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Fristberechnung nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 bei AU-Folge -Bescheinigung

Meldefrist für AU-Folgebescheinigung beginnt mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit

Das Sozialrecht befasst sich mit einer Vielzahl von Regelungen, die für die Absicherung und Unterstützung der Bürger in verschiedenen Lebenslagen sorgen. Ein wesentlicher Aspekt dieses Rechtsgebiets betrifft die Gewährung von Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit. Die zentrale Rechtsfrage, die sich in diesem Kontext häufig stellt, betrifft die korrekte Fristberechnung für die Meldung von Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse, insbesondere bei der Vorlage von Folgebescheinigungen. Nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Das hier zu betrachtende Urteil wirft ein Schlaglicht auf diese spezifische Problematik und die damit verbundenen Herausforderungen. Es geht um die Klärung, wann genau die Meldefrist beginnt und welche Konsequenzen sich daraus für den Anspruch auf Krankengeld ergeben. Diese Fragestellung hat weitreichende Bedeutung für Versicherte, die aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig sind, sowie für die Krankenkassen, die für die Leistungserbringung verantwortlich sind. Die korrekte Anwendung und Auslegung der Meldefristen nach dem Sozialgesetzbuch ist daher von zentraler Bedeutung, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: S 1 KR 824/19 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Sozialgericht Saarland entschied, dass der Kläger Anspruch auf Krankengeld hat, da die Meldung seiner Arbeitsunfähigkeit innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist erfolgte, entgegen der Auffassung der beklagten Krankenkasse.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Anspruch auf Krankengeld: Der Kläger erhält Krankengeld für den Zeitraum vom 7. März bis zum 13. März 2019.
  2. Rechtliche Grundlage: Grundlage des Urteils ist § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5, der die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit regelt.
  3. Meldefrist: Entscheidend war die korrekte Berechnung der Meldefrist für die Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse.
  4. Fristbeginn: Die Frist beginnt nicht mit der ärztlichen Feststellung, sondern mit dem Tag nach dem Ende der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit.
  5. Korrekte Meldung: Der Kläger meldete seine Fortsetzung der Arbeitsunfähigkeit fristgerecht.
  6. Relevanz der Vorbescheinigung: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 6. März war entscheidend für den Fristbeginn.
  7. Juristische Interpretation: Das Gericht legte den § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V im Sinne des Klägers aus.
  8. Rechtswidriger Verwaltungsakt: Der ursprüngliche Bescheid der Krankenkasse wurde als rechtswidrig und den Kläger beeinträchtigend angesehen.

Krankengeldanspruch gemäß Sozialgesetzbuch

Im Kern des vorliegenden Falles steht die Gewährung von Krankengeld gemäß den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches, speziell § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5. Der Kläger, ein gesetzlich krankenversicherter Mann, geboren 1967, erkrankte am 2. Juli 2018 und war seitdem arbeitsunfähig. Eine entscheidende Rolle spielte dabei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) vom 6. Februar 2019, die bis zum 6. März 2019 gültig war. Der Kläger reichte eine Folgebescheinigung ein, die vom 6. bis zum 13. März 2019 reichte und am 14. März 2019 bei der Krankenkasse einging. Die Krankenkasse lehnte daraufhin die Zahlung des Krankengeldes für den Zeitraum vom 7. bis 13. März 2019 ab, da der Kläger die Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit nicht innerhalb einer Woche gemeldet habe.

Streit um die Meldefrist nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall lag in der Interpretation der Meldefrist gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Die Krankenkasse argumentierte, dass die Frist für die Meldung der Folge-AU-Bescheinigung am 7. März 2019 begann und am 13. März 2019 endete. Der Kläger hingegen behauptete, er habe die AU-Bescheinigung am 7. März 2019 per Post versendet, wobei er von einem rechtzeitigen Zugang bei der Krankenkasse ausging. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück, woraufhin dieser Klage erhob.

Gerichtsurteil zugunsten des Klägers

Das Gericht stellte fest, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzte und hob diesen auf. Es wurde entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Krankengeld für den fraglichen Zeitraum hat. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld nach § 44, § 46 SGB V unstreitig erfüllt seien. Die Frage, ob dieser Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach ruht, wurde mit Bezug auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V verneint. Laut dieser Regelung ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Hier hatte der Kläger die weitergehende Arbeitsunfähigkeit fristgerecht gemeldet.

Bedeutung des Urteils für die Sozialrechtspraxis

Entscheidend war die Auslegung der Meldefrist. Das Gericht stellte klar, dass der Beginn der Frist zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht mit dem Tag der ärztlichen Feststellung, sondern mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit selbst zusammenfällt. Diese Interpretation stützt sich auch auf frühere Urteile, wie das des LSG Hessen. Somit begann die Meldefrist in diesem Fall am Tag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, also am 7. März 2019, und endete eine Woche später, am 14. März 2019, womit die Meldung des Klägers innerhalb dieser Frist erfolgte.

Das Urteil hat weitreichende Implikationen für die Praxis des Sozialrechts, insbesondere im Umgang mit Krankengeldansprüchen und der Berechnung von Meldefristen bei fortlaufender Arbeitsunfähigkeit. Es verdeutlicht die Bedeutung einer genauen Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften und der Rechtsprechung für die korrekte Anwendung und Auslegung des Sozialgesetzbuches. Dieser Fall zeigt auch, wie wichtig es für Versicherte ist, sich ihrer Rechte bewusst zu sein und notfalls gerichtlich für diese einzustehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was regelt der § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 im Kontext des Krankengeldes?

Der § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 regelt das Ruhen des Krankengeldanspruchs im Zusammenhang mit der Meldung von Arbeitsunfähigkeit. Gemäß dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt oder die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten im elektronischen Verfahren nach § 295 Absatz 1 Satz 10 erfolgt.

Das bedeutet, dass Versicherte, die arbeitsunfähig sind, verpflichtet sind, ihre Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig bei ihrer Krankenkasse zu melden, um ihren Anspruch auf Krankengeld aufrechtzuerhalten. Versäumt ein Versicherter diese Frist, kann der Anspruch auf Krankengeld ruhen, was bedeutet, dass die Krankenkasse vorübergehend keine Leistungen erbringt. Sobald die Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß gemeldet wird, kann der Anspruch auf Krankengeld wieder aufleben.

Welche Rolle spielt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Gewährung von Krankengeld?

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spielt eine entscheidende Rolle bei der Gewährung von Krankengeld. Sie ist der Nachweis, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit nicht in der Lage ist, seine Arbeit auszuführen. Diese Bescheinigung muss von einem Arzt ausgestellt und an die Krankenkasse gesendet werden.

Wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist, zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Dieses wird individuell berechnet und ist niedriger als das Nettoeinkommen. Innerhalb von drei Jahren gibt es höchstens 78 Wochen lang Krankengeld für dieselbe Krankheit.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss spätestens eine Woche nachdem der Arzt einen gesetzlich Versicherten krankgeschrieben hat, bei der Krankenkasse eingereicht werden. Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert, muss der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am darauf folgenden Arbeitstag vorlegen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers während des Bezuges von Krankengeld absolut identisch mit denjenigen sind, welche während des Bezuges der Entgeltfortzahlung gelten.

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht an dem Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Anspruch bedeutet jedoch nicht, dass immer sofort Krankengeld bezahlt wird. Die meisten Arbeitnehmenden erhalten erst einmal Entgeltfortzahlung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses zur Gewährung von Krankengeld ist. Sie dient als Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit und muss sowohl dem Arbeitgeber als auch der Krankenkasse vorgelegt werden.


Das vorliegende Urteil

Sozialgericht Saarland – Az.: S 1 KR 824/19 – Urteil vom 15.07.2020

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.3.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.5.2019 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 7.3.2019 bis zum 13.3.2019 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld.

Der 1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er erkrankte mit der Folge der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit am 2.7.2018. Nach Vorlage zunächst der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) vom 6.2.2019, reichend bis zum 6.3.2019, wurde die Folgebescheinigung, die vom 6.3.2019 bis zum 13.3.2019 Arbeitsunfähigkeit nachwies, vom Kläger mit Eingang bei der Beklagten am 14.3.2019 eingereicht.

Mit Bescheid vom 15.3.2019 erkannte die Beklagte darauf hin, dass dem Kläger ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 7.3.2019 bis zum 13.3.2019 nicht zukomme, da der Kläger die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den 6.3.2019 hinaus nicht innerhalb einer Woche gemeldet habe.

Der tägliche Bruttobetrag des Krankengeldes beläuft sich auf 50,51 €.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 15.4.2019 und führte aus, dass er die AU-Bescheinigung vom 6.3.2019 am 7.3.2019 per Post der Beklagten übersandt habe. Er habe von einem rechtzeitigen Zugang dieser Bescheinigung bei der Beklagten ausgehen können.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte am 28.5.2019 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat gegen diese Entscheidung am 27.6.2019 Klage erhoben.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.3.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.5.2019 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 7.3.2019 bis zum 13.3.2019 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Rahmen der Klageerwiderung ausgeführt, dass die Wochenfrist aus § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V bei Folge-AU-Bescheinigungen ab dem Tage laufe, der der zunächst erfolgten AU-Befristung folge. Vorliegend sei die klägerische Arbeitsunfähigkeit bis zum 6.3.2019 zunächst bescheinigt worden. Die Wochenfrist für die Meldung der Folge-AU-Bescheinigung vom 6.3.2019 habe folglich am 7.3.2019 begonnen und am 13.3.2019 geendet.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte (VA) der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.

Die im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGG zulässig erhobene Anfechtungsklage i.V.m. einer gemäß § 54 Abs. 4 SGG erhobenen zulässigen Leistungsklage setzt für ihre Begründetheit voraus, dass der Kläger durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt beschwert ist, mithin in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist (Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 12. Aufl., § 131 RdNr. 2) und gemäß § 54 Abs. 4 SGG, dass der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht.

Vorliegend verletzt der angefochtene Bescheid der Beklagten den Kläger in subjektiven Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) und ist somit aufzuheben. Der Kläger hat gegen die Beklagte weiter einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 7.3.2019 bis zum 13.3.2019. Die zulässige Klage ist in der Sache vollumfänglich begründet.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld nach den §§ 44, 46 SGB V für den vorgenannten Zeitraum liegen unstreitig vor, so dass weitere Ausführungen hierzu nicht veranlasst sind. Streitig allein ist, ob dieser Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach ruht.

Ob der Anspruch auf Krankengeld ruht, beurteilt sich im vorliegenden Fall nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Hiernach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.

Dies aber ist vorliegend erfolgt.

Bis einschließlich zum 6.3.2019 war der Beklagten durch Vorlage der AU-Bescheinigung vom 6.2.2019 bereits die Arbeitsunfähigkeit gemeldet worden.

Die weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 7.3.2019 wurde der Beklagten am 14.3.2019 und damit innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit gemeldet (Fristende war der 14.3.2019).

§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V regelt eine Meldefrist, die nach § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. den §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB zu berechnen ist: Sie beginnt mit dem Tag, der auf den des Beginns der Arbeitsunfähigkeit folgt und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Beginn der Frist war mithin der 8.3.2019; Fristende war der 14.3.2019. Die Kammer entnimmt dies dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, wonach die Meldung spätestens innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen hat (§ 187 Abs. 1 BGB kommt damit nicht zum Tragen, da nicht der Tag des Beginns der AU Fristbeginn ist, sondern der Folgetag mit dessen Beginn). Maßgeblich ist hiernach nicht der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung, sondern der Beginn der Arbeitsunfähigkeit (so auch LSG Hessen, Urteil vom 8.2.2018, Az. L 1 KR 333/17 in Rn 24 bei juris, Hervorhebungen durch die Kammer:

„Nach Auffassung des Senats ist im Falle befristeter bzw. abschnittsweiser Folgebescheinigungen für den Beginn der Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V auf den Tag, bis zu dem zuletzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, abzustellen und entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Tag der ärztlichen Feststellung der (neuen) Folgebescheinigung. Im vorliegenden Fall hat der Hausarzt B. am 14. April 2016 Arbeitsunfähigkeit bis zum 6. Mai 2016 festgestellt. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging der Beklagten am 21. April 2016 und damit unstreitig binnen Wochenfrist zu. Am Mittwoch, dem 4. Mai 2016 hat der Hausarzt mit einer Folgebescheinigung Arbeitsunfähigkeit bis 20. Mai 2016 attestiert. Da mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14. April 2016 bereits Arbeitsunfähigkeit bis 6. Mai 2016 (Freitag) attestiert war, beginnt nach Auffassung des Senats die für die Meldefrist gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V maßgebliche – neue und noch nicht gemeldete – Arbeitsunfähigkeit erst am 7. Mai 2016 (Samstag), so dass mit Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Mai 2016 bei der Beklagten am 13. Mai 2016 (Freitag) die Wochenfrist gewahrt blieb.“

Es ist zu betonen, dass das LSG Hessen nicht ausführt, die Meldefrist beginne am 7.5.2016, sondern der für die Meldefrist relevante Beginn der Arbeitsunfähigkeit mit diesem Tag anzunehmen sei; dass die Meldefrist dann erst am Folgetag zu laufen beginnt, folgt aus dem klaren Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

Entgegen der Auffassung der Beklagten begann die Meldefrist nicht bereits am 7.3.2019. Insofern nämlich kann nach dem Vorgesagten für den Fristlauf nicht auf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 6.3.2019 abgestellt werden (nur dann könnte man rechtlich den Fristbeginn am 7.3.2019 begründen). Bei fortgesetzter Arbeitsunfähigkeit ist jedenfalls nach dem seit dem 23.05.2017 geltenden Recht kein Grund ersichtlich, für den Beginn der Arbeitsunfähigkeit auf den letzten Tag abzustellen, bis zu dem zuletzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Nachdem Krankengeld abschnittweise aufgrund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 6.2.2019 bis einschließlich zum 6.3.2019 gewährt worden ist, beginnt die (weitere) Arbeitsunfähigkeit erst ab dem 7.3.2019; die AU-Bescheinigung vom 6.3.2019 wird für die Meldung der Arbeitsunfähigkeit erst ab dem 7.3.2019 von Relevanz. Dieser Tag ist der Beginn (der Fortdauer) der Arbeitsunfähigkeit. Nach dem geänderten § 46 Sätze 1 und 2 SGB V (idF vom 23.07.2015 bis 10.05.2019) müssen Versicherte auch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit diese nicht mehr in jedem Fall vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen. Bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit reicht die Feststellung am nächsten Werktag. Nunmehr entsteht der Anspruch auf Krankengeld – von Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung abgesehen – im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

Die von der Kammer vertretene Auslegung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zur Frage des Beginns der Meldefrist knüpft an den konkreten Inhalt der Arbeitsunfähigkeits- bzw. der Folgebescheinigung an. Die einmal gemeldete ärztliche Feststellung wirkt für den darin bescheinigten Zeitraum (vgl. BSG v. 12.3.2013 – B 1 KR 7/12 R, Rn. 16; BSG v. 10.05.2012 – B 1 KR 20/11 R -, juris Rn. 13). Eine erneute Meldung ist insoweit nicht erforderlich. Wenn eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld somit bereits für einen bestimmten Zeitraum (hier: bis einschließlich 6.3.2019) begründet, erübrigt sich eine erneute Meldung. Die erneute Meldung zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen aktualisiert sich erst ab dem 7.3.2019; dieser Tag markiert zugleich den hier rechtlich relevanten Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Damit aber beginnt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht bereits die Meldefrist, da die Wochenfrist nicht mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu laufen beginnt, sondern am Tag nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (ebenso SG Schwerin ausführlich und zutreffend, Urteil vom 4.9.2019, Az. S 8 KR 302/18, missverständlich damit aus Sicht der Kammer BSG in B 3 KR 48/18 B, Beschluss vom 4.6.2019: zutreffend wird dort betont, dass bei einer Folge-AU-Bescheinigung der Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht mit dem Tag der ärztlichen Feststellung gleichzusetzen ist, sondern die Meldeobliegenheit sich erst dann aktualisiert, „wenn wegen der Befristung der bisher attestierten AU über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist“ – in dieser Konsequenz aber kann die Meldefrist dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zufolge erst am Tag danach beginnen – dies wurde möglicherweise deshalb vom BSG nicht eindeutig dargelegt, da schon mit der zutreffenden Einordnung, wann bei einer Folge-AU-Bescheinigung der Beginn der Arbeitsunfähigkeit anzunehmen ist [i.Ü. entgegen der Auffassung der dort streitenden Krankenkasse], die Meldefrist von einer Woche im dortigen Fall eingehalten war, es mithin nicht auf den weiteren einen Tag ankam, der aus der Fristbestimmung in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V folgt, gleichwohl lässt das BSG erkennen, dass – übertragen auf den hiesigen Fall – der AU-Beginn der 7.3.2019 wäre, da dies der „Beginn der ‚weiteren‘ AU“ ist, das BSG setzt dann – siehe Rn 11 a.E. bei juris – den Fristbeginn nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V mit dem Beginn der AU gleich, dies allerdings widerspricht klar dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, der den Beginn der Wochenfrist auf den Tag nach dem Beginn der AU bestimmt).

Im Ergebnis wird damit die Meldefrist, unabhängig davon, ob eine Erst- oder Folge-AU-Bescheinigung vorliegt, kongruent berechnet, denn auch bei der Erstbescheinigung wird der erste Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht in die Wochenfrist einberechnet.

Nach alledem war der Klage stattzugeben.

Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Kammer nimmt bei einer höchstrichterlich nicht eindeutig geklärten Rechtslage eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache an, so dass die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen war.

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