Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 2 U 39/19 – Urteil vom 05.08.2020
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 28. April 2005 die Feststellung weiterer Unfallfolgen und eine Rente im Rahmen eines Stützrententatbestandes nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v. H.
Der am … Januar 1977 geborene Kläger erlitt im Rahmen seiner Tätigkeit als Profifußballer am 28. April 2005 einen Unfall, als er bei einem Trainingsspiel mit dem linken Sprunggelenk umknickte. Der Durchgangsarzt Dr. S. diagnostizierte eine Distorsion des linken Sprunggelenkes mit Kapseleinblutung. Außenbandverletzungen des linken oberen Sprunggelenkes hatte der Kläger zuvor schon 1995 und am 18. März 1999 erlitten. Nach dem Bericht von Dr. F. vom 15. April 1999 an die Beklagte bestand nach dem Arbeitsunfall vom 18. März 1999 eine drittgradige laterale Instabilität. Im MRT des linken oberen und unteren Sprunggelenks vom 6. Februar 2002 zeigte sich nach dem Befundbericht von Dr. F. vom 21. Februar 2002 eine zweitgradige Chrondromalazie.
Die diagnostische Gemeinschaftspraxis in K. beurteilte nach Durchführung einer Kernspintomographie vom 19. Mai 2005, dass bei dem Kläger ein Zustand nach Ruptur des Ligamentum fibulotalare anterius, nach Operation mit narbigen Konturierungen, jetzt fast vollständiger Reruptur der Bandplastik oder der Narbenkontur im Verlauf des Ligamentum fibulotalare anterius sowie narbig verdickte übrige Außenbänder mit frischer Zerrung, eine narbig veränderte vordere Syndesmose ohne Einriss, eine kleine Verknöcherung im Bereich des Innenbandes und ein intakt gebliebenes oberes und unteres Sprunggelenk bei paramalleolärer lateraler Weichteilreaktion mit Begleitreaktion der Peroneussehnen vorliege.
Dr. S. berichtete am 6. Juli 2005, dass bei dem Kläger belastungsabhängige Beschwerden im vorderen inneren Gelenkbereich verblieben seien, die nicht durch die kernspintomographische Aufnahme erklärbar gewesen seien. Im Rahmen der durchgeführten Arthroskopie habe sich ein frischer Knorpelschaden an der Gelenkseite des Innenknöchels gezeigt und es sei eine Microfrakturierung durchgeführt worden. Außerdem seien die Verwachsungen und Verknöcherungen im Bereich der vorderen Kapsel sowie Teile der entzündeten Schleimhaut entfernt worden.
Dr. B. erklärte nach ambulanter Untersuchung des Klägers in seinem unfallchirurgischen Fachgutachten vom 29. September 2005, dass der Unfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Zerreißung der Bandplastik/Narbenplatte am Außenknöchel links, zu einem Knorpeldefekt an der Gelenkfläche des linken Innenknöchels und zu einer Narbenbildung (Arthroskopienarben an der Vorderseite des oberen Sprunggelenkes links) geführt habe. Unfallunabhängig bestünden eine Zerreißung der Außenbänder am oberen Sprunggelenk links aus dem Jahre 1995, einliegendes Fremdmaterial am linken Außenknöchel sowie eine Narbenbildung über dem Außenknöchel links.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20. November 2005 wies Dr. Sd. darauf hin, dass eine frische knöcherne Verletzung auf den MRT-Bildern nicht erkennbar sei. Dr. B. ergänzte in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2005, dass im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung keine Instabilitäten an beiden Sprunggelenken festgestellt worden seien.
Mit Bescheid vom 26. April 2006 erkannte die Beklagte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 7. Oktober 2005 an, lehnte einen Anspruch auf Rente aber ab. Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte die Beklagte eine ohne wesentliche Folgen verheilte Ruptur der Bandplastik am linken Sprunggelenk an.
Mit Schreiben vom 6. November 2015 beantragte der Kläger unter anderem für die Folgen der Verletzungen des linken oberen Sprunggelenkes eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. im Rahmen eines Stützrententatbestandes. Er fügte ein Attest von Dr. S. vom 29. September 2015 bei. Dieser führte nach Untersuchung des Klägers aus, dass am linken Sprunggelenk eine erstgradige laterale Instabilität vorliege und die Beweglichkeit endgradig eingeschränkt sei. Allerdings bestehe noch keine nennenswerte Einschränkung der messbaren Funktion bezüglich des Bewegungsumfanges. Bei erhaltener Aktivität und guter Kraft werde auch die Umfangsvermessung keine wesentlichen Ergebnisse erbringen. Ob die MdE von 10 v. H. für das linke Sprunggelenk schon zu erreichen sei, müsse als fraglich bezeichnet werden.
Mit Bescheid vom 23. August 2016 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente ab. Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte sie eine ohne wesentliche Funktionseinschränkung verheilte, operativ versorgte Reruptur der Bandplastik am linken oberen Sprunggelenk an. Nicht als Folgen des Versicherungsfalles würden eine endgradige Bewegungseinschränkung sowie eine leichte Instabilität des linken Sprunggelenkes nach mit Bandplastik versorgtem kompletten Außenbandriss des linken Sprunggelenkes 1995 (Sportunfall in Südafrika) sowie eine ohne wesentliche Funktionseinschränkung verheilte Reruptur der Bandplastik und Innenknöchelinfraktion linkes oberes Sprunggelenk (keine MdE, Arbeitsunfall vom 18. März 1999) anerkannt. Auch nicht anerkannt werde eine ohne Funktionseinschränkung verheilte Band- und Kapselläsion des linken Sprunggelenkes (keine MdE, Arbeitsunfall vom 16. Januar 2010). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erklärte, dass für die Bewertung einer MdE sowohl medizinische Ermittlungen als auch eine medizinische Feststellung hätten getroffen werden müssen.
Daraufhin holte die Beklagte ein erstes Rentengutachten von Dr. Fr. vom 5. April 2017 ein. Diese stellte nach Untersuchung des Klägers als Unfallfolgen eine verbliebene endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes nach Reruptur einer lateralen Kapsel-Bandplastik und osteochondraler Läsion am Innenknöchel links, eine verbliebene lateroventrale Instabilität I.–II.° links sowie eine verbliebene Belastungsinsuffizienz des linken Sprunggelenkes fest und schätzte die verbliebene MdE mit unter 10 v. H. ein. Die Muskulatur im Bereich der linken Wade erscheine leicht verschmächtigt. Insgesamt erscheine retrospektiv das Unfallereignis vom 28. April 2005 geeignet, eine Reruptur einer lateralen Kapsel-Bandplastik im linken Sprunggelenk zu verursachen. Dass im Erstbefund eine laterale Instabilität klinisch nicht habe getestet werden können, sei nicht ungewöhnlich, da die frische Klinik eine solche Untersuchung sicherlich auf Grund der Schmerzsituation nicht zugelassen habe. Die kontroverse Beurteilung der kleinen osteochondralen Läsion im Bereich des Innen-knöchels, die im Juni 2005 in Südafrika arthroskopisch entfernt worden sei, als Unfallfolge zu betrachten oder nicht, könne letztlich nicht endgültig geklärt werden, da jedoch diese Läsion relativ zeitnah zu dem Unfallereignis aufgetreten sei, müsse davon ausgegangen werden, dass mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auch diese osteochondrale Läsion als Folge des Unfalles angesehen werden müsse. Auch die Dauer der Nachbehandlungszeit lasse letztlich den Schluss zu, dass dieses Unfallereignis eine höherwertige Verletzung im Bereich des linken Sprunggelenkes hervorgerufen haben müsse. Inwieweit die Voroperation aus dem Jahre 1995 – Bandplastik im Bereich des lateralen Kapsel-Bandapparates des linken Sprunggelenkes – als relevante Schadensanlage angesehen werden müsse, lasse sich nur spekulativ beantworten, da es aus dieser Zeit keine Behandlungsunterlagen gebe. Es sei jedoch davon auszugehen, dass nach erfolgreicher Bandplastik die entsprechende Stabilität zur Weiterführung der Profifußballlaufbahn konkurrenzfähig möglich gewesen sei. Nach dem Unfallereignis vom 18. März 1999 könne es aufgrund des kurzen und komplikationslosen Verlaufs zu keiner wesentlichen strukturellen Verletzung im Bereich des linken Sprunggelenkes gekommen sein, die eine bleibende strukturelle Schädigung hervorgerufen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Als Folgen des Versicherungsfalles würden eine endgradige Bewegungseinschränkung, eine leichte seitlich-körpernahe Instabilität, eine osteochondrale Läsion sowie eine Belastungsinsuffizienz im linken oberen Sprunggelenk nach Riss der Kapselbandplastik genannt. Dabei sei zu beachten, dass unter Berücksichtigung einer vorbestehenden Außenbandverletzung am linken Sprunggelenk die genannten Einschränkungen nur anteilig auf den Unfall vom 28. April 2005 zurückgeführt werden könnten. Eine messbare MdE von mindestens 10 v. H. resultiere aus diesen anteiligen Funktionseinschränkungen nicht, so dass kein Rentenanspruch bestehe.
Der Kläger hat am 23. Juni 2017 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und trägt vor, dass zwar die bestehende Bewegungseinschränkung von 10°/0°/30° für sich allein genommen noch keine MdE von 10 v. H. begründe, aber es sei eine integrierende Gesamtschau aller Befunde vorzunehmen. Es habe sich eine mäßige Verschwellung im Bereich des lateralen Kapselbandapparates sowie eine leichte Muskelminderung der linken Wade gezeigt. Als weitere Funktionseinschränkung liege eine Instabilität im linken oberen Sprunggelenk vor. Die Instabilität sei mittleren Grades und müsse mit einer MdE von 10 v. H. bewertet werden.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 22. September 2017 ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der durch Dr. Fr. festgestellten leichten Umfangsverminderung der linken Wade als Unfallfolge abgegeben. Dieses Teilanerkenntnis ist mit Schreiben des Klägers vom 8. November 2017 angenommen worden. Mit Schreiben vom 17. November 2017 hat die Beklagte zudem eine anteilige leichte lateroventrale Instabilität des linken oberen Sprunggelenkes mit einhergehender Belastungsinsuffizienz, anteilige leichte Umfangsverminderung der linken Wade und anteilige mäßige Verschwellung der linken Außenknöchelspitze sowie einen bereits entfernten Knorpelschaden am Innenknöchel links nach Reruptur einer Außenbandplastik aus dem Jahre 1995 sowie ebenfalls zuvor erlittener Außenbandreruptur vom 18. März 1999 und dadurch bedingter vorbestehender Instabilität anerkannt. Die Ausführungen zu dem Gangbild und zu den Gang- und Standtests seien keine Unfallfolgen, sondern dienten der Beschreibung der Auswirkung von Unfallfolgen.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2018 hat die Beklagte eine anteilige leichte lateroventrale Instabilität des linken oberen Sprunggelenkes mit einhergehender Belastungsinsuffizienz, eine anteilige leichte Umfangsverminderung der linken Wade und eine anteilige mäßige Verschwellung der linken Außenknöchelspitze sowie einen bereits entfernter Knorpelschaden am Innenknöchel links nach Reruptur einer Außenbandplastik aus dem Jahre 1995 sowie ebenfalls zuvor erlittener Außenbandreruptur vom 18. März 1999 und dadurch bedingter vorbestehender Instabilität als Folge des Versicherungsfalles vom 28. April 2005 anerkannt. Ansonsten verbleibe es wie mit Bescheid vom 23. August 2016 festgestellt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines chirurgischen Gutachtens von dem Chirurgen Z. vom 9. August 2018. Der Sachverständige hat erklärt, dass bereits eine Vorschädigung am Innenknöchel mit einer knöchernen Absprengung im Jahre 1999 dokumentiert sei. Zudem habe im Rahmen der Untersuchung des Unfallereignisses vom 28. April 2005 kein Knochenmarködem festgestellt werden können, wie es bei einer frischen Schädigung des Innenknöchels zu fordern gewesen wäre. Die verbliebene außenseitige Instabilität sei keine Folge des Ereignisses von 2005, da bereits 1999 eine erhebliche außenseitige Instabilität nach Außenbandteilruptur vorhanden gewesen sei. Unfallursächlich seien eine anteilige endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes nach Reruptur einer Außenbandplastik links sowie eine anteilige Muskelminderung des linken Unterschenkels. Weder die Innenknöchelschädigung noch die Instabilität seien vollumfänglich und auch nicht anteilig auf das Ereignis vom 28. April 2005 zurückzuführen. Frau Dr. Fr. habe wahrscheinlich der Bericht von Dr. F. nicht vorgelegen, da sie nicht auf diesen eingegangen sei. Insofern habe sie eine Abgrenzung der Vorschädigung von 1999, welche zweifelsfrei dokumentiert sei, und der nun bestehenden Instabilität nicht treffen können. Die MdE hat Herr Z. mit unter 10 v. H. eingeschätzt. Die Bewegungseinschränkungen, die im Gutachten dokumentiert seien, würden für sich betrachtet nicht zu einer MdE von 10 v. H. oder höher führen. Diese Bewegungseinschränkungen seien zudem nur anteilig unter Berücksichtigung der Vorschäden von 1995 und 1999 auf das Ereignis aus dem Jahr 2005 zurückzuführen. Die Verschleißumformungen, die im Gutachten von Dr. Fr. angegeben worden seien, seien Folgen des Ereignisses von 1999 und keine Unfallfolgen des Ereignisses von 2005, da die Instabilität zu den nachfolgenden Verschleißumformungen führen könne und eine Instabilität des oberen Sprunggelenkes keine Folge des Ereignisses von 2005 sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat kritisiert, dass das Gericht die Unfallfolgen durch einen medizinischen Sachverständigen gänzlich neu habe feststellen lassen, obwohl es die Beklagte im Vorwege zur Abgabe eines Teilanerkenntnisses hinsichtlich der Anerkennung von Unfallfolgen aufgefordert habe. Folge das Gericht den gutachterlichen Feststellungen, so hätte dies eine Verschlechterung der Rechtsposition des Klägers zur Folge. Eine solche Verböserung sei jedoch unzulässig.
Der Sachverständige hat ergänzend Stellung genommen und ist bei seiner Einschätzung verblieben, dass die MdE beim Kläger mit unter 10 v. H. einzuschätzen sei, dies vor allem unter Berücksichtigung der eindeutig dokumentierten deutlichen Instabilität vor dem Ereignis.
Das Sozialgericht hat die Klage ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 12. September 2019 abgewiesen. Der Kläger habe bei seinem Unfall am 28. April 2005 eine Reruptur der Bandplastik am linken Sprunggelenk erlitten, welche seine Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 10 v. H. mindere. Dr. Fr. habe in ihrem Rentengutachten vom 5. April 2017 ausgeführt, dass als wesentliche Unfallfolgen eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes nach Reruptur einer lateralen Kapsel-Bandplastik und osteochondraler Läsion am Innenknöchel links und lateroventraler Instabilität I.°-II.° verblieben seien und nachvollziehbar erklärt, dass diese Funktionseinschränkungen aber zu keiner MdE von mindestens 10 v. H. führten. Überdies habe der gerichtliche Sachverständige Z. in seinem fachchirurgischen Gutachten vom 9. August 2018 anschaulich und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass aufgrund früherer Sportverletzungen (aus dem Jahre 1995 und vom 18. März 1998) bereits eine Vorschädigung am Innenknöchel mit knöcherner Absprengung sowie spätestens seit 1999 eine erhebliche außenseitige Instabilität nach Außenbandteilruptur bestanden hätten, so dass die Beklagte in ihrem Bescheid vom 9. Februar 2018 zu Recht lediglich eine anteilige Instabilität, eine anteilige leichte Umfangsvermehrung der linken Wade, eine anteilige mäßige Verschwellung sowie einen bereits entfernten Knorpelschaden am Innenknöchel links als Folgen des Unfalls vom 28. April 2005 angenommen habe, bei Vorbestehen der Instabilität als Folge des Versicherungsfalles vom 18. März 1999.
Die Einschätzung der MdE durch Dr. Fr. stehe im Übrigen in Übereinstimmung mit den in der ärztlich-wissenschaftlichen Literatur angegebenen Erfahrungswerten, wonach erst bei einem Sprunggelenksbruch und einer daraus folgenden Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes von 0°/0°/30° eine MdE von 10 v. H. festgestellt werden könne (unter Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 712, 8.12.8). Eine solche Verletzung liege bei dem Kläger im Rahmen einer Reruptur der Außenbandplastik keineswegs vor. Insbesondere könnten die lediglich anteiligen Funktions-beeinträchtigungen (leichte Instabilität, leichte Umfangsvermehrung der linken Wade, mäßige Verschwellung der linken Außenknöchelspitze, Belastungsinsuffizienz) sowie eine lediglich endgradige Bewegungseinschränkung nicht einer Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes von 0°/0°/30° gleich gestellt werden, da diese Einschränkungen jedenfalls keiner für eine MdE-Bewertung ins Gewicht fallenden Funktionsbeeinträchtigung und keiner MdE-Einschätzung von mindestens 10 v. H. zugänglich seien.
Gegen das ihm am 19. September 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2019 Berufung eingelegt. Maßgebliche Funktionseinschränkung für die MdE-Bewertung sei die erst- bis zweitgradige lateroventrale Instabilität am linken oberen Sprunggelenk des Klägers. Es lägen in der Literatur Erfahrungswerte vor, welche sachnäher heranzuziehen seien als die Bewertung eines Sprunggelenkbruches, da sie das konkrete Verletzungsbild und seine typischen Folgen spezifischer berücksichtigten. Bei dem Kläger liege eine Instabilität mittleren Grades vor, die mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten sei. Selbst wenn eine leichtere Instabilität vorliege, sei in der Gesamtschau eine MdE von 10 v. H. erreicht. Das Wort „anteilig“ bei der Feststellung von Unfallfolgen verstoße bereits gegen den Bestimmtheitsgrundsatz aus § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. September 2019 sowie den Bescheid vom 23. August 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2017 in der Fassung des Bescheids vom 9. Februar 2018 abzuändern und festzustellen, dass es sich bei den Bewegungseinschränkungen, der deutlichen ventrolateralen Instabilität, der mäßigen Verschwellung und dem Knorpelschaden am Innenknöchel im linken oberen Sprunggelenk sowie dem mäßig gestörten Gangbild links, den Einschränkungen in den Gang- und Standtests und der leichten Muskelminderung im Bereich der linken Wade des Klägers überwiegend um Folgen des Versicherungsfalles vom 28. April 2005 handelt und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der anerkannten Folgen des Versicherungsfalles vom 28. April 2005 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. im Rahmen eines Stützrententatbestandes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verbleibt bei ihrer bisherigen Auffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte und die Sitzungsniederschrift vom 5. August 2020 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG). Der angefochtene Bescheid vom 23. August 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2017 in der Fassung des Bescheids vom 9. Februar 2018 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte hat folgende Unfallfolgen anerkannt:
– eine verheilte, operativ versorgte Reruptur der Bandplastik am linken oberen Sprunggelenk,
– eine anteilige endgradige Bewegungseinschränkung,
– eine anteilige leichte lateroventrale Instabilität des linken oberen Sprunggelenkes mit einhergehender Belastungsinsuffizienz,
– eine anteilige leichte Umfangsvermehrung (gemeint: Umfangsverminderung) der linken Wade,
– eine anteilige mäßige Verschwellung der linken Außenknöchelspitze und
– ein bereits entfernter Knorpelschaden am Innenknöchel links nach Reruptur einer Außenbandplastik aus dem Jahre 1995 sowie ebenfalls zuvor erlittener Außenbandreruptur vom 18. März 1999 und dadurch bedingter vorbestehender Instabilität als Folge des Versicherungsfalles vom 28. April 2005.
Der Kläger begehrt darüber hinaus die Feststellung folgender Unfallfolgen:
– überwiegend (statt anteilig) durch den Unfall verursachte Bewegungseinschränkungen,
– überwiegend (statt anteilige) durch den Unfall verursachte deutliche (statt leichte) ventrolaterale Instabilität,
– überwiegend (statt anteilig) durch den Unfall verursachte mäßige Verschwellung,
– überwiegend durch den Unfall verursachter Knorpelschaden am Innenknöchel im linken oberen Sprunggelenk,
– sowie überwiegend durch den Unfall verursachtes mäßig gestörtes Gangbild links, Einschränkungen in den Gang- und Standtests und
– überwiegend (statt anteilig) durch den Unfall verursachte leichte Muskelminderung im Bereich der linken Wade.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung weiterer bzw. ergänzender Unfallfolgen. Grundsätzlich kann ein Versicherter vom Träger den Erlass feststellender Verwaltungsakte über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen nach § 102 SGB VII beanspruchen (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 – B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274). Feststellbare Unfallfolgen sind solche Gesundheitsschäden, deren wesentliche (Teil-) Ursache der Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls war oder die einem Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines mäßig gestörten Gangbildes links und Einschränkungen in den Gang- und Standtests als Unfallfolgen. Für die Feststellung von Unfallfolgen ist es ausreichend, wenn diese hinreichend durch die Gesundheitsschäden zusammengefasst und wiedergespiegelt werden und sich hieraus die wesentlichen Funktionseinschränkungen ableiten lassen, wie z. B. vorliegend durch die Feststellung einer endgradigen Bewegungseinschränkung des Sprunggelenkes. Einzelne Befunde im Rahmen der Begutachtung, wie z. B. die Ergebnisse der Gang- und Standtests, sind hingegen keine Gesundheitsschäden und sagen für sich allein auch noch nichts über die zugrundeliegende Gesundheitsstörung aus. Sie sind daher nicht im Einzelnen festzustellen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung einer deutlichen statt einer leichten ventrolateralen Instabilität des oberen Sprunggelenkes, da diese nicht auf dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall beruht. Der Sachverständige Z. hat überzeugend ausgeführt, dass bereits nach dem Unfall von 1999 eine drittgradige Instabilität im oberen Sprunggelenk dokumentiert worden ist. Die nunmehr vorliegende erst- bis zweitgradige Instabilität bestand entsprechend schon vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall und kann nicht ursächlich auf diesen zurückgeführt werden. Den Kausalitätsüberlegungen von Dr. Fr. kann nicht gefolgt werden, da sie den Befund der drittgradigen Instabilität aus dem Jahr 1999 unberücksichtigt lässt und mangels ihr vorliegender Befunde davon ausgeht, dass aus der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers als Profifußballer auf eine zuvor nicht bestehende Instabilität zu schließen sei. Der Kläger war jedoch auch nach dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall noch weiter als Profifußballer tätig. Über die bereits erfolgte Anerkennung einer anteiligen leichten Instabilität hinaus kann damit auch keine weitere Feststellung im Sinne einer deutlichen Instabilität erfolgen.
Auch die Feststellung einer „überwiegend“ und nicht nur „anteiligen“ Verursachung der Gesundheitsschäden durch den Unfall kann der Kläger nicht beanspruchen. Im Rahmen der Feststellung von Unfallfolgen ist es ausreichend, wenn der Unfallversicherungsträger im Falle der Verschlimmerung eines vorbestehenden Gesundheitsschadens zu erkennen gibt, dass er nur die auf der Verschlimmerung beruhenden Unfallfolgen anerkennt. Dem hat die Beklagte genügt, indem sie einen Teil der Unfallfolgen nur anteilig anerkannt hat und auf die vorbestehenden Gesundheitsschäden durch eine Außenbandplastik aus dem Jahre 1995 sowie eine ebenfalls zuvor erlittene Außenbandreruptur vom 18. März 1999 verwiesen hat. Das genaue Verhältnis der Verschlimmerung zu den Vorschäden kann dagegen im Laufe der Zeit variieren und ist damit erst im Rahmen der Festsetzung einer MdE von Bedeutung. Im vorliegenden Fall handelt es sich zudem auch nur bei der endgradigen Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes nach Reruptur einer Außenbandplastik links, der mäßigen Verschwellung der linken Außenknöchelspitze und der Muskelminderung des linken Unterschenkels um anteilige Unfallfolgen. Denn die weiteren festgestellten Gesundheitsschäden der lateroventralen Instabilität und der Knorpelschaden am Innenknöchel links sind unabhängig der anderslautenden Feststellungen der Beklagten nicht Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls, sondern lagen bereits zuvor vor und wurden schon in den Befundberichten von Dr. F. in den Jahren 1999 und 2002 dokumentiert. Eine Feststellung dieser Unfallfolgen als „überwiegend“ ist schon aus diesem Grund nicht möglich.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Versicherte haben Anspruch auf eine Verletztenrente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch <SGB VII>). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSG, Urteil vom 26. November 1987 – 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27). Maßgeblich ist aber nicht die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten, sondern eine abstrakte Berechnung (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 3/2017, § 56 Rn. 10.1).
Der Senat folgt zunächst den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Z.. Durch den Arbeitsunfall ist es zu einer anteiligen endgradigen Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes nach Reruptur einer Außenbandplastik links und einer anteiligen Muskelminderung des linken Unterschenkels gekommen. Schon unter Berücksichtigung der gesamten Bewegungseinschränkungen ergibt sich keine MdE von 10 v. H. oder höher (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 712). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Bewegungseinschränkung nur anteilig auf den vorliegenden Arbeitsunfall zurückzuführen ist, da schon Vorschäden aus den Jahren 1995 und 1999 vorgelegen haben. Die Beklagte hat als weitere Unfallfolgen auch eine anteilige leichte lateroventrale Instabilität des linken oberen Sprunggelenkes mit einhergehender Belastungsinsuffizienz, eine anteilige mäßige Verschwellung der linken Außenknöchelspitze und einen bereits entfernten Knorpelschaden am Innenknöchel links nach Reruptur einer Außenbandplastik aus dem Jahre 1995 sowie ebenfalls zuvor erlittener Außenbandreruptur vom 18. März 1999 und dadurch bedingter vorbestehender Instabilität anerkannt. Einfluss auf die Höhe der MdE hätte – wie vom Kläger auch geltend gemacht – allenfalls die Instabilität des linken oberen Sprunggelenkes. Hier hat die Beklagte allerdings nur die Verschlimmerung gegenüber der vorbestehenden Instabilität anerkannt. Bereits vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall lag eine drittgradige Instabilität vor, nunmehr nur noch eine erst- bis zweitgradige. Eine Verschlimmerung hat sich entsprechend der Ausführungen des Gutachters Z. demgemäß nicht ausgewirkt, so dass auch eine Erhöhung der MdE nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.