Landessozialgericht Sachsen-Anhalt – Az.: L 6 U 59/09 – Urteil vom 17.08.2011
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen und das Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über den Anspruch der Klägerin auf die Gewährung einer Verletztenrente aus dem nunmehr anerkannten Arbeitsunfall vom … 2002.
Die 1985 geborene Klägerin fiel am 8. März 2002 während des Sportunterrichts bei der Ausführung eines Handstands zur linken Seite und kam mit der linken Schulter auf dem Boden auf. Der noch am selben Tag aufgesuchte Durchgangsarzt und Unfallchirurg Dr. M. der P.-G.-Stiftung W. vermerkte im Durchgangsarztbericht vom 11. März 2002 einen Druckschmerz über der Schulterblattmuskulatur und Schmerzen bei Abduktion und Anteversion. Die Röntgenaufnahmen hätten keine Fraktur ergeben. Er diagnostizierte eine Kontusion der Scapula/Schulterblattmuskulatur links. Unter dem 13. März 2002 ergänzte er, bei nochmaliger Überprüfung der Röntgenaufnahmen habe er eine zarte Konturunterbrechung im Bereich der Lateralseite der Epiphysenfuge des Humeruskopfes festgestellt und der Klägerin empfohlen, den Arm bis zur Schmerzgrenze zu bewegen.
Die Beklagte erhielt den Zwischenbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. H. vom 9. März 2002, worin dieser mitteilte, es bestehe ein Druckschmerz über der Scapula links ohne neurologische Ausfälle. Die Sonographie der linken Schulter habe einen geringen Erguss ohne Ruptur bei fraglicher Bursitis ergeben. Er verordnete acht krankengymnastische Behandlungen auf neurophysiologischer Grundlage. Unter dem 12. April 2002 teilte er mit, die Klägerin habe über verstärkte Beschwerden unter der Physiotherapie und über Luxationsneigungen berichtet und veranlasste eine erneute Vorstellung in der P.-G.-Stiftung.
Dort erfolgte am 24. Juni 2002 eine Arthroskopie der linken Schulter. In dem Operationsbericht führte Dr. K. aus, die Klägerin sei nicht beschwerdefrei, obgleich ein Magnetresonanztomogramm (MRT) keinen wesentlichen pathologischen Befund ergeben habe. Die Beweglichkeit sei aktiv und passiv bei leicht eingeschränkter Kraft frei. Die Arthroskopie habe einen Abriss des ventralen Labrums und eine SLAP-II-Läsion sowie eine Bursitis subacromialis gezeigt.
Unter dem 12. August 2002 teilte Dr. M. der Beklagten mit, die Klägerin sei mit fortbestehenden Beschwerden am 11. April 2002 erneut im Krankenhaus vorstellig geworden. Die erneuten Röntgenaufnahmen hätten eine Subluxationsstellung des Humeruskopfes gezeigt. Er fügte den Bericht des Leitenden Oberarztes der Röntgenabteilung Dr. N. über die Auswertung des daraufhin am 15. April 2002 durchgeführten MRT bei. Dr. N. führte darin aus, es bestehe eine kleinere Signalalteration im Ansatzbereich der Supraspinatussehne, was möglicherweise auf eine Tendinitis oder auf Faseranteilrupturen als Folge der Prellung und Distorsion hinweise. Proximal und cranial sei diese jedoch intakt. Die Bizepssehne sei regelrecht. Am Labrum glenoidale sei die Signalgebung altersentsprechend ohne Hinweis auf eine anteilmäßige Abtrennung. Ödemtypische Signalveränderungen der miterfassten Knochenanteile im Humerus und Schulterblatt bestünden nicht. Eine Verlagerung des Humeruskopfes aus der Schultergelenkpfanne sei nicht erkennbar.
Die Beklagte erhielt den Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin S. vom 27. August 2002, wonach die Klägerin bei ihm seit 1991 ohne Beschwerden an den Schultergelenken in Behandlung gewesen sei. Ferner erhielt sie die Mitteilung von Dr. M., er habe ab dem 20. August 2002 eine freie passive Beweglichkeit des Schultergelenks festgestellt. Bei der aktiven Bewegung fehle der Klägerin noch die Kraft. In dem Bericht vom 30. September 2002 führten Dres. M. und K. aus, Komplikationen seien nach der Operation des Schultergelenks nicht aufgetreten.
Ein weiteres am 10. Dezember 2002 gefertigtes MRT des linken Schultergelenks ergab nach den Ausführungen der Fachärztin für Radiologie Dr. S. eine Hill-Sachs-Läsion sowie eine intraartikuläre Flüssigkeitsansammlung.
Unter dem 13. Mai 2003 teilte der Oberarzt der orthopädischen Universitätsklinik M. Dr. M. zur stationären Aufnahme der Klägerin mit, bei ihr bestehe eine chronische Instabilität des linken Schultergelenks. Alle Beschwerden seien ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. In dem Operationsbericht des Krankenhauses führte der Klinikdirektor der orthopädischen Universitätsklinik Prof. Dr. N. aus, die am 20. Mai 2003 wegen persistierender multidirektionaler Subluxationsphänomene durchgeführte Arthroskopie der linken Schulter zeige eine erhebliche Laxizität bei dysplastisch ausgebildeter Pfanne.
Die Beklagte holte die Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. L. vom 3. September 2003 ein. Dr. L. führte aus, die intraoperativ erhobenen Befunde ließen sich nicht andeutungsweise mit dem kernspintomographischen Befund vom 15. April 2002 in Übereinstimmung bringen. In diesem Befund seien im Bereich des linken Schultergelenks keinerlei Verletzungszeichen gesichert. Obgleich es nach seiner Einschätzung bei dem Ereignis am 8. März 2002 an einer äußeren Einwirkung gefehlt habe, sei bei einem Anerkenntnis eines Arbeitsunfalls lediglich von einer völlig harmlosen Schulter- bzw. schultergelenknahen Oberarmprellung auszugehen. Unfallbedingte Behandlungsmaßnahmen seien zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Chefarzt der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Städtischen Klinikums D. Dr. Z. das Gutachten vom 19. April 2004 nach Untersuchung der Klägerin am 18. Februar 2004. Dr. Z. führte aus, aufgrund der höheren Genauigkeit der Arthroskopie sei davon auszugehen, dass die Ablösung des Labrum glenoidale im MRT lediglich nicht erkannt worden sei. Aufgrund des Lebensalters der Klägerin sei eine spontane Ablösung auszuschließen. Die Klägerin habe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit am Unfalltag das Schultergelenk ausgerenkt, weil die Ablösung des Labrums nur mit einer Ausrenkung einhergehe. Auch das Knacken im Gelenk sowie der anschließende Schmerz deuteten darauf hin. Ein Handstand ohne zusätzliche plötzliche und nicht beeinflussbare Bewegungsabläufe sei jedoch nicht geeignet, eine traumatische Ausrenkung des Schultergelenks auszulösen. Bei der Klägerin bestehe eine Hyperlaxizität, die eine vermehrte Humeruskopftranslation erlaube ohne jedoch eine unkontrollierbare Luxation zuzulassen. Es lägen darüber hinaus anlagebedingte Faktoren vor, die eine nicht traumatische Schultergelenksausrenkung begünstigten: das Missverhältnis zwischen der Größe des Oberarmkopfes und der Schultergelenkpfanne mit 0,56 unterhalb des Grenzwertes von 0,58, eine dysplastische (flachangelegte) Schultergelenkspfanne und der verminderte Retroversionswinkel. Gegen eine traumatische Erstluxation spreche eine Schädigung der statischen Stabilisatoren des Gelenks, wie z.B. Risse oder Ausweitungen der vorderen Gelenkkapsel, Risse der Gelenklippe, Pfannenrandbrüchen, Hill-Sachs-Läsion und Schädigung der Nerven- und Gefäßbahnen. Mit Ausnahme der Ablösung der Gelenklippe sei es zu keinen weiteren Schädigungen der statischen Stabilisatoren gekommen. Eine Hill-Sachs-Läsion – typisch für traumatische Erstluxationen – sei in den ersten zwei Arthroskopien nicht beschrieben und nach erfolgter Untersuchung der Klägerin auszuschließen. Bei der Klägerin liege eine Schädigung des Nervus axillaris vor. Da Dr. H. am 9. März 2002 neurologische Ausfälle ausgeschlossen habe, sei eine posttraumatische Schädigung des Nervus axillaris nicht wahrscheinlich. Zudem habe die Klägerin Gefühlsstörungen an der Außenseite des linken Schultergelenks erstmals nach der Arthroskopie vom 24. Juni 2002 angegeben. Wesentliche Ursache für den Schultergelenkschaden links seien die anlagebedingten Faktoren. Dem Ereignis vom 8. März 2002 komme lediglich die Bedeutung eines Anlassgeschehens zu. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass das linke Schultergelenk im Handstand aufgrund der anlagebedingten Faktoren nachgegeben und zu einer Ausrenkung des Schultergelenks mit spontaner Wiedereinrenkung geführt habe. Durch das Nachgeben des Schultergelenks sei es zum Sturz gekommen, so dass auch dieser Folge der anlagebedingten Veränderungen sei.
Dr. Z. überließ der Beklagten das auf seine Veranlassung von dem Facharzt für Neurologie Dipl.-Med. B. gefertigte Zusatzgutachten vom 28. März 2004, mit dem die Schädigung des Nervus axillaris bestätigt wird. Dipl.-Med. B. führte die Beschwerden zweifelsfrei auf das Ereignis vom 8. März 2002 zurück und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischem Gebiet auf 20 vom Hundert (vH) ein. Ferner überließ Dr. Z. der Beklagten das Zusatzgutachten des Chefarztes der Klinik für Diagnostische und interventionelle Radiologie Prof. Dr. K. vom 5. April 2004. Dieser erkannte in dem am 15. April 2002 gefertigten MRT eine frische Hill-Sachs-Impressionsfraktur mit Knochenödem sowie einen Abriss des labralen Komplexes bei Einblutungen in das Schultergelenk sowie eine posttraumatische Läsion der Supraspinatussehne mit Ödem bei einer geringen Flüssigkeitsansammlung um die Bizepssehne. Als Ursache dieser Veränderungen könne nur das Ereignis vom 8. März 2002 in Betracht gezogen werden.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 8. März 2002 als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und bezog sich im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr. Z … Hiergegen erhob die Klägerin am 9. August Widerspruch.
Die Beklagte veranlasste den Unfallchirurgen Dr. K. vom Medizinischen Gutachteninstitut H. mit der Erstattung des Gutachtens vom 17. November 2004 nach Untersuchung der Klägerin am 12. November 2004. Dr. K. führte aus, bei der Klägerin liege eine Verschmächtigung der linken Schulterkappen- und blattmuskulatur, eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes, eine multidirektionale Instabilität des linken Schultergelenkes, eine narbig verheilte Refixation des vorderen Pfannenrandes links und eine Hypermobilität des rechten Schultergelenkes vor. In dem MRT vom 15. April 2002 sei ein Hill-Sachs-Defekt zu erkennen. Eine auffällige Flüssigkeitseinlagerung finde sich nicht. Die Signale entlang der Rotatorenmanschette seien homogen. Es sei ein bonebruise Phänomen (Osteoporose entzündlicher oder traumatischer Herkunft) zu erkennen. Eine Instabilität des Schultergelenks sei den Unfallchirurgen nicht aufgefallen. Eine Kontusion als schwere Form der Prellung sei nicht nachgewiesen, weil es insoweit an einer Einblutung in die Weichteile und einer starken Schwellung fehle. Unter Heranziehung des MRT-Befundes vom 15. April 2002 habe mit Wahrscheinlichkeit eine Schulterluxation bzw. Subluxation (Verharren des Kopfes auf dem Pfannenrand) vorgelegen, die spontan reponiert habe. Es liege eine asymptomatische Schadensanlage vor, die bis zum Erstereignis nicht in Erscheinung getreten sei. Der Schaden am vorderen knorpeligen Pfannenrand wie auch in der Verankerungszone der Bizepssehne entspreche in typischer Weise einer früheren Degeneration bei anlagebedingter Instabilität. Wäre der Schaden bei dem Ereignis frisch entstanden, hätte man Flüssigkeitseinlagerungen und Signalveränderungen zu erwarten gehabt. Dem Röntgenologen sei darin zuzustimmen, dass die Signalanhebung des Kopfes in hohem Maße für einen frisch ausgelösten Hill-Sachs-Defekt spreche. Es habe mit einem Quotienten von 0,56 ein Missverhältnis zwischen der Größe des Oberarmkopfes und der Schultergelenkpfanne vorgelegen, welches eine erhöhte Luxationsneigung begründe. Aus biomechanischer Sicht sei es nicht vorstellbar, dass ein anatomisch regelrecht aufgebautes Schultergelenk bei dem Bewegungsablauf der Klägerin luxiere. Bei einer anlagebedingten Hypermobilität sei es nicht selten, dass die Strukturen der Belastung des Oberarmkopfes im Laufe der Zeit nicht mehr standhielten. Ein nicht unerheblicher Anteil der Beschwerdesymptomatik sei zudem mit einer zu unterstellenden nachlassenden Kraft der Muskulatur zu begründen; die schonungsbedingte Kraftminderung habe das Ausmaß der vorbestehenden Laxizität erst deutlich werden lassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.
Mit der am 16. März 2005 vor dem Sozialgericht Dessau erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung des Ereignisses vom 8. März 2002 als Arbeitsunfall und die Gewährung einer Verletztenrente weiter verfolgt und das für die Allianz Versicherung erstellte Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Oberarztes der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der P. G. Stiftung Dr. D. vom 14. Oktober 2003 sowie die Befundberichte der Orthopädischen Universitätsklinik H., Abteilung Orthopädie vom 25. Mai 2005 und 12. August 2005 in Auszügen vorgelegt. Sie hat ausgeführt, Vorschädigungen der Schulter habe Prof. Dr. K. nicht festgestellt. Bis zum Ereignis vom 8. März 2002 habe sie regelmäßig an einem Selbstverteidigungstraining teilgenommen. Wenn eine deutliche Laxizität beider Schultergelenke bestanden hätte, hätte bei den Wurfbewegungen eine derartige Verletzung auftreten müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Daher sei davon auszugehen, dass die Belastung der Schultergelenke bei dem ausgeführten Handstand derart hoch gewesen sei, dass es zu dem Abriss des Labrums glenoidale im Bereich des Bizepssehnenankers gekommen und der Handstand ursächlich für die Verletzung gewesen sei. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf die Ausführungen des für sie von dem Facharzt für Chirurgie und Herzchirurgie Dr. K. am 8. Mai 2006 erstatteten Gutachtens nach Aktenlage berufen.
Dr. K. hat darin ausgeführt, es gelte als gesichert, dass nach einem Ereignis, wie dem vorliegenden, meist eine sog. multidirektionale Instabilität des Gelenkes verbleibe, die in der Regel mit klinischen Symptomen einhergehe. Die chronische Instabilität des linken Schultergelenks und die multidirektionale Instabilität des linken Oberarmkopfes seien Folgen des Ereignisses vom 8. März 2002. Dass allerdings auch das rechte Schultergelenk eine deutliche Laxizität zeige, sei medizinisch nicht plausibel nachzuvollziehen. Eine Hyperlaxizität für beide Schultergelenke sei nicht gesichert. Der glenohumerale Index liege mit 0,56 nur leicht unter dem Normwert und sei daher kein Indiz für eine erhöhte Luxationsneigung. Die flache Ausprägung des Gelenkrandes könne allenfalls als Indiz für einen anlagebedingten, luxationsfördernden Faktor gewertet werden. Der Schaden wäre im Übrigen nicht durch beliebige austauschbare Alltagsbelastungen zum annähernd gleichen Zeitpunkt und in annähernd gleicher Intensität und Schwere entstanden. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der vorliegende Ablauf nicht zu einer Schädigung hätte führen können. Auch der Nervenschaden könne unfallbedingt entstanden sei. Es sei gesichert, dass solche Schäden mit zeitlicher Latenz aufträten und muskulär kompensierbar seien. Der Hill-Sachs-Defekt sei immer ein Zeichen einer traumatischen Erstluxation. Die bei der Klägerin festgestellte SLAP-Läsion Typ II sei hauptsächlich auf ein unfallbedingtes Ereignis zurückzuführen.
Hierzu hat die Beklagte die Stellungnahme von Dr. Z. vom 19. Dezember 2006 vorgelegt. Dr. Z. hält einen Hill-Sachs-Defekt nicht für nachgewiesen, weil dieser auch nach Ausheilung konventionell radiologisch, kernspintomografisch und sonografisch nachgewiesen werden könne, was bei der Klägerin nicht der Fall gewesen sei. Ein Knochenödem beweise keinesfalls eine traumatische Ursache einer Ausrenkung eines Gelenkes. Eine Überdehnung von Kapselbandstrukturen auf Grund einer anlagebedingten Ausrenkung bzw. eines Stoßes des Oberarmkopfes an die Gelenkpfanne führe stets zu einem Knochenödem. Bei einem Sturz mit der Folge einer traumatischen Schultergelenkluxation bestehe eine Kombination der SLAP-Läsion mit einem vorderen Kapsel-Labrum-Schaden. Diese Kombinationsverletzung liege bei der Klägerin nicht vor. Eine SLAP-Läsion könne auch durch repetitive Mikrotraumen entstehen. Er halte die SLAP-Läsion daher für eine Folge der sportlichen Tätigkeit und der Überlastung des Bizeps-Labrum-Komplexes beim Kampfsport. Das Knochenödem und die fokale Einblutung könnten sowohl bei traumatischen Ereignissen als auch bei einer anlagebedingten Ausrenkung entstehen.
In weiteren Stellungnahmen haben Dr. K. und Dr. Z. ihre jeweiligen Standpunkte weiter vertieft.
Das Sozialgericht hat den Facharzt für Chirurgie und Kinderchirurgie Prof. Dr. W. mit der Erstattung des Gutachtens vom 20. Januar 2009 nach Untersuchung der Klägerin am 28. August 2008 beauftragt. Prof. Dr. W. hat ausgeführt, die Nervenschädigung habe sich vollständig zurückgebildet. Der Handstand für sich allein sei nicht geeignet gewesen, eine traumatische Schultergelenkluxation hervorzurufen. Eine plötzliche, von der Klägerin nicht steuerbare, auf das Schultergelenk einwirkende Krafteinwirkung, die zu einer traumatischen Schultergelenkluxation hätte führen können, sei auszuschließen. Der Geschehensablauf komme auch nicht einem Sturz auf den ausgestreckten Arm gleich. Aus biomechanischer Sicht sei es unwahrscheinlich, dass ein anatomisch regelrecht gebautes Schultergelenk beim Gehen in den Handstand luxiere. Als konkurrierende Ursache komme eine habituelle Erstluxation der linken Schulter in Betracht. Sowohl das linke als auch das rechte Schultergelenk zeigten bei der Untersuchung funktionell Zeichen einer Laxizität, das linke zusätzlich Zeichen einer multidirektionalen Reststabilität. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Erstluxationen (etwa 30 %) trete ohne adäquates Trauma auf. Betroffen seien Personen mit einer Hyperlaxizität der Schulter. Anhaltspunkte hierfür seien bei der Klägerin die Hyperlaxizität der gesunden Schulter, die fehlende bzw. sehr kleine Hill-Sachs-Delle der verletzten Schulter, die spontane oder ohne Narkose erfolgte Wiedereinrenkung und der fehlende Hämathros. Bei einem glenohumeralen Index unterhalb von 0,58 bestehe eine Disposition zur vorderen bzw. hinteren Instabilität und bedeute eine erhöhte Luxationsgefahr. Auch der Retroversionswinkel im MRT vom 15. April 2002 liege mit 34,4 Grad um 24,4 Grad über dem physiologisch angegebenen Wert von 5 bis 10 Grad. Luxationsfördernd sei zudem die deutlich flache Anlage der Gelenkpfanne und die Dysplasie des vorderen und hinteren Gelenkrandes. Traumatische Erstluxationen führten zwangsläufig zu einer Schädigung der statischen Stabilisatoren des Gelenkes. Mit Ausnahme der Ablösung der Gelenklippe sei es bei der Klägerin nicht zu Schädigungen der Stabilisatoren des Gelenkes gekommen. Das Vorliegen einer deutlich sichtbaren und ausgeprägten Hill-Sachs-Läsion oder einer Hill-Sachs-Impressionsfraktur sei weder im Rahmen der fachradiologischen Nachbegutachtung vom 19. November 2008 noch in den Operationsberichten der Arthroskopien vom 26. Juni 2002 und 20. Mai 2003 vermerkt. Das Fehlen einer nennenswerten dorsalen Infraktion/Fraktur des Oberarmkopfes deute daher auf eine anlagebedingte Schulterluxation hin. Für den Schultergelenksschaden seien demnach die anlagebedingten Faktoren wesentlich verantwortlich. Dem Ereignis vom 8. März 2002 komme lediglich die Bedeutung eines Anlassgeschehens zu.
In der vom Sozialgericht veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 8. April 2009 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, der Bewegungsablauf während des angeschuldigten Ereignisses spreche dafür, dass es schon vor dem Gehen in bzw. Stehen im Handstand durch das Hochreißen der Arme infolge der anlagebedingten Veränderungen zu der Luxation der linken Schulter gekommen und diese erst beim Stehen im Handstand symptomatisch in Erscheinung getreten sei. Eine Nervenverletzung sei zeitnah zu dem Ereignis vom 8. März 2002 nicht diagnostiziert und behandelt worden, sondern erst zwei Jahre danach. Der Behandlungsverlauf lasse einen Kausalzusammenhang zum Ereignis hochgradig unwahrscheinlich erscheinen. Es handle sich vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Komplikation nach der Arthroskopie am 20. Mai 2003. Der Zeitpunkt der Manifestation sage nichts über den Entstehungszeitpunkt der strukturellen Veränderungen aus.
Mit Urteil vom 3. Juni 2009 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. bezogen. Danach sprächen drei Faktoren für habituelle Erstluxation der Schulter mit multidirektionaler, atraumatischer Instabilität des Schultergelenks: Die Laxizität beider Schultergelenke, der deutlich unter dem Normalwert liegende glenohumerale Index beider Schultern sowie der deutlich über dem Normalwert liegende Retroversionswinkel. Diese Krankheitsanlage sei wesentliche (Teil)ursache für den Körperschaden gewesen. Dem Ereignis vom 8. März 2002 komme nur die Bedeutung eines Anlassgeschehens zu.
Gegen das ihr am 6. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. August 2009 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag vertieft. Der Sachverständige Prof. Dr. W. habe lediglich anlagebedingte Faktoren in Betracht gezogen. Diese seien jedoch nicht wesentliche Ursache des Körperschadens gewesen. In jedem Falle hätte ein austauschbares alltägliches Geschehen nicht zum gleichen Zeitpunkt den Gesundheitsschaden ausgelöst. Eine Schädigung des Nervus axillaris trete nur bei einem traumatischen Geschehen auf. Bei der MdE sei die erhebliche Einschränkung der Beweglichkeit des Armes zu berücksichtigen. Sie habe vor dem Unfall in einem Orchester gespielt. Dies sei nach dem Unfall nicht mehr möglich gewesen. Die feste Fixierung des Schultergelenks sei mit einer erheblich höheren Belastung anderweitiger Muskeln und Gelenke sowie mit einem erhöhten Verschleiß verbunden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 9. März 2002 an eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in ihrem ablehnenden Bescheid und die Gründe in dem angefochtenen Urteil. Ein Handstand sei nicht geeignet, eine Luxation des Schultergelenks zu verursachen. Der Schaden sei zudem nicht während des Handstands eingetreten, sondern zuvor beim Hochreißen der Arme. Dabei handle es sich um eine für jeden übliche Belastung.
Das Landessozialgericht hat das von Dr. S. am 10. Dezember 2002 gefertigte MRT beigezogen und den Facharzt für Neurochirurgie und Funktionsoberarzt der Klinik für Orthopädie des Krankenhauses B. in H. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens vom 12. November 2010 nach Untersuchung der Klägerin am 12. Oktober 2010 beauftragt. Dr. R. hat einen Zustand nach Schulterluxation im linken Schulterbereich sowie sensible Defizite als Folge einer verbliebenen Teilschädigung des Nervus axillaris festgestellt. Wesentliche Ursache für diese Gesundheitsstörungen sei das Ereignis am 8. März 2002 gewesen. Die anlagebedingten Veränderungen – eine flach angelegte Schultergelenkspfanne sowie die bei Prof. Dr. W. und Dr. Z. erwähnte Laxizität der Schultergelenke – hätten die Schulterverrenkung im Handstand begünstigt, wären jedoch unter üblichen Belastungen des Alltags vermutlich nicht aufgetreten. Die degenerativen Veränderungen könnten aber eine traumatische Schulterverrenkung erleichtern. Als Funktionsstörungen ergäben sich eine schmerzhafte Einschränkung der Schulterabduktion bei sonst normal verbliebener Beweglichkeit des Schultergelenks sowie das sensible Defizit als Ausdruck einer inkompletten und weitgehend ausgeheilten Axillarisschädigung. Der Grad der MdE betrage seit dem Ereignis 10 vH.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. August 2011 hat die Beklagte das Ereignis vom 8. März 2002 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Schulterprellung anerkannt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen hat in Ablichtung vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. §§ 151 Abs. 1 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2005 und in der der Fassung des Teilanerkenntnis vom 17. August 2001 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente hat.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Dabei wird die MdE durch eine abstrakte Bemessung des Unfallschadens bewertet und beruht auf freier richterlicher Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung etablierten allgemeinen Erfahrungssätze aus der Rechtsprechung und dem einschlägigen Schrifttum (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Voraussetzung der hier geltend gemachten Ansprüche ist demnach einerseits, dass zwischen dem Unfallereignis und einer nachgewiesenen Gesundheitsstörung entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang nach § 8 Abs. 1 SGB VII besteht, und dass andererseits die MdE durch die arbeitsunfallbedingten Gesundheitsstörungen einen Grad um mindestens 20 vH erreicht (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – BSGE 94, 262 ff.; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon sind bei der Klägerin über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus keine durch den Arbeitsunfall verursachten Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens verblieben. Die von der Beklagten als Unfallfolge anerkannte Schulterprellung, die Dr. L. als völlig harmlos bezeichnet hat, führt nicht zu einem Anspruch auf eine Verletztenrente, weil es insoweit an einer fortbestehenden Beeinträchtigung des Leistungsvermögens der Klägerin über die 26. Woche hinaus fehlt. Hierauf hat sich die Klägerin auch nicht berufen.
Auch aus der Verrenkung des linken Schultergelenks lassen sich keine verbliebenen Beeinträchtigungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit über die 26. Woche hinaus herleiten. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin überhaupt bei der Ausführung des Handstands das linke Schultergelenk verrenkt hat. Dies kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden. Die Schulterverrenkung für sich allein hat nicht zu einer länger andauernden Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens der Klägerin geführt. Denn nach den Ausführungen der Sachverständigen hat sich die Schulterverrenkung in jedem Falle sogleich wieder eingerenkt. Weder Dr. M. noch Dr. H. haben eine noch bestehende Schulterverrenkung zeitnah zum Unfall beschrieben.
Es ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Arbeitsunfall die SLAP-II-Läsion, den Abriss des ventralen Labrums, die Hill-Sachs-Läsion und die Schädigung des Nervus axillaris hervorgerufen hat.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht.
In diesem Sinne hat der Senat ernste Zweifel, dass die Schäden ursächlich auf den Arbeitsunfall zurück zu führen. Denn vorliegend fehlt es an einem zeitnahen Nachweis der Schäden zum Unfallereignis.
Die SLAP-II-Läsion hat erstmals Dr. M. anhand des am 15. April 2002 gefertigten MRT vermutet und Dr. K. am 24. Juni 2002 während der Arthroskopie festgestellt. Die bereits unmittelbar am Folgetag nach dem Unfall durchgeführte Sonographie hat demgegenüber keine Ruptur ergeben. Dabei kommt der Schultersonographie eine große Bedeutung zu, mit welcher Veränderungen an den Gleitschichten, Oberflächen der Rotatorenmanschette, Veränderungen innerhalb des Sehnengewebes sowie Teilrupturen erkannt werden können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Abschnitt 8.2.5.4, S. 415). Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass die SLAP-II-Läsion bei der Sonographie zur Darstellung gekommen wäre. Dies war aber nicht der Fall.
Auch die Ablösung des Labrum glenoidale ist nicht zeitnah zum Unfall nachgewiesen. Zwar hat Prof. Dr. K. in dem MRT vom 15. April 2002 den Abriss des Labrums erkannt. Demgegenüber hat jedoch der Leitende Oberarzt der Röntgenabteilung der P-G-Stiftung Dr. N., der das MRT gefertigt hat, eine altersentsprechende Signalgebung des Labrum glenoidale ohne Hinweis auf eine anteilmäßige Abtrennung beschrieben. Auch die Gutachter Dr. K. und Prof. Dr. W. haben in Auswertung des MRT einen Abriss des Labrums nicht bestätigt. Prof. Dr. W. hält das Labrum glenoidale für schlecht abgrenzbar und beschreibt den Zustand mit Ausnahme einer diskreten Hill-Sachs-Läsion als regelrecht. Erst mit der Arthroskopie am 24. Juni 2002 ist die Abtrennung nachgewiesen. Zwar hält Dr. Z. die Ablösung des Labrums als Folge einer Schulterverrenkung für sehr wahrscheinlich. Demgegenüber hat aber Dr. K. den Schaden am vorderen knorpeligen Pfannenrand als typische Folge früherer Degenerationen bei anlagebedingter Instabilität bezeichnet, wobei ein bei dem Ereignis frisch entstandener Schaden zu Flüssigkeitseinlagerungen und Signalveränderungen geführt hätte. Signalveränderungen sind aber im MRT nicht gesichert. Der Senat vermag daher der Ansicht von Dr. Z. nicht zu folgen, dass die Ablösung des Labrums bereits am 8. März 2002 durch eine Schulterverrenkung entstanden ist.
Die Ablösung des Labrums und die SLAP-II-Läsion können auch zu jedem anderen Zeitpunkt entstanden sein. Die Klägerin leidet nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachter Dr. Z., Dr. K., Prof. Dr. W. und Dr. R. an einer anlagebedingten Laxizität bzw. Instabilität der Schultergelenke. Dies ergibt sich zum einen aus dem Missverhältnis zwischen der Größe des Oberarmkopfes und der Schultergelenkpfanne mit einem Index von 0,56 unterhalb der Normuntergrenze von 0,58 und der flach angelegten Schultergelenkspfanne. Dr. Z., Dr. K. und Prof. Dr. W. halten dies für Umstände, unter denen die Klägerin zu einer erhöhten Luxation der Schultergelenke neigt. Nach Prof. Dr. W. spricht auch der Retroversionswinkel mit 34,4 Grad bei üblicherweise 5 bis 10 Grad für eine Luxationsneigung. Bei einer Luxation des Schultergelenks kann es daher jederzeit zu einem Abriss des Labrums und einer SLAP-II-Läsion kommen. Bei der Luxationsneigung des linken Schultergelenks handelt es sich auch nicht um eine Folge des Unfalls, denn auch das rechte Schultergelenk ist von der Luxationsneigung betroffen. Hierauf haben Dr. K. und Prof. Dr. W. überzeugend hingewiesen.
Ein zeitnaher Nachweis zum Unfallgeschehen fehlt auch für die Hill-Sachs-Läsion. Dabei ist zwischen den Sachverständigen bereits streitig, ob die Hill-Sachs-Läsion bereits am 15. April 2002 bestanden hat. Während Dr. K. in dem MRT vom 15. April 2002 ebenso wie Dr. K. eine Hill-Sachs-Läsion erkannt hat, hat Dr. N. diese nicht beschrieben. Auch Prof. Dr. W. hält diese nicht für deutlich sichtbar. Der Senat kann es jedoch dahingestellt lassen, ob am 15. April 2002 tatsächlich eine Hill-Sachs-Läsion vorgelegen hat. Denn eine Hill-Sachs-Läsion wäre auch röntgenologisch und sonografisch nachweisbar gewesen. Hierauf hat Dr. Z. hingewiesen. Dr. M. hat in Auswertung der Röntgenaufnahme vom 8. März 2002 ebenso wenig eine Hill-Sachs-Läsion beschrieben wie Dr. H. in Auswertung der Sonographie vom 9. März 2002. Damit steht für den Senat nicht fest, dass diese Läsion bereits vor dem 15. April 2002 zeitnah zum Unfall vorhanden war. Die Hill-Sachs-Läsion kann daher bei jeder anderen durch die Luxationsneigung der Klägerin hervorgerufenen Luxation entstanden sein.
Ferner fehlt es auch hinsichtlich der Schädigung des Nervus axillaris an einem zeitnahen Nachweis zum Unfallereignis. Hier folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Dr. Z … Gefühlsbeeinträchtigungen hatte die Klägerin erstmals nach der Arthroskopie beschrieben. Zuvor hat zeitnah zum Unfall keiner der behandelnden Ärzte einen entsprechenden Befund erhoben. Vielmehr hat Dr. H. am 9. März 2002 einen neurologischen Befund erhoben und keine neurologischen Ausfälle festgestellt.
Schließlich ist es nicht gesichert, dass die vorbezeichneten Schäden mittelbare Folgen einer fehlerhaften Heilbehandlung im Sinne des § 11 SGB VII waren. Die Klägerin hat im März/April 2002 über Beschwerden während der krankengymnastischen Übungen geklagt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Übungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden, sind nicht ersichtlich. Auch wenn eine Luxation des linken Schultergelenks hier zu einem Abriss des Labrums und zu einer SLAP-II-Läsion – wofür keinerlei Anhaltspunkte bestehen – geführt haben sollten, handelte es sich um ein Anlassgeschehen, denn im Gegensatz zu einem Handstand werden Armbewegungen tagtäglich ausgeführt. Die krankengymnastischen Übungen dienten gerade dazu, den üblichen Bewegungsumfang wieder herzustellen.
Soweit Prof. Dr. W. einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Arthroskopie und dem erstmaligen Auftreten von Gefühlsstörungen hergestellt hat, bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Schädigung des Nervus axillaris Verletzungsfolge der Arthroskopie ist. Dr. M. und Dr. K. haben in ihren zahlreichen Berichten den postoperativen Zustand als komplikationslos bezeichnet. Dessen ungeachtet gibt es auch andere Ursachen als eine Luxation, die zu einer Schädigung des Nervus axillaris führen können: z.B. ärztliche Einwirkung, wie ein Gipsverband oder eine Injektion, oder eine Druckschädigung im Schlaf (siehe Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2007, S. 242).
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte erst im Berufungsverfahren den Arbeitsunfall anerkannt und insoweit die Klage und die Berufung der Klägerin veranlasst hat. Da es der Klägerin im Wesentlichen um die Gewährung einer Verletztenrente gegangen ist, hält der Senat die Erstattung von einem Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für sachgerecht.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.