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Hartz IV – Pflicht zum Verkauf der eigenen Immobilie mit Verlusten zumutbar?

LSG Baden-Württemberg, Az.: L 7 AS 2024/18, Urteil vom 09.04.2019

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 als Zuschuss statt als Darlehen.

Die Klägerin ist 1964 geboren. Sie lebt allein in einer Mietwohnung in T.. Sie erwarb aufgrund notariellen Vertrages vom 27. Februar 2001 ein bebautes Grundstück in der Gemarkung H. (Landkreis R.); die Immobilie stammt aus dem Jahr 1860 und hat eine Brutto-Grundfläche von 102,3 Quadratmetern und eine Wohnfläche von 87 Quadratmetern. Der Kaufpreis betrug 30.000,00 Deutsche Mark. Das Grundstück ist lastenfrei.

Die Klägerin beantragte am 28. Oktober 2016 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie gab bei einer persönlichen Vorsprache am 3. November 2016 an, Eigentümerin eines Hauses in Mecklenburg zu sein, das nicht vermietet sei, das aber ihre Altersvorsorge sei und bleibe. Sie wolle daher eine Prüfung der Leistungen auf Darlehensbasis.

Hartz IV – Pflicht zum Verkauf der eigenen Immobilie mit Verlusten zumutbar?
Symbolfoto: style-photography.de/Bigstock

Mit Darlehensbescheid vom 11. November 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin monatliche Leistungen in Höhe von 720,23 Euro für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 als zinsloses Darlehen. Die Klägerin habe glaubhaft versichert, dass sie aktuell hilfebedürftig sei. Allerdings besitze sie Vermögen in Form einer verwertbaren Immobilie, welches geschätzt über ihrem Freibetrag von 8.550,00 Euro liege. Bei der Antragsabgabe habe sie deutlich gemacht, dass sie ihr Eigentum nicht veräußern wolle. Wer Leistungen nach dem SGB II beziehe, sei jedoch dazu verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit entsprechend seinen Möglichkeiten zu verringern bzw. zu beseitigen. Dies bedeute u.a. auch die Veräußerung einer nicht selbst bewohnten Immobilie.

Mit Änderungsbescheid vom 17. November 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 890,66 Euro für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 als zinsloses Darlehen. Die Änderung beruhte auf dem Nachweis der Kosten der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin.

Am 12. Dezember 2016 erhob die Klägerin Widerspruch. Ihr Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sei lediglich mündlich abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 11. November 2016 sei ihr lediglich ein Darlehen bewilligt worden. Sie verfüge über keinerlei verwertbares Vermögen. Bei der Immobilie handele es sich um einen Teil des Nebengebäudes eines Gutshauses in Mecklenburg-Vorpommern. Es handele sich um einen einstöckigen Altbau, entstanden etwa in den 1880er Jahren. Das Gebäude sei äußerlich unsaniert. Es sei von ihr im Laufe der letzten zehn Jahre mit einer Zentralheizung sowie modernen Fenstern versehen worden. Die Ausstattung sei ansonsten einfach. Die Grundfläche betrage ca. 97 Quadratmeter, bestehend aus drei Zimmern, Küche und Bad. Das gesamte Grundstück habe einen eher rustikalen Charme. Das Dorf H. sei ansonsten unterentwickelt. Touristische Attraktionen gebe es in der näheren Umgebung nicht. Die Immobilie sei nicht verwertbar. Es sei nicht anzunehmen, dass sich hierfür in absehbarer Zeit ein Käufer finde. Wenn überhaupt, wäre ein Verkauf nur weit unterhalb des Verkehrswertes möglich, so dass ihr ein Verkauf nicht zumutbar sei. Sie habe das Haus im Jahr 2000 für umgerechnet 15.000,00 Euro erworben und bislang ca. 20.000,00 Euro investiert. Bereits diese Beträge wären durch einen Verkauf nicht zu erlösen. Exemplarisch verwies sie auf das (vorgelegte) Verkaufsangebot einer vergleichbaren Immobilie. Dort werde ein Haus mit einer Grundfläche von 122 Quadratmetern für 23.000,00 Euro angeboten. Bereits in der Verkaufsanzeige sei ein Rabattangebot enthalten, so dass offenbar nur 16.100,00 Euro erzielt werden sollten. Sie bemühe sich bereits seit mehreren Jahren vergeblich um die Vermietung der Immobilie. Auch dies sei mangels Nachfrage nicht möglich. Es erfolge lediglich eine unregelmäßige und seltene Nutzung durch private Feriengäste bzw. durch sie selbst. Sie beabsichtige aber, im Alter dort zu wohnen. Die Immobilie sei daher als Altersvorsorge anzusehen.

Die Widerspruchsstelle des Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2016 zurück. Der Wert der nicht selbst bewohnten Immobilie übersteige den Freibetrag der Klägerin von 8.550,00 Euro. Im jetzigen Zustand sei die schuldenfreie Immobilie zumindest zu dem Preis von 15.000,00 Euro (dem umgerechneten Kaufpreis aus dem Jahr 2001) veräußerbar, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen übersteigendem Vermögen nicht bestehe. Nachdem es sich jedoch nicht um sofort verwertbares Vermögen handele, seien der Klägerin Leistungen als Darlehen gewährt worden. Die Immobilie sei schuldenfrei, somit sei der Verkehrswert der Wert des Vermögens. Die Absicht der Klägerin, im Alter in die Immobilie einzuziehen, ändere nichts an der Verwertbarkeit. Die Klägerin sei verpflichtet, konkrete Verwertungsbemühungen zu unternehmen und nachzuweisen. Hierzu habe sie bis einschließlich 31. März 2017 Gelegenheit.

Die Klägerin hat am 16. Januar 2017 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Sie habe in den letzten zwei Jahren (Schriftsatz vom 12. Mai 2017) keinen Versuch unternommen, das streitgegenständliche Haus zu verkaufen. Dies sei ihr als nicht aussichtsreich und auch nicht wirtschaftlich erschienen. Sie vermiete das Haus zeitweise und beabsichtige auch zukünftig, Einkünfte aus der Vermietung zu erzielen. Sie habe im Jahr 2015 Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 932,00 Euro und im Jahr 2016 in Höhe von 337,50 Euro erzielt.

Die Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid entgegengetreten.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2017 hat der Beklagte seine Bewilligung für Januar und Februar 2017 teilweise in Höhe von monatlich 193,35 Euro (insgesamt 386,70 Euro) aufgrund erzielten Einkommens aus einer Beschäftigung der Klägerin als Haushaltshilfe aufgehoben und die Erstattung dieses Betrages verfügt.

Mit weiterem Bescheid vom 13. Februar 2017 hat der Beklagte den bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheid vom 17. November 2016 teilweise aufgehoben und für März 2017 Leistungen in Höhe von 702,31 Euro aufgrund Einkommenserzielung bewilligt.

Am 23. Februar 2017 hat die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, den der Beklagte mit Bescheid vom 6. März 2017 abgelehnt hat.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2018 abgewiesen. Die Klägerin verfüge über grundsätzlich verwertbares Vermögen in Form einer Immobilie, das über ihrer Vermögensfreigrenze liege, so dass lediglich eine darlehensweise Gewährung von SGB II-Leistungen in Betracht komme. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die einer Verwertbarkeit des Hausgrundstückes schlechterdings entgegenstünden, bestünden nicht. Soweit die Klägerin der Auffassung sei, dass nicht anzunehmen sei, dass sich für die Immobilie in absehbarer Zeit ein Käufer finde, handele es sich lediglich um eine schlichte Behauptung, die nicht belegt worden sei. Soweit ersichtlich, habe die Klägerin seit Antragstellung im Oktober 2016 nicht ernsthaft versucht, die Immobilie zu verwerten. Weder habe sie eine Anzeige geschaltet noch einen Immobilienmakler mit der Veräußerung der Immobilie beauftragt. Da die Klägerin ihren ersten Wohnsitz in T. habe, handele es sich auch nicht um ein selbst genutztes Grundstück. Die Verwertung sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Die Klägerin habe das Grundstück zu einem Kaufpreis von umgerechnet 15.000,00 Euro erworben. Nach eigenen Angaben habe sie innerhalb der letzten zehn Jahre in dem Haus Renovierungsarbeiten durchgeführt und in diesem Zeitraum einen Betrag in Höhe von 20.000,00 Euro in das Haus investiert. Nachweise hierfür habe sie nicht vorgelegt. Durch den Umstand, dass die Klägerin seit Antragstellung im Oktober 2016 eine Verwertung der Immobilie nicht ernsthaft versucht habe, könne auch nicht abgeschätzt werden, ob die Verwertung dieser Immobilie offensichtlich unwirtschaftlich sei und dementsprechend für die Klägerin eine besondere Härte bedeuten würde. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin zumindest den Kaufpreis in Höhe von 15.000,00 Euro bei der jetzigen Verwertung der Immobilie erreichen würde. Da die Renovierungskosten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro in den letzten zehn Jahren nicht nachgewiesen seien, hätten diese Ausgaben in Bezug auf eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht berücksichtigt werden können. Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II berufen, da ihr nach eigener Einlassung eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zustehe.

Gegen das ihr am 26. April 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Mai 2018 beim SG Berufung eingelegt. Die Klägerin hat eine Preiseinschätzung der Ostseesparkasse R. vom 26. März 2018 zu dem gegenständlichen Objekt vorgelegt, laut dem der Sachwert 25.000,00 Euro betrage. Die Klägerin trägt vor, bei einer möglichen Veräußerung werde bei einem Verkaufspreis von 25.000,00 Euro wesentlich weniger als der zum Erwerb (15.000,00 Euro) und zur Herstellung (30.000,00 Euro) der Immobilie aufgewandte Gesamtbetrag (45.000,00 Euro) erzielt werden. Neben dem Kaufpreis von 30.000,00 Deutsche Mark seien für den Erwerb weitere Kosten (insbesondere für den Notar, Vermessungskosten sowie Kosten für einen Kläranschluss in Höhe von 4.027,93 Euro) entstanden. Außerdem seien Sanierungs- und Renovierungskosten in Höhe von insgesamt 25.382,00 Euro entstanden. Die Klägerin hat entsprechende Berechnungen und Rechnungen zur Akte gereicht.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst), das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2018 aufzuheben sowie den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. November 2016 in der Fassung des Bescheides vom 17. November 2016 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2016 sowie in der Fassung der Bescheide vom 13. Februar 2017 zu verurteilen, ihr Leistungen für Oktober 2016 bis März 2017 als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest und verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Akte des Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben sich nicht geäußert, insbesondere keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss vorgebracht.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1, Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als 750,00 Euro begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

3. Die Berufung der Klägerin ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig, soweit darin die Gewährung von Leistungen als Zuschuss abgelehnt worden ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für Oktober 2016 bis März 2017 als Zuschuss.

a) Nur dieser Zeitraum ist streitgegenständlich. Grundsätzlich ist bei ablehnenden oder versagenden Entscheidungen streitgegenständlich zwar der gesamte Zeitraum von der Antragstellung bis zur gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 9). Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn der Betroffene einen neuen Leistungsantrag stellt und die Behörde über diesen entscheidet (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 9) oder die Behörde von vorneherein über einen Antrag nur für einen bestimmten Zeitraum entschieden hat; dies kann sich aus dem Verfügungssatz des ablehnenden Bescheides und seiner Begründung einschließlich dem beigefügten Berechnungsbogen ergeben (Urteil des Senats vom 20. Juli 2017 – L 7 AS 2130/14 – juris Rdnr. 31 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. März 2018 – L 5 AS 36/16 – juris Rdnr. 26; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 37 Rdnr. 34.2; Lange, jurisPR-SozR 20/2017, Anm. 1; vgl. allgemein zur Notwendigkeit der Auslegung von Behördenentscheidungen BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R – juris Rdnr. 14). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden nur eine Entscheidung für Oktober 2016 bis März 2017 getroffen und auch keine ablehnende Entscheidung für die Zeit danach. Die Klägerin hat sich auch zu keinem Zeitpunkt gegen die Befristung der Bewilligung bis zum 31. März 2017 gewandt, sondern stets nur dagegen, dass die Leistungen für den genannten Zeitraum nur als Darlehen und nicht als Zuschuss gewährten worden sind. Entsprechend hat die Klägerin auch ihren Klageantrag bereits erstinstanzlich auf die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. März 2017 beschränkt. Zudem hat der Beklagte den Antrag für den Folgezeitraum ab 1. April 2017 mit Bescheid vom 23. Februar 2017 abgelehnt.

b) Die Klägerin erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 und 4 SGB II (dazu unter c), sie ist aber wegen vorhandenen Vermögens nicht hilfebedürftig (dazu unter d). Ob mangels Verwertungsbemühungen bereits ein darlehensweiser Leistungsanspruch ausscheidet, kann dahinstehen, denn ein Darlehen wurde der Klägerin bereits gewährt (dazu unter e).

c) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum 52 Jahre alt, erwerbsfähig (§ 8 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Umstände, die zu einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, Abs. 4a, Abs. 5 SGB II führen, liegen nicht vor.

d) Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II gewesen.

aa) Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II in der seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind u.a. von dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II), ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II) sowie Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Das Vermögen ist gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II).

Vermögen ist im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 22 m.w.N. – auch zum Folgenden). Der Begriff „Verwertbarkeit“ enthält eine tatsächliche Komponente, weil solche Vermögensgegenstände nicht verwertbar sind, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa, weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind, und auch keine andere Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist. Ein Aspekt dieser tatsächlichen Verwertbarkeit ist die dafür benötigte Zeit, hinsichtlich der gegebenenfalls eine Prognose erforderlich und für die auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen ist. Eine Festlegung für darüberhinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Rechtlich ist ein Vermögensgegenstand nicht verwertbar, wenn dessen Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt ist und er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 22).

Vom Vermögen sind abzusetzen u.a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,00 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3.100,00 Euro, wobei der Grundfreibetrag für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB II maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen darf (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II) sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,00 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Bei Personen, die nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II jeweils 10.050,00 Euro nicht übersteigen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II).

bb) Gemessen daran war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig.

(1) Das Grundstück der Klägerin in Mecklenburg-Vorpommern hat einen Verkehrswert von 25.000,00 Euro. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Preiseinschätzung der Ostseesparkasse R. vom 26. März 2018. Damit ist der Vermögensfreibetrag der Klägerin in Höhe von 7.800,00 Euro (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II) zuzüglich des Freibetrages für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,00 Euro (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II) überschritten. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse für eine Verwertung der Immobilie bestehen nicht.

(2) Der Berücksichtigung als Vermögen steht auch § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht entgegen, wonach ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist. Zweck dieser Regelung ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 2/05 R – juris Rdnr. 13 m.w.N.)

Selbst genutzt ist das Hausgrundstück, wenn es vom Leistungsberechtigten allein oder mit seinen Angehörigen bewohnt wird (Radüge in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12 Rdnr. 129 – auch zum Folgenden). Vermietete oder verpachtete Immobilien sind daher nicht geschützt. Ebenso entfällt der Schutz, wenn der Leistungsberechtigte das Hausgrundstück auf voraussichtlich längere Zeit nicht mehr bewohnt, wobei es unerheblich ist, ob der Auszug freiwillig oder unfreiwillig erfolgt ist. Ebenfalls nicht von der Privilegierung erfasst sind nur gelegentlich genutzte Immobilien wie Zweitwohnsitze oder Ferienwohnungen.

Damit handelt es sich bei dem Hausgrundstück in Mecklenburg-Vorpommern nicht um ein in diesem Sinne von der Klägerin selbst genutztes Grundstück. Die Klägerin lebt und wohnt in T; sie hat dort ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt. In dem Haus in Mecklenburg-Vorpommern hält sie sich nur gelegentlich auf.

(3) Auch § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II greift zu Gunsten der Klägerin nicht ein. Nach dieser Norm sind von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (§§ 6, 231, 231a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) muss während des (begehrten) Leistungsbezuges vorliegen (Radüge in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 117). Dies ist hier nicht der Fall; die Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit.

(4) Schließlich führt auch § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II nicht dazu, dass die Immobilie nicht zu berücksichtigen wäre. Nach dieser Norm sind als Vermögen Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist nach einer Formulierung des BSG auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum „wirklichen Wert“ oder Substanzwert stehe (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 28). Bei einem Hausgrundstück oder einer Eigentumswohnung soll eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht kommen, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 28). Gewisse Verluste – insbesondere unter dem Aspekt verändernder Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes – können jedoch als zumutbar angesehen werden, eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 28).

Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R – juris Rdnr. 30).

Diese Voraussetzungen für die Annahme offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit oder einer besonderen Härte liegen hier nicht vor. Der Verkehrswert von 25.000 Euro weicht nicht vom „wirklichen Wert“ ab. Dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der derzeit auf dem Markt erzielbare Preis nicht dem tatsächlichen Wert entspräche, liegen nicht vor. Im Gegenteil bezieht sich die auf Veranlassung der Klägerin erfolgte Preiseinschätzung durch die Ostseesparkasse R. gerade auf den Sachwert des Grundstücks als derzeit auf dem Markt erzielbaren Preis. Allerdings enthält die Preiseinschätzung einen Sachwert (31.826,35 Euro) und einen marktangepassten vorläufigen Sachwert (25.461,08 Euro), der 80 Prozent des Sachwertes entspricht. Bei Immobilien sind „Verlustquoten“ von 20 bis 30 Prozent nicht als offensichtlich unwirtschaftlich anzusehen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12 Rdnr. 518 m.w.N. [Januar 2016]).

Etwas anderes folgt auch nicht aufgrund der von der Klägerin erst im Berufungsverfahren konkretisierten und belegten Aufwendungen seit dem Kauf des Grundstücks. Die Klägerin beziffert die Sanierungs- und Renovierungskosten mit einem Betrag von insgesamt 25.382,00 Euro. Die schlichte Addierung des Kaufpreises im Jahr 2001 in Höhe von 30.000,00 DM (umgerechnet 15.338,76 Euro), ggf. unter zusätzlicher Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten (Notarkosten und Ähnliches in Höhe von umgerechnet 551,16 Euro) und der Kosten für den Kläranschluss in Höhe von 5.000 DM (2.556,45 Euro), sowie der von der Klägerin geltend gemachten Sanierungs- und Renovierungskosten in Höhe von insgesamt 25.382,00 Euro und der Vergleich des so ermittelten Gesamtbetrages (43.828,37 Euro) mit dem von der Ostseesparkasse R. ermittelten Sach- bzw. Verkehrswert (25.000,00 Euro) greift zu kurz. Es ist offensichtlich, dass der „wirkliche Wert“ einer Sache nicht durch Addition von Kaufpreis und Sanierungs- und Renovierungskosten ermittelt werden kann. Dass die Sanierungs- und Renovierungskosten den Wert des Grundstückes gesteigert haben, wird schon dadurch belegt, dass die Ostseesparkasse R. nun einen Sachwert von 25.000,00 Euro ermittelt hat, also eine Steigerung des Kaufpreises aus dem Jahr 2001 um fast 63 Prozent. Dass sich die Sanierungs- und Renovierungskosten nicht Eins-zu-Eins in der Steigerung des Verkehrs- bzw. Sachwertes niederschlagen, ändert aber nichts an der Validität des festgestellten Verkehrs- bzw. Sachwertes. Dass es nicht zu einer Eins-zu-Eins-Abbildung der Sanierungs- und Renovierungskosten in der Steigerung des Verkehrs- bzw. Sachwertes kommt, beruht schon darauf, dass ein Teil dieser Kosten Lohn- bzw. Personalkosten sind, die naturgemäß den Sachwert nicht unmittelbar steigern können, im Übrigen aber von der Klägerin in der Vergangenheit im Rahmen des § 35a Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) steuermindernd geltend gemacht werden konnten. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Sanierungs- und Renovierungskosten über einen Gesamtzeitraum – seit dem Kauf der Immobilie bis zum Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums – von über 15 Jahren entstanden sind, in dieser Zeit zu einer stetigen Verbesserung der Qualität des Grundstückes geführt haben, deren Vorteile bereits in der Vergangenheit genutzt wurden bzw. hätten genutzt werden können, die wiederum im Laufe der Zeit auch wieder an Wert verlieren und daher nicht unbesehen in voller Höhe für den Vergleich mit dem heutigen Sachwert herangezogen werden können. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die laufenden Betriebskosten für die Heizung (538,75 Euro und 908,00 Euro) ohnehin nicht zu den Sanierungs- und Renovierungskosten gehören, dass die behaupteten Kosten für eine Badsanierung in Höhe von ca. 5.000,00 Euro und für „Sonstiges“ in Höhe von 4.500,00 Euro von der Klägerin nur geschätzt und bislang nicht angefallen sind, und dass die Klägerin für die Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen in Höhe von 2.446,16 Euro eine Förderung durch das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (Schreiben vom 29. Januar 2014) erhalten hat.

Vor diesem Hintergrund kann der Senat nicht feststellen, dass ein Verkauf der Immobilie offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre oder für die Klägerin eine besondere Härte bedeutet hätte.

e) Ob die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf darlehensweise Leistungen aufgrund fingierter Hilfebedürftigkeit hatte, kann dahinstehen, da streitgegenständlich nur die Gewährung von Leistungen als Zuschuss ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

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