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Gewährung von Krankengeld – Voraussetzungen

Ausgesteuert vom Krankengeld – für viele chronisch Kranke schien das der endgültige Stopp. Doch ein aktuelles Gerichtsurteil sorgt nun für Hoffnung: Wer nach der Aussteuerung eine neue Krankheit entwickelt, könnte unerwartet doch wieder finanzielle Unterstützung erhalten. Im Zentrum des Falls steht die Frage, wann eine neue Diagnose tatsächlich einen erneuten Anspruch auf Krankengeld begründet.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: S 25 KR 1912/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: SG Dresden
  • Datum: 05.02.2025
  • Aktenzeichen: S 25 KR 1912/19
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: Krankenversicherungsrecht / Sozialrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherter Tischler, der seit März 2016 aufgrund verschiedener Diagnosen arbeitsunfähig war und Krankengeld bezog. Er forderte weiteres Krankengeld für eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 13.08.2018 für den Zeitraum 24.09.2018 bis 31.01.2019.
  • Beklagte: Die gesetzliche Krankenkasse des Klägers, die die Zahlung von Krankengeld für den genannten Zeitraum abgelehnt hatte (Bescheid vom 16.11.2018, Widerspruchsbescheid vom 01.08.2019).

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger war seit März 2016 lange Zeit arbeitsunfähig und erhielt von der Beklagten Krankengeld. Nach einer Arbeitsunfähigkeitsmeldung ab dem 13.08.2018 beantragte er erneut Krankengeld. Die Krankenkasse lehnte dies für den Zeitraum vom 24.09.2018 bis 31.01.2019 ab. Dagegen klagte der Versicherte vor dem Sozialgericht.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 24. September 2018 bis zum 31. Januar 2019 hat, basierend auf seiner Arbeitsunfähigkeit, die am 13. August 2018 begann.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht hob die ablehnenden Bescheide der Krankenkasse auf. Die Krankenkasse wurde dazu verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 24.09.2018 bis zum 31.01.2019 Krankengeld aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab dem 13.08.2018 zu zahlen.
  • Folgen: Die Krankenkasse muss dem Kläger das Krankengeld für den strittigen Zeitraum nachzahlen. Zudem muss die Krankenkasse die notwendigen Kosten erstatten, die dem Kläger durch das Gerichtsverfahren entstanden sind.

Der Fall vor Gericht


Streitfall Krankengeld: Ein neuer Anspruch nach Aussteuerung?

Krankengeld-Anspruch: Arzt-Patient Gespräch
Neuer Krankengeldanspruch nach Aussteuerung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Sozialgericht Dresden hat in einem Urteil vom 5. Februar 2025 (Az.: S 25 KR 1912/19) entschieden, dass einem Kläger trotz vorangegangener Aussteuerung erneut Krankengeld zusteht. Die Entscheidung beleuchtet die komplexen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch, insbesondere wenn nach einer langen Krankheitsphase eine neue Erkrankung auftritt.

Der Kläger und seine Krankengeschichte

Der Kläger, Jahrgang 1960, war als Tischler beschäftigt und bei der beklagten Krankenkasse versichert. Seit dem 22. März 2016 war er durchgehend arbeitsunfähig geschrieben. Die anfängliche Diagnose lautete auf eine akute Infektion der oberen Atemwege.

Im weiteren Verlauf kamen zahlreiche, teils schwerwiegende Diagnosen hinzu. Dazu zählten Nervenwurzelreizungen im Brustwirbelbereich (Radikulopathie), eine nicht näher bezeichnete bösartige Neubildung, Entzündungen der Bandscheiben (Diszitis), Nervenkompressionen durch Bandscheibenschäden, eine Blutvergiftung (Sepsis) sowie organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen und eine neurogene Harnblasenfunktionsstörung.

Krankengeldzahlung und Aussteuerung

Nach Ablauf der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber erhielt der Kläger ab dem 3. Mai 2016 Krankengeld von seiner Krankenkasse. Zeiten medizinischer Rehabilitation wurden mit Übergangsgeld überbrückt, welches auf die Bezugsdauer des Krankengeldes angerechnet wurde.

Die Krankenkasse teilte dem Kläger mit Bescheid vom 19. Juli 2017 mit, dass der Anspruch auf Krankengeld aufgrund der seit März 2016 bestehenden Arbeitsunfähigkeit auf die gesetzliche Höchstdauer begrenzt sei. Diese Maximaldauer endete am 18. September 2017. Folglich stellte die Kasse die Zahlung zu diesem Datum ein – ein Vorgang, der als Aussteuerung bezeichnet wird.

Die Zeit nach der Aussteuerung

Bereits im August 2017 hatte der Kläger einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt. Nach dem Ende des Krankengeldbezugs meldete er sich nahtlos arbeitslos und erhielt vom 19. September 2017 bis zum 23. September 2018 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Sein Arbeitsverhältnis war zwischenzeitlich zum 30. Juni 2018 durch eine arbeitgeberseitige Kündigung beendet worden. Aufgrund einer Urlaubsabgeltung ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld vorübergehend vom 1. Juli bis zum 5. September 2018.

Fortdauernde Krankschreibungen und eine neue Diagnose

Trotz der Aussteuerung bescheinigte der behandelnde Arzt, Dr. G., dem Kläger weiterhin lückenlos Arbeitsunfähigkeit aufgrund der bekannten Diagnosen. Die letzte dieser fortlaufenden Bescheinigungen endete am Freitag, den 10. August 2018.

Nach einer Unterbrechung von zwei Tagen (Wochenende 11./12. August 2018) stellte Dr. G. am Montag, den 13. August 2018, eine neue Erstbescheinigung für Arbeitsunfähigkeit aus. Entscheidend war hierbei: Diese Krankschreibung erfolgte nun ausschließlich aufgrund einer neuen Diagnose: F32.1 – mittelgradige depressive Episode. Auch für diese neue Erkrankung folgten weitere lückenlose Krankschreibungen.

Der Streit um einen neuen Krankengeldanspruch

Aufgrund dieser neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 13. August 2018 beantragte der Kläger erneut Krankengeld bei seiner Krankenkasse. Die Krankenkasse lehnte dies jedoch mit Bescheid vom 16. November 2018 und Widerspruchsbescheid vom 1. August 2019 ab. Die genauen Ablehnungsgründe gehen aus dem vorliegenden Urteilsauszug nicht hervor, dürften aber im Zusammenhang mit der vorangegangenen Aussteuerung gestanden haben. Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dresden.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Dresden

Das Sozialgericht Dresden gab der Klage statt. Es hob die ablehnenden Bescheide der Krankenkasse auf (Aufhebung der Bescheide). Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 24. September 2018 bis zum 31. Januar 2019. Maßgeblich für diesen Anspruch war die ab dem 13. August 2018 attestierte Arbeitsunfähigkeit.

Rechtliche Grundlagen im Krankengeldfall (Hintergrund)

Der Anspruch auf Krankengeld ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Gemäß § 48 SGB V ist der Anspruch wegen derselben Krankheit auf maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren begrenzt (Blockfrist). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert dies die Bezugsdauer nicht. Nach Erreichen der Höchstdauer endet der Anspruch („Aussteuerung“).

Ein neuer Anspruch auf Krankengeld kann nach einer Aussteuerung grundsätzlich nur entstehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Entscheidend ist oft, ob die neue Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht als diejenige, die zur Aussteuerung geführt hat. Zudem müssen zwischenzeitlich die Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch (z.B. durch erneute Beschäftigung oder Arbeitslosengeldbezug) wieder erfüllt worden sein.

Die wahrscheinlichen Entscheidungsgründe des Gerichts

Obwohl die detaillierten Entscheidungsgründe im Auszug fehlen, lässt sich die Logik des Gerichts nachvollziehen. Das Gericht sah die ab dem 13. August 2018 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit aufgrund der neuen Diagnose (mittelgradige depressive Episode) offenbar als einen eigenständigen Versicherungsfall an. Dieser war nach Auffassung des Gerichts nicht mehr der „selben Krankheit“ zuzuordnen, die zur ursprünglichen Aussteuerung geführt hatte.

Die Erstbescheinigung vom 13. August 2018 mit der neuen Diagnose F32.1 war hierbei ein zentrales Beweismittel. Sie dokumentierte den Beginn einer neuen Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Erkrankung. Die zweitägige Unterbrechung der Krankschreibung am Wochenende zuvor könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben, um die Zäsur zwischen alter und neuer Krankheitsphase zu verdeutlichen.

Der zugesprochene Zeitraum (24.09.2018 – 31.01.2019) beginnt unmittelbar nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld am 23.09.2018. Dies ist typisch, da Krankengeld als Lohnersatzleistung nachrangig gegenüber dem Arbeitslosengeld sein kann, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des ALG-Bezugs eintritt oder andauert.

Bedeutung des Urteils für Betroffene

Dieses Urteil hat erhebliche Bedeutung für Versicherte, die nach einer langen Krankheitsphase und anschließender Aussteuerung erneut erkranken. Es verdeutlicht, dass die Aussteuerung nicht zwangsläufig das endgültige Ende jeglichen Krankengeldanspruchs bedeutet.

Entscheidend ist, ob eine neue, eigenständige Erkrankung die Arbeitsunfähigkeit verursacht. Ist dies der Fall und wird dies ärztlich korrekt durch eine Erstbescheinigung mit der neuen Diagnose dokumentiert, kann ein neuer Anspruch auf Krankengeld entstehen. Die Blockfristenregelung des § 48 SGB V bezieht sich auf „dieselbe Krankheit“.

Betroffene sollten daher bei einer neuen Erkrankung nach Aussteuerung genau darauf achten, dass ihr Arzt dies klar dokumentiert, idealerweise mit einer Erstbescheinigung und Angabe der neuen Diagnose. Wird ein erneuter Antrag auf Krankengeld von der Kasse abgelehnt, kann es sich lohnen, die Entscheidung – wie im vorliegenden Fall erfolgreich geschehen – gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer präzisen medizinischen Dokumentation im Sozialrecht.

Kostenentscheidung

Das Gericht entschied zudem, dass die beklagte Krankenkasse die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Verfahren tragen muss. Dies ist die übliche Folge, wenn eine Klage vor dem Sozialgericht Erfolg hat.


Die Schlüsselerkenntnisse

Bei einer neuen Diagnose (Depression) nach vorheriger Arbeitsunfähigkeit kann ein neuer Krankengeldanspruch entstehen, auch wenn die maximale Bezugsdauer für die erste Erkrankung bereits ausgeschöpft war. Entscheidend ist, dass die neue Erkrankung eine andere medizinische Ursache hat als die vorherige. Auch während des Ruhens von Arbeitslosengeldansprüchen wegen Urlaubsabgeltung bleibt die Krankenversicherung bestehen, sodass keine Versicherungslücke entsteht. Diese Punkte sind wichtig für Personen, die nach längerer Krankheit eine andere Erkrankung erleiden und weiterhin finanziell abgesichert sein müssen.

Benötigen Sie Hilfe?

Haben Sie nach Aussteuerung erneut mit Krankengeldproblemen zu kämpfen?

Wenn Sie nach einer längeren Krankheitsphase ausgesteuert wurden und nun aufgrund einer neuen Erkrankung erneut arbeitsunfähig sind, kann die Situation komplex sein. Viele Betroffene sind unsicher, ob unter diesen Umständen ein erneuter Anspruch auf Krankengeld besteht. Die korrekte medizinische Dokumentation und die Abgrenzung der Erkrankungen sind hierbei entscheidend.

Wir prüfen Ihren individuellen Fall sorgfältig und umfassend, um Ihre Erfolgsaussichten auf einen erneuten Krankengeldanspruch zu bewerten. Durch unsere langjährige Erfahrung im Sozialrecht können wir Ihnen helfen, Ihre Rechte gegenüber der Krankenkasse durchzusetzen und die Ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Gemeinschaftsfläche“ in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und welche Nutzungsrechte haben die einzelnen Eigentümer daran?

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gibt es zwei grundlegende Arten von Eigentum: das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum.

Ihr Sondereigentum umfasst in der Regel die Räume Ihrer Wohnung selbst sowie gegebenenfalls weitere, Ihnen allein zugewiesene Bereiche wie einen Kellerraum oder eine Garage. Über Ihr Sondereigentum können Sie weitgehend frei verfügen.

Gemeinschaftseigentum, oft auch als „Gemeinschaftsfläche“ bezeichnet, umfasst alle Teile des Gebäudes und des Grundstücks, die nicht zum Sondereigentum gehören. Diese Bereiche stehen allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Sie sind für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich oder dienen dem gemeinschaftlichen Gebrauch.

Was gehört typischerweise zum Gemeinschaftseigentum?

Zum Gemeinschaftseigentum zählen üblicherweise:

  • Das Grundstück selbst.
  • Tragende Bauteile des Gebäudes (z.B. Fundament, Außenwände, Geschossdecken).
  • Das Dach und die Fassade.
  • Das Treppenhaus und der Aufzug.
  • Gemeinschaftliche Heizungs- und Versorgungsanlagen.
  • Fenster und Außentüren (die äußere Hülle betreffend, auch wenn sie zu einer Sondereigentumseinheit gehören).
  • Gemeinschaftlich genutzte Räume wie Waschküche, Trockenraum, Fahrradkeller.
  • Gärten oder Außenanlagen, sofern sie nicht durch ein Sondernutzungsrecht einem einzelnen Eigentümer zugewiesen sind.

Welche Nutzungsrechte haben Sie als Eigentümer am Gemeinschaftseigentum?

Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer das Recht, das Gemeinschaftseigentum mitzubenutzen. Das bedeutet, Sie dürfen beispielsweise das Treppenhaus betreten, den Aufzug nutzen oder sich im gemeinschaftlichen Garten aufhalten.

Dieses Nutzungsrecht ist jedoch nicht unbegrenzt. Es gelten folgende Grundsätze und mögliche Einschränkungen:

  1. Rücksichtnahme: Die Nutzung muss so erfolgen, dass andere Eigentümer nicht übermäßig gestört oder beeinträchtigt werden. Lärm im Treppenhaus zu Nachtzeiten oder die dauerhafte Blockade von Gemeinschaftsflächen sind typischerweise nicht erlaubt. Gesetzlich ist dies im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert.
  2. Keine Beeinträchtigung der Substanz: Das Gemeinschaftseigentum darf durch die Nutzung nicht beschädigt oder verändert werden. Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum (z.B. Anbringen einer Markise an der Fassade) bedürfen in der Regel der Zustimmung der anderen Eigentümer oder eines Beschlusses der Eigentümerversammlung.
  3. Regelungen in Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung: Die Teilungserklärung (die das Gebäude in Sonder- und Gemeinschaftseigentum aufteilt) und die darauf aufbauende Gemeinschaftsordnung können spezifische Regeln für die Nutzung des Gemeinschaftseigentums enthalten.
    • Sondernutzungsrechte: Hier kann festgelegt sein, dass bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums (z.B. ein Gartenanteil, ein PKW-Stellplatz im Freien) ausschließlich von einem bestimmten Eigentümer genutzt werden dürfen. Andere Eigentümer sind dann von der Nutzung dieses Teils ausgeschlossen.
    • Gebrauchsregelungen: Es können detaillierte Vorschriften zur Nutzung bestimmter Bereiche aufgestellt werden (z.B. Grillzeiten im Garten, Benutzungsordnung für die Waschküche).
  4. Beschlüsse der Eigentümerversammlung: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann durch Mehrheitsbeschluss weitere Regeln für die Nutzung des Gemeinschaftseigentums aufstellen, zum Beispiel in Form einer Hausordnung. Diese Regeln sind dann für alle Eigentümer und auch deren Mieter oder Pächter verbindlich.

Nutzung durch Mieter oder Pächter

Wenn Sie Ihre Wohnung (Sondereigentum) vermieten oder verpachten, geht das Recht zur Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums auf Ihren Mieter oder Pächter über. Dieser darf also beispielsweise das Treppenhaus, den Hof oder die Waschküche im gleichen Umfang nutzen wie Sie als Eigentümer. Wichtig ist: Der Mieter oder Pächter muss sich dabei ebenfalls an alle geltenden Regeln halten (Gesetz, Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung, Beschlüsse, Hausordnung).

Wird eine Gemeinschaftsfläche direkt von der WEG verpachtet (z.B. ein Ladenlokal im Gemeinschaftseigentum), ergeben sich die Nutzungsrechte und Pflichten des Pächters primär aus dem Pachtvertrag und den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft. Auch hier muss die Nutzung im Einklang mit den allgemeinen Regeln der WEG stehen.

Das Verständnis der Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum sowie der geltenden Nutzungsregeln ist entscheidend für ein funktionierendes Zusammenleben in einer Wohnungseigentümergemeinschaft.


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Welche Rolle spielt die Teilungserklärung bei der Festlegung der Nutzungsrechte an Gemeinschaftsflächen und wie kann ich als Eigentümer feststellen, ob eine bestimmte Nutzung zulässig ist?

Die Teilungserklärung ist das entscheidende Dokument, das die Spielregeln für das Zusammenleben und die Nutzung von Gebäudeteilen und Flächen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) festlegt. Sie bestimmt gemeinsam mit der oft dazugehörigen Gemeinschaftsordnung, welche Rechte und Pflichten Sie als Eigentümer haben, insbesondere bezüglich der Nutzung von Gemeinschaftseigentum.

Die Teilungserklärung als „Grundgesetz“ Ihrer Gemeinschaft

Stellen Sie sich die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung wie das Grundgesetz Ihrer Eigentümergemeinschaft vor. Hier wird fundamental geregelt:

  • Was gehört wem? Es wird klar zwischen Sondereigentum (Ihre Wohnung, Ihr Kellerraum, der nur Ihnen gehört) und Gemeinschaftseigentum (z.B. Treppenhaus, Dach, Fassade, Garten, Hof, oft auch Heizungsanlagen oder Waschküchen, die allen Eigentümern gemeinsam gehören) unterschieden.
  • Wie darf Gemeinschaftseigentum genutzt werden? Oft enthält die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung detaillierte Vorgaben, wie Gemeinschaftsflächen genutzt werden dürfen. Es kann festgelegt sein, ob ein Garten nur zur Zierde dient, ob dort gespielt werden darf oder ob bestimmte Bereiche vielleicht nur von einem Eigentümer genutzt werden dürfen (Sondernutzungsrecht, z.B. ein Terrassenanteil). Auch Zweckbestimmungen (z.B. „Trockenraum“, „Fahrradkeller“) sind hier zu finden.

So finden Sie heraus, was erlaubt ist

Um festzustellen, ob eine bestimmte Nutzung einer Gemeinschaftsfläche – zum Beispiel die Nutzung durch einen Pächter – zulässig ist, sollten Sie folgende Dokumente prüfen:

  1. Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung: Dies ist Ihre erste und wichtigste Informationsquelle. Suchen Sie nach Abschnitten, die das betroffene Gemeinschaftseigentum (z.B. die Gartenfläche, der Hof) beschreiben oder allgemeine Nutzungsregeln aufstellen. Achten Sie auf:
    • Konkrete Zweckbestimmungen: Ist die Fläche z.B. als „Garten“ oder „Erholungsfläche“ ausgewiesen?
    • Erlaubnisse oder Verbote: Werden bestimmte Nutzungen ausdrücklich erlaubt oder untersagt (z.B. „gewerbliche Nutzung verboten“, „Grillen erlaubt“)?
    • Sondernutzungsrechte: Ist die Fläche vielleicht einem bestimmten Eigentümer zur alleinigen Nutzung zugewiesen?
  2. Aufteilungsplan: Dieser Plan ist Teil der Teilungserklärung und zeigt grafisch die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Manchmal ergeben sich auch hieraus Hinweise auf die vorgesehene Nutzung.
  3. Beschlüsse der Eigentümerversammlung: Die Eigentümergemeinschaft kann durch Beschluss Regelungen zur Nutzung des Gemeinschaftseigentums treffen, soweit diese nicht der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung widersprechen. Prüfen Sie die Beschlusssammlung Ihrer WEG, ob zur Nutzung der betreffenden Fläche bereits Beschlüsse gefasst wurden (z.B. eine Hausordnung, die die Nutzung regelt, oder ein Beschluss, der eine bestimmte Nutzung gestattet).

Wenn die Teilungserklärung schweigt oder unklar ist

Enthält die Teilungserklärung keine spezifische Regelung für die gewünschte Nutzung, greifen die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Grundsätzlich gilt:

  • Jeder Eigentümer darf das Gemeinschaftseigentum so nutzen, dass andere Eigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus gestört oder beeinträchtigt werden (§ 14 Nr. 1 WEG).
  • Die Nutzung muss dem entsprechen, was vereinbart ist oder wie es üblich ist und darf den Gebrauch durch andere nicht verhindern oder unzumutbar erschweren.

Eine Nutzung, die über den üblichen Gebrauch hinausgeht oder den Charakter der Fläche verändert (wie oft bei einer Verpachtung an einen externen Dritten), bedarf in der Regel eines zustimmenden Beschlusses der Eigentümerversammlung.

Speziell: Nutzung durch Dritte (z.B. Pächter)

Die Überlassung von Gemeinschaftseigentum an Dritte (wie Pächter oder Mieter für z.B. einen Kiosk, einen Stand oder eine Außenbestuhlung) ist eine besondere Form der Nutzung. Hier muss genau geprüft werden:

  • Ist eine solche (oft gewerbliche oder intensivere) Nutzung mit der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung vereinbar?
  • Liegt ein gültiger Beschluss der Eigentümergemeinschaft vor, der diese spezielle Nutzung und die Überlassung an den Dritten gestattet? Ohne einen solchen Beschluss ist die Nutzung durch einen Pächter häufig nicht zulässig.

Die Teilungserklärung bildet also die Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit jeglicher Nutzung von Gemeinschaftsflächen. Ihre sorgfältige Prüfung ist der erste Schritt, um Klarheit zu gewinnen.


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Unter welchen Voraussetzungen darf ein Pächter einer Gewerbeeinheit in einer WEG Gemeinschaftsflächen nutzen und welche Rechte hat die WEG, wenn der Pächter die Gemeinschaftsflächen unberechtigt nutzt?

Ein Pächter einer Gewerbeeinheit, also jemand, der beispielsweise ein Ladenlokal oder Büro in einem Gebäude mit Eigentumswohnungen mietet, hat grundsätzlich keine eigenen, direkten Rechte zur Nutzung von Gemeinschaftsflächen der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Gemeinschaftsflächen sind Bereiche wie Flure, Treppenhäuser, Innenhöfe, Gärten oder gemeinschaftliche Parkplätze, die allen Eigentümern gemeinsam gehören.

Wann darf der Pächter Gemeinschaftsflächen nutzen?

Die Nutzungsbefugnis des Pächters leitet sich ausschließlich von den Rechten des Eigentümers (seines Vermieters) ab, der Mitglied der WEG ist. Das bedeutet konkret:

  1. Nur im Rahmen der Rechte des Eigentümers: Der Pächter darf Gemeinschaftsflächen nur in dem Umfang nutzen, wie es dem Eigentümer der vermieteten Einheit selbst gestattet ist. Diese Erlaubnis für den Eigentümer ergibt sich aus:
    • der Teilungserklärung: Das ist quasi die „Verfassung“ der WEG, die festlegt, was Sondereigentum (die einzelne Einheit) und was Gemeinschaftseigentum ist und wie letzteres genutzt werden darf.
    • der Gemeinschaftsordnung: Diese enthält oft detailliertere Regeln für das Zusammenleben und die Nutzung.
    • Beschlüssen der Eigentümerversammlung: Die Eigentümer können gemeinsam Regeln zur Nutzung aufstellen oder ändern.
    • Sondernutzungsrechten: Manchmal hat ein Eigentümer ein exklusives Recht, einen bestimmten Teil des Gemeinschaftseigentums allein zu nutzen (z.B. einen bestimmten Gartenanteil oder Stellplatz). Nur wenn der Vermieter ein solches Recht hat, kann er es dem Pächter zur Nutzung überlassen.
  2. Keine weitergehenden Rechte: Wichtig ist: Der Eigentümer kann seinem Pächter niemals mehr Rechte zur Nutzung von Gemeinschaftsflächen einräumen, als er selbst besitzt. Wenn die Gemeinschaftsordnung beispielsweise vorsieht, dass der Innenhof nur zum Be- und Entladen genutzt werden darf, darf auch der Pächter dort keine Tische und Stühle für einen Cafébetrieb aufstellen, selbst wenn der Vermieter es ihm erlauben würde.

Was kann die WEG bei unberechtigter Nutzung durch den Pächter tun?

Nutzt der Pächter Gemeinschaftsflächen ohne die nötige Erlaubnis oder hält er sich nicht an die vereinbarten Regeln (z.B. er stellt dauerhaft Werbeschilder im Treppenhaus auf, obwohl dies nicht erlaubt ist), stellt dies eine Störung des Gemeinschaftseigentums dar. Die WEG hat dann verschiedene Möglichkeiten, dagegen vorzugehen:

  1. Ansprache des Eigentümers: Da der Pächter kein direktes Vertragsverhältnis mit der WEG hat, ist der erste und wichtigste Ansprechpartner für die WEG der Eigentümer der vermieteten Einheit. Der Eigentümer ist dafür verantwortlich, dass sein Pächter die Regeln der Gemeinschaft einhält (§ 14 Nr. 2 WEG). Die WEG wird den Eigentümer also auffordern (oft durch eine formale Abmahnung), dafür zu sorgen, dass der Pächter die unberechtigte Nutzung unterlässt.
  2. Unterlassungsanspruch: Wenn die Ansprache des Eigentümers erfolglos bleibt oder die Störung andauert, kann die WEG (in der Regel vertreten durch den Verwalter oder durch Beschluss der Eigentümer) einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Das bedeutet, sie kann verlangen, dass die störende Nutzung aufhört. Dieser Anspruch kann gerichtlich durch eine Unterlassungsklage durchgesetzt werden. Die Klage kann sich richten gegen:
    • den Eigentümer, da er für das Verhalten seines Pächters verantwortlich ist.
    • direkt gegen den Pächter als unmittelbaren Störer (§ 1004 BGB, § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Oft ist es sinnvoll, beide (Eigentümer und Pächter) in Anspruch zu nehmen.
  3. Beseitigungsanspruch: Hat der Pächter beispielsweise unberechtigt Gegenstände auf Gemeinschaftsflächen abgestellt, kann die WEG auch verlangen, dass diese entfernt werden (Beseitigungsanspruch).
  4. Schadensersatz: Entsteht der WEG durch die unberechtigte Nutzung ein Schaden, können unter Umständen auch Schadensersatzansprüche gegen den Eigentümer oder den Pächter bestehen.

Für Sie als Teil einer WEG bedeutet das: Die Rechte des Pächters sind begrenzt und hängen vollständig von den Rechten des vermietenden Eigentümers ab. Bei Problemen ist der Eigentümer der erste Adressat, die WEG hat aber auch rechtliche Mittel, um direkt gegen einen störenden Pächter vorzugehen, um die unberechtigte Nutzung von Gemeinschaftseigentum zu beenden.


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Welche Bedeutung haben Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung für die Nutzung von Gemeinschaftsflächen und wie können solche Beschlüsse angefochten werden, wenn sie meiner Meinung nach unrechtmäßig sind?

Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung sind zentrale Entscheidungen, die das Zusammenleben und die Verwaltung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft regeln. Sie haben eine erhebliche Bedeutung, insbesondere wenn es um die Nutzung von Gemeinschaftsflächen geht – also Bereiche wie den Hof, den Garten, das Treppenhaus, die Waschküche oder auch Flächen, die eventuell an Dritte (wie einen Pächter) zur Nutzung überlassen werden sollen.

Warum sind Beschlüsse für Sie wichtig?

Beschlüsse der Eigentümerversammlung sind grundsätzlich für alle Wohnungseigentümer bindend. Das gilt auch dann, wenn Sie persönlich gegen den Beschluss gestimmt haben oder bei der Versammlung gar nicht anwesend waren. Ein gültiger Beschluss legt fest, wie Gemeinschaftsflächen genutzt werden dürfen oder welche Veränderungen vorgenommen werden.

Stellen Sie sich vor, die Eigentümerversammlung beschließt, dass ein Teil des Gemeinschaftsgartens zukünftig als Stellplatz für Fahrräder genutzt wird oder dass ein Pächter Tische und Stühle auf einer gemeinschaftlichen Terrasse aufstellen darf. Solche Beschlüsse müssen Sie als Eigentümer befolgen, solange sie wirksam sind. Sie können die Art und Weise, wie Sie Gemeinschaftseigentum nutzen können, direkt beeinflussen.

Wann ist ein Beschluss möglicherweise unrechtmäßig?

Nicht jede Entscheidung, mit der Sie unzufrieden sind, ist automatisch unrechtmäßig oder anfechtbar. Ein Beschluss kann aber ungültig sein, wenn er bestimmte Fehler aufweist. Die häufigsten Gründe sind:

  1. Formelle Fehler: Bei der Einberufung oder Durchführung der Eigentümerversammlung wurden wichtige Regeln verletzt. Das kann zum Beispiel eine fehlerhafte Einladung oder ein Fehler bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit sein (wobei die Beschlussfähigkeit nach neuem Recht weniger Hürden aufweist).
  2. Verstoß gegen Gesetze: Der Beschluss widerspricht klaren gesetzlichen Vorgaben, insbesondere dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Ein Beispiel wäre ein Beschluss, der grundlegende Rechte eines Eigentümers ohne dessen Zustimmung unverhältnismäßig einschränkt.
  3. Verstoß gegen die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung: Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung sind so etwas wie die „Verfassung“ Ihrer Eigentümergemeinschaft. Ein Beschluss darf Regelungen daraus nicht ohne Weiteres widersprechen, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung selbst lässt Änderungen durch Beschluss zu oder alle Eigentümer stimmen einer Änderung zu.
  4. Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung: Ein Beschluss muss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechen und darf nicht willkürlich oder schikanös sein. Er muss auf sachlichen Gründen beruhen und darf einzelne Eigentümer nicht ohne triftigen Grund ungleich behandeln oder benachteiligen.

Wie können Sie gegen einen unrechtmäßigen Beschluss vorgehen?

Wenn Sie der Ansicht sind, dass ein Beschluss unrechtmäßig ist, können Sie ihn nicht einfach ignorieren. Er bleibt zunächst gültig und für alle Eigentümer bindend.

Um einen fehlerhaften Beschluss für ungültig erklären zu lassen, müssen Sie aktiv werden und Anfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Nur das Gericht kann einen Beschluss für ungültig erklären.

Dabei sind sehr wichtige Fristen zu beachten:

  • Anfechtungsfrist: Die Klage muss innerhalb eines Monats nach dem Tag der Beschlussfassung beim Gericht eingegangen sein.
  • Klagebegründungsfrist: Die Gründe, warum Sie den Beschluss für ungültig halten, müssen Sie dem Gericht innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung darlegen.

Werden diese Fristen versäumt, wird der Beschluss in der Regel bestandskräftig. Das bedeutet, er ist dann endgültig gültig und kann nicht mehr angefochten werden, selbst wenn er ursprünglich fehlerhaft war. Eine Ausnahme besteht nur für besonders schwerwiegende Fehler, die einen Beschluss „nichtig“ machen – das ist aber sehr selten der Fall.

Das Gericht prüft im Rahmen der Anfechtungsklage, ob der Beschluss tatsächlich gegen Gesetze, die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung oder die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt oder ob Formfehler vorliegen, die zur Ungültigkeit führen.


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Was ist der Unterschied zwischen einer Unterlassungsklage und einer Räumungsklage im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung von Gemeinschaftsflächen und wann ist welche Klageart die richtige Wahl?

Wenn Gemeinschaftsflächen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), zum Beispiel durch einen Pächter, ohne Erlaubnis genutzt werden, stehen der WEG verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung. Zwei wichtige Instrumente sind die Unterlassungsklage und die Räumungsklage. Obwohl beide darauf abzielen, die unberechtigte Nutzung zu beenden, haben sie unterschiedliche Schwerpunkte und Ziele.

Die Unterlassungsklage: Ein Stoppschild für die Zukunft

Eine Unterlassungsklage zielt darauf ab, eine andauernde oder zukünftig drohende unberechtigte Nutzung von Gemeinschaftseigentum zu verhindern. Es geht darum, dem Verursacher (z.B. dem Pächter) gerichtlich zu verbieten, die Fläche weiterhin oder erneut in einer bestimmten Weise unbefugt zu nutzen.

  • Ziel: Verhinderung zukünftiger Störungen.
  • Wann sinnvoll? Diese Klage ist die richtige Wahl, wenn die unberechtigte Nutzung immer wieder vorkommt oder gerade andauert und für die Zukunft unterbunden werden soll.
  • Beispiel: Ein Pächter einer Gewerbeeinheit parkt regelmäßig seine Fahrzeuge auf einem Teil des Hofes, der als Gemeinschaftsfläche ausgewiesen ist und nicht zu seiner Pachtfläche gehört. Mit einer Unterlassungsklage kann die WEG erreichen, dass ihm dieses Parken für die Zukunft gerichtlich untersagt wird.

Die Räumungsklage: Platz schaffen und Besitz zurückholen

Die Räumungsklage (oft auch als Herausgabeklage bezeichnet, wenn es um die Rückgabe von Besitz geht) zielt darauf ab, eine bereits erfolgte und andauernde Beeinträchtigung zu beseitigen und die Gemeinschaftsfläche wieder frei zu bekommen. Es geht darum, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, indem der Störer verpflichtet wird, die Fläche zu räumen und den Besitz daran aufzugeben.

  • Ziel: Beseitigung einer bestehenden Nutzung und Herausgabe der Fläche.
  • Wann sinnvoll? Diese Klage ist angebracht, wenn der Pächter Gemeinschaftsflächen dauerhaft blockiert, indem er dort beispielsweise Gegenstände lagert, Bauten errichtet hat oder einen Bereich exklusiv für sich beansprucht und diesen nicht freiwillig herausgibt.
  • Beispiel: Der Pächter hat ohne Erlaubnis einen Teil des Gemeinschaftsgartens eingezäunt und nutzt ihn für sich allein oder lagert dauerhaft Baumaterial auf einem Gemeinschaftsparkplatz. Die Räumungsklage zielt darauf ab, dass der Pächter den Zaun oder das Material entfernt und die Fläche wieder für alle Miteigentümer zugänglich macht.

Wann welche Klage? Die richtige Wahl treffen

Die Entscheidung zwischen Unterlassungs- und Räumungsklage hängt davon ab, was die WEG konkret erreichen möchte:

  • Soll ein bestimmtes Verhalten für die Zukunft verboten werden (z.B. das Parken, das Betreten, das Lärmen)? Dann ist die Unterlassungsklage das Mittel der Wahl.
  • Soll ein aktueller Zustand beendet werden, bei dem eine Fläche blockiert oder besetzt ist und diese Fläche wieder freigegeben werden? Dann ist die Räumungsklage passend.

In vielen Fällen kann es auch sinnvoll sein, beide Klagearten zu kombinieren. Stellt ein Pächter beispielsweise unberechtigt Tische und Stühle auf einer Gemeinschaftsterrasse auf, könnte die WEG sowohl die Räumung der Terrasse (Entfernung der Möbel) als auch die Unterlassung der zukünftigen Aufstellung von Möbeln verlangen.

Die korrekte Einordnung der Situation – geht es primär um ein zu unterbindendes Verhalten oder um die Beseitigung eines Zustands und die Rückgabe der Fläche – ist entscheidend für die Wahl des richtigen rechtlichen Schrittes.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aussteuerung

Aussteuerung bezeichnet im Sozialrecht das Ende des Anspruchs auf Krankengeld, weil die gesetzliche Höchstbezugsdauer erreicht wurde. Nach § 48 SGB V ist dieser Anspruch bei derselben Krankheit auf maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren (siehe Blockfrist) begrenzt. Die Krankenkasse teilt die Aussteuerung durch einen Bescheid mit; danach müssen Betroffene oft andere Leistungen wie Arbeitslosengeld oder Rente beantragen. Im Text wurde der Kläger am 18. September 2017 von seiner Krankenkasse ausgesteuert, da er seit März 2016 arbeitsunfähig war.


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Bescheid

Ein Bescheid ist eine förmliche, rechtsverbindliche Entscheidung einer Behörde (wie der Krankenkasse oder der Agentur für Arbeit) in einem Einzelfall, ein sogenannter Verwaltungsakt (§ 31 SGB X). Er teilt dem Bürger verbindlich mit, wie die Behörde über seinen Antrag oder seine Rechte entschieden hat. Im Text ergingen mehrere Bescheide: zur Mitteilung der Aussteuerung, zur Ablehnung des neuen Krankengeldantrags und der Widerspruchsbescheid, der die Ablehnung bestätigte. Gegen Bescheide kann man in der Regel Rechtsmittel (z.B. Widerspruch, Klage) einlegen.


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Blockfrist

Die Blockfrist ist ein Dreijahreszeitraum, der im Krankengeldrecht (§ 48 Abs. 1 SGB V) relevant ist und mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit wegen einer bestimmten Krankheit beginnt. Innerhalb dieser Frist ist der Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit auf eine maximale Dauer von 78 Wochen begrenzt. Alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser spezifischen Krankheit innerhalb der drei Jahre werden zusammengerechnet. Ist die Höchstdauer von 78 Wochen erreicht, endet der Anspruch (Aussteuerung), auch wenn die Blockfrist noch nicht abgelaufen ist.


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Erstbescheinigung (neue)

Eine Erstbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) ist die ärztliche Bescheinigung, die den Beginn einer neuen Periode der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer bestimmten Krankheit dokumentiert. Im Gegensatz dazu stehen Folgebescheinigungen, die eine bereits bestehende AU verlängern. Die „neue“ Erstbescheinigung vom 13. August 2018 war im Textfall entscheidend: Sie attestierte Arbeitsunfähigkeit ausschließlich aufgrund einer anderen Diagnose (Depression) als jener, die zur Aussteuerung geführt hatte. Dies war ein starkes Indiz für einen neuen Versicherungsfall und damit für einen potenziell neuen Krankengeldanspruch.


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Versicherungsfall (eigenständiger)

Ein Versicherungsfall im Krankengeldrecht ist grundsätzlich die durch eine bestimmte Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 SGB V). Ein „eigenständiger“ Versicherungsfall liegt vor, wenn eine neue Arbeitsunfähigkeit auf einer medizinisch anderen Ursache (also einer anderen Krankheit) beruht als eine frühere Arbeitsunfähigkeit, die bereits zu einem Krankengeldbezug (und ggf. zur Aussteuerung) geführt hat. Im Text hat das Gericht die neu diagnostizierte Depression wahrscheinlich als solchen eigenständigen Versicherungsfall gewertet. Dies bedeutete, dass die vorherige Aussteuerung und die dafür relevante Blockfrist den neuen Anspruch auf Krankengeld nicht verhinderten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 48 SGB V (Dauer des Krankengeldes): Krankengeld wird für maximal 78 Wochen innerhalb einer Rahmenfrist von drei Jahren gezahlt, gerechnet vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an. Dabei werden Vorerkrankungszeiten angerechnet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste prüfen, ob die Beklagte zu Recht die Zahlung des Krankengeldes nach 78 Wochen (Aussteuerung) beendet hat und ob ein erneuter Anspruch auf Krankengeld entstanden ist.
  • § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Krankengeld bei Arbeitslosigkeit): Auch nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs kann ein Anspruch auf Krankengeld entstehen, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld fortbesteht und kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr besteht. Voraussetzung ist, dass die Arbeitsunfähigkeit bereits während des Arbeitslosengeldbezugs vorlag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger bezog nach der Aussteuerung Arbeitslosengeld und war weiterhin arbeitsunfähig. Hier geht es darum, ob durch die Arbeitslosigkeit ein neuer Krankengeldanspruch nach § 51 SGB V entstanden sein könnte, nachdem der vorherige Anspruch ausgeschöpft war.
  • § 44 SGB V (Anspruch auf Krankengeld): Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn ihre Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird und sie dadurch einen Verdienstausfall erleiden. Der Anspruch entsteht mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Grundlegend für den Fall ist die Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit des Klägers weiterhin bestand und somit grundsätzlich einen Anspruch auf Krankengeld auslösen konnte, auch nach der vorherigen Aussteuerung und dem Bezug von Arbeitslosengeld.
  • § 46 SGB V (Beginn des Krankengeldes): Krankengeld wird in der Regel ab dem Tag gezahlt, der auf das Ende der Entgeltfortzahlung folgt. Bei Arbeitslosen beginnt das Krankengeld mit dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, sofern zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht oder bestanden hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Relevant für die zeitliche Einordnung des Krankengeldanspruchs ab dem 24.09.2018, da dies der Zeitraum nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs und nach der vorherigen Aussteuerung des Krankengeldes ist.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für chronisch Kranke nach Aussteuerung zum erneuten Anspruch auf Krankengeld

Sie waren lange krankgeschrieben und haben Krankengeld erhalten, bis dieses ausgelaufen ist („Aussteuerung“)? Nun sind Sie erneut arbeitsunfähig geworden und fragen sich, ob Sie wieder finanzielle Unterstützung bekommen können? Ein Gerichtsurteil zeigt, dass unter bestimmten Umständen ein neuer Anspruch auf Krankengeld möglich ist.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Prüfen Sie die Ursache der neuen Arbeitsunfähigkeit genau
Der entscheidende Punkt für einen möglichen neuen Krankengeldanspruch nach einer Aussteuerung ist oft, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht als diejenige, die zur Aussteuerung geführt hat. Klären Sie mit Ihrem Arzt, ob die aktuelle Diagnose eine neue, eigenständige Erkrankung darstellt oder ob sie lediglich eine Fortsetzung oder Verschlimmerung der ursprünglichen Krankheit ist. Nur wenn eine neue Krankheit ursächlich ist, beginnt unter Umständen eine neue sogenannte Blockfrist und damit ein neuer potenzieller Anspruch.


Tipp 2: Sorgen Sie für eine eindeutige ärztliche Dokumentation
Bitten Sie Ihren behandelnden Arzt um eine klare und detaillierte Dokumentation in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) und ggf. in zusätzlichen Attesten. Es sollte daraus hervorgehen, welche Diagnose(n) aktuell zur Arbeitsunfähigkeit führen. Wenn es sich um eine neue Erkrankung handelt, die nicht im direkten Zusammenhang mit der vorherigen Langzeiterkrankung steht, sollte dies ärztlich klar benannt werden. Diese Dokumentation ist entscheidend für die Argumentation gegenüber der Krankenkasse.


Tipp 3: Beantragen Sie Krankengeld bei der Krankenkasse erneut
Auch wenn Sie bereits ausgesteuert wurden, müssen Sie bei einer neuen Arbeitsunfähigkeit aktiv werden. Reichen Sie die AU-Bescheinigung umgehend bei Ihrer Krankenkasse ein und beantragen Sie (erneut) Krankengeld. Verweisen Sie dabei gegebenenfalls auf die neue, ursächliche Erkrankung, falls dies zutrifft.


Tipp 4: Legen Sie bei Ablehnung fristgerecht Widerspruch ein
Lehnt die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld nach der Aussteuerung ab (oft mit der Begründung, der Höchstanspruch sei erschöpft), prüfen Sie die Begründung genau. Beruht Ihre neue Arbeitsunfähigkeit nachweislich auf einer anderen Krankheit, sollten Sie unbedingt Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen.

⚠️ ACHTUNG: Beachten Sie die Widerspruchsfrist! Sie beträgt in der Regel einen Monat nach Erhalt des Bescheids. Versäumen Sie diese Frist nicht. Begründen Sie den Widerspruch sorgfältig, idealerweise unter Beifügung der eindeutigen ärztlichen Dokumentation (siehe Tipp 2).


Tipp 5: Ziehen Sie frühzeitig Rechtsberatung hinzu
Die Abgrenzung zwischen einer „alten“ und einer „neuen“ Krankheit im Sinne des Krankengeldanspruchs ist komplex und führt häufig zu Streitigkeiten mit der Krankenkasse. Wenn die Kasse die Zahlung verweigert oder Zweifel äußert, ist es ratsam, frühzeitig spezialisierte Rechtsberatung (z. B. Fachanwalt für Sozialrecht) in Anspruch zu nehmen, um Ihre Ansprüche prüfen und durchsetzen zu lassen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der Hauptkonfliktpunkt ist meist die medizinische Bewertung: Ist die neue Arbeitsunfähigkeit wirklich auf eine andere Krankheit zurückzuführen? Krankenkassen prüfen dies oft sehr kritisch und beauftragen ggf. den Medizinischen Dienst (MD). Seien Sie darauf vorbereitet, dass Ihre ärztlichen Unterlagen genau geprüft werden. Achten Sie auch darauf, dass die Arbeitsunfähigkeit durchgehend (lückenlos) ärztlich festgestellt wird.

Checkliste: Erneutes Krankengeld nach Aussteuerung

  • [ ] Liegt eine aktuelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor?
  • [ ] Ist die Ursache der aktuellen Arbeitsunfähigkeit ärztlich geklärt?
  • [ ] Handelt es sich laut Arzt eindeutig um eine neue Erkrankung (andere Diagnose als die, die zur Aussteuerung führte)?
  • [ ] Wurde die AU-Bescheinigung bei der Krankenkasse eingereicht und Krankengeld beantragt?
  • [ ] Bei Ablehnung: Wurde die Widerspruchsfrist (meist 1 Monat) geprüft und ggf. Widerspruch eingelegt?

Das vorliegende Urteil


SG Dresden – Az.: S 25 KR 1912/19 – Urteil vom 05.02.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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