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Gewährung Erwerbsminderungsrente – Voraussetzungen

Eine 56-jährige Friseurin aus Hessen kämpfte vor Gericht um ihre Erwerbsminderungsrente – und scheiterte. Das Landessozialgericht kippte ein früheres Urteil, das ihr die Rente bereits ab 2020 zugesprochen hatte, und sah eine volle Erwerbsminderung erst ab November 2021 als gegeben an. Der Fall beleuchtet die Hürden bei der rückwirkenden Anerkennung von Erwerbsminderung und die Bedeutung medizinischer Gutachten im Streit um die Rente.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Datum: 17.09.2024
  • Aktenzeichen: L 2 R 110/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Rentenrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine 1967 geborene, ehemals als Friseurin und Kassiererin tätige Frau, die aufgrund psychischer Erkrankungen wie rezidivierender Depression und Panikstörung eine volle Erwerbsminderungsrente beantragt hatte. Sie argumentiert, dass ihre Erkrankungen sie seit Februar 2019 erwerbsunfähig machen.
  • Beklagte: Rentenversicherungsträger, der die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ablehnte, da die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Beklagte erkennt eine volle Erwerbsminderung erst ab November 2021 an.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin beantragte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund psychischer Erkrankungen. Der Rentenantrag wurde von der Beklagten abgelehnt, da nach medizinischen Gutachten keine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorlag. Das Sozialgericht Darmstadt sprach der Klägerin eine auf Zeit begrenzte Rente ab Februar 2020 zu, was die Beklagte nicht akzeptierte und Berufung einlegte.
  • Kern des Rechtsstreits: Zur Debatte steht, ab wann die Klägerin als voll erwerbsgemindert gilt: wie vom Sozialgericht entschieden ab Februar 2020 oder – laut Beklagter – erst ab November 2021.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Hessische Landessozialgericht hob das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt auf. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 1. Juni 2022.
  • Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin erst ab November 2021, nach einer Untersuchung durch eine Sachverständige, als voll erwerbsgemindert angesehen werden kann. Frühere Gutachten belegten keine ausreichende Minderung der Erwerbsfähigkeit.
  • Folgen: Die Klägerin erhält keine rückwirkende Rente vor dem 1. Juni 2022. Das Urteil stärkt den Standpunkt der Beklagten und bestätigt, dass eine volle Erwerbsminderung erst ab November 2021 medizinisch nachgewiesen ist. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Gerichtsurteil beleuchtet Anspruchsvoraussetzungen für Erwerbsminderungsrente

Die Erwerbsminderungsrente ist eine wichtige soziale Absicherung für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Sie stellt eine finanzielle Unterstützung dar, wenn die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung erheblich beeinträchtigt wird und ein Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht möglich erscheint.

Die Rentenversicherung prüft bei der Beantragung detailliert den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Dabei werden sozialmedizinische Gutachten erstellt, die Aspekte wie Arbeitsunfähigkeit, Reha-Maßnahmen und die Möglichkeiten einer Teilerwerbsminderung oder Vollerwerbsminderungsrente umfassend bewerten. Die Antragstellung erfordert präzise Nachweise und kann komplexe Entscheidungsprozesse nach sich ziehen.

Ein konkreter Gerichtsfall wird im Folgenden die Anspruchsvoraussetzungen und Herausforderungen bei der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente näher beleuchten.

Der Fall vor Gericht


Berufung erfolgreich: Landessozialgericht lehnt frühere Erwerbsminderungsrente ab

Friseurin an Küchentisch, prüft unberührte Kaffeetasse und medizinische Unterlagen, um für Rechtsstreit bereit zu sein.
Erwerbsminderungsrente – Anspruch und Nachweis | Symbolfoto: Flux gen.

Das Hessische Landessozialgericht hat im Fall einer 56-jährigen gelernten Friseurin die rückwirkende Gewährung einer Erwerbsminderungsrente vor Juni 2022 abgelehnt. Der Senat gab damit der Berufung der Deutschen Rentenversicherung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Darmstadt statt, das der Klägerin bereits ab Februar 2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zugesprochen hatte.

Psychische Erkrankungen und beruflicher Werdegang

Die 1967 geborene Klägerin arbeitete bis August 2018 durchgehend als Friseurin und war anschließend kurzzeitig als Kassiererin tätig. Diese Tätigkeit musste sie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Seit August 2018 war sie arbeitsunfähig erkrankt und erhielt zunächst Krankengeld, später Arbeitslosengeld. Die Klägerin litt unter einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Panikstörung und einem chronischen Schmerzsyndrom. Nach mehreren stationären Behandlungen beantragte sie im Februar 2020 eine Erwerbsminderungsrente.

Medizinische Beurteilungen im Fokus

Verschiedene medizinische Gutachten kamen zu unterschiedlichen Einschätzungen der Arbeitsfähigkeit. Während eine psychiatrische Sachverständige im November 2021 die Erwerbsfähigkeit rückwirkend als aufgehoben bewertete, hatten frühere Gutachter der Klägerin noch ein Restleistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten bescheinigt. Das Landessozialgericht folgte den früheren Einschätzungen und sah eine rentenbegründende Erwerbsminderung erst ab November 2021 als nachgewiesen an.

Rechtliche Würdigung der Beweislage

Der Senat betonte die hohen Anforderungen an den Nachweis einer Erwerbsminderung für die Vergangenheit. Für eine rückwirkende Beurteilung müsse eine lückenlose Kette von Brückensymptomen belegt sein. Die Sachverständige habe nicht überzeugend darlegen können, warum die früheren Gutachten mit ihrer abweichenden Einschätzung unzutreffend sein sollten. Auch die von der Klägerin geschilderten Tagesabläufe hätten noch auf ein gewisses Aktivitätsniveau hingewiesen.

Auswirkungen für die Rentenleistung

Die Deutsche Rentenversicherung hatte der Klägerin bereits im Laufe des Verfahrens eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Juni 2022 bis Mai 2025 bewilligt. Diese Leistungsgewährung bleibt vom aktuellen Urteil unberührt. Der Senat sah eine Besserung des Gesundheitszustands durch intensivierte Therapie nicht als unwahrscheinlich an und bestätigte damit die zeitliche Befristung der Rente. Die Revision wurde nicht zugelassen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass für die Bewertung einer Erwerbsminderungsrente die Gesamtschau aller medizinischen Gutachten und der Krankheitsverlauf entscheidend sind. Auch bei schwerwiegenden psychischen Erkrankungen wie Depression und Panikstörungen kann eine Erwerbsfähigkeit von mehr als 6 Stunden täglich bestehen bleiben, wenn dies durch fachärztliche Gutachten bestätigt wird. Besonders wichtig ist die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen vor einer möglichen Rentenbewilligung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beantragen möchten, müssen Sie damit rechnen, dass mehrere medizinische Gutachten erstellt werden. Diese Gutachten sind maßgeblich für die Entscheidung über Ihren Antrag. Auch wenn Sie unter schweren psychischen Beschwerden leiden, wird zunächst geprüft, ob eine Rehabilitationsmaßnahme Ihre Arbeitsfähigkeit wiederherstellen kann. Erst wenn alle therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und die Gutachten eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit unter 6 Stunden täglich bestätigen, besteht Aussicht auf eine Rentenbewilligung. Es ist ratsam, während des Verfahrens alle ärztlichen Behandlungen und Therapien sorgfältig zu dokumentieren.

Benötigen Sie Hilfe?

Erwerbsminderungsrente abgelehnt? Wir helfen Ihnen weiter.

Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden: Eine rückwirkende Bewilligung der Erwerbsminderungsrente ist nur möglich, wenn ein lückenloser Nachweis der Erwerbsunfähigkeit erbracht wird. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit oft schwierig und die medizinischen Gutachten komplex.

Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Unsere Rechtsanwälte verfügen über langjährige Erfahrung im Sozialrecht und helfen Ihnen, die notwendigen medizinischen Unterlagen zu beschaffen und Ihre Rechte gegenüber der Rentenversicherung zu vertreten.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ab welchem Schweregrad einer Erkrankung besteht Anspruch auf Erwerbsminderungsrente?

Medizinische Voraussetzungen

Die Erwerbsminderungsrente wird gewährt, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Dabei wird zwischen zwei Stufen der Erwerbsminderung unterschieden:

Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen weniger als drei Stunden täglich arbeiten können.

Teilweise Erwerbsminderung besteht, wenn Sie zwischen drei und unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein können.

Beurteilung der Erwerbsfähigkeit

Bei der Beurteilung Ihrer Erwerbsfähigkeit spielt es keine Rolle, welchen Beruf Sie bisher ausgeübt haben. Entscheidend ist ausschließlich, ob Sie irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben können.

Die Deutsche Rentenversicherung prüft Ihren Gesundheitszustand durch eine persönliche Begutachtung beim Amtsarzt. Dieser erstellt ein medizinisches Gutachten, das zusammen mit den Berichten Ihrer behandelnden Ärzte die Grundlage für die Entscheidung bildet.

Besondere Regelungen

Eine Sonderregelung gilt bei der teilweisen Erwerbsminderung: Wenn Sie zwischen drei und unter sechs Stunden arbeiten können, aber keinen entsprechenden Teilzeitarbeitsplatz finden, können Sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten (sogenannte Arbeitsmarktrente).

Die Erwerbsminderung muss nicht dauerhaft sein. Es reicht aus, wenn die gesundheitliche Einschränkung voraussichtlich mindestens sechs Monate andauert. Vor der Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente wird jedoch stets geprüft, ob Ihre Erwerbsfähigkeit durch eine medizinische oder berufliche Rehabilitation wiederhergestellt werden kann.


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Welche Nachweise und Unterlagen sind für einen erfolgreichen Rentenantrag erforderlich?

Persönliche Dokumente und Nachweise

Für den Antrag auf Erwerbsminderungsrente benötigen Sie zunächst grundlegende Identifikationsdokumente:

  • Gültiger Personalausweis oder Reisepass
  • Steueridentifikationsnummer
  • Internationale Bankverbindung (IBAN und BIC)
  • Versicherungskarte der Krankenkasse

Medizinische Dokumentation

Die medizinische Dokumentation ist entscheidend für den Erfolg Ihres Antrags. Sie müssen folgende Unterlagen einreichen:

Eine detaillierte Auflistung Ihrer Gesundheitsstörungen mit Namen und Anschriften aller behandelnden Ärzte. Ein aussagekräftiger Befundbericht sollte dabei folgende Aspekte umfassen:

  • Behandlungsdauer
  • Konkrete Diagnosen
  • Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag
  • Bisherige Behandlungsansätze
  • Prognose für die Zukunft

Berufsbezogene Unterlagen

Für die Beurteilung Ihrer beruflichen Situation benötigt die Rentenversicherung:

Eine chronologische Aufstellung Ihrer beruflichen Tätigkeiten mit Nachweisen über:

  • Berufsausbildungen (Gesellenbrief, Kaufmannsgehilfenbrief oder Lehrvertrag)
  • Ausbildungszeiten
  • Krankheitszeiten
  • Arbeitslosigkeitszeiten

Dokumentation von Behandlungen

Sie müssen sämtliche medizinische Behandlungen nachweisen:

  • Dokumentation aller Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte
  • Gutachten von öffentlichen Stellen (z.B. Krankenkasse, Arbeitsagentur)
  • Untersuchungsergebnisse der Berufsgenossenschaft
  • Befunde vom Betriebsarzt

Ein guter Befundbericht ist dabei besonders wichtig. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über die Notwendigkeit einer ausführlichen Dokumentation, da dies Ihre Chancen auf einen positiven Bescheid deutlich erhöht.


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Wie läuft das Begutachtungsverfahren bei der Rentenversicherung ab?

Einleitung des Verfahrens

Die Deutsche Rentenversicherung beauftragt nach Antragstellung einen qualifizierten Gutachter für die medizinische Begutachtung. Als Gutachter kommen ausschließlich Ärzte in Betracht, die über besondere medizinische Erfahrungen und Fähigkeiten in ihrem Fachgebiet verfügen.

Vorbereitung der Begutachtung

Der Gutachter erhält von der Rentenversicherung folgende Unterlagen zur Vorbereitung:

  • Befundberichte behandelnder Ärzte
  • Krankenhaus- und Reha-Entlassungsberichte
  • Bereits vorhandene medizinische Unterlagen
  • Selbsteinschätzungsbogen des Versicherten

Ablauf der Untersuchung

Die Begutachtung findet in der Regel als persönliche Untersuchung statt. Der Gutachter führt dabei folgende Schritte durch:

  • Ausführliches Gespräch über den Krankheitsverlauf und die aktuelle Situation
  • Körperliche Untersuchung mit Funktionsprüfungen
  • Durchführung notwendiger diagnostischer Maßnahmen wie EKG, Laboruntersuchungen oder Röntgenaufnahmen

Bewertung und Gutachtenerstellung

Der Gutachter erstellt auf Basis aller Befunde ein objektives und neutrales Gutachten. Dabei bewertet er:

  • Die funktionellen Einschränkungen und deren Auswirkungen
  • Das quantitative Leistungsvermögen im bisherigen Beruf
  • Die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
  • Mögliche weitere rehabilitative Maßnahmen

Die Rentenversicherung muss spätestens 25 Arbeitstage nach Antragseingang über den Antrag entscheiden. Bei Verzögerungen ist die Pflegekasse verpflichtet, drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu stellen.


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Wie wird die zeitliche Befristung einer Erwerbsminderungsrente festgelegt?

Grundsätzliche Befristungsregelung

Erwerbsminderungsrenten werden standardmäßig als Zeitrenten gewährt. Die erste Befristung erfolgt für maximal drei Jahre ab Rentenbeginn. Wenn Sie eine befristete Erwerbsminderungsrente erhalten, beginnt die Zahlung frühestens ab dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung.

Verlängerungsmöglichkeiten

Nach Ablauf der ersten Befristung kann Ihre Rente verlängert werden. Die Verlängerung erfolgt jeweils für höchstens drei weitere Jahre. Sie müssen etwa vier bis fünf Monate vor Ablauf der Befristung einen Verlängerungsantrag stellen, damit keine Zahlungslücke entsteht. Die Deutsche Rentenversicherung sendet Ihnen rechtzeitig vor Ablauf der Befristung die notwendigen Formulare zu.

Unbefristete Gewährung

Eine unbefristete Erwerbsminderungsrente wird in zwei Fällen gewährt:

  1. Wenn es von Anfang an unwahrscheinlich ist, dass sich Ihr Gesundheitszustand verbessert. Dies muss durch ärztliche Gutachten eindeutig belegt sein.
  2. Nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren. Nach dieser Zeit geht der Gesetzgeber davon aus, dass keine Besserung mehr zu erwarten ist.

Besonderheit bei Arbeitsmarktrenten

Bei sogenannten Arbeitsmarktrenten – wenn Sie teilweise erwerbsgemindert sind und keine passende Teilzeitstelle finden – gilt die Neun-Jahres-Regelung nicht. Diese Renten können immer wieder befristet werden. Der Grund dafür ist, dass sich die Arbeitsmarktlage ändern kann.

Die unbefristete Rente wird ab dem Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt, wenn Sie den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Erwerbsminderung stellen. Bei einer späteren Antragstellung beginnt die Rente erst mit dem Antragsmonat.


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Was sind die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bei Ablehnung des Rentenantrags?

Die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen einen abgelehnten Rentenantrag sind durchaus beachtlich. Bei Erwerbsminderungsrenten haben etwa 20 Prozent der Widersprüche im Verwaltungsverfahren Erfolg. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht steigt die Erfolgsquote sogar auf über 30 Prozent.

Faktoren für den Erfolg eines Widerspruchs

Der Erfolg eines Widerspruchs hängt maßgeblich von der sorgfältigen Dokumentation und Begründung ab. Besonders wichtig ist die vollständige Vorlage aller medizinischen Unterlagen. Ein Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Ablehnungsbescheids eingelegt werden. Die Begründung kann später nachgereicht werden.

Ablauf des Widerspruchsverfahrens

Nach Eingang des Widerspruchs prüft die Rentenversicherung den Fall erneut. Ein Widerspruchsausschuss, bestehend aus Vertretern der Rentenversicherung, der Versicherten und der Arbeitgeber, überprüft die Entscheidung. Der Ausschuss kann mit Stimmenmehrheit die ursprüngliche Entscheidung aufheben oder weitere Prüfungen veranlassen.

Häufige Erfolgsgründe

Ein Widerspruch ist besonders erfolgversprechend bei:

  • Fehlender oder unvollständiger Berücksichtigung von Versicherungszeiten
  • Unzutreffender medizinischer Beurteilung
  • Fehlerhafter Berechnung der Rentenhöhe
  • Mangelhafter Begutachtung durch die Rentenversicherung

Bei Sozialverbänden wie dem VdK liegt die Erfolgsquote bei der Unterstützung von Widerspruchsverfahren sogar bei rund 50 Prozent. Dies zeigt, dass eine fundierte Begründung und sachkundige Unterstützung die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen können.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erwerbsminderung

Eine gesundheitlich bedingte Einschränkung der Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Nach § 43 SGB VI liegt eine teilweise Erwerbsminderung vor, wenn jemand nur noch 3-6 Stunden täglich arbeiten kann, eine volle Erwerbsminderung bei weniger als 3 Stunden. Die Beurteilung erfolgt unabhängig vom ausgeübten Beruf für jede denkbare Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Beispiel: Eine Bauarbeiterin kann ihren Beruf wegen Rückenproblemen nicht mehr ausüben, könnte aber noch 4 Stunden täglich Büroarbeit leisten – hier läge eine teilweise Erwerbsminderung vor.


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Brückensymptome

Medizinische Befunde und Symptome, die eine kontinuierliche gesundheitliche Beeinträchtigung über einen längeren Zeitraum belegen. Nach § 99 SGG müssen diese lückenlos dokumentiert sein, um eine rückwirkende Erwerbsminderung nachzuweisen. Dies ist besonders bei psychischen Erkrankungen wichtig. Beispiel: Durchgehende ärztliche Dokumentation von Depressionen mit Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und sozialer Isolation über mehrere Monate.


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Restleistungsvermögen

Die verbleibende Arbeitsfähigkeit einer Person trotz gesundheitlicher Einschränkungen, gemessen in Stunden pro Tag. Gemäß § 43 SGB VI entscheidend für die Einstufung der Erwerbsminderung. Bei einem Restleistungsvermögen von 3-6 Stunden liegt eine teilweise, bei unter 3 Stunden eine volle Erwerbsminderung vor. Beispiel: Eine Person kann aufgrund von Erschöpfungszuständen nur noch 4 Stunden täglich leichte Bürotätigkeiten ausführen.


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Sozialmedizinisches Gutachten

Eine umfassende ärztliche Beurteilung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit nach standardisierten Kriterien der Deutschen Rentenversicherung. Basierend auf § 21 SGB IX werden körperliche und psychische Funktionseinschränkungen sowie deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit bewertet. Beispiel: Ein Gutachter untersucht die Belastbarkeit, Konzentrationsfähigkeit und körperliche Leistungsfähigkeit eines Antragstellers.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • SGB VI – Gesetzliche Rentenversicherung (§§ 43, 44): Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch regelt die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland. Insbesondere die §§ 43 und 44 definieren die Voraussetzungen und Leistungen der Erwerbsminderungsrente. Diese Bestimmungen legen fest, wann eine Person als erwerbsgemindert gilt und welche Rentenansprüche daraus resultieren. Zudem werden die verschiedenen Grade der Erwerbsminderung sowie die Berechnung der Rentenhöhe festgelegt. Im vorliegenden Fall ist die Bewertung der Erwerbsminderung der Klägerin nach diesen Vorschriften zentral für die Entscheidung über ihren Rentenantrag.
  • SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (§ 64): Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch beschäftigt sich mit der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. § 64 behandelt die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Vorschrift ist relevant, da die Klägerin verschiedene rehabilitative Maßnahmen absolvierte, die im Rahmen ihrer Antragstellung für Erwerbsminderungsrente zu berücksichtigen sind. Die Einschätzung der medizinischen Gutachten und Rehabilitationserfolge ist entscheidend für die Feststellung einer Erwerbsminderung.
  • SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung (§ 48): Das Fünfte Buch regelt die gesetzliche Krankenversicherung, einschließlich der Voraussetzungen für den Bezug von Krankengeld. § 48 definiert die Dauer und Höhe des Krankengeldes, welches die Klägerin vor dem Bezug von Erwerbsminderungsrente erhielt. Zudem spielen die medizinischen Gutachten, die im Rahmen der Krankschreibung erstellt wurden, eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Erwerbsminderung. Die Ablehnung der Weitergewährung des Krankengeldes durch den MDK ist nach diesen Vorschriften erfolgt.
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG) – Gerichtliche Verfahren (§ 74, § 80): Das Sozialgerichtsgesetz legt die Verfahrensregeln für gerichtliche Auseinandersetzungen im Sozialrecht fest. § 74 bestimmt die Beurteilung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der Sozialbehörden, wie sie im vorliegenden Fall angefochten wurden. § 80 regelt die Klagearten und Zuständigkeiten, die für die gerichtlichen Entscheidungen über die Erwerbsminderungsrente relevant sind. Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts basiert auf den Regelungen dieses Gesetzes.
  • SGB III – Arbeitsförderung (§ 29): Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch befasst sich mit der Arbeitsförderung, einschließlich Leistungen wie Arbeitslosengeld. § 29 definiert die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld, das die Klägerin nach dem Wegfall des Krankengeldes erhielt. Diese Vorschrift ist wichtig, um die Übergangsregelungen zwischen Krankengeld und Rentenleistungen zu verstehen und zu bewerten. Die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die Agentur für Arbeit fällt ebenfalls unter dieses Gesetz.

Das vorliegende Urteil


Hessisches Landessozialgericht – Az.: L 2 R 110/23 – Urteil vom 17.09.2024


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