Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 18 AL 82/16 – Urteil vom 25.04.2018
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015.
Die 1956 geborene, verheiratete Klägerin war bei der Beklagten seit dem 6. Juli 2009 als Fachassistentin in der Eingangszone des Jobcenters B-L (im Folgenden: AG) beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vereinbart worden.
Die Klägerin wurde von der AG mehrfach arbeitsrechtlich abgemahnt, unter anderem mit Schreiben vom 17. Juli 2013 wegen vorzeitiger unentschuldigter Beendigung ihres Dienstes und Sachbeschädigung an ihrer Dienstkarte am 5. Juli 2017 sowie unentschuldigten Fehlens am 9. Juli 2013, mit Schreiben vom 26. Januar 2015 wegen respektlosen Verhaltens gegenüber Mitarbeitern sowie Androhung körperlicher Gewalt, mit Schreiben vom 2. Februar 2015 wegen unsachlicher Einträge in die Kundenkartei „verbis“ der Beklagten und mit weiterem Schreiben vom 2. Februar 2015 wegen respektlosen Verhaltens gegenüber Mitarbeitern.
Einen ihr für den 19. Januar 2015 genehmigten Urlaub trat die Klägerin nicht an, sondern blieb am 14. Januar 2015 der Arbeit fern, was die Klägerin mit einem Versehen entschuldigte. Als sie hierauf am 15. Januar 2015 angesprochen wurde, beantragte die Klägerin mündlich bei ihrer Teamleiterin die Bewilligung eines Urlaubstages am 21. Januar 2015. Die Teamleiterin genehmigte diesen Antrag mündlich zunächst, widerrief ihn jedoch wenige Minuten später unter Hinweis auf eine von ihr übersehene, für diesen Tag bereits seit längerem geplante Weiterbildungsveranstaltung, für welche Anwesenheitspflicht der Klägerin bestand. Hierauf wurde die Klägerin am selben Tag nochmals per email hingewiesen. Gleichwohl erschien sie am 21. Januar 2015 nicht zur Arbeit. Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 wurde die Klägerin wegen dieses Fehlens abgemahnt. In einem mit der Beklagten am 26. Januar 2015 geführten Gespräch zur Klärung des Sachverhaltes gab die Klägerin private Gründe für ihr unentschuldigtes Fehlen an.
Die AG kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 4. Februar 2015 außerordentlich fristlos zum 4. Februar 2015, da die Klägerin am 21. Januar 2015 eigenmächtig nicht genehmigten Urlaub angetreten und sie sich zudem in Gesprächen mit Mitarbeitern und Vorgesetzten unangemessen verhalten habe. Mit Schreiben vom 6. Februar 2015 kündigte die AG das Arbeitsverhältnis hilfsweise ordentlich zum 30. September 2015.
Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten am 4. März 2015 arbeitslos und beantragte die Bewilligung Alg. Mit Bescheid vom 10. März 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen im Zeitraum vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015 fest. Die Klägerin habe eigenmächtig Urlaub angetreten, obwohl dieser ausdrücklich nicht genehmigt worden sei. Nachdem die AG bereits eine Abmahnung ausgesprochen gehabt habe, habe die Klägerin voraussehen müssen, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt und sie hierdurch arbeitslos werden würde. Die Sperrzeit dauere zwölf Wochen, sie mindere den Anspruch der Klägerin auf Alg um 180 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 10. März 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 30. April 2015 bis 6. Mai 2015 fest, weil die Klägerin sich verspätet arbeitslos gemeldet habe. Die Sperrzeit dauere eine Woche, sie mindere den Anspruch der Klägerin auf Alg um weitere sieben Tage. Durch einen dritten Bescheid vom 10. März 2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab 4. März 2015 für 720 Kalendertage. Wegen der beiden Sperrzeiten ruhe der Leistungsanspruch im Zeitraum vom 4. März 2015 bis 6. Mai 2015.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 13. März 2015 Widerspruch ein, mit welchem sie die in den Abmahnungen enthaltenen Vorwürfe zurückwies. Durch Widerspruchsbescheide vom 23. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die eine Sperrzeit verfügenden Bescheide zurück. Die Klägerin hätte sich spätestens am 9. Februar 2015 arbeitsuchend melden müssen. Sie habe sich zudem vertragswidrig verhalten, indem sie am 21. Januar 2015 eigenmächtig Urlaub angetreten und sich zudem gegenüber Kollegen unangemessen und aggressiv verhalten habe. Wegen derartigen Verhaltens sei sie bereits zuvor mehrfach abgemahnt worden. Sie habe deshalb damit rechnen müssen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Firma beendet werden würde und sie habe somit Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit gegeben.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Sperrzeit vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015 und begeht die Zahlung von Alg (auch) für diesen Zeitraum. Sie trägt vor, sie habe sich nicht vertragswidrig verhalten, weil der Urlaubstag mündlich durch die Teamleitung genehmigt worden sei. Zwar sei diese Genehmigung unmittelbar danach widerrufen worden, sie habe jedoch zwingende private Gründe dafür gehabt, genau für diesen Tag Urlaub zu beantragen. Denn an diesem Tag habe sie einen engen Freund im Pflegeheim besucht. Dies habe sie der Beklagten auch mitgeteilt. Sie habe deshalb Anspruch auf Gewährung von Alg bereits ab dem 5. Februar 2015 bis zum 29. April 2015, denn ihr letzter Arbeitstag sei der 4. Februar 2015 gewesen. Ein zu Unrecht genommener Urlaubstag hätte zudem nach dreißigjähriger Tätigkeit allenfalls einen dienstlichen Verweis nach sich ziehen dürfen. Sie bedaure ihre verbalen Ausfälle („stinkenfaules Stück Scheiße“) gegenüber einer Mitarbeiterin nicht. Die Sperrzeit vom 30. April 2015 bis 6. Mai 2015 akzeptiere sie.
Den von der Klägerin nach Maßgabe von § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) bei der Beklagten gestellten Antrag auf Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 10. März 2015 im Hinblick auf die Zahlung von Alg bereits ab 5. Februar 2015 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2015 ab, da der Bescheid nicht zu beanstanden sei.
Durch Urteil vom 22. März 2016 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Klage abgewiesen. Die Feststellung einer Sperrzeit ab dem 5. Februar 2015 für die Dauer von zwölf Wochen sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe sich versicherungswidrig verhalten, indem sie am 21. Januar 2015 der Arbeit fern geblieben sei. Hierdurch habe sie ihre Kündigung zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Denn die Firma hätte keine andere Möglichkeit als die einer fristlosen Kündigung gehabt, da die Klägerin durch ihr Verhalten den Betriebsfrieden nachhaltig gestört habe.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sei während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses gemobbt worden und habe unter diesen Umständen nie die Absicht gehabt, das Arbeitsverhältnis bei der Beklagten fortzusetzen, weshalb sie ausdrücklich auf eine arbeitsgerichtliche Klage verzichtet habe. Nachdem sich die Klägerin am 11. August 2016 aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte, hat die Beklagte durch Bescheid vom 11. August 2016 die Bewilligung mWv diesem Tag aufgehoben.
Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2016 und die Bescheide der Beklagten vom 10. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2015 und in der Fassung des Bescheides vom 29. September 2015 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend. Die Klägerin habe verhaltensbedingt Anlass zur fristlosen Kündigung am 4. Februar 2015 gegeben und damit ihre Arbeitslosigkeit schuldhaft herbeigeführt. Auf Vertrauen dahingehend, dass ein eigenmächtiger Antritt von nicht genehmigtem Urlaub am 21. Januar 2015 angesichts des bis dahin nicht beanstandungsfreien Verlaufs des Arbeitsverhältnisses dessen Fortbestand nicht gefährden werde, könne sie sich nicht berufen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung geworden sind.
Entscheidungsgründe
Die bei einem Alg-Leistungssatz von 40,28 € täglich gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 158 SGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat für die Zeit vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015 keinen Anspruch auf Zahlung von Alg gegen die Beklagte.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zum Einen der Bescheid der Beklagten vom 10. März 2015, mit welchem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 5. Februar 2015 bis 29. April 2015 und des Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Alg für diesen Zeitraum sowie die Minderung des Anspruchs der Klägerin auf Alg um 180 Tage verfügt hat, sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2015. Weiter einbezogen ist auch der Alg-Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 10. März 2015, mit dem die Beklagte der Klägerin Alg erst ab dem 7. Mai 2015 bewilligt hat, und zwar soweit er eine Ablehnung der Zahlung von Alg wegen sperrzeitbedingten Ruhens des Anspruchs in der Zeit vom 4. März 2015 bis 29. April 2015 verlautbart; gegen das auch für die Zeit vom 30. April 2015 bis 6. Mai 2015 festgesetzte Ruhen des Alg-Anspruchs und die Leistungsablehnung für diesen Zeitraum wendet sich die Klägerin ausdrücklich nicht. Diese Bescheide bilden eine rechtliche Einheit (vgl etwa Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 16. September 1999, B 7 AL 32/98 R – juris). Weiterer Gegenstand des Rechtsstreits ist zudem der negative Zugunstenbescheid vom 29. September 2015, soweit die Beklagte damit eine Zahlung von Alg bereits ab 5. Februar 2015 abgelehnt hat. Gegen die genannten Bescheide wendet sich die Klägerin mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG).
Ein Anspruch der Klägerin auf Alg in der Zeit vom 5. Februar 2015 bis 3. März 2015 scheidet bereits wegen fehlender persönlicher Arbeitslosmeldung der Klägerin iSv § 141 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) aus, die – was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist – erst am 4. März 2015 erfolgte und tatbestandliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg ist (vgl § 137 Abs. 1 Nr 2 SGB III).
Im Übrigen steht einem Zahlungsanspruch auf Alg für die Zeit vom 4. März 2015 bis 29. April 2015 eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe iSv § 159 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III entgegen, die insoweit das Ruhen des Alg-Anspruchs zur Folge hat. Nach den genannten Vorschriften ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn die Arbeitnehmerin sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (§ 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr. 1 vor, wenn die Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 2 SGB III; hier mithin am 5. Februar 2015) und beträgt bei Arbeitsaufgabe zwölf Wochen (§ 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin hat durch ihr unberechtigtes Fernbleiben von der Arbeit am 21. Januar 2015 die Arbeitslosigkeit ab dem 5. Februar 2015 herbeigeführt. Denn durch ihr Verhalten hat sie die außerordentliche fristlose Kündigung durch ihren Arbeitgeber am 4. März 2015 veranlasst. Der AG stand auch ein Recht zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu. Nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (vgl Bundesarbeitsgericht <BAG>, Urteil vom 17. März 2016 – 2 AZR 110/15 – juris – Rn 17; Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 – juris – Rn 21). Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen vertragliche Haupt und Nebenpflichten voraus. Dazu zählt sowohl eine absichtliche Nicht- oder Schlechtleistung als auch Verletzungen sonstiger Obliegenheiten, die sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen ergeben können. Das vertragswidrige Verhalten muss so schwerwiegend sein, dass es geeignet ist, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (fristlos oder fristgerecht) zu rechtfertigen. Es hat dabei eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Vertragspartners, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Kündigenden sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (vgl zB BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 46 mwN, BAGE 153, 111 zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers; Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 25. April 1990 -7 RAr 106/89 – juris), Dabei kommt es nicht darauf an, worauf der Arbeitgeber die Kündigung gestützt hat (vgl BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 11 AL 69/02 = SozR 4-4300 § 144 Nr 5 – Rn 17). Ist eine fristlose Kündigung unwirksam, ist zu prüfen, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine ordentliche fristgemäße Kündigung rechtfertigt; in diesem Fall tritt eine Sperrzeit erst mit Ablauf der Kündigungsfrist ein (vgl BSG aaO Rn 22). Ein früherer Eintritt der Arbeitslosigkeit wäre dann nicht durch das Verhalten des Arbeitsnehmers verursacht, leistungsrechtlich wäre die festgestellte Sperrzeit unmittelbar nur erheblich, soweit sie den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist betrifft. Zu beachten ist, dass die außerordentliche Kündigung im Arbeitsverhältnis die schärfste und einschneidendste Sanktion ist. Denn die außerordentliche Kündigung führt zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und belastet den Arbeitnehmer, schon durch das ungerade Beendigungsdatum, dauerhaft und jederzeit erkennbar für sein ganzes weiteres Berufsleben mit dem Makel, fristlos aus einem Arbeitsverhältnis entlassen worden zu sein. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut kommt eine außerordentliche Kündigung deshalb nur in Betracht, wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch für den restlichen Lauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe lag im vorliegenden Fall ein ausreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 4. Februar 2015 vor. Denn die Klägerin hat durch die eigenmächtige Beurlaubung am 21. Januar 2015 ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Eine Selbstbeurlaubung ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche und auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (vgl BAG, Urteil vom 16. März 2000 – 2 AZR 75/99 – juris). Denn der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist. Eine eigenmächtige Beurlaubung lag vor, weil für diesen Tag Urlaub nicht wirksam gewährt worden war. Die Urlaubsgewährung erfolgt nach § 7 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) durch den Arbeitgeber. Lehnt dieser die Urlaubserteilung ohne ausreichende Gründe ab oder nimmt in zumutbarer Zeit zu dem Urlaubsantrag keine Stellung, so kann der Arbeitnehmer durch eine Leistungsklage oder ggf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine Ansprüche durchsetzen. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen (vgl BAG aaO; BAG, Urteil vom 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 = NZA 1998, 708; BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93 – juris). Auch wenn der Arbeitgeber dem Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers hätte nachkommen müssen, wird dadurch der eigenmächtige Urlaubsantritt durch den Arbeitnehmer nicht zu einer verzeihlichen Verletzung einer Nebenpflicht. Es stellt im Gegenteil regelmäßig sogar eine beharrliche Arbeitsverweigerung dar, wenn der Arbeitnehmer trotz der Ablehnung seines Urlaubsantrags sich einfach selbst beurlaubt und damit beharrlich seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt (vgl BAG, Urteil vom 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 -).
Auf eine wirksame Genehmigung des Urlaubs am 21. Januar 2015 kann sich die Klägerin nicht berufen. Zwar hatte die zuständige Vorgesetzte der AG diesen Urlaub zunächst mündlich zugesagt, diese mündliche Genehmigung jedoch unverzüglich zunächst mündlich und am selben Tag noch per Mail widerrufen, noch bevor der Urlaubstag in die vom AG geführte Urlaubsliste eingetragen worden war. Hierdurch hat die AG die ursprünglich erteilte Genehmigung gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums unverzüglich nach § 121 Abs. 1 BGB noch innerhalb der Anfechtungsfrist wirksam unter Angabe der Anfechtungsgründe angefochten. Die Klägerin hätte deshalb zumindest wissen müssen, dass ihr Urlaub nicht genehmigt war. Dass dies so war, erhellt aus ihrer an die AG gerichteten Mail vom 15. Januar 2015 (9.16 Uhr), wonach sie sich ausdrücklich der dienstlichen Anweisung, am 21. Januar 2015 an einer Fortbildung teilzunehmen, unter Hinweis auf die Notwendigkeit der Klärung privater Angelegenheiten widersetzte und darum bat, den 21. Januar 2015 als Urlaubstag in die Urlaubsliste aufzunehmen.
Im vorliegenden Falle ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen festzustellen, dass eine fristlose Kündigung als Reaktion auf das Fehlen der Klägerin gerechtfertigt und es der AG nicht zuzumuten war, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Denn nach objektiven Maßstäben und unter Berücksichtigung der weiteren, vorangegangen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen der Klägerin war es der AG unzumutbar, die eigenmächtige Beurlaubung der Klägerin hinzunehmen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil das Arbeitsverhältnis bereits wegen vorangegangenen Fehlverhaltens, wegen dem die Klägerin mehrfach abgemahnt worden war, erheblich belastet gewesen ist. Die Klägerin hatte sich mehrfach gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten unangemessen verhalten, diese auf derbste Form beleidigt und bedroht. Sie hatte sich dienstlichen Anweisungen widersetzt und unzulässige Einträge in die verbis-Kartei der AG vorgenommen, sie hatte ihren Dienst vorzeitig unentschuldigt beendet. Durch dieses Verhalten hatte die Klägerin den Betriebsfrieden ernstlich und schwer gefährdet. Auch hatte sie sich bei dem mit ihr wegen des eigenmächtigen Urlaubs am 26. Januar 2015 geführtem Gespräch nicht ansatzweise einsichtig gezeigt. Im Rahmen der Interessenabwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kein Interesse hatte.
Durch die Kündigung ist die Klägerin ab dem 5. Februar 2015 beschäftigungslos geworden. Diese Beschäftigungslosigkeit hat die Klägerin zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, ohne dass ihr ein wichtiger Grund für ihr Verhalten zur Seite stand. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, soll eine Sperrzeit nur eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinde ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl etwa BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 11a AL 51/06 R – juris). Ein wichtiger Grund für ihr Verhalten ist vorliegend nicht ersichtlich, die Klägerin hat sich lediglich auf nicht näher konkretisierte private Gründe für ihre Abwesenheit am 21. Januar 2015 berufen.
Die Beklagte hat die Sperrzeit auch zutreffend festgestellt. Gemäß § 159 Abs. 2 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, mithin vorliegend am 5. Februar 2015. Sie dauert nach § 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III zwölf Wochen. Es sind keine Gründe ersichtlich, die zur Bejahung einer besonderen Härte und damit einer Verkürzung der Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 3 Satz 2 SGB III führen könnten. Der Alg- Anspruch mindert sich um 180 Tage (vgl § 148 Abs. 1 Nr 4 SGB III).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.