt. Die richterliche Entscheidung basiert auf einer Gesamtschau aller Faktoren und nicht ausschließlich auf den medizinischen Gutachten.

Betroffene sollten sich bewusst sein, dass der Prozess der Anerkennung einer Erwerbsminderung oft langwierig und komplex sein kann. Es ist nicht ungewöhnlich, dass mehrere Instanzen durchlaufen werden müssen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Geduld und Ausdauer sind daher wichtige Eigenschaften, die Antragsteller mitbringen sollten.

Die Möglichkeit, gegen ein Urteil Berufung einzulegen, steht beiden Parteien offen. Sollte das Sozialgericht die Erwerbsminderung nicht anerkennen, kann der Betroffene das Urteil durch die nächsthöhere Instanz, das Landessozialgericht, überprüfen lassen. Auch hier werden alle Beweise erneut gewürdigt, und es besteht die Chance, dass die Erwerbsminderung doch noch anerkannt wird.

zurück


Welche Rechte habe ich, wenn ich mit den Gutachten der medizinischen Sachverständigen nicht einverstanden bin?

Bei Unzufriedenheit mit medizinischen Gutachten im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens stehen Betroffenen verschiedene Rechte und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Zunächst ist es wichtig, das Gutachten gründlich zu prüfen und alle Punkte zu identifizieren, bei denen Unklarheiten oder Unstimmigkeiten bestehen. Eine sorgfältige Analyse des Gutachtens bildet die Grundlage für weitere Schritte. Hierbei kann es hilfreich sein, medizinische Fachbegriffe und Schlussfolgerungen zu recherchieren, um ein besseres Verständnis zu erlangen.

Ein wesentliches Recht besteht darin, eine Kopie des Gutachtens anzufordern und von Fachleuten prüfen zu lassen. Dies ermöglicht eine fundierte Einschätzung der Argumentation und Schlussfolgerungen des Gutachters. Betroffene können sich dabei an Selbsthilfegruppen, Verbraucherzentralen oder Fachanwälte für Sozialrecht wenden, um Unterstützung bei der Bewertung des Gutachtens zu erhalten.

Eine zentrale Option ist die Beantragung eines Gutachtens nach § 109 SGG (Sozialgerichtsgesetz). Dieses vom Kläger beantragte Gutachten ermöglicht es, einen selbst gewählten Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn der Gesundheitszustand nach Ansicht des Betroffenen durch die bisherigen gerichtlichen Ermittlungen unzureichend aufgeklärt wurde. Bei der Beantragung eines solchen Gutachtens ist zu beachten, dass die Kosten in der Regel vom Antragsteller zu tragen sind.

Betroffene haben auch das Recht, Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Gründe hierfür können beispielsweise eine grobe Verletzung der Privatsphäre des Untersuchten oder unsachliche Kritik des Gutachters am Bevollmächtigten des Untersuchten sein.

Sollte das Gutachten wichtige Antworten zu Beweisfragen vermissen lassen, besteht die Möglichkeit, eine ergänzende Stellungnahme auf Basis der durchgeführten Untersuchung zu beantragen. Dies kann dazu beitragen, offene Fragen zu klären und eine umfassendere Beurteilung zu erhalten.

Im Rahmen des Sozialgerichtsverfahrens gilt das Prinzip der Amtsermittlung. Das bedeutet, das Gericht ist verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Betroffene können jedoch aktiv zur Sachverhaltsaufklärung beitragen, indem sie relevante Informationen und Unterlagen einreichen.

Es ist zu beachten, dass gegen Bescheide von Behörden zunächst Widerspruch eingelegt werden muss, bevor eine Klage beim Sozialgericht erhoben werden kann. Die Frist für einen Widerspruch beträgt in der Regel vier Wochen nach Zugang des Bescheids.

Bei anhaltender Unzufriedenheit mit dem Verfahrensverlauf oder der Entscheidung des Sozialgerichts besteht die Möglichkeit, Berufung beim Landessozialgericht einzulegen. Als letzte Instanz kann das Bundessozialgericht angerufen werden.

Durch die aktive Wahrnehmung dieser Rechte und Möglichkeiten können Betroffene maßgeblich dazu beitragen, dass ihre Interessen im Verfahren angemessen berücksichtigt werden und eine faire Beurteilung ihres Gesundheitszustands erfolgt.

zurück


 

Welche Möglichkeiten habe ich, die Entscheidung des Sozialgerichts anzufechten, wenn ich mit dem Urteil nicht zufrieden bin?

Das deutsche Sozialrecht bietet verschiedene Möglichkeiten, um gegen ein unerwünschtes Urteil des Sozialgerichts vorzugehen. Das Hauptrechtsmittel ist die Berufung zum Landessozialgericht. Diese muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt werden. Die Berufung eröffnet eine umfassende Überprüfung des Falls, wobei das Landessozialgericht den Streitfall grundsätzlich im gleichen Umfang wie das Sozialgericht prüft und auch neue Tatsachen und Beweismittel berücksichtigt.

Allerdings ist die Berufung nicht in allen Fällen ohne Weiteres möglich. Bei Streitigkeiten um Geld-, Dienst- oder Sachleistungen mit einem Wert von 750 Euro oder weniger ist eine Zulassung der Berufung erforderlich. Diese Zulassung kann entweder direkt durch das Sozialgericht in seinem Urteil erfolgen oder durch das Landessozialgericht auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin. Für eine Zulassung muss ein besonderer Grund vorliegen, etwa die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Abweichung von höhergerichtlicher Rechtsprechung oder ein wesentlicher Verfahrensmangel.

In Ausnahmefällen besteht auch die Möglichkeit einer Sprungrevision. Hierbei wird das Landessozialgericht übersprungen und direkt das Bundessozialgericht angerufen. Dies setzt jedoch die Zustimmung des Gegners und die Zulassung durch das Sozialgericht voraus.

Die Erfolgsaussichten einer Berufung hängen von verschiedenen Faktoren ab. Generell haben Berufungen gute Chancen, wenn Fehler seitens der Behörden oder des Sozialgerichts nachgewiesen werden können. Dies können Verfahrensfehler, Fehler bei der Sachverhaltsermittlung oder Rechtsfehler sein. Auch neue Tatsachen oder Beweismittel, die im ersten Verfahren nicht berücksichtigt wurden, können die Erfolgsaussichten erhöhen.

Im Berufungsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das Gericht verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Dies kann die Chancen des Berufungsführers verbessern, da nicht allein seine Darstellung ausschlaggebend ist.

Es ist zu beachten, dass im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht keine Pflicht zur anwaltlichen Vertretung besteht. Die Beteiligten können das Verfahren selbst führen oder sich durch einen Rechtsanwalt, eine Gewerkschaft oder einen Sozialverband vertreten lassen. Eine fachkundige Vertretung kann jedoch die Erfolgsaussichten erhöhen, da sie die rechtlichen Argumente präziser formulieren und die prozessualen Möglichkeiten besser ausschöpfen kann.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass in vielen Fällen im sozialgerichtlichen Verfahren keine Gerichtskosten anfallen. Dies gilt auch für das Berufungsverfahren, was die finanzielle Hürde für eine Anfechtung des Urteils senkt.

Die Revision zum Bundessozialgericht als höchste Instanz ist nur möglich, wenn sie zugelassen wurde. Dies geschieht entweder durch das Landessozialgericht im Berufungsurteil oder auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin durch das Bundessozialgericht selbst. Die Revision ist auf die Klärung von Rechtsfragen beschränkt und bietet keine erneute Tatsachenprüfung.

Bei der Entscheidung, ob ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, ist eine sorgfältige Abwägung der Erfolgsaussichten und der möglichen Konsequenzen ratsam. Die Einlegung eines Rechtsmittels kann zwar zu einer Verbesserung der Situation führen, birgt aber auch das Risiko einer Verzögerung und möglicherweise zusätzlicher Kosten.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Rentenversicherungsträger: Dies sind die Institutionen, die für die Durchführung der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig sind. Sie prüfen Anträge auf Erwerbsminderungsrente und entscheiden, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Im vorliegenden Fall war die Deutsche Rentenversicherung der zuständige Träger.
  • Widerspruch: Wenn Sie mit einer Entscheidung der Rentenversicherung nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch einlegen. Dadurch wird die Entscheidung überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Im vorliegenden Fall legte die Klägerin Widerspruch gegen die Ablehnung ihrer Erwerbsminderungsrente ein.
  • Sozialgerichtliches Verfahren: Wenn der Widerspruch erfolglos bleibt, können Sie Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben. Dort wird der Fall erneut geprüft und es findet eine mündliche Verhandlung statt. Im vorliegenden Fall klagte die Frau vor dem Sozialgericht Regensburg und später vor dem Landessozialgericht.
  • Gutachten: Ein Gutachten ist eine schriftliche Stellungnahme eines Sachverständigen zu einer bestimmten Frage. Im vorliegenden Fall wurden medizinische Gutachten eingeholt, um die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu beurteilen. Die Gutachter untersuchten die Klägerin und gaben ihre Einschätzung ab, ob sie noch arbeiten kann.
  • Erwerbsfähigkeit: Die Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit werden sowohl körperliche als auch geistige Einschränkungen berücksichtigt. Im vorliegenden Fall war strittig, ob die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch erwerbsfähig ist.
  • Leistungseinschränkungen: Leistungseinschränkungen sind Beeinträchtigungen der körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, die die Erwerbsfähigkeit einschränken können. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin Leistungseinschränkungen aufgrund eines Arbeitsunfalls. Das Gericht musste beurteilen, ob diese Einschränkungen so schwerwiegend sind, dass sie eine Erwerbsminderung begründen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 43 SGB VI (Erwerbsminderungsrente): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Er legt fest, dass eine Erwerbsminderung vorliegt, wenn die Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Behinderung erheblich gemindert ist und voraussichtlich für längere Zeit nicht wiederhergestellt werden kann. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt.
  • § 109 SGG (Sozialgerichtsgesetz – Beweisaufnahme): Dieser Paragraph regelt die Beweisaufnahme im sozialgerichtlichen Verfahren. Er legt fest, dass das Gericht alle Beweismittel heranziehen kann, die zur Feststellung der Tatsachen geeignet sind. Im vorliegenden Fall wurden medizinische Gutachten eingeholt, um die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu beurteilen.
  • § 118 SGG (Sozialgerichtsgesetz – Beweiswürdigung): Dieser Paragraph regelt die Beweiswürdigung im sozialgerichtlichen Verfahren. Er legt fest, dass das Gericht nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist. Im vorliegenden Fall musste das Gericht die widersprüchlichen medizinischen Gutachten bewerten und entscheiden, ob die Klägerin erwerbsgemindert ist.
  • § 128 SGG (Sozialgerichtsgesetz – Revision): Dieser Paragraph regelt die Revision im sozialgerichtlichen Verfahren. Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Revision gegen ein Urteil des Landessozialgerichts zulässig ist. Im vorliegenden Fall wurde die Revision nicht zugelassen, da das Gericht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder Divergenz in der Rechtsprechung sah.
  • § 200 SGB VII (Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – Begriff des Versicherungsfalls): Dieser Paragraph definiert den Begriff des Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung. Er legt fest, dass ein Versicherungsfall eintritt, wenn ein Versicherter infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit einen Gesundheitsschaden erleidet. Im vorliegenden Fall erlitt die Klägerin einen Arbeitsunfall, der zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte, welche die Grundlage ihres Antrags auf Erwerbsminderungsrente bildeten.

Das vorliegende Urteil

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 13 R 923/13 – Urteil vom 26.10.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29. August 2013 wird aufgehoben.

II. Die Klage gegen den Bescheid vom 02. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2011 wird abgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2, 1 SGB VI).

Die im September 1960 geborene Klägerin hat von September 1977 bis Juli 1979 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Im Anschluss daran war sie bis Dezember 1979 im erlernten Beruf tätig. Von Januar 1980 bis August 1982 war sie als Fachverkäuferin, von Februar 1984 bis November 1989 als Personalsachbearbeiterin, von Januar bis März 1990 als Schreinereigehilfin und von Juni 1997 bis März 2001 als Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt. In den Jahren 1999 bis 2001 absolvierte die Klägerin diverse REFA-Seminare, von April 2001 bis Juli 2001 eine Schulung im EDV-Bereich, vom 7. Oktober 2002 bis 17. Juli 2003 eine Fortbildungsmaßnahme zur technischen Führungskraft/Qualitätsmanagement (Lehrgangsdauer: 900 Unterrichtsstunden zzgl. Betriebspraktikum vom 28. April bis 17. Juli 2003). Zuletzt war sie von Dezember 2004 bis Februar 2008 als Sachbearbeiterin Qualitätswesen im Wareneingang versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Dezember 2008 ist sie im Wellnessbereich selbständig 8 bis 10 Stunden wöchentlich tätig.

Mit Antrag vom 5. Juli 2010 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Sie sei seit 26. Januar 2007 erwerbsgemindert. An diesem Tag erlitt die Klägerin einen Arbeitsunfall, bei dem sie nach dem Aussteigen aus dem Auto beim Gang in Richtung Stempeluhr auf glattem, ungestreutem Boden ausgerutscht, gestürzt und mit dem Steißbein gegen die Bordsteinkante gefallen war. Sie fügte sich dabei eine Steißbein- sowie eine BWS-/LWS-Prellung und eine leichte HWS-Distorsion zu.

Die Beklagte zog diverse Befundberichte sowie einen Entlassungsbericht der T. Tagesklinik A-Stadt vom 31. März 2008 über Maßnahmen der ambulanten Rehabilitation vom 27. Februar 2008 bis 18. März 2008 bei. Hierin wurden eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach BSV C6/C7 links, ein Zustand nach erweiterter intralaminärer Fensterung C6/C7 links nach Fryckholm, Sequest- rektomie am 13. November 2007 und ein Verdacht auf Karpaltunnel-Syndrom links festgestellt. Die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr täglich leistungsfähig, als Kontrolleurin mit Heben und Tragen nur noch 3 bis unter 6 Stunden.

Beigezogen wurde ferner ein chirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage von Dr. G. für die BG der Feinmechanik und Elektrotechnik BV J-Stadt vom 19. Juni 2008, wonach eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch die Folgen des Unfalls vom 26. Januar 2007 derzeit nicht mehr hervorgerufen werde. Aktenkundig wurde auch ein Zusatzgutachten zur Zusammenhangsfrage auf neurologischem Fachgebiet von Dr. K. vom 3. Juni 2008, wonach auch auf neurologischem Fachgebiet keine unfallbedingte MdE gegeben sei.

Die Beklagte holte darauf ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. vom 16. August 2010 ein. Der Sachverständige diagnostizierte bei der Klägerin einen Zustand nach cervikaler Bandscheibenoperation mit C7-Wurzelirritation links (November 2007) und bescheinigte ihr noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Als Arbeiterin im Wareneingang sei sie nur noch unter 3 Stunden täglich leistungsfähig. Der Antrag wurde daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 2. September 2010 abgelehnt. Die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie verwiesen werden könne, noch 6 Stunden und mehr täglich einsetzbar.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs legte die Klägerin u.a. einen Bericht des Medizinischen Versorgungszentrums für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 23. Dezember 2010 vor, aus dem eine Höherdosierung der bisherigen Schmerzmedikamente hervorgeht. Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Z. vom 25. März 2011 ein. Dr. Z. stellte bei der Klägerin eine Schmerzsymptomatik bei Zustand nach Bandscheiben-Operation C6/7 im November 2007 ohne Nachweis eines Rezidivs sowie eine allenfalls leichte Anpassungsstörung an die schwierige soziale Situation, aktuell ohne relevante depressive Verstimmung, fest und bescheinigte der Klägerin ebenfalls noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts. Als Arbeiterin im Wareneingang sei sie nur noch 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2011 zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und zur Begründung auf die bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen an Hals- und Lendenwirbelsäule verwiesen. Das SG hat diverse Befundberichte sowie die Schwerbehindertenakten beim Versorgungsamt Bayreuth (GdB 40) beigezogen und Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. A. und eines neurochirurgischen/ psychosomatischen Gutachtens von Dr. P. .

Dr. A. hat in seinem Gutachten vom 7. Mai 2012 bei der Klägerin muskuläre Verspannungen im Nacken nach Bandscheibenoperation mit einer chronischen C7-Schädigung links, eine leichte Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule bei Verschleiß ohne aktuellen Anhalt für eine Nervenwurzelirritation sowie ein Engesyndrom der linken Schulter ohne Funktionseinschränkung und ohne Hinweis auf eine Läsion oder Ruptur der Rotatorenmanschette festgestellt. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens 6 Stunden arbeitstäglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Zu vermeiden seien länger anhaltende statische Wirbelsäulenzwangshaltungen, längere Arbeiten in gebückter oder gehockter Stellung, häufige Überkopfarbeiten, besondere Anforderungen an die Fein- und Grobmotorik der linken Hand sowie Kälte, Nässe und Zugluft ohne entsprechenden Bekleidungsschutz. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 18. Februar 2013 folgende Diagnosen gestellt:

1. Anhaltende chronische Schmerzstörung mit rezidivierender depressiver Komponente

2. Sensomotorisches C7-Syndrom linksseitig bei Zustand nach HWS-OP nach Frykholm (2007)

3. Rezidivierende, wechselnde Lumboischialgien bei Osteochondrose der LWS auf Höhe LW 5/SW 1.

Die Klägerin sei nur noch in der Lage, mindestens 3 Stunden, aber weniger als 6 Stunden täglich mittelschwere und leichtere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, Dauerbelastungen der Arme, spezielle monotone Bewegungsmuster, Akkordarbeit, Arbeiten in ungeschützter Umgebung, Kälte und Nässe, stärkere psychische Belastungen, insbesondere hohe Arbeitstaktung, rasch wechselnde Arbeitsanforderungen und hochfrequente Klientenkontakte. Eine mindestens 6 Stunden tägliche Arbeitszeit sei dann machbar, wenn nach eineinhalb- bis zweistündiger Tätigkeit eine ebenso lange Regenerationsphase eingeschoben werden könne. Einschränkungen bezüglich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Eine Besserung des körperlichen Schadens sei nicht zu erwarten. Bezüglich der psychosomatischen Erkrankung sei eine stationäre psychosomatische Behandlung möglicherweise in der Lage, die Voraussetzungen für eine adäquatere Auseinandersetzung mit dem erlebten Krankheitsbild zu initiieren, welche dann in ambulanter psychotherapeutischer Form weitergeführt und entwickelt werden könnte.

Nachdem sich die Beklagte der Leistungsbeurteilung durch Dr. P. ausweislich ihrer Stellungnahme vom 2. April 2013 nicht angeschlossen hatte, hat das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr. P. eingeholt, die unter dem 10. Juli 2013 erstellt worden ist. Hierin hält Dr. P. an seiner Auffassung fest.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. August 2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1. Februar 2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis längstens 31. Juli 2016 zu gewähren und der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. P. verwiesen.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und zunächst bemängelt, dass der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 31. Juli 2016 bewilligt worden ist. Eine sogenannte Arbeitsmarktrente könne höchstens befristet drei Jahre auf Zeit gewährt werden, also bis maximal Januar 2014. Auch sei die Klägerin noch selbstständig tätig, sodass maximal ein Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente bestehe. Darüber hinaus werde das angenommene Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden bezweifelt.

Dr. P. sei zu seiner Leistungsbeurteilung im Wesentlichen mittels umfangreicher Fragebögen gekommen, die die Selbsteinschätzung der Klägerin wiedergäben. Dies sei keine hinreichende Grundlage für eine Leistungsbeurteilung. Eine Auseinandersetzung mit den abweichenden Einschätzungen der Vorgutachter sowie der Stellungnahme der Beklagten zum Gutachten Dr. P. habe nicht stattgefunden. Von einem relevanten Berufsschutz gehe die Beklagte nicht aus.

Die Klägerin hat entgegnet, eine teilweise Erwerbsminderungsrente sehe das Gesetz bei einer befristeten Rente auf drei Jahre nicht vor. Auch könne sie nicht mehr in ihrem erlernten Beruf tätig sein. Sie habe überwiegend in Berufen gearbeitet, die mit hoher körperlicher Anspannung verbunden seien. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte von keinem relevanten Berufsschutz ausgehe. Ohne fundierte Ausbildung zur REFA-Angestellten hätte die Klägerin die von ihr verrichtete Tätigkeit nicht ausüben können. Zeugnisse über in den Jahren 1990 bis 2001 abgeschlossene REFA-Seminare sowie die Fortbildungsmaßnahme zur technischen Führungskraft/Qualitätsmanagement vom 7. Oktober 2002 bis 25. April 2003 sind vorgelegt worden.

Mit Bescheid vom 7. Mai 2014 hat die Beklagte einen neuerlichen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Sie hat diesen Bescheid zum Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens erklärt.

Der Senat hat diverse Befundberichte sowie Arbeitgeberauskünfte der Firma H. (Beschäftigung vom 9. Mai 2005 bis 31. August 2007) sowie der Firma P. (Transfermaßnahme vom 1. September 2007 bis 29. Februar 2008) eingeholt. Er hat von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. I. und eines orthopädischen Gutachtens von Dr. J..

Dr. I. hat in ihrem Gutachten vom 5. Februar 2015 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:

1. Zustand nach Operation eines Bandscheibenvorfalls zwischen HWK 6 und 7 links im Jahr 2007 mit Reizung der Wurzel C 7 ohne neurologische Ausfallserscheinungen

2. Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

3. Angst und depressive Störung gemischt

4. Leichte Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei Verschleiß ohne aktuellen Anhalt für eine Nervenwurzelirritation

5. Engesyndrom der linken Schulter ohne Funktionseinschränkung und ohne Hinweis auf eine Läsion oder Ruptur der Rotatorenmanschette.

Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und im Wechselrhythmus in geschlossenen Räumen 6 bis unter 8 Stunden täglich mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Arbeiten unter Zeitdruck, Nachtschichttätigkeiten sowie Arbeiten, die ein überdurchschnittliches Konzentrationsvermögen erfordern. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaube noch die Verrichtung von Tätigkeiten, die üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, soweit es sich um leichte bis mittelschwere Arbeiten handele, z.B. Kleben, Sortieren und Verpacken sowie Zusammensetzen von Teilen. Beschränkungen hinsichtlich des Arbeitswegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Umstellungsfähigkeit der Klägerin auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt.

Dr. J. hat in seinem Gutachten vom 10. April 2015 bei der Klägerin einen operierten Bandscheibenvorfall im Segment C6/C7 links, Restbeschwerden am linken Arm ohne konkrete neurologische Ausfälle, eine Osteochondrose der Lendenwirbelsäule ohne konkretes Funktionsdefizit sowie einen unkomplizierten Spreizfuß festgestellt. Die Klägerin könne noch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, vorzugsweise in geschlossenen Räumen, mit angemessener Kleidung auch im Freien vollschichtig und mehr als 6 Stunden mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen ausüben. Nicht mehr zumutbar seien ständige Überkopfarbeiten, häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten in gebückter oder vorgeneigter Körperzwangshaltung. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaube noch die Verrichtung von Tätigkeiten, die üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht beeinträchtigt.

Nachdem die Klägerin Dr. J. eine CD mit Röntgenaufnahmen nachgereicht hatte, hat dieser mit ergänzender Stellungnahme vom 5. Mai 2015 ausgeführt, hieraus ergebe sich keine Änderung seiner gutachterlichen Bewertung.

Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, die Annahme von Dr. J., bei der Klägerin liege keine Verkalkung der Schultergelenkweichteile vor, sei falsch. Insofern sei der behandelnde Orthopäde Dr. D. konsultiert worden. Dieser habe ausweislich seines beigefügten Befundberichts vom 19. Mai 2015 diese Diagnose bestätigt. Insoweit sei eine Corticoid-Stoßtherapie begonnen worden. Es seien auch Veränderungen im Vorfuß hinzugekommen (Hallux valgus mit Großzehengrundgelenksarthrose und zystischen Veränderungen der Gelenkpartner mit Verdacht auf Sesambeinarthrose). Es ergebe sich ein weiterer GdB von mindestens 20, welcher erstinstanzlich noch nicht erfasst worden, aber nun für die Gesamtbildanalyse zu berücksichtigen sei. Auch leide die Klägerin nunmehr unter einem Schmerzsyndrom in der rechten Schulter. Das SG habe zutreffend erkannt, dass die Klägerin „im Längs- und Querschnitt“ zu erfassen und das Zusammenspiel mit der psychosomatischen Erkrankung zu berücksichtigen sei. Auch sei bislang noch keine Arbeitsprobe durchgeführt worden. Ein weiteres Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. C., wonach die Klägerin nicht aggraviere und es absolut glaubhaft sei, dass sie nicht ganztägig arbeiten könne, ist mitübersandt worden.

Dr. J. hat in seiner weiteren ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 30. Juni 2015 ausgeführt, dass die Klägerin trotz ihrer Beschwerden vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachkommen könne.

Hierzu hat die Klägerin erneut vorgetragen, sowohl das linke als auch das rechte Schultergelenk sei dauerhaft geschädigt. Auch werde übersehen, dass sie unter einer erheblichen psychischen Erkrankung leide. Ein weiteres Attest des Dr. C., wonach die Klägerin nicht arbeitsfähig sei, ist vorgelegt worden.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 29. August 2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2011 abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den angefochtenen Bescheid vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2011 aufgehoben und der Klägerin ab 1. Februar 2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis längstens 31. Juli 2016 zugesprochen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Bayerischen Landessozialgericht steht für den Senat fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) hat. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§§ 240 Abs. 1, 2; 43 Abs. 1 SGB VI) wird von der Klägerin nicht mehr geltend gemacht (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung am 23. Oktober 2015).

Streitgegenstand ist allein der Bescheid vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2011. Der Bescheid vom 7. Mai 2014 wurde nicht Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 SGG. Nach Klageerhebung wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert und ersetzt. Eine Änderung liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt wird, eine Ersetzung, wenn ein neuer Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 96 Rn. 4 m.w.N.). Eine Abänderung oder Ersetzung liegt dabei grundsätzlich nur dann vor, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird. Mit dem Bescheid vom 7. Mai 2014 hat die Beklagte einen erneuten Rentenantrag abgelehnt. Dadurch wurde die auf den früheren Rentenantrag bezogene ablehnende Entscheidung vom 2. September 2010 weder ganz noch teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt, sondern vielmehr – bezogen auf einen späteren Zeitpunkt – bestätigt. Eine Minderung oder Vermehrung der Beschwer des ersten Ablehnungsbescheids durch den zweiten Ablehnungsbescheid liegt nicht vor. Eine analoge Anwendung der Bestimmung ist seit deren Neufassung zum 1. Januar 2008, wonach eine Einbeziehung nur in Fällen der Änderung und Ersetzung möglich ist, nicht mehr zulässig. Die Notwendigkeit einer Einbeziehung ergibt sich auch nicht aus der Gefahr einer doppelten gerichtlichen Prüfung mit eventuell widersprüchlichen Entscheidungen. Denn aus Sicht des Senats ist der neuerliche Rentenantrag der Klägerin mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da auch über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeiten ab der erneuten Antragstellung vom Senat zu entscheiden ist.

Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den überzeugenden Feststellungen der erfahrenen Gerichtssachverständigen Dr. I. und Dr. J. ist die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr täglich leichte bis zumindest gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Der insoweit abweichenden Leistungsbeurteilung durch Dr. P. vermag der Senat nicht zu folgen.

Bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. I. war die kräftig wirkende Klägerin im guten Allgemeinzustand. Beim Auskleiden demonstrierte sie flüssige Bewegungen mit seitengleichem Einsatz der Arme. Neurologisch zeigten sich keinerlei Auffälligkeiten der Hirnnerven. Bei der Prüfung der Motilität fanden sich weder Tonussteigerungen noch Muskelathropien an Armen und Beinen oder Lähmungserscheinungen. Sensibilitätsstörungen zeigten sich abgesehen von einer Hypästhesie und Hypalgesie an der Außenseite der linken Schulter und des linken Oberarms nicht. Vibrationsempfinden, Reflexe und Koordination waren regelgerecht. Die Zielbewegungen der Hände waren sicher, die Feinbeweglichkeit seitengleich unauffällig. Engpass-Syndrome an den Armen der Klägerin waren nicht festzustellen.

In psychischer Hinsicht war die Klägerin nach den Ausführungen von Dr. I. bewusstseinsklar und hinsichtlich aller Qualitäten vollständig orientiert. Sie war kontaktbereit und freundlich zugewandt bei indifferenter Stimmung, die als keinesfalls tiefgreifend depressiv zu beschreiben war. Die Klägerin war ablenkbar bei völlig unauffälligem Antrieb und in keiner Weise reduzierter affektiver Mitschwingungsfähigkeit. Zwar erreichte die Klägerin im Beck’schen Depressionsinventar einen Wert, der auf eine erhebliche depressive Verstimmung in der Selbsteinschätzung hindeutet. Nach den Ausführungen von Dr. I. ist dies aber mit dem klinischen Befund nicht vereinbar und daher wohl als Folge einer negativen Antwortverzerrung zu bewerten.

Die von der Klägerin geklagten Panikattacken mit autonomen Symptomen, leichteren soziophobischen sowie klaustrophobischen Ängsten haben noch nicht zu einem erheblichen Vermeidungsverhalten geführt.

Konzentration, Aufmerksamkeit und Auffassungsfähigkeit waren ungestört bei geordnetem Gedankengang. Formale oder inhaltliche Denkstörungen konnte Dr. I. nicht beobachten. Die intellektuelle Ausstattung war mindestens durchschnittlich ohne Hinweise auf Kurzzeitgedächtnis- oder Merkfähigkeitsstörungen.

In Bezug auf die von der Klägerin in den Vordergrund gerückte Schmerzsymptomatik im Halswirbelsäulenbereich hat Dr. I. darauf hingewiesen, dass neurologischerseits insoweit allenfalls Hinweise auf eine gewisse Wurzelreizung C7 mit intermittierenden Sensibilitätsstörungen der Finger II und III, allerdings ohne dauerhafte sensomotorische Ausfälle, festzustellen waren. Die geklagten Schmerzen sind daher nicht ausschließlich Ausdruck einer radikulären Symptomatik. Damit ist von einem Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren auszugehen. Auffallend war allerdings eine Diskrepanz zwischen angegebenen Beschwerden und körperlichen Befunden im Hinblick auf das Verhalten während der Untersuchung. Die Klägerin wirkte auf Dr. I. in keiner Weise schmerzgeplagt. Sie konnte mindestens eine Stunde ohne Haltungswechsel im Sitzen verbringen. Ein erheblicher Leidensdruck der Klägerin vermittelte sich der erfahrenen Sachverständigen nicht. In diesem Zusammenhang ist auch das durchaus erhebliches Aktivitätsspektrum der Klägerin im Alltag zu berücksichtigen. Die Klägerin versorgt ihren Haushalt (Kochen, Putzen, Einkäufe, Wäsche), wobei ihr nur bei schwereren Tätigkeiten (Fensterputzen, Tragen schwerer Einkäufe) Hilfe Dritter zuteil wird. Sie ist nach wie vor 8-10 Stunden in einem Hotel in S. selbständig tätig. Hier verabreicht sie Rückenmassagen, nach eigenen Angaben allerdings ohne Kraftanwendung. Zudem ist sie im Kosmetikbereich eingesetzt. Die Klägerin hat noch zahlreiche soziale Kontakte. So fährt sie gelegentlich zu ihrer Mutter in Ostdeutschland, unternimmt Ausflüge mit Freundinnen und hat eine sehr gute Beziehung zu ihren Kindern, die sie am Wochenende besuchen.

Gegen eine tiefergehende depressive Erkrankung bzw. eine stärker ausgeprägte Schmerzerkrankung spricht auch, dass die Klägerin sich insoweit keiner adäquaten Therapie unterzieht. Eine psychiatrische Behandlung findet nicht statt.

Der abweichenden Einschätzung von Dr. P. hat Dr. I. überzeugend widersprochen. Dr. P. hat der Klägerin ebenfalls einen guten Allgemein- und Ernährungszustand bescheinigt. Er hat keinen wesentlichen anderen neurologischen Befund erhoben als Dr I.. Die Halswirbelsäulenbeweglichkeit der Klägerin war bei seiner Untersuchung nur diskret eingeschränkt, die Motorik der oberen Extremitäten ebenfalls unauffällig ohne sichere Paresen. Die Reflexe waren seitengleich mittellebhaft bei nur diskreter Abschwächung des Triceps brachii-Reflexes. Die unteren Extremitäten waren unauffällig ohne sichere Lumboischialgie und ohne Radikulopathie. In psychopathologischer Hinsicht hat er die Klägerin als zur Person, Zeit und Ort orientiert, sowie insgesamt gut gepflegt beschrieben. Von der Stimmung her wirkte die Klägerin ausgeglichen, affektive Schwingungsfähigkeit und Mimik waren situationsadäquat, der Antrieb ungestört. Die Klägerin gab zwar zum Teil etwas zögerlich Antworten, war aber im Kontakt freundlich und kooperativ. Formal und inhaltlich fanden sich keine Denkstörungen, Gedächtnis und Merkfähigkeit wirkten unbeeinträchtigt. Das Ausdrucksverhalten war der Situation angepasst und nicht gestört sowie ohne asoziale Charakterzüge. Auch auf Dr. P. machte die Klägerin einen nicht wirklich schmerzgeplagten oder massiv durch Schmerz beeinträchtigten sowie einen aktuell nur wenig depressiven Eindruck. Seine Einschätzung eines quantitativ reduzierten Leistungsvermögens hat Dr. P. im Wesentlichen damit begründet, dass ein hoher Somatisierungsfaktor bestehe, der in Kombination mit Depressivität und Ängstlichkeit für eine starke psychosomatische Überlagerung und Erkrankung spreche. Insoweit hat er auf die Ergebnisse der von ihm umfangreich durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen hingewiesen.

Problematisch ist hier die hohe Bedeutung, die Dr. P. bei nicht gravierend auffälligem Befund den Ergebnissen der der Klägerin vorgelegten Selbstbeurteilungsbögen (z.B. deutscher Schmerzfragebogen) beimisst. Derartigen Selbstbeurteilungsbögen, die für die Behandlung von Schmerzerkrankungen bzw. psychischen Erkrankungen entwickelt worden sind, kann im Rentenverfahren nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Denn anders als bei dem Einsatz dieser Instrumente im Rahmen einer (Schmerz)Therapie besteht für einen Probanden mit Rentenwunsch kein Anreiz, die dort gestellten Fragen zutreffend zu beantworten. Vielmehr ist hier die Auswahl einer Antwortmöglichkeit, die auf eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung hindeutet, besonders attraktiv, um damit eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens zu belegen. Die bloße Behauptung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung – unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines Testverfahrens oder eines Klageschriftsatzes erfolgt – genügt aber nicht, um eine solche zu beweisen. Die Antworten in diesen Testbatterien sind daher nur ein Mosaikstein, stellen aber keinen Beleg für eine schwere, zu einer Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit führende depressive Erkrankung oder Schmerzkrankheit dar.

Dementsprechend hat auch Dr. I. klar herausgestellt, dass eine schlüssige Begründung von Dr. P. für eine quantitativ eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Klägerin fehlt. Somatoforme Symptombildungen, so Dr. I., rechtfertigten für sich genommen grundsätzlich nicht die Annahme eines quantitativ beeinträchtigten Leistungsvermögens. Von entscheidender Bedeutung seien zusätzliche affektive Symptome, die erheblich sein müssten, sowie die Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten des psychiatrischen Fachgebiets. Beide Voraussetzungen sind bei der Klägerin deutlich nicht erfüllt. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch noch eine Tätigkeit ausführt (Massagen, Kosmetik), die für die Halswirbelsäule eine zusätzliche Belastung aufgrund von Zwangshaltungen und Bewegungsmonotonie darstellt. Dies spricht ebenfalls gegen die Annahme, die Schmerzen der Klägerin seien so gravierend, dass selbst leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht bei Mitberücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Diese wurden von Dr. I. durchaus mit berücksichtigt, sind aber weder allein noch im Zusammenspiel mit den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet so gravierend, dass sich hieraus eine quantitative Leistungsminderung ergeben würde.

Dies hat auch Dr. J. in seinem Gutachten klar herausgearbeitet. Er hat festgestellt, dass die Beweglichkeit der Halswirbelsäule der Klägerin frei war. Die Nackenmuskulatur war ebenso wie die Trapezii weich. Auch die Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule war uneingeschränkt erhalten. Das Wiederaufrichten aus der Vorneige gelang der Klägerin flüssig aus rückeneigener Kraft. Der Schultergürtel war symmetrisch, die gelenkumgreifende Muskulatur der Schultergelenke sowie die Armmuskulatur waren seitengleich entwickelt. Beide Hände waren gleichmäßig beschwielt mit Arbeitsspuren. Die Beweglichkeit der Schultergelenke war frei. Der Schürzengriff war der Klägerin beidseits zügig möglich, der Nackengriff jedenfalls „in der Untersuchungssituation Halswirbelsäule“ ebenfalls. Einen typischen schmerzhaften Bogen konnte Dr. J. nicht feststellen. Im Übrigen fanden sich an den unteren Extremitäten (Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke) keinerlei Auffälligkeiten. Dies gilt ebenfalls für die unteren Extremitäten, wenn man von einem Spreizfuß mit Hallux valgus und Hammerzehe absieht. Die Fußsohlenbeschwielung der Klägerin war seitengleich sehr kräftig. Das Gangbild der Klägerin war zügig und raumgreifend. Die neurologische Untersuchung durch Dr. J. erbrachte keine Auffälligkeiten, insbesondere war das Zeichen nach Laségue beidseits negativ.

Hieraus hat Dr. J. für den Senat überzeugend abgeleitet, dass aus orthopädischer Sicht keine sehr ausgeprägten Gesundheitsstörungen bei der Klägerin vorliegen. Ein chronisches Schmerzsyndrom von sozialmedizinischer Relevanz besteht auch nach seinen Feststellungen nicht. Zwar hat die Klägerin sicherlich Beschwerden. Diese sind aber nicht so ausgeprägt, dass eine untervollschichtige Leistungsfähigkeit anzunehmen ist. Die Klägerin ist körperlich agil, mobil und belastbar. Sie ist viel zu Fuß unterwegs, geht mindestens 30 Minuten täglich spazieren. Eine schmerzbedingte Distanzierung von den angenehmen Dingen des Lebens besteht nicht. Sie ist daher durchaus in der Lage, vollschichtig einer zustandsangemessenen Tätigkeit nachzugehen.

Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich leichte, gelegentlich sogar mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten kann.

Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen würde und der Klägerin keine Tätigkeit benannt werden könnte, die sie trotz ihrer qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann.

Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 – B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B 5 RJ 64/02 R, in juris).

Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt bei der Klägerin jedoch ebenso wenig vor wie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Bei ihr besteht weder ein besonderer Pausenbedarf noch ist die Beweglichkeit der oberen Extremitäten relevant eingeschränkt. Auch ist die Wegefähigkeit der Klägerin erhalten. Die von Dr. I. und Dr. M. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen, die oben im Tatbestand wiedergegeben sind und von denen der Senat ausgeht, sind darüber hinaus weder zahlreich noch schränken sie den möglichen Einsatzbereich der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erheblich ein. Dr. M. und Dr. I. haben darüber hinaus ausdrücklich bestätigt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, die Tätigkeiten zu verrichten, die üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten verrichtet zu werden pflegen (z.B. Zureichen, Abnehmen usw.). Damit ist der allgemeine Arbeitsmarkt für die Klägerin sicher nicht verschlossen.

Auf die Berufung der Beklagten hin war daher der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!