Landessozialgericht Rheinland-Pfalz – Az.: L 2 U 159/20 – Urteil vom 06.09.2021
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.07.2020 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei einer Impfung um einen Arbeitsunfall handelt.
Der am XXX geborene Kläger ist gelernter Koch mit abgeschlossener Meisterprüfung. Seit dem Jahr 2018 bezieht er eine gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung.
Beruflich war der Kläger bei der M.P.M.-, B. – und S. GmbH, einem Tochterunternehmen der M.-G., Dienstleister für Unternehmen aus der Gesundheitsbranche und Rechtsvorgänger der heutigen M.S. GmbH, als Gastronomieleiter tätig. Die GmbH betrieb die Küche des M. in C.
Mit Schreiben vom 23.09.2009 bat die Verwaltung des M.C. die Abteilungsleiter des Hauses und aller mit ihm verbundenen Unternehmen, darunter der M. GmbH, Mitarbeiter zu melden, die beabsichtigten, an einer Schutzimpfung gegen Influenza A (H1N1 – Schweinegrippe) teilzunehmen. Der Impfstoff werde vom Gesundheitsamt kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Teilnahme sei freiwillig. Grundsätzlich stehe es jedem Mitarbeiter frei, sich auch vom Hausarzt impfen zu lassen. Impfberechtigt seien alle Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Patientenkontakt hätten. Das Schreiben wurde von dem Direktionsassistenten L. unterzeichnet. Im Briefkopf ist unter dem Logo „M.C.“ als Ansprechpartner Herr H. angegeben.
Der Kläger nahm an der Impfung teil. Sie fand am 09.11.2009 statt.
Die Internistin Dr. P. gab in einem Arztbrief vom 07.02.2017 an, der Kläger leide seit März 2014 unter unklaren Fieberschüben mit Arthralgien und Exanthemen. Sie diagnostizierte eine seronegative rheumatoide Arthritis, DD andere Fiebererkrankungen mit Arthralgien.
Vom 09.01.2017 bis zum 06.02.2017 wurde der Kläger im Rahmen einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der DRV in der K.-A. Klinik B.K. stationär behandelt. Im Entlassungsbericht wurden ein noch unklares autoinflammatorisches Syndrom, ein Fibromyalgie-Syndrom, psychologische Faktoren bei autoinflammatorischem Prozess, ein Diabetes mellitus und eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Zur Anamnese heißt es in dem Bericht, der erste Krankheitsschub sei im Juni 2013 aufgetreten.
Mit Schreiben vom 22.03.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung, ob ein „BG-Fall“ vorliegt.
Anlässlich einer telefonischen Kontaktaufnahme durch eine Mitarbeiterin der Beklagten am 30.03.2017 gab der Kläger an, es seien alle Mitarbeiter, die Patientenkontakt gehabt hätten, aufgefordert worden, sich impfen zu lassen. Die Abteilungsleiter habe man mündlich aufgefordert, sich impfen zu lassen, um als Vorbild zu dienen. Er selbst gehe täglich einmal für ein bis zwei Stunden auf die Stationen, um das Essen zu kontrollieren. Außerdem sei er als Ernährungsberater tätig und suche dabei Patienten auf.
Mit Bescheid vom 02.05.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit der Begründung ab, ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Eine allgemeine Grippeschutzimpfung stehe selbst dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie vom Arbeitgeber empfohlen und finanziert werde. Gleiches gelte für eine Schweinegrippe-Impfung, soweit sie nicht vom Arbeitgeber gefordert werde bzw. wenn man nicht einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sei. In dem Schreiben vom 23.09.2009 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Teilnahme an der Impfung freiwillig sei. Die Impfung sei weder angeordnet noch empfohlen worden. Vielmehr habe es sich lediglich um eine Information über die Möglichkeit der Impfung gehandelt. Dass die Abteilungsleiter aufgefordert worden seien, sich impfen zu lassen, sei nicht belegt. Außerdem lasse sich auch hieraus eine Pflicht zur Impfung nicht ableiten. Zudem sei eine erhöhte Gefährdung des Klägers durch die versicherte Tätigkeit nicht zu erkennen. Ein direkter Patientenkontakt im Sinne einer Arbeit am Patienten selbst liege nicht vor. Für die Ausübung der versicherten Tätigkeit habe der Kläger die Impfung nicht benötigt.
Im Widerspruchsverfahren brachte der Kläger vor, er habe auch als Gastronomieleiter erkrankte Mitarbeiter vor Ort auf den Stationen bei der Essensausgabe sowie bei Ernährungsberatungen und Patientengesprächen vertreten müssen. Er sei verantwortlich für die Belieferung des M., in dem auch hochinfektiöse Patienten behandelt würden, der Senioreneinrichtungen St. H. und St. K. sowie der Kindergärten der Stadt C. und St. K. v. F. Er sei der Auffassung gewesen, es habe zu seinen Pflichten als Arbeitnehmer gehört, der Empfehlung zur Impfung nachzukommen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 28.08.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheides.
Am 25.09.2017 hat der Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung hat er angeführt, bei der Kontrolle der Mahlzeiten, der Essensausgabe und der Ernährungsberatung habe er im Krankenhaus täglich Patientenkontakt, in den Seniorenheimen zweimal wöchentlich. Zudem besuche er zweimal im Monat die Grundschule und die Realschule plus in K. Mit Schreiben vom 23.09.2009 seien die Abteilungsleiter gebeten worden, Mitarbeiter zu benennen, die sich einer Impfung unterziehen wollten. Darüber hinaus sei ihm von dem kaufmännischen Direktor des Krankenhauses, Herrn H., ausdrücklich nahegelegt worden, sich wegen seiner regelmäßigen Patientenkontakte impfen zu lassen. Auch habe damals das Robert-Koch-Institut (RKI) allen Beschäftigten im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege mit Kontakt zu Patienten oder infektiösem Material empfohlen, sich impfen zu lassen. Im Nachgang zu dem Schreiben vom 23.09.2009 habe der kaufmännische Direktor H. nachgefragt, welche Mitarbeiter des Klägers sich impfen lassen wollten. Auf seine Antwort, nur wenige Mitarbeiter machten von dem Angebot Gebrauch, habe der kaufmännische Direktor H. ihm ausdrücklich empfohlen, als Vorgesetzter mit gutem Beispiel voranzugehen und sich auf jeden Fall impfen zu lassen. Nur wegen dieser Empfehlung habe er sich impfen lassen.
Der seinerzeitige kaufmännische Direktor J. H. hat, nachdem er als Zeuge geladen worden war, am 01.05.2020 gegenüber dem Sozialgericht schriftlich angegeben, der Kläger sei bei einem Tochterunternehmen des Krankenhausträgers beschäftigt und ihm damit weder organisatorisch noch disziplinarisch oder rechtlich zugeordnet gewesen. Über eine Impfung des Klägers lägen ihm keine Informationen vor.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.07.2020 hat der Zeuge H. ausgesagt, der Kläger sei als Mitarbeiter einer GmbH, die für das Catering zuständig gewesen sei, nicht sein Mitarbeiter gewesen, habe aber im Haus die Küche geleitet und sei auch für die Essensausgabe zuständig gewesen. Ob er dabei Kontakt mit Patienten gehabt habe, könne er nicht sagen. Die Abfrage, wer sich impfen lassen wolle, sei erfolgt, um festzustellen, wie viele Impfdosen zu bestellen seien.
Über die Impfung habe er mit dem Kläger nicht gesprochen. Es habe nur eine allgemeine Information darüber gegeben, dass eine Möglichkeit zur Impfung bestehe. An weitere Gespräche könne er sich nicht erinnern.
Durch Urteil vom 22.07.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Impfung habe nicht in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers gestanden. Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit seien grundsätzlich dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen, auch wenn sie zugleich der Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitskraft dienten. Dies gelte selbst dann, wenn es sich um eine Impfung handele, die vom Arbeitgeber empfohlen und finanziert werde. Ausnahmsweise könne ein innerer Zusammenhang angenommen werden, wenn ein Unternehmen bei gehäuft auftretenden Erkrankungen der in der Berufsarbeit begründeten Ansteckungsgefahr begegnen wolle oder die Durchführung der Impfung im Betrieb erfolge, um einen erheblichen Arbeitsausfall zu vermeiden. Die Impfung des Klägers habe nicht wesentlich den Interessen seines Arbeitgebers gedient. Zwar habe er Kontakt mit Patienten gehabt. Den Angaben des Klägers sei jedoch nicht zu entnehmen, dass er auch sehr nahen Kontakt oder sogar Körperkontakt mit den Patienten gehabt habe. Er habe nicht in einem Bereich gearbeitet, in dem ein erhöhtes Ansteckungsrisiko hinsichtlich der Schweinegrippe bestanden habe. Allein die Tatsache, dass er in einem Krankenhaus gearbeitet habe, sei nicht geeignet, einen ausreichenden Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Impfung des Klägers herzustellen. Insoweit sei seine Tätigkeit nicht mit derjenigen beispielsweise einer Krankenschwester vergleichbar. Auch sei ein Interesse des Arbeitgebers, einer gehäuften Ansteckungsgefahr oder einem erheblichen Arbeitsausfall entgegenzutreten, nicht erkennbar. Es habe keine Aufforderung an die Mitarbeiter gegeben, sich impfen zu lassen. Dem Kläger habe es freigestanden, sich impfen zu lassen. Es sei nicht zu erkennen, dass eine Weigerung arbeitsrechtliche Konsequenzen hätte haben können.
Gegen das ihm am 04.08.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.09.2020 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, die Schweinegrippeimpfung sei aufgrund seiner Tätigkeit als Beschäftigter im M.C. erforderlich gewesen. Er sei nicht nur bei der Essensausgabe, sondern auch als Ernährungsberater mit Patienten in Kontakt getreten. Die Beratungen hätten in den Patientenzimmern stattgefunden und mitunter eine Stunde gedauert. Er gehöre damit zu den Personen, die gemäß der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) gegen das Grippevirus geimpft werden sollten. Die Impfung stehe daher im direkten sachlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Ohne die Impfung wäre es nicht zu dem Impfschaden gekommen. Die Impfung sei auf Veranlassung und Kosten des Arbeitgebers vorgenommen worden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.07.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2018 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der am 09.11.2009 erfolgten Impfung um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, statthaft und auch sonst zulässig.
In der Sache ist sie ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil vom 22.07.2020 festgestellt, dass es sich bei der Impfung vom 23.09.2009 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII setzt, wie sich aus der Verwendung des Begriffs „infolge“ ergibt, voraus, dass die zum Unfall führende Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand. Versicherte Tätigkeit war vorliegend diejenige des Klägers als Gastronomieleiter der M.P.M.-, B.- und S. GmbH als Beschäftigter im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Als zu einem Unfall führende Tätigkeit macht der Kläger die Grippeschutzimpfung am 09.11.2009 geltend.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme an der Impfung am 09.11.2009 in einem rechtlich wesentlichen sachlichen bzw. inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers als Beschäftigter der M.P.M.-, B.- und S. GmbH stand.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als „Beschäftigter“ setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (BSG v. 15.05.2012, Az. B 2 U 8/11 R). Maßgeblich ist, ob die sogenannte Handlungstendenz, mit der der Versicherte die zum Unfall führende Tätigkeit verrichtet, darauf gerichtet ist, eine im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Verrichtung auszuüben (vgl. zuletzt BSG v. 06.05.2021, Az. B 2 U 15/19 R). Das ist der Fall, wenn
– die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,
– der Versicherte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder
– er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt (BSG v. 15.05.2012, Az. B 2 U 8/11 R m.w.N.).
Es ist nicht erwiesen, dass die Teilnahme an der Grippeschutzimpfung am 09.11.2009 der Erfüllung einer objektiv bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis diente. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger durch Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder Weisung des Arbeitgebers im Rahmen des Direktionsrechts verpflichtet war, an der Impfung teilzunehmen. Das war nicht der Fall. Eine Verpflichtung aus Tarif- oder Arbeitsvertrag bestand nicht; eine solche wurde vom Kläger auch nicht behauptet. Auch lässt sich eine Weisung des Arbeitgebers im Rahmen des Direktionsrechts nicht feststellen. Zwar bat die Verwaltung des M. C. mit Schreiben vom 23.09.2009 die Abteilungsleiter des Hauses und aller mit ihm verbundenen Unternehmen, wozu wohl auch die M. GmbH zu zählen war, Mitarbeiter zu melden, die beabsichtigten, an einer Schutzimpfung gegen Influenza A (H1N1 – Schweinegrippe) teilzunehmen. Der Impfstoff werde vom Gesundheitsamt kostenlos zur Verfügung gestellt. Dieses Schreiben war aber lediglich als Impfangebot, nicht aber als Verpflichtung zur Teilnahme an der Impfung anzusehen. Denn es heißt in dem Schreiben ausdrücklich, die Teilnahme an der Impfung sei freiwillig. Hingewiesen wurde auf eine Impfberechtigung für alle Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Patientenkontakt hätten. Von einer Impfpflicht ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede.
Dem Schreiben vom 23.09.2009 war somit objektiv vom Empfängerhorizont keine Anordnung zu entnehmen, an einer Grippeschutzimpfung, sei es durch den Arbeitgeber, sei es durch den Hausarzt – auf eine solche Möglichkeit wurde in dem Schreiben ausdrücklich hingewiesen – teilnehmen zu müssen. Auch subjektiv sollte mit dem Schreiben vom 23.09.2009 aus Sicht des Arbeitgebers eine Impfpflicht nicht angeordnet werden. Dies ergibt sich aus den Angaben des Zeugen H. im Rahmen der Beweisaufnahme durch das Sozialgericht Koblenz. Danach sollte mit dem Schreiben vom 23.09.2009 nur die Impfbereitschaft abgefragt werden, um feststellen zu können, wie viele Impfdosen bestellt werden mussten. Im Übrigen hat der Zeuge H. zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger bei einem Tochterunternehmen des Krankenhausträgers beschäftigt und der Leitung des Krankenhauses damit weder organisatorisch noch disziplinarisch oder rechtlich zugeordnet war, so dass insoweit schon keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Kläger bestand.
Auch dass der Kläger aufgrund der objektiven Umstände subjektiv davon ausgehen durfte, zur Teilnahme an der Impfung verpflichtet zu sein, lässt sich nicht feststellen. Zwar hat der Kläger im Widerspruchs- und im Klageverfahren durchaus nachvollziehbar vorgebracht, er habe sich aufgrund seiner Patientenkontakte, seiner Vorbildfunktion als Vorgesetzter und der Impfempfehlung der STIKO veranlasst gesehen, an der Grippeschutzimpfung teilzunehmen. Allein die subjektive Vorstellung, durch die Impfung auch den Interessen seines Arbeitgebers dienlich zu sein, reicht jedoch nicht aus, um Versicherungsschutz zu begründen. Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO.) ist die Annahme einer solchen Pflicht vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung der zum Unfall führenden Tätigkeit (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Entscheidend ist dabei, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aus aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus (BSG aaO.). Versicherungsschutz besteht daher nach der Rechtsprechung des BSG dann, wenn der Beschäftigte aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich betriebsdienlich zu verhalten, wohingegen Versicherungsschutz zu verneinen ist bei einer Handlung mit der Absicht, andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG v. 18.03.2008, Az. B 2 U 12/07 R).
So verhielt es sich im vorliegenden Fall. Der Kläger erfüllte durch die Teilnahme an der Grippeschutzimpfung, wie ausgeführt, objektiv keine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der M.P.M.-, B.- und S. GmbH. Er konnte auch nach den objektiven Umständen des Falles nicht der Auffassung sein, er erfülle eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Weder gab es eine Anweisung des Arbeitgebers noch eine Impfpflicht durch die STIKO, sondern nur eine allgemeine Empfehlung. Diese mag zwar objektiv auch dem Interesse des Arbeitgebers gedient haben, Krankheitsausfälle durch eine Grippeerkrankung zu vermeiden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Impfung aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für seine Mitarbeiter wie auch für die Empfänger der Erzeugnisse der Küche oder der Patienten im Rahmen von Ernährungsberatungsgesprächen heraus erforderlich war. Diesen Schluss konnte der Kläger auch vom Empfängerhorizont her weder aus dem Schreiben vom 23.09.2009 noch aus einem, im Übrigen nicht bewiesenen, aber zugunsten des Klägers als wahr unterstellten, Hinweis auf eine Vorbildfunktion der Vorgesetzten ableiten. Vielmehr dienten die Hinweise auf die Möglichkeit der Impfung allein dem Gesundheitsschutz und der Gesundheitsvorsorge der Mitarbeiter. Aus diesem Grund unterliegt eine allgemeine Grippeschutzimpfung nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, selbst wenn sie vom Arbeitgeber empfohlen und finanziert wird (BSG v. 31.01.1974, Az. 2 RU 277/73). Ausnahmsweise kann ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang dann gegeben sein, wenn durch die versicherte Tätigkeit eine Schutzimpfung erforderlich wird (BSG aaO). Das war in der Entscheidung des erkennenden Senats vom 08.12.2014, Az. L 2 U 99/13, bei einer Kinderkrankenschwester in der Notaufnahme der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinderchirurgie in einem Bereich der Fall, in dem die damalige Versicherte vermehrt Kontakt mit H1N1-infizierten Kindern hatte und der nach einem epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) besonders von dem H1N1-Virus betroffen war, so dass für die Versicherte ein konkret erhöhtes Risiko bestand, an dem Influenza-Virus H1N1 zu erkranken. Mit einer solchen Tätigkeit ist die versicherte Tätigkeit des Klägers als Leiter des Krankenhaus-Caterers aber nicht zu vergleichen, auch nicht unter dem Aspekt, dass der Kläger die Abläufe der Essensausgabe in den Krankenhausstationen überwachte und Ernährungsberatung bei Patienten vornahm. Es ist nämlich nicht nachgewiesen und auch nicht vorgetragen, dass der Kläger einen unmittelbaren körperlichen Kontakt mit Patienten hatte, wie er in der Notaufnahme einer Klinik üblich ist, dass er in Bereichen tätig war, in denen eine erhöhte Durchseuchungsrate mit dem H1N1-Virus zu erwarten war und dass deswegen eine konkrete Impfempfehlung des RKI oder STIKO vorlag.
Da es bereits am inneren bzw. sachlichen Zusammenhang zwischen der Impfung vom 09.11.2009 und der versicherten Tätigkeit des Klägers fehlt, kann offen bleiben, ob der Unfallbegriff des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII erfüllt ist, da ein vom Willen des Versicherten getragener und gesteuerter Vorgang wie eine bewusst herbeigeführte Impfung kein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis ist (BSG, Urt. v. 29. 11. 2011, Az. B 2 U 10/11 R), und ob aus medizinischer Sicht eine haftungsbegründende Kausalität zwischen der Grippeschutzimpfung am 09.11.2009 und den seit März 2014 dokumentierten, anamnestisch seit Juni 2013 aufgetretenen unklaren Fieberschüben mit Arthralgien und Exanthemen vorliegt, wozu weder die Beklagte noch das Sozialgericht, von ihrer Rechtsauffassung her folgerichtig, Ermittlungen angestellt haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.