Erwerbsminderungsrente auf Zeit: Sozialgericht Stade gibt Klägerin Recht
Die Frage der Erwerbsminderung und deren rechtliche Anerkennung ist ein zentrales Thema im Sozialrecht. Dabei geht es um die Beurteilung, inwieweit gesundheitliche Beeinträchtigungen die Arbeitsfähigkeit einer Person einschränken. Im Mittelpunkt steht dabei oft die Herausforderung, objektive medizinische Befunde und subjektive Beschwerdebilder rechtlich zu bewerten. Insbesondere bei Erkrankungen, die sowohl physische als auch psychische Komponenten umfassen, wie beispielsweise orthopädische Leiden mit begleitenden psychosomatischen Schmerzstörungen, gestaltet sich die Beurteilung komplex.
Die Entscheidung über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Ergebnisse medizinischer Gutachten, die Einschätzung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und die Anwendung gesetzlicher Vorschriften. Eine besondere Rolle spielt dabei die Frage, inwieweit die betroffene Person in der Lage ist, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit und die damit verbundene Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung einer Erwerbsminderungsrente sind daher von großer Bedeutung für die betroffene Person und können weitreichende soziale und finanzielle Auswirkungen haben.
Die rechtliche Auseinandersetzung in solchen Fällen beinhaltet oft eine detaillierte Analyse der medizinischen Gutachten und eine sorgfältige Abwägung der Argumente beider Seiten. Dabei spielen die Befristung der Rente und die Möglichkeit einer späteren Änderung der Erwerbsfähigkeit eine wichtige Rolle. Dieses Spannungsfeld zwischen medizinischer Diagnose, persönlichem Leid und rechtlicher Regelung bildet das Kernthema in Fällen rund um die Erwerbsminderungsrente.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Sozialgericht Stade hat entschieden, dass die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen Anspruch auf eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente hat.
Liste der zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Erwerbsminderungsrente: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung einer befristeten Erwerbsminderungsrente an die Klägerin.
- Medizinische Befunde: Die Klägerin litt unter orthopädischen Beschwerden und einer daraus resultierenden schweren Depression, die ihre Arbeitsfähigkeit erheblich einschränkten.
- Ablehnung des Rentenantrags: Ursprünglich lehnte die Beklagte den Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, basierend auf Gutachten, die eine Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Stunden täglich attestierten.
- Klage vor dem Sozialgericht: Die Klägerin erhob Klage gegen die Ablehnung, wobei sie ihre eingeschränkte Arbeitsfähigkeit betonte.
- Psychosomatisches Gutachten: Ein eingeholtes Gutachten bestätigte, dass die Klägerin nur unter drei Stunden täglich arbeiten könne und eine 30%ige Ausfallquote aufgrund ihrer Schmerzsymptomatik und Depressivität habe.
- Rechtliche Beurteilung: Das Gericht fand, dass die Klägerin voll erwerbsgemindert ist und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.
- Befristung der Rente: Die Rente wurde gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI zeitlich befristet gewährt, mit der Möglichkeit einer Verlängerung.
- Übernahme der Kosten: Die Beklagte wurde zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verpflichtet.
Übersicht
Der Kampf um die Erwerbsminderungsrente: Ein Fallbeispiel
Im Kern des vorliegenden Falles steht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, die durch das Sozialgericht Stade im Fall S 23 R 46/18 am 7. Mai 2020 entschieden wurde. Die Klägerin, geboren 1963, forderte die Rente aufgrund einer Verschlechterung ihrer orthopädischen Beschwerden und begleitender psychischer Leiden. Ihre medizinische Vorgeschichte umfasst eine orthopädische Rehabilitation im Jahr 2010, bei der sie mit einer Arbeitsfähigkeit von über sechs Stunden täglich entlassen wurde. Jedoch verschlechterten sich ihre Beschwerden so gravierend, dass sie am 6. Juni 2017 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellte.
Medizinische Gutachten im Fokus
Die rechtliche Auseinandersetzung entzündete sich an der Ablehnung dieses Rentenantrags durch die Beklagte, die Deutsche Rentenversicherung. Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf verschiedene Befundberichte und Gutachten, die die Arbeitsfähigkeit der Klägerin attestierten. Besonders das orthopädische Gutachten von Dr. E. vom 7. August 2017 spielte eine zentrale Rolle, da es chronische Rückenschmerzen bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule diagnostizierte, jedoch eine Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Stunden täglich feststellte.
Psychische Faktoren in der Beurteilung
Die Herausforderung dieses Falls liegt in der Bewertung der Erwerbsminderung unter Berücksichtigung sowohl orthopädischer als auch psychischer Faktoren. Die Klägerin argumentierte, dass neben ihren orthopädischen Problemen eine Schmerzerkrankung zu schwerer Depression geführt habe, was ihre Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließe. Diese Darstellung wurde durch ein psychosomatisches Gutachten von Dr. G. vom 29. September 2018 unterstützt, welches zu dem Schluss kam, dass die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich arbeitsfähig sei.
Entscheidung des Sozialgerichts Stade
Das Sozialgericht Stade entschied zu Gunsten der Klägerin und hob die vorherigen ablehnenden Bescheide auf. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin voll erwerbsgemindert sei und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt habe. Es stützte sich dabei vor allem auf das psychosomatische Gutachten, das überzeugend, nachvollziehbar und widerspruchsfrei die Leistungseinschränkung der Klägerin darlegte. Besonders hervorgehoben wurden die diagnostizierten Auffassungs- und Konzentrationsstörungen der Klägerin sowie ihre dadurch bedingten Einschränkungen in verschiedenen Arbeitsbereichen.
Wichtig zu erwähnen ist, dass das Gericht der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zusprach, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften bis zum 30. April 2023. Die Befristung der Rente folgt aus § 102 Abs. 2 SGB VI und berücksichtigt die Möglichkeit einer Verbesserung des Leistungsvermögens der Klägerin. Das Urteil betont, dass eine unbefristete Rente nicht in Betracht kommt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Abschließend lässt sich feststellen, dass dieses Urteil die Komplexität von Fällen im Sozialrecht aufzeigt, wo mehrere medizinische Aspekte bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit einer Person berücksichtigt werden müssen. Es unterstreicht die Bedeutung detaillierter medizinischer Untersuchungen und Gutachten, sowohl im orthopädischen als auch im psychosomatischen Bereich, um eine gerechte Beurteilung der Erwerbsminderung zu gewährleisten. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen für ähnlich gelagerte Fälle und betont die Notwendigkeit einer individuellen Beurteilung jeder Erwerbsminderungsrente.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Wie werden orthopädische Beschwerden und psychische Leiden bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt?
Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in Deutschland berücksichtigt sowohl orthopädische Beschwerden als auch psychische Leiden. Diese Beurteilung basiert auf dem bio-psycho-sozialen Modell und der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF).
Orthopädische Beschwerden, insbesondere Erkrankungen des Bewegungsapparates, können die Teilhabe am Arbeitsleben beeinträchtigen. Die Deutsche Rentenversicherung bietet Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an, um die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen. Diese Leistungen können beispielsweise Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen zur Berufsausübung, Kraftfahrzeughilfe, Wohnungshilfen und die Inanspruchnahme von Integrationsfachdiensten umfassen.
Die Beurteilung der Beeinträchtigungen der Teilhabe durch Erkrankungen des Bewegungsapparates berücksichtigt verschiedene Faktoren. Dazu gehören die Auswirkungen der Krankheit auf die körperliche Funktion (z.B. Greifkraft, Feinmotorik), die Fortbewegung (z.B. Gehstrecke, Treppensteigen, schnelles Gehen) und die Bewältigung komplexer Aufgaben am Arbeitsplatz (z.B. Umgang mit Stress, Zeitdruck, psychische Anforderungen).
Psychische Leiden werden ebenfalls in der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt. Arbeitsbedingungen können die psychische Gesundheit beeinflussen, und bestimmte berufliche Faktoren wie ein hohes Arbeitspensum, Zeit- und Termindruck können zu psychischer Belastung und Erkrankungen beitragen. Der Schutz der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ist gesetzlich verankert, und Arbeitgeber sind verpflichtet, die möglichen psychischen Belastungen für jeden Arbeitsplatz zu erkennen und zu dokumentieren. Sie müssen auch entsprechende Maßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit einleiten und umsetzen.
Die Deutsche Rentenversicherung hat spezielle Leitlinien für die sozialmedizinische Beurteilung von Menschen mit psychischen Störungen erstellt. Diese Leitlinien enthalten Empfehlungen für die Diagnostik, die adäquate Vorbehandlung und die Beurteilung des Leistungsvermögens.
Es ist daher klar, dass sowohl orthopädische Beschwerden als auch psychische Leiden in der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Diese Beurteilung ist komplex und berücksichtigt eine Vielzahl von Faktoren, um eine genaue und faire Einschätzung der Fähigkeit einer Person zur Teilnahme am Arbeitsleben zu gewährleisten.
Was bedeutet die Befristung einer Erwerbsminderungsrente und unter welchen Umständen kann sie verlängert werden?
Die Befristung einer Erwerbsminderungsrente bedeutet, dass die Rente für einen bestimmten Zeitraum gewährt wird. Seit 2001 werden Renten wegen Erwerbsminderung grundsätzlich befristet und beginnen frühestens mit dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung. Die Befristung erfolgt in der Regel für längstens 3 Jahre nach Rentenbeginn.
Die Verlängerung einer befristeten Erwerbsminderungsrente ist unter bestimmten Umständen möglich. Die grundlegende Voraussetzung für die Verlängerung einer befristet gezahlten Erwerbsminderungsrente ist, dass der aktuelle Empfänger nach wie vor erwerbsunfähig ist. Wenn die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente weiterhin vorliegen, muss die Verlängerung beantragt werden. Normalerweise erhalten Sie ungefähr fünf Monate vor dem Auslaufen Ihrer Erwerbsminderungsrente Post von der Rentenversicherung. Mindestens drei Monate vor Ablauf der aktuellen Laufzeit sollte die Verlängerung beantragt werden.
Die Befristung kann bis zu einer Gesamtdauer von 9 Jahren wiederholt werden. Nach Ablauf dieser Zeit, wenn der Rentenempfänger immer noch nicht arbeiten kann und es zu einer dritten Verlängerung käme, müsste die Erwerbsminderungsrente nun auf Dauer ausgezahlt werden. Bei schweren Krankheitsbildern, die einen Wiedereintritt ins Berufsleben nahezu ausschließen, kann die unbefristete Zahlung auch schon nach einem Jahr erfolgen.
Es ist zu beachten, dass die Erwerbsminderungsrente spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Die Regelaltersrente muss dann beantragt werden.
Das vorliegende Urteil
Sozialgericht Stade – Az.: S 23 R 46/18 – Gerichtsbescheid vom v. 07.05.2020
Unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2018 wird die Beklagte dazu verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit aufgrund eines Leistungsfalls am 6. Juni 2017 nach den gesetzlichen Vorschriften bis zum 30. April 2023 zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Die 1963 geborene Klägerin begeht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Sie befand sich im Jahr 2010 in einer orthopädischen Reha. Sie wurde damals mit einer Arbeitsfähigkeit von über sechs Stunden täglich entlassen. Am 6. Juni 2017 stellt sie einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, da ihre orthopädischen Beschwerden schlimmer geworden seien. Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte bei. Aus dem Bericht vom 26. April 2017 von Dr. D. ergab sich, dass die Klägerin dort im April 2017 in Behandlung war und an deutlichen Rückenschmerzen litt. Die Beklagte holte daraufhin ein orthopädisches Gutachten, welches am 7. August 2017 von Dr. E. erstattet wurde, ein. Auch dort wurden deutliche Beschwerden von ihr geäußert. Er stellt chronische Rückenschmerzen bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule fest. Die allgemeine Leistungsfähigkeit der Klägerin schätzte er auf mindestens sechs Stunden täglich ein. Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens wird ergänzend Bezug genommen. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 6. September 2017 den Rentenantrag ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2018 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 15. Februar 2018 Klage vor dem Sozialgericht Stade erhoben. Sie trägt vor, dass sie neben ihren orthopädischen Beschwerden an einer Schmerzerkrankung leide, die zu einer schweren Depression geführt habe, weswegen sie nicht mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig sei.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 6. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2018 die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Erwerbsminderungsrechte zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass eine Erwerbsminderung nicht im Vollbeweis nachgewiesen sei. Das Gericht hat einen Befundbericht von Dr. D. eingeholt. Dieser hat in seinem Schreiben vom 11. April 2018 angegeben, dass die Klägerin noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig durchführen könne. Mit ärztlichem Befundattest vom 4. Juni 2018 ist vom Orthopäden F. angegeben worden, dass die Klägerin wegen deutlicher Schmerzen auch an Depression erkrankt sei und auch keine leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr durchführen könne. Auf den weiteren Inhalt dieser Berichte wird ergänzend Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychosomatischen Gutachtens, welches am 29. September 2018 von Dr. G. stellt worden ist. Neben einer ausführlichen Amnese sind auch psychopathologische Befunde erhoben worden. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne, öffentliche Verkehrsmittel nicht nutzen könne und es bei einer Tätigkeit wegen der Schmerzsymptomatik und Depressivität zu einer 30%igen Ausfallquote kommen würde. Bei einer Berücksichtigung der vorhandenen Befunde bestehe das Krankheitsbild seit dem 6. Juni 2017. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es zu einer Verbesserung des Leistungsvermögens kommen könne. Mit Schreiben vom 27. November 2018 hat die Beklagte die Stellungnahme ihres Beratungsarztes mitgeteilt. Dieser ist der Auffassung, dass die Auswirkungen auf das Leistungsvermögen weniger gravierend ausgeprägt seien. Die Gutachterin würde ihre Ergebnisse zu sehr auf die subjektiven Angaben der Klägerin stützen. Hierzu hat die Gutachterin im Auftrag des Gerichts ergänzend Stellung genommen. Die Beklagte hat daraufhin eine weitere Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes mitgeteilt. Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens und der beratungsärztlichen Stellungnahme wird ergänzend Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 20. April 2020 hat die Beklagte das Gericht darüber informiert, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente bei der Klägerin letztmalig am 31. Juli 2018 erfüllt gewesen sind. Das Gericht hat die Beteiligten bezüglich einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache rechtlich einfach ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf volle Erwerbsminderung auf Zeit. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wie die Beklagte in ihrem Schreiben vom 20. April 2020 mitteilt, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zum 31. Juli 2018 erfüllt. Nach Feststellung des Gerichts ist die Klägerin bereits zuvor seit dem 6. Juni 2017 voll erwerbsgemindert gewesen. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin seit dem 6. Juni 2017 außerstande ist, drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Überzeugung hat sich das Gericht anhand des Gutachtens von Frau Dr. Sauer vom 29. September 2018 gebildet. Das Gutachten ist überzeugend, nachvollziehbar, widerspruchsfrei und schlüssig. Anders als der beratungsärztliche Dienst der Beklagten meint, resultiert die Bewertung der Leistungseinschränkung nicht aus den subjektiven Angaben der Klägerin, sondern aufgrund der Befunderhebung durch die Gutachterin. Dass sie aufgrund dieser Befunde zu einer Leistungseinschränkung von unter drei Stunden kommt, ist überzeugend. So wird bei der Klägerin eine deutliche Auffassungsstörung und Konzentrationsstörung festgestellt. Die Klägerin hat erhebliche Schwierigkeiten Daten zuzuordnen. Die Gutachterin hat somit deutliche Funktionseinschränkungen der Klägerin festgestellt. Dass diese strukturellen Störungen es der Klägerin unmöglich machen, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, ist nachvollziehbar. Nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachterin ist sie dadurch in ihrer Anpassung an Regeln und Routinen hoch eingeschränkt, in der Strukturierung von Aufgaben sehr hoch eingeschränkt, in der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit sehr hoch eingeschränkt, in der Anwendung fachlicher Kompetenz hoch eingeschränkt, in der Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit hoch eingeschränkt und in der Durchhaltefähigkeit hoch eingeschränkt. Das Gericht kann selbst nicht erkennen, wie jemand mit einer derartig starken Einschränkung noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein soll. Dass der beratungsärztliche Dienst der Beklagten bemängelt, dass die Klägerin sich bisher nicht psychiatrische oder psychologische Hilfe geholt hat, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Wie die Gutachterin ausführt, leidet die Klägerin an einer chronischen somatischen Schmerzstörung. Die Klägerin erkennt selbst somit nicht ausreichend, dass es sich bei ihren Beschwerden um psychische Probleme handelt, sondern verordnet diese im somatischen Bereich. Bezüglich ihrer Schmerzen hat die Klägerin auch seit 2017 Behandlungsversuche auf orthopädischem Fachgebiet unternommen. Anders als der beratungsärztliche Dienst der Beklagten meint, hat die Klägerin somit Behandlungsversuche unternommen, so dass ein Leidensdruck dadurch deutlich wird. Die Klägerin ist auch deswegen voll erwerbsgemindert, da sie gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI aufgrund der Schwere ihrer Erkrankungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann. Wie die Gutachterin überzeugend ausführt, kann die Klägerin aufgrund ihrer Vergesslichkeit und Unkonzentriertheit nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Da sie keinen Führerschein hat, ist es ihr somit krankheitsbedingt unmöglich, zumutbar eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Des Weiteren ergibt sich die volle Erwerbsminderung daraus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Schmerzsymptomatik und Depressivität während eines Jahre ca. 30% der Arbeitszeit ausfallen würde. Dies wird überzeugend durch die Gutachterin dargestellt. Eine so hohe Ausfallquote wird auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht toleriert. Eine regelmäßige Beschäftigung kann dadurch nicht vorgenommen werden. Gegen das Gutachten spricht auch nicht das orthopädische Gutachten von Dr. E … Diesem ist zu folgen, dass die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten könnte. Durch ihn ist jedoch keine psychosomatische Befunderhebung und Einschätzung erfolgt, da dies auch nicht seinem Fachgebiet entspricht. Die Rente ist gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI befristet zu gewähren. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Sie kann jedoch verlängert werden. Da die im Jahr 2017 beantragte Rente erst durch das Gericht festgestellt wird und der Dreijahreszeitraum bereits dieses Jahr abläuft, ist es vorliegend sachgerecht, jetzt schon eine Verlängerung der Rente für weitere drei Jahre ab Entscheidung des Gerichts vorzunehmen. Die Gewährung einer unbefristeten Rente kommt nicht in Betracht, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Die Gutachterin hat überzeugend ausgeführt, dass eine Verbesserung noch möglich ist. Als medizinischer Leistungsfall wird der Tag des Antrags am 6. Juni 2017 festgestellt. Die Gutachterin Dr. Sauer hat überzeugend dargestellt, dass aufgrund der im April 2017 begangenen neurochirurgischen Behandlungen die aktuelle Symptomatik bereits am 6. Juni 2017 bestanden hat. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.