Eifersuchtsattacke am Arbeitsplatz: Arbeitsunfall oder nicht?
Arbeitsunfälle sind Ereignisse, die im engen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit stehen und einen Gesundheitsschaden zur Folge haben. Innerhalb des Sozialrechts ist die Anerkennung und Feststellung eines Unfalls als Arbeitsunfall oft eine komplexe und herausfordernde Angelegenheit, da verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören die Art der Tätigkeit, der Ort des Unfalls, die Umstände des Unfalls und private Motive, die möglicherweise eine Rolle spielen. Es muss ein „innerer“ oder sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und dem Geschehen bestehen.
Insbesondere bei tätlichen Angriffen, beispielsweise durch Kollegen aufgrund von Eifersucht, kann die Unterscheidung zwischen privatem Bereich und versicherter Tätigkeit kompliziert sein. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Vorhandensein eines Arztberichts, um den Gesundheitsschaden, der durch den Unfall verursacht wurde, zu dokumentieren. Eine sorgfältige und detaillierte Untersuchung dieser Faktoren ist entscheidend, um festzustellen, ob ein Ereignis als Arbeitsunfall anerkannt und der betroffenen Person ein angemessener Versicherungsschutz gewährt wird.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Sozialgericht Würzburg entschied, dass ein Angriff auf einer Mitarbeiterin während ihrer Arbeitspause und auf dem Gelände des Arbeitgebers nicht als Arbeitsunfall eingestuft werden kann, da die Ursache des Angriffs in persönlichen Beziehungen und nicht in ihrer Arbeitsverrichtung lag.
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Grundsätzlich ist ein Unfall ein Arbeitsunfall, wenn er innerhalb des räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit passiert.
- Wenn der Angriff aus persönlichen Gründen auftritt, die nichts mit der Arbeit zu tun haben, besteht kein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit.
- Bei der Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, ist der Beweggrund des Angreifers entscheidend.
- Im vorliegenden Fall waren die Angreifer aus persönlichen Gründen unabhängig vom Arbeitskontext motiviert. Das persönliche Motiv überwiegt und macht die Verbindung zur versicherten Tätigkeit bedeutungslos.
- Eine Pause wird als eigenwirtschaftliche, persönliche Aktivität angesehen, die nicht unter Arbeitsschutz fällt; Raucherpausen sind keine Betriebsaufgaben.
- Das Gericht hält die Erhebung der Gerichtskosten für gerechtfertigt, da die Klage offensichtlich wegen mangelnder Erfolgsaussichten als missbräuchlich eingestuft wurde.
- Die Klägerin wurde aufgefordert, 150 Euro an die Staatskasse zu zahlen.
- Das Urteil bestätigt die Gültigkeit des Bescheids der Beklagten vom 22. Februar 2017 und des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2019.
Übersicht
Unfall im Arbeitsumfeld – Ein kniffliger Fall
In dem vorliegenden Fall geht es um eine Frau, welche von ihrem ehemaligen Kollegen und dessen Ehefrau angegriffen wurde, was zu einer geprellten Halswirbelsäule und Kopfschmerzen führte. Sie wurde am Tag des Unfalls im Juliusspital untersucht und ihre Diagnosen wurden in einem Durchgangsarztbericht festgehalten. Der Angriff war Auslöser einer Auseinandersetzung über die Anerkennung des Vorfalles als Arbeitsunfall, und somit ist das zentrale Anliegen der Streitigkeiten der beteiligten Parteien.
Zwischen Arbeitsrecht und privaten Handlungen – Ein Balanceakt nach dem Sozialrecht
Die rechtliche Herausforderung und das Problem in diesem Fall liegen in der Frage, ob die privaten Handlungen und Motive der Angreifer während der Arbeitszeit als versicherte Tätigkeit gelten können. Dies hängt von mehreren Aspekten ab, einschließlich der Beweggründe der Angreifer sowie den Umständen, die den Angriff ermöglicht haben.
SGB als Leitfaden – Warum der Angriff kein Arbeitsunfall ist
Das Gericht entschied schließlich, dass der Angriff nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden kann. Laut der Urteilsbegründung hatte das Gericht die Beweggründe der Angreifer berücksichtigt und festgestellt, dass diese private Gründe für den Angriff hatten. Die Eifersuchtsakte beruhten auf privaten Auseinandersetzungen und hatten keinen direkten Zusammenhang mit der Arbeit der Klägerin oder dem Arbeitsplatz.
Die Auswirkungen des Urteils – Ein Einzelfall, der Präzedenz schafft
Das Fazit des Urteils lautet, dass der Angriff, obwohl er während der Arbeitszeit und am Arbeitsplatz stattfand, nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird, da die Motive der Angreifer nicht direkt mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin in Verbindung standen. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit, den Kontext, die Umstände und die Beweggründe zu berücksichtigen, wenn es um die Frage geht, ob ein Unfall während der Arbeitszeit als Arbeitsunfall gilt. Es bestätigt auch, dass der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht uneingeschränkt gilt und dass private Motive und Handlungen, die keinen direkten Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit haben, nicht unter den Versicherungsschutz fallen.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was genau bedeutet der Begriff „Arbeitsunfall“ im rechtlichen Sinne?
Der Begriff „Arbeitsunfall“ bezieht sich im rechtlichen Sinne auf Unfälle, die versicherte Personen infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Dies umfasst nicht nur Unfälle, die während der Arbeitstätigkeit auftreten, sondern auch Unfälle, die während anderer versicherter Tätigkeiten passieren, wie beispielsweise Schüler während des Schulbesuchs oder Menschen, die Erste Hilfe leisten. Arbeitsunfälle sind in Deutschland durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt, die von Arbeitgebern abgeschlossen wird und verschiedene Leistungen im Falle eines Arbeitsunfalls bietet, wie zum Beispiel medizinische Behandlung, Rehabilitation und Rentenzahlungen bei dauerhaften Gesundheitsschäden.
Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Eine versicherte Person: Die betroffene Person muss in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sein. Dazu zählen Arbeitnehmer, Schüler, Studenten, ehrenamtlich Tätige und andere Personengruppen.
2. Eine versicherte Tätigkeit: Der Unfall muss infolge einer versicherten Tätigkeit auftreten. Das kann sowohl innerhalb als auch außerhalb des Betriebsgeländes sein.
3. Ein Unfall: Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Unfälle, die während der Arbeitszeit oder auf dem Betriebsgelände geschehen, als Arbeitsunfälle gelten. Beispielsweise sind Unfälle, die aufgrund innerer Ursachen (z. B. epileptischer Anfall, Herzinfarkt) oder absichtlicher Eigenverletzung auftreten, keine Arbeitsunfälle. Ebenso sind Unfälle während einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen der Arbeitszeit (z. B. Essen und Trinken in der Kantine oder Verrichten der Notdurft) keine Arbeitsunfälle.
Das vorliegende Urteil
SG Würzburg – Az.: S 5 U 147/20 – Urteil vom 29.09.2020
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 16.03.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2020 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Klägerin hat 150 Euro an die Staatskasse zu entrichten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Unfalls der Klägerin als Arbeitsunfall.
Die am xx.xx.1973 geborene Klägerin ist als Servicekraft/Kellnerin der Gaststätte A bei der Beklagten versichert.
Am 05.01.2017 hatte die Klägerin seit 10:00 Uhr Dienst. Sie befand sich im Gaststättenraum und war auf dem Weg zur Garderobe um eine Strickjacke anzuziehen und dann eine Zigarettenpause einzulegen. Dabei begegnete ihr ein Arbeitskollege, dessen Frau und deren Tochter.
Als der Arbeitskollege mit ihr ein Gespräch beginnen wollte, lehnte die Klägerin dies unter Hinweis darauf ab, dass sie arbeiten müsse. Die Frau des Arbeitskollegen warf der Klägerin sodann vor, mit ihrem Mann im Sommer sexuelle Kontakte gehabt zu haben, was die Klägerin abstritt. Zuvor waren Bilder von einem Treffen von Arbeitskollegen im Herbst, bei dem die Klägerin auch anwesend war, gemacht worden, woraufhin die Ehefrau des Arbeitskollegen eifersüchtig war, nachdem die Bilder im Internet veröffentlich worden waren.
Die Ehefrau des Arbeitskollegen zog der Klägerin sodann an den Haaren, wobei sich auch der Arbeitskollege beteiligte und die Klägerin zu Boden riss und sie attackierte.
Die Klägerin wurde daraufhin am Unfalltag im Krankenhaus Juliusspital (jetzt Klinikum Mitte GmbH) untersucht, wo eine Halswirbelsäulen(HWS)-Distorsion und eine Schädelprellung diagnostiziert wurde.
Nach Erhalt eines Durchgangsarztberichtes des Krankenhauses Juliusspital holte die Beklagte eine Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin zum Unfallhergang ein, welcher ausführte, dass Vorgeschichte des Streits eine krankhafte Eifersucht der Frau E gewesen sei, was an einem Arbeitsessen im Herbst mit sechs Kollegen begonnen habe, wobei Bilder gemacht worden seien und auf Facebook veröffentlicht worden seien. Nach diesem Arbeitsessen habe Frau E der Klägerin unterstellt, permanent sexuellen Kontakt zu ihrem Mann gehabt zu haben.
Nach Erhalt der Unfallanzeige des Arbeitgebers sowie eines Nachschauberichtes des Chirurgen Dr. F holte die Beklagte eine Auskunft der Klägerin ein, die die Angaben des Arbeitgebers bestätigte, und lehnte nach Erhalt eines Nachschauberichtes des Krankenhauses S. B-Stadt mit Bescheid vom 22.02.2017 die Gewährung von Leistungen mit der Begründung ab, dass ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht nachgewiesen sei. Die zum Unfall führende Tätigkeit habe persönlichen Zwecken gedient und sei dem privaten Lebensbereich zuzuordnen.
Am 20.12.2018 wies die Klägerin die Beklagte auf den Sachverhalt vom 05.01.2017 und darauf hin, dass sie keinen Bescheid erhalten habe.
Die Beklagte sendete der Klägerin sodann mit Schreiben vom 07.01.2019 den Bescheid vom 22.02.2017 erneut zu.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch, den die Klägerin damit begründete, dass sie keine private Tätigkeit ausgeführt habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2019 zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Würzburg (S 5 U 108/19) nahm die Klägerin in einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.09.2019 zurück, nachdem der Vorsitzende die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Einordnung von Streitigkeiten/Tätlichkeiten am Arbeitsplatz hingewiesen hatte und auf die Erfolglosigkeit der Klage hingewiesen hatte.
Am 15.11.2019 wandte sich die Klägerin persönlich an das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) und erklärte den Widerruf der Klagerücknahme und stellte „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens“ mit der Begründung, dass ihr die Rücknahme der Klage nicht richtig erscheine, sie habe vorschnell gehandelt.
Nach gerichtlichen Hinweis, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf der Klagerücknahme nicht vorlägen und die Möglichkeit eines Antrages nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X bestehe und sie sich hierfür an die Beklagte wenden müsse, wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 21.11.2019 an die Beklagte und führte aus, dass sie gegen den Bescheid vom 02.04.2019 (gemeint Widerspruchsbescheid) nochmal Widerspruch einlege. Der Sachverhalt, so wie er von der Beklagten festgestellt worden sei, sei nicht richtig. Sie sei an der Arbeitsstelle gewesen um zu arbeiten. Persönlich habe sie mit dem Ehepaar nichts zu tun.
Die Beklagte wertete das Schreiben als Antrag nach § 44 SGB X und zog die Akte der Staatsanwaltschaft C-Stadt über ein Ermittlungsverfahren gegen die Täter bei.
Nach Erhalt einer Stellungnahme der Klägerin vom 12.03.2020 zum Sachverhalt und erneuter Antragstellung auf Leistung durch die Klägerin lehnte die Beklagte mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16.03.2020 die Rücknahme des Bescheides vom 22.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 mit der Begründung ab, dass sich aus der von ihr beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft ergebe, dass die Ursache für die erlittenen Gesundheitsschäden (Kopfprellung, Halsmuskelzerrung) nicht die versicherte Tätigkeit als Kellnerin sei, sondern die private Auseinandersetzung mit den beteiligten Ehepaar E. Damit ergebe sich, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes vom 22.02.2017 das Recht nicht unrichtig angewandt bzw. nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch, den die Klägerin damit begründen ließ, dass ohne ihre Anwesenheit am Arbeitsplatz die Verletzungen nicht eingetreten wären, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2020 zurück.
Mit der am 30.06.2020 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Feststellung des Unfalls vom 05.01.2017 im Wege des Zugunstenbescheides (§ 44 SGB X).
Zur Begründung der Klage lässt sie auf die Begründung ihres Widerspruchs verweisen.
Das Gericht hat die die Klägerin betreffenden Unfallakten der Beklagten sowie die Archivakte des Sozialgerichts Würzburg, S 5 U 108/19, beigezogen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.09.2020 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.03.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2020 zu verurteilen, den Bescheid vom 22.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 insoweit zurückzunehmen, als dort der Unfall vom 05.01.2017 nicht als Arbeitsunfall festgestellt wurde.
Der Beklagtenvertreter beantragte, die Klage abzuweisen.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Gerichtsakte auch im Übrigen sowie die die Klägerin betreffenden Unfallakten der Beklagten und die Archivakte des Sozialgerichts Würzburg, S 5 U 108/19.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird hierauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht beim Sozialgericht Würzburg erhobene Klage ist zulässig.
Sie erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Gericht verweist insoweit auf die zutreffende Begründung im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16.03.2020 (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Ergänzend gilt Folgendes:
Nach §44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Für einen Arbeitsunfall ist hiernach erforderlich, dass eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende (innerer oder sachlicher Zusammenhang) Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Die Verursachung länger dauernder Gesundheitsschäden durch den Gesundheitserstschaden (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles, sondern für die Gewährung von Verletztenrente.
Hierbei ist es in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet, einerseits zu der versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, der Verletzte also durch eine Verrichtung vor dem Unfall den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (Wertung) und dass diese Verrichtung andererseits den Unfall herbeigeführt hat (Unfallkausalität, BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 31/07 R).
Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit- der Betriebstätigkeit – und mit dem Beschäftigungsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) oder dem freiwilligen Versicherungsverhältnis (§ 6 SGB VII) bestehen, der sogenannte innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, dass das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE SozR 2200, § 548 Nr. 82; BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77, BSG, Urteil vom 18.11.2008 a. a. O.).
Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungsschutz mangels der Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Durchführung einer der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung aus. Der Betreffende ist dann nicht „Versicherter“ im Sinne des Gesetzes.
Der innere Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit und damit die Merkmale eines Arbeitsunfalles sind nicht ohne Weiteres ausgeschlossen, wenn der Versicherte einem vorsätzlichen Angriff zum Opfer fällt. Trifft eine solche Angriffshandlung denjenigen, dem sie zugedacht war, sind für die Beantwortung der Frage, ob zwischen dem Angriff und der versicherten Tätigkeit ein innerer Zusammenhang besteht in der Regel entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG die Beweggründe entscheidend, die den Angreifer zu diesem Vorgehen bestimmt haben (BSGE 6, 164, 167; 10, 56, 60; 17, 75, 77). Sind diese in Umständen zu suchen, die in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten (z. B. persönliche Feindschaft, Eifersucht oder ähnliche betriebsfremde Beziehungen) stehen so fehlt es grundsätzlich an dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (BSGE a. a. O., BSG vom 19.03.1996, 2 RU 19/95; BSG vom 19.12.2000, B 2 U 37/99 R).
Die Qualifizierung eines Unfalles im Falle einer Tätlichkeit als Arbeitsunfall ist dagegen zu bejahen, wenn sie aus Gründen entstanden ist, die mit der Arbeit zusammenhängen bzw. wenn die Zwistigkeit unmittelbar mit der Betriebsarbeit entstanden ist (Keller in Hauck, SGB V § 8 Nr. 149; BSG vom 31.01.1961 BSGE 13, 290 (291); BSG vom 30.10.1962 BSGE 18, 106.
Die betrieblichen Vorgänge müssen also wesentlich für die Auseinandersetzung sein (so auch BSG, Urteil vom 27.03.1990 a. a. O. unter Hinweis auf BSG vom 30.10.1962 a. a. O.; BSG, Urteil vom 04.11.1981 a. a. O., BSG, Urteil vom 31.01.1961, 2 RU 251/58, BSGE 13, 290), wobei das BSG auf die Beweggründe des Angreifers abstellt. Sind die Beweggründe in Umständen zu suchen, die in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit stehen, fehlt es am erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen den Unfallfolgen und der versicherten Tätigkeit.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.06.1998, B 2 U 27/97 R m. w. N.) und dieser folgend auch des BayLSG (Urteil vom 22.02.2006, L 2 410/04 und vom 04.04.2011, L 18 U 353/07), schließt ein vorsätzlicher Angriff, einen Arbeitsunfall nur dann nicht aus, wenn die Beweggründe des Täters nicht dem persönlichen Bereich des Täters zugeordnet werden können und die Tat nicht von besonderen Verhältnissen des Tatortes entscheidend begünstigt wurde. Dass entscheidend auf die Beweggründe des Täters abzustellen ist, folgt daraus, dass allein anhand dieses Kriteriums entschieden werden kann, ob eine zur Gewalttat entschlossene Person nur eine von vielen Möglichkeiten nutzt, seinem Opfer habhaft zu werden und sich damit keine der versicherten Tätigkeit innewohnende Gefahr verwirklicht, sondern eine allgemeine Gefahr, die nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung gerade nicht unter den Schutz dieser Versicherung fallen soll. Mit der Erwägung, dass die betriebsfremden Beziehungen zwischen Täter und Opfer vorherrschen und den Zusammenhang des Überfalls mit der versicherten Tätigkeit als rechtlich unwesentlich zurückdrängen, rechtfertigt sich die Versagung des Unfallversicherungsschutzes in diesen Fällen (vgl. schon BSGE 17, 75, 77, BSG, Urteil vom 19.12.2000, B 2 U 37/99 R, BayLSG Urteil vom 04.04.2011 a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte im Bescheid vom 22.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.
Unstrittig lag im vorliegenden Fall ein tätlicher Angriff gegen die Klägerin vor. Jedoch lag das Tatmotiv der Täter ausschließlich in der Privatsphäre der Klägerin und der Täter nämlich in der Eifersucht der Ehefrau des Arbeitskollegen der Klägerin Frau E. Dieses dem persönlichen Bereich der Klägerin zuzurechnende Tatmotiv drängt den Zusammenhang der Tätlichkeit mit der versicherten Tätigkeit als rechtlich unwesentlich zurück.
Zwar bedarf es nicht stets eines betriebsbezogenen Tatmotivs, damit der innere Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit hergestellt wird und es kann ein innerer Zusammenhang auch (bei gegebenen Umständen) bei einem aus rein persönlichen Gründen unternommenen Angriff gegeben sein, wenn die besonderen Umstände, unter denen die versicherte Tätigkeit ausgeübt wird oder die Verhältnisse am Arbeitsplatz die Tätlichkeit erst ermöglichen oder wesentlich begünstigt haben (BSG, Urteil vom 19.03.1996 a. a. O.; vom 19.12.2000 a. a. O.). Jedoch ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass die örtlichen Gegebenheiten oder die Verhältnisse am Arbeitsplatz die Tätlichkeit erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt hätten.
Ebenso wenig hat auch der Tatort wegen seiner Lage den tätlichen Angriff erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt.
Nach der Rechtsprechung sind derartige besondere Verhältnisse z. B. Dunkelheit, Dämmerung, einsam gelegener Tatort, örtliche Gegebenheiten, die eine sichere Flucht ermöglich oder die den Tatplan erheblich bestimmt haben (BSGE 6, 167; BSGE 78, 65, 67).
Die Tätlichkeit hätte genauso gut an jedem anderen Ort und zu jeder anderen Gelegenheit durch die Täter durchgeführt werden können. Ein vorgefertigter Plan der Angreifer die Tätlichkeit gerade unter Ausnutzung der örtlichen Verhältnisse zu begehen, ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig hat der Tatort wegen seiner Lage den tätlichen Angriff erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt. Zwar erfolgte die Tätlichkeit in der Zeit und an dem Ort, an dem die Klägerin ihrer versicherten Beschäftigung nachging, jedoch bestand für die Angreifer das erhebliche Risiko, dass Zeugen – wie auch geschehen – den Angriff beobachten würden, so dass für die Angreifer erhebliches Risiko der Strafverfolgung bestand und auch eine uneingeschränkte Fluchtmöglichkeit nicht bestand.
Besonderheiten der Örtlichkeit oder die Tatsache, dass die Angreifer ggf. Kenntnis davon hatten, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt Dienst hatte, kommt damit gegenüber den privaten Motiven des Angriffs nicht das Gewicht einer annähernd gleichwertigen Bedingung zu.
Die unversicherte Mitursache des privaten Motivs der Angreifer hat vielmehr das Geschehen derart geprägt, dass auch unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und des Tatzeitpunktes die versicherte Tätigkeit als Ursache zurücktritt und wesentliche Ursache allein die nicht vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung erfassten privaten Motive der Angreifer waren.
Dass der Unfall während einer von der Klägerin selbst bestimmten Arbeitsunterbrechung (Pause) eintrat, begründet ebenfalls den Versicherungsschutz nicht. Verunglückt ein Versicherter während einer derartigen Pause infolge einer Tätigkeit, die er während der Pause ausübt, besteht der innere Zusammenhang nur, wenn diese Tätigkeit dem Betrieb zu dienen bestimmt war (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 15). Das Gleiche gilt für den Weg zum Ort an dem die Pause verbracht werden soll, wenn die Pause aus eigenwirtschaftlichen persönlichen, nicht dem Betrieb dienenden Gründen ausgeübt werden soll (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 8 Nr. 7.4.4).
Das Rauchen, das die Klägerin im Rahmen der Pause beabsichtigte, ist unabhängig von jeglicher betrieblichen Tätigkeit. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass der Konsum von Genussmitteln gegenüber der Einnahme fester oder flüssiger Nahrung weit mehr persönlichen Angewohnheiten entspringt, so dass ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nur beim Nachweis besonderer Umstände angenommen werden kann (BSGE 12, 254, 256 = SozR Nr. 27 zu § 543 RVO a. F.).
Einen solchen Ausnahmefall hat das BSG für einen Raucher erwogen, für den das Rauchen in der jeweiligen Situation so unabweisbar notwendig wie das Stillen des Hungers hätte sein können (BSGE 12 a. a. O.), das beabsichtigte Rauchen also zur Weiterarbeit für den betroffenen Versicherten notwendig war (BSG SozR Nr. 15 zu § 550 RVO).
Eine derartige Situation der Klägerin ist nicht ersichtlich.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten, bei denen es sich nicht um notwendige Kosten des Verfahrens handelt, beruht auf § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Bevollmächtigter (§ 192 Abs. 1 S. 2 SGG).
Ein Unterfall der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist die offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung. Dass diese offensichtliche Aussichtslosigkeit für den Tatbestand des Missbrauchs genügt, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers, wie er bei der Novellierung des Sozialgerichtsgesetzes im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 14/5943, S. 60 zu Nr. 659 rechtfertigen die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits und ein entsprechender (hier in der mündlichen Verhandlung erfolgter) Hinweis des Vorsitzenden auf eine mögliche Kostentragungspflicht die Auferlegung von Kosten. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 14/6335, S. 35 zu Nr. 65), dass es sich bei dem Tatbestand der offensichtlichen Aussichtslosigkeit um einen Unterfall der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung handelt (LSG Thüringen vom 29.05.2008, L 2 R 1100/06, juris Rn. 36 f). Mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG soll verhindert werden, dass wegen des nicht vorhandenen Kostenrisikos völlig aussichtslose Verfahren durchgeführt werden (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.04.2004, 6 SB 197/03 ER, juris Rn. 21).
Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn ein verständiger Dritter bzw. jeder Einsichtige die offensichtliche Aussichtslosigkeit erkannt hätte (vgl. zum Ganzen Leitherer, a. a. O., § 192 Rn 9 m. w. N.; Henning, Kommentar zum SGG, § 192, Rn 12).
Missbräuchlichkeit liegt hier vor, da die aus den oben genannten Gründen offensichtlich unbegründete Klage trotz deren offensichtlicher Aussichtslosigkeit und entsprechendem richterlichen Hinweises weiterverfolgt wurde. Die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung hätte jeder verständige Dritte erkannt, zumal die Rechtslage eindeutig ist.
Die Höhe der festgesetzten Kostenbeteiligung hat das Gericht unter Wahrung der gesetzlichen Mindesthöhe bzw. oberhalb dieser durch Schätzung des letztlich von den Steuerzahlern zu tragenden Kostenaufwandes für das Klageverfahren festgesetzt (vgl. zur Gerichtshöhe LSG Schleswig-Holstein 26.11.2003, L 8 U 119/02 juris Rn 41). Als verursachter kostgenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, vor dem Sozialgericht, also derzeit 150,00 Euro. Dieser Betrag reicht zur Deckung der durch den Missbrauch des Klägers entstandenen Kosten bei weitem nicht aus. Denn grundsätzlich zählen zu den Kosten des Gerichts neben den Kosten für die konkrete Fallarbeit anfallenden richterlichen Arbeitsstunden (vgl. die diesbezüglichen Berechnungen bei Goedelt, Die Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 499 f.) insbesondere auch die allgemeinen Gerichtshaltungskosten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 192 Rn 12 m. w. N.). Der durchschnittliche Personal- und Materialaufwand für ein Verfahren in der zweiten Instanz beträgt ohne Berücksichtigung der im Landeshaushalt ausgewiesenen allgemeinen Vorhaltungskosten für Miete, Heizung, Reinigung, Technik und sonstige Aufwendungen ca. 1.000,00 € (LSG Thüringen vom 30.01.2006, L 6 RA 383/04, juris Rn 34). Für die erste Instanz ist kein wesentlich geringerer Personal- und Materialaufwand anzusetzen. Angesichts dieses Kostenaufwandes für ein Klageverfahren sowie des gesetzlich vorgesehenen Mindestbetrages erscheint dem Gericht unter Berücksichtigung der richterlichen Arbeitsstunden mindestens der festgesetzte Kostenbeitrag von 150,00 Euro als geboten, wobei sich das Gericht bewusst ist, dass zur vollen Deckung der Kosten eine deutlich höhere als die festgesetzte Kostenbeteiligung von 150,00 Euro erforderlich wäre.