Wesentliche Wirkursache
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Az.: L 12 U 2610/18 – Urteil vom 16.08.2019
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.06.2018 abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017 verurteilt, dem Kläger ab 25.01.2017 eine Halbwaisenrente zu gewährten.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.06.2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Wegeunfalls des bei der Beklagten versicherten und am 25.01.2017 verstorbenen Vaters des Klägers K. S. (nachfolgend V.). Für den am 08.10.2016 geborenen Kläger übt das Jugendamt beim Landratsamt Schwäbisch-Hall die Amtsvormundschaft aus.
Der 1997 geborene V. war bei der Firma k.-p GmbH in S. als Auszubildender beschäftigt. Am 25.01.2017 verließ er nach Arbeitsende gegen 15.05 Uhr die Firma, um mit seinem Personenkraftwagen (Pkw) zu seiner in R. wohnenden Freundin S. M. G. (nachfolgend M.), der Mutter des Klägers, zu fahren. Auf der Landesstraße L 1066 zwischen W. und M. kam V. auf einer langen Geraden links von der Fahrbahn ab und stieß in einem abfallenden schneebedeckten Straßengraben gegen einen ca. 30 cm dicken Baum. Der Pkw drehte sich aufgrund dessen und kam nach weiteren circa 15 m entgegen seiner eigentlichen Fahrrichtung an einem Gebüsch zum Stehen. Bei diesem Unfall erlitt V. eine tödliche Fraktur der Halswirbelsäule; die mit einem Rettungshubschrauber eingeflogene Notärztin konnte nur noch den Tod des V. feststellen.
Ausweislich des Verkehrsunfallberichts des Polizeipräsidiums A. vom 25.01.2017 ging die erste Unfallmeldung bei der Polizei um 15.33 Uhr ein. Die erste Streife sei um 15.49 Uhr am Unfallort eingetroffen, habe auf der Fahroberfläche keine Spurenzeichnung festgestellt werden können, obwohl die Fahrbahnfläche schneefrei und trocken gewesen sei. Der Körper des V. sei zum Zeitpunkt des Eintreffens der Notärztin bereits „kalt“ gewesen. Durch Rettungskräfte, die als erste am Unfallort gewesen seien und V. aus dem Pkw geborgen hätten, sei festgestellt worden, dass im Auto noch ziemlich laut Musik gelaufen sei und das Handy des V. auf dessen Schoß gelegen habe. Hinweise auf eine Drittbeteiligung hätte es nicht gegeben; Zeugen, die den Unfall beobachtet haben, hätten nicht ermittelt werden können. Die wenigen feststellbaren und ermittelten Spuren hätten darauf hingedeutet, dass das Fahrzeug langsam und stetig von der Fahrbahn abgekommen ist, ohne jegliche Besonderheit wie eine Ausweich- und/oder Schleuderbewegung.
Im Schlussvermerk des Verkehrsunfallberichts führte Polizeiobermeister F. weiter aus, im Smartphone des V. habe festgestellt werden können, dass dieser seiner Freundin eine WhatsApp geschrieben habe, die um 15.18 Uhr gesendet und auch um 15.18 Uhr gelesen worden sei. Dem Chatverlauf sei zu entnehmen gewesen, dass die Freundin zuvor um 15.17 Uhr zwei Nachrichten an V. geschickt hatte. Es habe aber nicht nachverfolgt werden können, ob und gegebenenfalls wann V. diese gelesen habe. Aufgrund der Zeitangaben werde davon ausgegangen, dass der Kontakt per WhatsApp während der Fahrt stattgefunden habe. Diese Ablenkung könne auch den „atypischen Unfallhergang“ erklären. Letztlich habe über einen Routenplaner in Erfahrung gebracht werden können, dass V. von seiner Arbeitsstelle bis zum Unfallort ca. 17 Minuten benötigt habe. Diese Zeiten stimmten somit mit dem Arbeitsende (15.05 Uhr) und dem ungefähren Unfallzeitpunkt (ca. 15.25 Uhr) überein.
In einem gegenüber der Staatsanwaltschaft Heilbronn erstatteten Gutachten der DEKRA Automobil GmbH (Außenstelle S.-H.) vom 10.02.2017 wurde zusammenfassend ausgeführt, dass bei der technischen Untersuchung des Pkw des V. keine unfallursächlichen Mängel hätten festgestellt werden können.
Mit Bescheid vom 07.07.2017 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Anerkennung des Ereignisses vom 25.01.2017 als Arbeitsunfall sowie die Zahlung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte die Beklagte an, V. habe zwar grundsätzlich auf dem Weg von der Arbeit zu seiner Freundin unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, zum Zeitpunkt des Unfalls sei er aber durch sein Smartphone abgelenkt gewesen. Es sei nachgewiesen, dass er während der Fahrt in seinem Pkw Nachrichten empfangen, gelesen und Antworten versandt habe. Dabei handele es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Diese habe den Unfall auch rechtlich wesentlich verursacht, so dass kein Arbeitsunfall vorliege.
Gegen diesen Bescheid legte die gesetzliche Vertreterin des Klägers mit Schreiben vom 13.07.2017 Widerspruch ein. Sie trug vor, ein Kausalzusammenhang zwischen der angeblichen Handynutzung und dem Unfall sei nicht erwiesen. Es sei nicht ausgeführt worden, ob und inwieweit es einen zeitlichen und tatsächlichen Zusammenhang zwischen der angeblichen Handynutzung und dem Unfall gegeben habe. Eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit führe nicht automatisch zum Erlöschen des Versicherungsschutzes, sondern unterbreche diesen nur.
V. habe um 15.18 Uhr eine Nachricht an seine Freundin verschickt, der Unfall habe sich aber erst um 15.25 Uhr ereignet. Daraus könne man schließen, dass V. noch 7 Minuten weitergefahren sei bis sich der Unfall ereignet habe. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Versicherungsschutz durch die privatwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen worden sei, habe dieser zum Unfallzeitpunkt wieder bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus der Akte der Staatsanwaltschaft ergebe sich eindeutig, dass V. zum Zeitpunkt des Unfalls durch sein Smartphone abgelenkt gewesen sei. Der atypische Unfallhergang spreche für eine Ablenkung während der Fahrt. Das Handy des V. habe beim Eintreffen der Notärzte auf dessen Schoß gelegen. Die Sicht- und Straßenverhältnisse seien nicht geeignet gewesen, eine Unfallgefahr zu begründen. Nach eingehender Untersuchung des Smartphones des V. habe dieser um 15.17 Uhr Nachrichten über WhatsApp empfangen und um 15.18 Uhr eine WhatsApp geschrieben. Bei Nachberechnung mit einen Routenplaner benötige man circa 17 Minuten von der Arbeitsstätte bis zum Unfallort. Da das Arbeitsende um 15.05 Uhr gewesen sei, könne daher als Unfallzeit circa 15.25 Uhr vermutet werden. Dabei handele es sich aber um eine fiktive Berechnung, die die Geschwindigkeit und Verkehrslage außer Acht lasse.
Mit der am 13.11.2017 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Aus dem Umstand, dass die WhatsApp-Nachricht um 15.18 Uhr von V. versandt worden ist, könne nicht geschlossen werden, dass das Versenden auch die Unfallursache gewesen sei. Der Unfall habe sich zeitlich später ereignet, es sei daher auch möglich, dass V. zum Zeitpunkt der Konversation angehalten habe. Nach der Beendigung der Handyaktivität seien noch sieben Minuten vergangen, ginge man von einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs von 70 km/h aus – entsprechend der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Ort – hätte V. zwischen 15:18 Uhr und 15:25 Uhr noch über 8 km zurücklegen können. Es bestehe daher kein Kausalzusammenhang zwischen der Nutzung des Handys und dem Unfall. Auch andere Ursachen, wie zum Beispiel ein Sekundenschlaf, hätten in Betracht gezogen werden müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, es komme allein auf die Unfallkausalität an. Eine Zurechnung zum versicherten Risiko sei ausgeschlossen, wenn eine nicht versicherte Wirkursache das Unfallgeschehen derart geprägt habe, dass dadurch die versicherte Wirkursache verdrängt werde. Das Zurücklegen des Weges sei nur eine Grundbedingung für das Abkommen von der Straße gewesen, jedoch keine rechtlich wesentliche Wirkursache. Die Wirkursache sei jedoch die Handynutzung gewesen; dabei handele es sich jedoch nicht um eine versicherte Tätigkeit.
Mit Urteil vom 20.06.2018 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.07.2017 und des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017 verpflichtet, das Ereignis vom 25.01.2017 als Wegeunfall anzuerkennen. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, es bestehe ein kausaler Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit, des Fahrens mit dem Auto, und dem Unfallereignis. Die versicherte Tätigkeit habe auch rechtlich wesentlich an dem Unfall mitgewirkt. Es sei nicht entscheidungserheblich, ob der Versicherte durch die Nutzung des Smartphones abgelenkt gewesen sei. Es könne nicht der Nachweis geführt werden, dass die Handynutzung zum Unfall geführt habe und es könne auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, was den Unfall verursacht habe. Selbst bei einer Verursachung des Unfalls durch eine Ablenkung wegen des Smartphones sei diese Gefahr letztlich auch vom Schutz der Wegeunfallversicherung erfasst.
Gegen das ihr am 12.07.2018 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 23.07.2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Der Kläger hat am 16.08.2019 eine unselbständige Anschlussberufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen der Verrichtung der versicherten Tätigkeit und dem Unfall bestanden habe. Es könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Nutzung des Handys den Unfall verursacht habe. Die Handynutzung stelle aber keine versicherte Tätigkeit dar. Es handele sich dabei um eine Wirkursache, die das Unfallgeschehen derart geprägt habe, dass die versicherte Heimfahrt als Wirkursache verdrängt werde und der Unfall nicht mehr rechtlich wesentlich dem Schutzbereich des Versicherungstatbestands unterfalle. In dem Abkommen von der Straße aufgrund der Handynutzung realisiere sich keine Gefahr, vor der die Wegeunfallversicherung schützen soll. Es lasse sich daher kein vom Schutzzweck der Norm erfasstes Risiko feststellen. Durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, juris) sehe sie sich in ihrer Rechtsansicht bestätigt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.06.2018 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.06.2018 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017 zu verurteilen, ihm ab 25.01.2017 eine Halbwaisenrente zu gewähren und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er trägt vor, es sei nicht nachweisbar, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Nutzung des Handys während der Fahrt den Unfall verursacht habe. Der Unfallverlauf könne nicht mehr festgestellt werden. Es komme auch auf die Ursächlichkeit zwischen der Nutzung des Handys und dem Unfall nicht an, sondern allein auf dem Umstand, ob sich ein spezifisches Wegerisiko verwirklicht habe. Außerdem unterstelle die Argumentation der Beklagten bezüglich der Handynutzung als Wirkursache, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt sein Handy benutzt habe; dies könne aber gerade nicht nachgewiesen werden.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die (Anschluss-) Berufung des Klägers ist erfolgreich; die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die Berufungen sind statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden die maßgeblichen Form– und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet. Die am 16.08.2019 eingelegte Berufung des Klägers ist als „unselbständige“ Anschlussberufung zulässig. Die im SGG nicht ausdrücklich geregelte Anschlussberufung richtet sich nach § 202 SGG in Verbindung mit § 524 Zivilprozessordnung. Sie ist kein Rechtsmittel, sondern eröffnet dem Kläger lediglich die Möglichkeit, sich mit eigenen Sachanträgen über die begehrte Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten hinaus oder nach Ablauf der Berufungsfrist gegen die Berufung zu verteidigen und damit eine reformatio in peius zu Lasten des Berufungsklägers zu erreichen (BSG, Urteil vom 23.01.2018, B 2 U 4/16 R, juris). Der Zulässigkeit der Anschlussberufung steht hier auch nicht entgegen, dass der Kläger durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist, weil seinem Klagantrag durch das erstinstanzliche Gericht in vollem Umfang entsprochen worden ist; denn die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist nicht an sämtliche Voraussetzungen gebunden, die für die Berufung selbst maßgebend sind. Insbesondere ist für die Anschließung an die gegnerische Berufung keine Beschwerde des Berufungsbeklagten erforderlich (BSG, Urteil vom 23.01.1966, 2 RU 103/65, juris).
Der Zulässigkeit der Anschlussberufung steht ferner nicht entgegen, dass der Kläger im Berufungsverfahren die Gewährung einer Hinterbliebenenrente beantragt, das SG hierüber aber nicht entschieden hat, denn der Kläger hat durch die Anschlussberufung keinen neuen Streitgegenstand ins Verfahren eingeführt. Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, nämlich das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren der im Klageantrag bezeichneten Entscheidung (zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff, vgl. dazu Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 95 Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend für die Bestimmung des Streitgegenstands ist neben der Auslegung des Klageantrags und des Vorbringens zum Klagegrund in erster Linie der Inhalt des angefochtenen Bescheids (BSG, Urteil vom 23.01.2018, B 2 U 4/16 R, juris).
Hier richten sich Klage und Anschlussberufung des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017, mit dem die Beklagte gegenüber dem Kläger die Gewährung einer Hinterbliebenenrente abgelehnt hat, weil das Ereignis vom 25.01.2017 keinen Arbeitsunfall darstelle. Bei sachgerechter Auslegung dieses Bescheids und des vom Kläger geltend gemachten Begehrens umfasst der von vom Kläger bestimmte Streitgegenstand (nur) das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Halbwaisenrente unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit der Ablehnungsentscheidung in ihrem Bescheid verneint. Nach § 63 Abs. 1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts (§§ 64 bis 71 SGB VII), dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall habe nicht vorgelegen, nur ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts. Der Hinterbliebene kann sich daher darauf beschränken vorzutragen, beim Versicherten habe irgendein Versicherungsfall (Arbeitsunfall, Listen-BK, Wie-BK) vorgelegen, der dessen Tod herbeigeführt habe. Der Träger muss dann allein darüber entscheiden, ob das vom Hinterbliebenen verfolgte Recht auf Hinterbliebenenleistungen besteht oder nicht besteht (BSG, Urteil vom 29.11.2011, 2 U 26/10 R, juris).
Die Beklagte ist hingegen schon mangels einer gesetzlichen Ermächtigung nicht befugt, einen feststellenden Verwaltungsakt darüber zu erlassen, ob der Versicherte einen Versicherungsfall erlitten hatte. Es gibt auch keine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Hinterbliebenen auf eine isolierte Vorabentscheidung des Trägers über das frühere Vorliegen eines Versicherungsfalles beim Versicherten. Hierfür besteht im Übrigen auch kein Bedürfnis, weil nach dem Tod des Versicherten der Eintritt weiterer Versicherungsfälle, deren Folgen voneinander abzugrenzen sein könnten, ausgeschlossen ist (BSG a.a.O.). Bei der nach § 123 SGG vorzunehmenden Bestimmung des Streitgegenstands kann das Begehren des Klägers deshalb nicht als auf Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern nur als auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen gerichtet, gewertet werden. Diesem Begehren entsprachen auch die gegenüber dem SG schriftsätzlich gestellten Anträge. Der Umstand, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 20.06.2018 dann nur noch beantragt hat, die Beklagte zur Anerkennung eines Wegeunfalls zu verpflichten vermag des Streitgegenstand nicht zu ändern, denn an diese nicht sachdienliche Antragstellung ist der Senat nach § 123 SGG nicht gebunden. Die Antragstellung des Klägers vor dem SG kann auch nicht als (Teil-) Rücknahme im Hinblick auf die zuvor geltende gemachte Hinterbliebenenrente gewertet werden, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben hat, von der Beklagte keine Rente mehr zu begehren.
Ein Anspruch auf Sterbegeld, den der Kläger in der Klageschrift vom 03.11.2017 zunächst geltend gemacht, dann aber schon im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr weiterverfolgt hat, ist ebenfalls kein zulässiger Klagegegenstand, da die Beklagte über einen solchen Anspruch nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber den Eltern des V. entschieden hat und es deshalb insoweit schon an einer (für den Kläger) angreifbaren Verwaltungsentscheidung der Beklagten fehlt.
Die damit allein auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente gerichtete unselbständige Anschlussberufung des Klägers ist auch begründet. Die Berufung der Beklagten ist hingegen unbegründet. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs– und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 07.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017. Dieser erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Halbwaisenrente.
Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Hinterbliebene Anspruch auf (1.) Sterbegeld, (2.) Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung, (3.) Hinterbliebenenrenten und (4.) auf Beihilfe. Der Anspruch auf Leistungen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erhalten Kinder von verstorbenen Versicherten, die noch einen Elternteil haben, eine Halbwaisenrente. Halb- oder Vollwaisenrente wird nach § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB VII gezahlt (1.) bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder (2.) bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise (a) sich in Schulausbildung oder Berufsausbildung befindet oder (b) sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstabens c liegt, oder (c) einen freiwilligen Dienst im Sinne des § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d des Einkommensteuergesetzes leistet oder (d) wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 SGB VII werden Renten an Hinterbliebene vom Todestag an gezahlt.
Der Kläger erfüllt ab 25.01.2017, dem Todestag des V., sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Halbwaisenrente. Er ist der Sohn des verstorbenen V., hat mit seiner Mutter M. noch einen Elternteil und hat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Darüber hinaus ist der Tod des V. auch infolge eines Versicherungsfalls eingetreten.
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Verbotswidriges Handeln schließt dabei einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr.1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Der von V. am 25.01.2017 erlittene Unfall ist einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zuzurechnen, weil feststeht, dass sich mit dem Abkommen von der Straße und der nachfolgenden Kollision des Pkw des V. mit einem Baum eine Gefahr verwirklicht hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung „allgemein“, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (BSG, Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, juris).
Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage.
Steht eine versicherte Tätigkeit als Wirkursache fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der „Wesentlichkeit“ der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass eine versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven (Mit-)Verursachung der Einwirkung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (BSG a.a.O.).
Ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, ist auch dann zu prüfen, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil andere (Mit-)Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen sind. Denn auch in diesem Fall wird die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers nur begründet, wenn sich durch den Unfall, der durch die versicherte Verrichtung objektiv verursacht wurde, eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die die Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung. Eine solche Gefahr, vor der der jeweilige Versicherungstatbestand gerade schützen sollte, ist zum Beispiel die Gefahr eines Sturzes während des der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Laufens oder eines Verkehrsunfalls während des dem Zurücklegen des Weges zuzurechnenden Steuerns eines Kraftfahrzeugs (BSG, Urteil vom 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris).
Die Wegeunfallversicherung schützt vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (BSG, Urteil vom 18.6.2013, B 2 U 10/12 R, juris). Die äußeren Einwirkungen auf den Körper des Klägers müssen dabei aber als solche zunächst konkret festgestellt werden. Die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Unfallereignis“ sowie „Gesundheitsschaden“ erfüllen sollen, müssen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R, juris). In der Wegeunfallversicherung wie auch sonst bei anderen Versicherungstatbeständen der gesetzlichen Unfallversicherung besteht keine Vermutungsregel, dass bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch diese versicherte Tätigkeit verursacht wurde. Sind die Umstände, die vor dem Unfallereignis unmittelbar auf den Kläger eingewirkt haben, unbekannt, kann nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Unfall durch ein Risiko verursacht wurde, gegen das die gesetzliche Unfallversicherung beim Zurücklegen des Weges nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII Schutz gewähren soll (BSG, Urteil vom 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris).
Den Schutzzweck der jeweils begründeten Versicherung hat das Gericht (und die Verwaltung) durch Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten juristischen Methoden unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber festgelegten Sinns und Zwecks des Gesetzes zu bestimmen. Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird danach nur begründet, wenn der durch die versicherte Verrichtung objektiv zumindest mitverursachte Unfall eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Denn nur wenn der Schutzzweck der Norm den durch die versicherte Handlung mitbewirkten Schaden überhaupt umgreift, kommt es rechtlich darauf an, ob neben der versicherten Wirkursache auch andere unversicherte Mitursachen bestehen. Diese können die Einstandspflicht nie begründen, aber gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden „im Wesentlichen“ rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt (BSG, Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, juris).
Bei dieser Subsumtion sind die versicherten und eventuell die weiteren auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (BSG, Urteil vom 24.07.2012, B 2 U 9/11 R, juris). Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist dann abzuwägen, ob der Schaden den versicherten oder den unversicherten Wirkursachen zuzurechnen ist (BSG, Urteil vom 17.02.2009, B 2 U 18/07 R, juris).
Die Unfallversicherung des Zurücklegens des Weges nach und von dem Ort der (jeweiligen) versicherten Tätigkeit schützt nur gegen Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremden Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen durch die Beschaffenheit des Verkehrsraumes hervorgehen. Die Wegeunfallversicherung wurde mit der Regelung des § 545a Reichsversicherungsordnung durch das Zweite Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14.07.1925 (RGBl. I S. 97) eingeführt. Danach galt als Beschäftigung in einem der Versicherung unterliegenden Betriebe der mit der Beschäftigung in diesem Betriebe zusammenhängende Weg nach und von der Arbeitsstätte. Hintergrund dieser Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes war, dass die „Wege umfangreicher und durch die motorische Zurücklegung auch gefährlicher“ geworden seien und daher „diese Gefahren“ erfasst werden müssten (BSG, Urteil vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, juris m.w.N.).
An diesem Schutzzweck hat sich bis heute nichts geändert. Zwar bestimmt nunmehr § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, dass zu den versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zählt. Dadurch ist aber nur verdeutlicht worden, dass nicht der Weg an sich, sondern dessen Zurücklegen, also der Vorgang des Sichfortbewegens, versichert ist. Auch der Versicherungstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII trägt daher allein Gefahren Rechnung, die sich während der gezielten Fortbewegung im Verkehr aus eigenem, gegebenenfalls auch verbotswidrigem Verhalten, dem Verkehrshandeln anderer Verkehrsteilnehmer oder Einflüssen auf das versicherte Zurücklegen des Weges ergeben, die aus dem benutzten Verkehrsraum oder Verkehrsmittel auf die Fortbewegung wirken (BSG a.a.O.).
Im Fall des V. steht auf der ersten Prüfungsebene fest, dass das gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherte Zurücklegen des Heimweges die zum Tod führende Einwirkung auf den Körper des V. objektiv verursacht hat. Das Zurücklegen des Heimweges war offenkundig eine zumindest mitwirkende Grundbedingung für das Abkommen von der Straße.
Demgegenüber kann nicht festgestellt werden, das eine Nutzung des Smartphones während der Fahrt eine (Wirk-) Ursache für das Unfallereignis am 25.01.2017 gewesen ist. Gegen einen derartigen Kausalzusammenhang spricht schon der zeitliche Ablauf. V. ist, wie sich aus den Feststellungen der Beklagten ergibt, erst nach Arbeitsende um 15.05 Uhr an seiner Arbeitsstätte aufgebrochen. Nach den Angaben im Polizeibericht, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kann Anlass besteht, benötigt man nach der Berechnung eines Routenplanes ca. 17 Minuten für das Zurücklegen der Wegstrecke zwischen der Arbeitsstelle des V. und dem Unfallort. Dies zugrunde gelegt, hätte V. den Unfallort erst gegen 15.23 Uhr erreicht, selbst wenn er die Arbeitsstelle ohne jede Verzögerung verlassen hätte. Im Polizeibericht wird angenommen, der Unfall habe sich um ca. 15.25 Uhr ereignet, was auch dem Senat unter den gegebenen Umständen als realistisch erscheint.
Eine Nutzung des Smartphones durch V. ist jedoch nur einmalig um 15.18 Uhr dokumentiert, also sieben Minuten vor dem von der Polizei angenommenen Unfallzeitpunkt. Selbst bei schneller Fahrt kann nicht angenommen werden, dass V. den Unfallort bereits um 15.18 Uhr, also lediglich 13 Minuten nach Arbeitsende erreicht hat. Im Verkehrsunfallbericht des Polizeipräsidiums A. vom 25.01.2017 wird zwar mitgeteilt, bei der Bergung des V. habe das Smartphone auf dessen Schoß gelegen und eine Ablenkung des V. durch das Smartphone könne den „atypischen Unfallhergang“ erklären; vor dem Hintergrund des zeitlichen Ablaufs erweist sich diese Vermutung aber eher als unwahrscheinlich. Naheliegender ist es, dass die im Chat-Verlauf dokumentierte Kommunikation zwischen V. und seiner Freundin einige Minuten vor dem Unfallzeitpunkt erfolgt ist und deshalb nicht objektiv ursächlich für einen Fahrfehler des V. und das Abkommen von der Straße gewesen sein kann.
Die auf der ersten Prüfungsebene damit allein festgestellte (Wirk-) Ursache des Zurücklegens des Heimwegs war letztlich auch rechtlich wesentlich (2. Stufe). Mit ihr hat sich ein Risiko verwirklicht, gegen dessen Eintritt der durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll.
Nach den sich aus dem Verkehrsunfallbericht des Polizeipräsidiums A. vom 25.01.2017 und dem Gutachten der DEKRA Automobil GmbH vom 10.02.2017 ergebenden Gesamtumständen des Unfallgeschehens steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass ein Fahrfehler des V. ursächlich für den Unfall gewesen ist. Da sich keine Hinweise auf einen Defekt der Brems- oder Lenkanlage des Fahrzeugs ergeben haben und auch keinerlei Anhaltspunkte für einen Suizid bestehen, kommt letztlich nur ein unbeabsichtigtes Abkommen von der Straße als auslösendes Ereignis in Betracht. Ein solches durch einen Fahrfehler verursachtes Unfallereignis stellt die Verwirklichung einer geradezu typischen in den Schutzbereich des erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr dar. Durch welche weiteren Umstände dieser Fahrfehler wiederum verursacht worden ist, bleibt jedenfalls solange unerheblich, wie alternative (unversicherte) Wirkursachen auf der ersten Prüfungsebene – wie hier – nicht festgestellt worden sind. Deshalb bedarf es hier auch keiner weiteren Feststellung, welche Faktoren (Sekundenschlaf, Ablenkung, sonstige Unaufmerksamkeit, etc.) als Auslöser für das zur Kollision mit dem Baum und damit zur tödlichen Verletzung der Halswirbelsäule des V. führende Lenkmanöver in Betracht kommen.
Soweit die Beklagte ihre abweichende Auffassung auf das Urteil des BSG vom 13.12.2012 (B 2 U 19/11 R, juris) stützt, verkennt sie, dass im dort entschiedenen Fall auf der ersten Stufe eine ganz erhebliche Alkoholisierung des Versicherten als weitere (unversicherte) Wirkursache feststand. Damit war die rechtliche Wesentlichkeit des Zurücklegens des Heimwegs auf der zweiten Prüfungsebene unter Würdigung auch dieser weiteren, auf der ersten Stufe festgestellten (Mit-) Wirkursachen zu prüfen. Solche weiteren (unversicherten) Wirkursachen konnten hier aber gerade nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.