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Kindergeld beim Auslandsstudium: BFH-Urteil klärt Wohnsitz im Ausland en Anspruch

Kann ein einziges Kinderzimmer Tausende Euro wert sein? Was für viele wie eine unbedeutende Frage klingt, wurde für einen Vater zum erbitterten Rechtsstreit um Kindergeld. Als seine Tochter für ein Auslandsstudium die Koffer packte, drohte der Anspruch zu zerplatzen – doch der Bundesfinanzhof wagte einen überraschenden Blick hinter die Kulissen der Bürokratie.

Übersicht

Abschied im Kinderzimmer: Studentin packt Koffer für Auslandsstudium. Auszug mit Folgen für Wohnsitz und Kindergeld.
Laut BFH-Urteil ist das Kinderzimmer entscheidend, um den Kindergeldanspruch bei einem Auslandsstudium zu sichern. | Symbolbild: KI generiertes Bild

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • BFH-Urteil (vom 20. Februar 2025, Az.: III R 32/23): Kindergeld-Anspruch bei Auslandsstudium bleibt, wenn das Kind über 50% der ausbildungsfreien Zeiten im deutschen Elternhaus verbringt.
  • Wenn Voraussetzungen an nur einem Tag erfüllt waren, wird Kindergeld für den ganzen Monat gezahlt (Monatsprinzip).
  • Übergangszeiten von max. vier Monaten zwischen Ausbildungsabschnitten im Ausland zählen wie Ferien und stärken den Inlandswohnsitz.
  • Weder ein mehrjähriger Auslandsplan noch eine eigene Wohnung beenden automatisch den Inlandswohnsitz; zwei Wohnsitze sind möglich.
  • Für die Wohnsitzbeurteilung ist eine Gesamtschau des ersten Studienjahres entscheidend. Eltern sollten Heimataufenthalte dokumentieren und auf das BFH-Urteil verweisen.

BFH-Urteil: Wann das Kinderzimmer den Kindergeldanspruch sichert

Für den Vater von Tochter T. war die Welt zunächst in Ordnung. Seine Tochter, 1999 geboren, hatte nach der Schule den Sprung ins Ausland gewagt und absolvierte seit September 2018 ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einem Land außerhalb Europas, im Urteil nur „B“ genannt. Der Vater unterstützte sie und erhielt weiterhin Kindergeld. Doch dann schmiedete T. Pläne für ihre Zukunft: Sie bewarb sich an einer Universität im selben Land und erhielt bereits im März 2019 die Zusage für einen Studienplatz. Nach dem Ende ihres FSJ am 30. Juni 2019 kehrte sie für den Sommer nach Hause zurück. Vom 6. Juli bis zum 21. August verbrachte sie die Zeit in ihrem alten Kinderzimmer, das ihr im elterlichen Haus weiterhin zur Verfügung stand.

Ende August packte T. erneut ihre Koffer, um ihr Studium zu beginnen, das am 24. Oktober starten sollte. Im Land B. wohnte sie zunächst bei ihrem Freund, mit dem sie gemeinsam eine Wohnung suchte. Dieser mietete schließlich Ende August eine Wohnung an, zunächst für ein Jahr. Für die Familienkasse in Deutschland war dieser Schritt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mitten im Sommer, am 12. Juli 2019, hatte sie bereits die Kindergeldfestsetzung ab August aufgehoben. Ein neuer Antrag des Vaters wurde Ende August endgültig abgelehnt. Die Begründung: T. habe ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland. Ihr Leben finde nun im Ausland statt. Der juristische Streit um das Kindergeld für die Monate August bis November 2019 begann – ein Kampf, der den Vater durch alle Instanzen bis vor den Bundesfinanzhof (BFH) führen sollte und eine Frage aufwarf, die viele Eltern betrifft: Wann reißt die Verbindung zum deutschen Zuhause so sehr ab, dass der Anspruch auf Kindergeld erlischt?

Die Gretchenfrage des Kindergelds: Was genau ist ein „Wohnsitz“?

Im Zentrum dieses Falles steht eine auf den ersten Blick simple Frage: Wo hat Tochter T. ihren Wohnsitz? Doch im Steuerrecht ist „Wohnsitz“ mehr als nur eine Meldeadresse. Der Anspruch auf Kindergeld ist eng an diese Frage geknüpft. Das Gesetz, genauer § 63 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), ist hier eindeutig: Für Kinder, die ihren Wohnsitz oder ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums haben, wird grundsätzlich kein Kindergeld gezahlt.

Hier kommt § 8 der Abgabenordnung (AO) ins Spiel, der den juristischen Begriff des Wohnsitzes definiert. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird. Es geht also nicht nur um den Besitz eines Schlüssels. Es geht um die Absicht, einen Ort als Lebensmittelpunkt oder zumindest als festen Rückzugsort zu nutzen. Man kann das mit einem Musiker auf einer langen Welttournee vergleichen: Auch wenn er monatelang in Hotelzimmern auf der ganzen Welt lebt, hat er seinen „Wohnsitz“ immer noch in der Wohnung, in die er zwischen den Tourneen zurückkehrt, wo seine persönlichen Dinge sind und die er als seine Basis betrachtet.

Der Weg durch die Instanzen

Die Familienkasse und später das Hessische Finanzgericht sahen in T’s Fall die Verbindung nach Deutschland als gekappt an. Die Argumentation war naheliegend: Ein mehrjähriges Studium im Ausland, eine neue Wohnung mit dem Partner – das klang nach einer endgültigen Verlagerung des Lebensmittelpunktes. Aus dieser Perspektive war das Zimmer im Elternhaus nur noch eine sentimentale Erinnerung, kein echter Wohnsitz mehr. Sie lehnten den Kindergeldanspruch für alle vier Monate ab.

Doch der Vater gab nicht auf und zog vor den Bundesfinanzhof, die höchste Instanz für Steuer- und Zollsachen in Deutschland. Er legte Revision ein, ein Rechtsmittel, bei dem nicht mehr die Fakten neu bewertet werden, sondern das Urteil der Vorinstanz auf Rechtsfehler überprüft wird. Und die Richter in München sahen den Fall tatsächlich anders.

Das zweigeteilte Urteil des BFH: Ein klarer Sieg und eine neue Chance

Die Entscheidung des BFH (Az. III R 32/23) fiel differenziert aus. Sie war ein Teilerfolg für den Vater und zugleich eine genaue Anleitung für die Gerichte, wie solche Fälle in Zukunft zu behandeln sind. Die Richter trennten den Fall in zwei Teile: den Monat August und die Zeit von September bis November.

Sieg für August 2019: Die unumstößliche Logik des Monatsprinzips

Für den Monat August 2019 sprach der BFH dem Vater das Kindergeld direkt zu. Die Begründung ist einfach, aber juristisch schlagkräftig und beruht auf dem sogenannten Monatsprinzip nach § 66 Absatz 2 EStG. Dieses Prinzip funktioniert wie ein Monatsabonnement für einen Streaming-Dienst: Selbst, wenn Sie das Abo am vorletzten Tag des Monats kündigen, können Sie es bis zum Monatsende nutzen und zahlen den vollen Preis.

Übertragen auf das Kindergeld bedeutet das: Wenn die Anspruchsvoraussetzungen an auch nur einem einzigen Tag im Monat vorgelegen haben, wird das Kindergeld für den gesamten Monat gezahlt. Im Fall von T. war unstreitig, dass sie bis zu ihrer Abreise am 21. August 2019 ihren Wohnsitz im Elternhaus hatte. Damit war der Anspruch für August gesichert, ganz gleich, was danach passierte. Das Gericht stellte klar, dass der Wohnsitz jedenfalls nicht rückwirkend für die Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland aufgegeben werden konnte. Für den Vater bedeutete diese Feststellung, dass die Entscheidung der Familienkasse für diesen Monat definitiv falsch war und er das Geld für August erhält.

Zurück an den Start für September bis November: Warum das Finanzgericht nachsitzen muss

Für die Folgemonate September, Oktober und November 2019 fällte der BFH kein endgültiges Urteil. Stattdessen hob er die Entscheidung des Finanzgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung dorthin zurück. Dieser juristische Schritt – eine Zurückverweisung – ist kein Unentschieden, sondern ein klarer Arbeitsauftrag. Der BFH sagte damit: Liebe Kollegen in Hessen, eure Prüfung war unvollständig und methodisch fehlerhaft.

Der entscheidende Fehler der Vorinstanz war, den Fokus zu eng zu legen. Sie hatte nur die knapp vier Monate zwischen dem Ende des FSJ und dem Beginn des Studiums betrachtet. Der BFH urteilte, dass dies einer kurzsichtigen Betrachtung gleichkommt. Man kann einen Film nicht nach den ersten zehn Minuten beurteilen. Stattdessen muss das Gericht eine Gesamtschau vornehmen und dabei das gesamte erste Studienjahr (2019/2020) in den Blick nehmen. Nur so lässt sich beurteilen, wie stark die Bindung an das Elternhaus wirklich war.

Was bedeutet Zurückverweisung?

Wenn ein höheres Gericht einen Fall „zurückverweist“, bedeutet das, dass es die Entscheidung der Vorinstanz aufhebt, aber nicht selbst endgültig entscheidet. Stattdessen schickt es den Fall mit genauen Anweisungen zurück an das niedrigere Gericht. Dieses muss dann unter Beachtung der Rechtsauffassung des höheren Gerichts den Sachverhalt neu prüfen und ein neues Urteil fällen.

Die neuen Spielregeln des BFH: Wie Zeiten im Ausland bewertet werden

Das wirklich Neue und Wegweisende an diesem Urteil sind die klaren Regeln, die der BFH für die Bewertung von Auslandsaufenthalten aufstellt. Diese Regeln sollen in Zukunft für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Die „Vier-Monats-Regel“: Eine Brücke zwischen zwei Ausbildungsabschnitten

Viele junge Menschen absolvieren im Ausland nicht nur eine, sondern mehrere Ausbildungsphasen hintereinander – etwa einen Sprachkurs und dann ein Studium, oder wie im Fall von T. ein FSJ und dann die Universität. Was passiert in der Lücke dazwischen? Hier schuf der BFH eine entscheidende neue Regel:

Übergangszeiten zwischen zwei Auslandsaufenthalten von höchstens vier Monaten sind wie normale ausbildungsfreie Zeiten (also Ferien) zu behandeln und dem nachfolgenden Studienjahr zuzuordnen.

Diese Regel ist für Familien Gold wert. Sie verhindert, dass der Kindergeldanspruch allein wegen einer logischen Pause zwischen zwei Ausbildungsabschnitten verloren geht. Für Tochter T, deren Aufenthalt in Deutschland mit rund eineinhalb Monaten deutlich unter der Vier-Monats-Grenze lag, bedeutet dies, dass ihre Zeit zu Hause voll für die Aufrechterhaltung ihres Inlandswohnsitzes zählt.

Die entscheidende „50-Prozent-Hürde“ der Ferien

Mit dieser neuen Regel knüpft der BFH an seine bereits bestehende Rechtsprechung an. In einem früheren Urteil hatte er festgelegt, dass bei einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt der Inlandswohnsitz in der Regel dann erhalten bleibt, wenn das Kind die ausbildungsfreien Zeiten (also die Semesterferien) überwiegend, d.h. zu mehr als der Hälfte, in der elterlichen Wohnung in Deutschland verbringt.

Das Finanzgericht muss nun also eine genaue Rechnung aufmachen: Wie viele Tage hatte T. im gesamten Studienjahr 2019/2020 frei? Und wie viele dieser Tage hat sie in Deutschland verbracht? Die Zeit im Sommer 2019 zählt dabei mit. Dabei muss das Gericht sogar zugunsten der Familie berücksichtigen, ob T. während der Ferien vielleicht Anwesenheitspflichten an der Uni hatte, etwa für Prüfungen oder Hausarbeiten. Solche Zeiten gelten nicht als „frei“ und verkürzen den Berechnungszeitraum, was es leichter macht, die 50-Prozent-Hürde zu überspringen.

Falsche Annahmen entkräftet: Was nicht automatisch zum Verlust des Kindergelds führt

Das Urteil des BFH ist auch deshalb so bedeutsam, weil es mit einigen weitverbreiteten Irrtümern aufräumt, denen oft auch die Familienkassen unterliegen.

Irrtum 1: „Ein mehrjähriger Auslandsplan beendet den Wohnsitz“

Viele gehen davon aus, dass die Entscheidung für ein langes Auslandsstudium automatisch das Ende des deutschen Wohnsitzes bedeutet. Dem erteilte der BFH eine klare Absage. Er betonte, dass es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, nach dem der Inlandswohnsitz mit der Entscheidung für einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt aufgegeben wird. Entscheidend ist nicht der Plan, sondern die tatsächliche Aufrechterhaltung der Bindung an das Zuhause.

Irrtum 2: „Eine eigene Wohnung im Ausland ist das K.o.-Kriterium“

Auch die Tatsache, dass T mit ihrem Freund im Ausland eine Wohnung bezog, ist für den BFH nicht automatisch das Ende des Kindergeldanspruchs. Die Richter wiesen das Finanzgericht an, hier genauer hinzusehen: T. war nicht selbst die Mieterin, und der Vertrag war zunächst nur auf ein Jahr befristet. Das schwächt die Annahme eines endgültigen Lebensmittelpunktes ab.

Noch wichtiger ist die Feststellung des Gerichts, dass eine Person durchaus zwei Wohnsitze gleichzeitig haben kann. Einen im Ausland, der dem Studium dient, und einen in Deutschland, der der familiäre Ankerpunkt bleibt. Das ist vergleichbar mit einem Wochenendpendler, der eine kleine Wohnung am Arbeitsort und sein eigentliches Zuhause bei seiner Familie hat. Beide sind Wohnsitze, aber mit unterschiedlicher Funktion und Bedeutung. Für Sie in einer ähnlichen Situation bedeutet diese Feststellung, dass eine Wohnung am Studienort den Kindergeldanspruch nicht zwingend ausschließt, solange die Verbindung zum Elternhaus stark genug bleibt.

Konsequenzen für die Praxis: So sichern Sie Ihren Anspruch

Was können Eltern, deren Kinder Pläne für ein Studium außerhalb der EU schmieden, aus diesem Urteil lernen? Die Entscheidung liefert eine wertvolle Checkliste, auch wenn sie keine pauschalen Garantien gibt.

Planen Sie Heimataufenthalte sorgfältig. Der Dreh- und Angelpunkt ist die „50-Prozent-Regel“ für die Ferien. Es ist entscheidend, dass Ihr Kind den Großteil seiner ausbildungsfreien Zeit nachweislich in Deutschland verbringt. Dies ist besonders wichtig, wenn Ihr Kind in einem weit entfernten Land wie Australien oder den USA studiert, wo Heimflüge teuer und selten sind.

Sammeln Sie Beweise für die fortbestehende Bindung. Heben Sie Flugtickets, Bordkarten und andere Reisebelege auf. Dokumentieren Sie, dass das Zimmer zu Hause nicht zu einem Abstellraum verkommt, sondern der persönliche Rückzugsort des Kindes bleibt. Wenn die Familienkasse nachfragt, können Sie so belegen, dass der Wohnsitz nicht nur auf dem Papier besteht. Eine solche Anfrage ist eine typische Situation, in der Sie gut vorbereitet sein sollten.

Wenn Ihr Kind eine Wohnung im Ausland mietet, sind die Details des Vertrags wichtig. Ein befristeter Mietvertrag oder ein Untermietverhältnis wirken weniger endgültig als etwa der Kauf einer Immobilie oder ein unbefristeter Vertrag. Wenn Ihr Kind beispielsweise für ein Jahr in einem Studentenwohnheim in Südkorea lebt, ist dies ein schwächeres Indiz für eine Wohnsitzaufgabe als der gemeinsame unbefristete Mietvertrag mit einem Partner für eine 3-Zimmer-Wohnung.

Nutzen Sie die neue Vier-Monats-Regel für Übergangsphasen. Wenn Ihr Kind nach einem Au-Pair-Jahr in den USA ein Studium dranhängen möchte, planen Sie einen Heimaturlaub von unter vier Monaten ein. Diese Zeit wird dann positiv für Ihren Kindergeldanspruch während des ersten Studienjahres gewertet. Dies ist eine typische Konstellation, in der das Urteil direkte Hilfestellung leistet.

Sollte die Familienkasse den Anspruch ablehnen, weil Ihr Kind im Ausland lebt, legen Sie Einspruch ein und verweisen Sie explizit auf dieses Urteil des BFH (Az. III R 32/23). Machen Sie deutlich, dass weder die Dauer des Aufenthalts noch eine Wohnung im Ausland allein entscheidend sind, sondern eine Gesamtwürdigung aller Umstände erfolgen muss. Erklären Sie, wie Sie die 50-Prozent-Regel für die Ferienzeit erfüllen.

Falls Ihr Kind aus zwingenden akademischen Gründen, wie einem Pflichtpraktikum oder Laborarbeit, während der Ferien im Ausland bleiben muss, besorgen Sie sich eine Bestätigung der Universität. Dies kann entscheidend sein, um nachzuweisen, dass diese Zeit nicht zur „freien“ Zeit zählt, die es in Deutschland hätte verbringen können.

Achten Sie darauf, dass auch die sozialen Bindungen nach Deutschland stark bleiben. Mitgliedschaften in Vereinen, regelmäßiger Kontakt zu Freunden und Familie – all dies sind Mosaiksteine, die das Bild eines fortbestehenden Lebensmittelpunktes in Deutschland untermauern. Wenn die Familienkasse also ein Formular schickt und fragt, warum Sie glauben, dass der Wohnsitz noch in Deutschland ist, sind dies die Argumente, die Sie neben den reinen Aufenthaltszeiten vorbringen sollten.

Häufig gestellte Fragen zum Kindergeld bei Auslandsstudium

Nachfolgend beantworten wir die häufigsten Fragen, die sich aus unserem Artikel zum BFH-Urteil und dessen Auswirkungen für Eltern ergeben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Mein Kind hat eine Wohnung im Ausland gemietet. Heißt das jetzt automatisch, dass es zwei Wohnsitze hat und ich weiter Kindergeld bekomme?

Nein, nicht automatisch. Die Anmietung einer Wohnung am Studienort ist ein wichtiges Indiz, aber für sich allein noch kein K.o.-Kriterium. Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass eine Person durchaus zwei Wohnsitze gleichzeitig haben kann: einen am Studienort und den eigentlichen familiären Ankerpunkt in Deutschland. Entscheidend ist eine Gesamtschau der Umstände. Die Familienkasse und Gerichte prüfen, wo der tatsächliche Lebensmittelpunkt liegt. Dabei spielen Details eine Rolle, die im Urteil wichtig waren: War der Mietvertrag befristet? Ist Ihr Kind der Hauptmieter oder nur Mitbewohner? Letztlich kommt es darauf an, ob die Wohnung im Ausland primär dem Zweck des Studiums dient, während das Zimmer im Elternhaus der nach wie vor zentrale und persönliche Rückzugsort bleibt, zu dem eine starke Bindung besteht.


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Wie genau berechnet sich die „50-Prozent-Hürde“ für die Ferien? Was zählt als „freie Zeit“ und was nicht?

Die Berechnungsgrundlage ist die Summe aller ausbildungsfreien Tage innerhalb eines kompletten Studienjahres. Ihr Kind muss mehr als die Hälfte dieser Tage nachweislich in der elterlichen Wohnung in Deutschland verbracht haben. Zur „freien Zeit“ zählen in der Regel die offiziellen Semester- oder Trimesterferien laut akademischem Kalender. Wichtig ist jedoch, was nicht dazu zählt: Zeiten, in denen Ihr Kind nachweislich Anwesenheitspflichten an der ausländischen Universität hatte. Das können zum Beispiel verpflichtende Praktika, Laborarbeiten, Prüfungsvorbereitungen oder das Schreiben von Hausarbeiten sein, die eine Anwesenheit am Studienort erfordern. Diese Tage werden von der Gesamtzahl der Ferientage abgezogen, was es für Ihr Kind erleichtert, die 50-Prozent-Hürde zu erreichen.


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Die neue „Vier-Monats-Regel“ klingt gut. Gilt sie auch, wenn mein Kind länger als vier Monate nach Hause kommt oder die Pause nicht zwischen zwei Ausbildungen liegt?

Hier ist Vorsicht geboten, denn die Regel ist sehr spezifisch. Der Bundesfinanzhof hat sie ausschließlich für eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten geschaffen, die zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ausbildungsabschnitten im Ausland liegt (im Urteilsfall: zwischen FSJ und Studium). Ein Heimataufenthalt, der diese vier Monate überschreitet, würde nicht mehr unter diese vorteilhafte Regelung fallen und müsste von der Familienkasse neu bewertet werden. Ebenso gilt die Regel nicht für normale, längere Semesterferien mitten im Studium. Für diese regulären Pausen bleibt es bei der bekannten „50-Prozent-Hürde“. Die Vier-Monats-Regel ist also ein spezielles Werkzeug, um eine konkrete Lücke zu überbrücken, keine allgemeine Freikarte für beliebige Heimataufenthalte.


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Was sind die wichtigsten Beweise, die ich sammeln sollte, um den Wohnsitz meines Kindes in Deutschland nachzuweisen?

Um bei einer Nachfrage der Familienkasse gut vorbereitet zu sein, sollten Sie eine schlüssige Dokumentation der fortbestehenden Bindung nach Deutschland führen. Am wichtigsten sind Belege für die tatsächlichen Aufenthalte Ihres Kindes zu Hause, also Flugtickets, Bordkarten oder auch Zugfahrkarten. Hilfreich sind zudem Nachweise, dass das Zimmer im Elternhaus weiterhin der persönliche Lebensmittelpunkt ist und nicht nur als Lagerraum dient. Aktuelle Fotos des Zimmers können hier unterstützen. Falls Ihr Kind im Ausland eine Wohnung hat, sind die Vertragsdetails wichtig: ein befristeter Mietvertrag oder ein Untermietverhältnis wirken weniger endgültig als ein unbefristeter Vertrag, bei dem Ihr Kind Hauptmieter ist. Falls Anwesenheitspflichten während der Ferien bestanden, ist eine offizielle Bestätigung der Universität Gold wert.


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Warum war das „Monatsprinzip“ für den Monat August so entscheidend und wie kann ich es in einer ähnlichen Situation nutzen?

Das Monatsprinzip ist eine grundlegende Regel im Kindergeldrecht und war im konkreten Fall der Schlüssel zum Erfolg für den Monat August. Es besagt, dass der Anspruch auf Kindergeld für einen kompletten Monat besteht, auch wenn die Voraussetzungen nur an einem einzigen Tag dieses Monats erfüllt waren. Im Fall der Tochter T war unstrittig, dass sie bis zu ihrer Abreise am 21. August ihren Wohnsitz im Elternhaus hatte. Damit war die Bedingung für den August erfüllt, und das Kindergeld musste für den gesamten Monat gezahlt werden, unabhängig davon, was danach geschah. Für Eltern bedeutet dies praktisch: Planen Sie den endgültigen Auszug oder die Abreise Ihres Kindes ins Ausland möglichst nicht auf das Monatsende. Selbst eine Abreise am 2. oder 3. eines Monats sichert noch den Kindergeldanspruch für den gesamten Vormonat.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Die Bindung schlägt die Adresse: Der neue Kurs beim Kindergeld

Dieses Urteil markiert eine Abkehr von pauschalen Annahmen. Entscheidend für den Kindergeldanspruch ist nicht mehr allein ein Plan fürs Ausland oder eine dortige Wohnung, sondern die faktisch gelebte und nachweisbare Bindung an das Elternhaus. Die Frage nach dem deutschen Wohnsitz wird damit zu einer Frage der konkreten, belegbaren Präsenz während der ausbildungsfreien Zeit.

Für Familien ist dies eine wichtige Klarstellung: Der Anspruch ist kein Selbstläufer, sondern erfordert vorausschauende Planung und Dokumentation. Das Urteil liefert somit weniger eine Garantie als vielmehr einen klaren Fahrplan, um den Fortbestand des familiären Ankers in Deutschland gegenüber den Behörden wirksam zu belegen.

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