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Klage auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls

Bizepssehnenriss nach dem Heben eines schweren Magneten als Arbeitsunfall anerkannt. Fräser erlitt bei der Arbeit einen Riss der Bizepssehne und musste operiert werden. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall zunächst ab. Gericht entschied anders: Das Gewicht des Magneten in Verbindung mit den Umständen des Anhebens war entscheidend.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
  • Datum: 20.02.2024
  • Aktenzeichen: L 15 U 374/22
  • Verfahrensart: Sozialrechtliches Berufungsverfahren zur Arbeitsunfallanerkennung
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Arbeitsunfallrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Arbeitnehmer, Fräser; begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls infolge eines Unfalls beim Heben eines schweren Magneten.
    • Beklagte: Zuständige Stelle, die den ursprünglichen Widerspruchsbescheid erlassen hat; nun verurteilt, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und außergerichtliche Kosten zu erstatten.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Der Kläger erlitt am 29.01.2020 während des Hebens eines ca. 34 kg schweren Magneten einen Unfall, bei dem er einen Riss in der distalen Bizepssehne zog, was durch einen Durchgangsarzt bestätigt wurde.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und inwieweit die außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Das Gericht änderte den Bescheid des Sozialgerichts Köln, hob den ursprünglichen Bescheid auf und verurteilte die Beklagte, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten; die Revision wurde nicht zugelassen.
    • Folgen: Der Arbeitsunfall wird offiziell anerkannt, und die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten, wodurch das Urteil endgültig feststeht.

Arbeitsunfall anerkennen: Wichtige Faktoren für Ihre Ansprüche und Rechte

Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls durch die gesetzliche Unfallversicherung ist für Betroffene von großer Bedeutung. Sie sichert nicht nur die medizinische Behandlung und Lohnfortzahlung, sondern kann auch Ansprüche auf Entschädigungszahlungen begründen. Doch nicht jeder Unfall während der Arbeit wird automatisch als Berufsunfall anerkannt.

Lehnt die Versicherung die Anerkennung ab, können Betroffene vor dem Sozialgericht klagen. Der Erfolg hängt dabei von vielen Faktoren ab – besonders wichtig sind der Unfallbericht, ärztliche Gutachten und die Beweislast. Wie komplex die rechtliche Bewertung eines Arbeitsunfalls sein kann, zeigt der folgende Fall.

Der Fall vor Gericht


Bizepssehnenriss als Arbeitsunfall anerkannt: Erfolgreiche Berufung nach Heben eines 34-Kilo-Magneten

Arbeiter hebt einen schweren Magneten in einer Industrie-Werkstatt, umgeben von Werkzeugen.
Anerkennung eines Arbeitsunfalls und Entschädigung | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat einen Bizepssehnenriss als Arbeitsunfall anerkannt, der sich bei einem Fräser ereignete, als dieser einen 34,2 Kilogramm schweren Magneten anheben musste. Das Gericht änderte damit die Entscheidung der Vorinstanz.

Unfallhergang beim Heben des schweren Magneten

Der Vorfall ereignete sich am 29. Januar 2020, als der Kläger während seiner Arbeit einen Magneten in einen Kran einhängen musste. Beim Anheben des Magneten mit der linken Hand verspürte er ein Reißen und starke Schmerzen im linken Arm, nachdem er die rechte Hand gelöst hatte, um die Sicherheitsvorrichtung am Kran-Haken zu bedienen. Die Diagnose im Krankenhaus ergab eine Ruptur der distalen Bizepssehne, die wenige Tage später operativ versorgt wurde.

Rechtlicher Streit um Anerkennung

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte zunächst die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Sie argumentierte, es habe sich um einen arbeitsüblichen Vorgang gehandelt und nicht um ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Das Sozialgericht Köln wies die Klage des Arbeitnehmers ab, da das geschilderte Ereignis nicht geeignet gewesen sei, eine nicht ohnehin bereits maßgeblich vorgeschädigte Bizepssehne zum Zerreißen zu bringen.

Entscheidende Faktoren für die Anerkennung

Das Landessozialgericht kam zu einer anderen Bewertung. Entscheidend war, dass das erhebliche Gewicht des Magneten von 34,2 Kilogramm deutlich über alltäglichen Belastungen lag. Das Gericht verglich dies mit einem Wasserkasten von etwa 17 Kilogramm und stellte fest, dass das einhändige Heben solcher Gewichte keine alltägliche Verrichtung darstelle.

Bedeutung von Vorschädigungen

Zwar ging das Gericht von degenerativen Veränderungen der Sehne aus, die die Ruptur begünstigt hatten. Jedoch konnten keine altersvorauseilenden Schädigungen nachgewiesen werden, die der versicherten Tätigkeit ihre Wesentlichkeit für den Schadenseintritt nehmen würden. Der histologische Befund zeigte keine die Altersnorm übersteigenden degenerativen Veränderungen. Das Gericht betonte, dass eine altersentsprechende Degeneration nicht zur Verneinung der wesentlichen Mitursächlichkeit des Unfallereignisses führen könne.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmern bei der Anerkennung von Arbeitsunfällen, indem es klarstellt, dass auch bei gewohnten Arbeitstätigkeiten plötzlich auftretende Verletzungen als Arbeitsunfall gelten können. Die Entscheidung verdeutlicht, dass nicht das Vorliegen einer außergewöhnlichen Situation, sondern der zeitlich bestimmbare, während der Arbeit eingetretene Gesundheitsschaden ausschlaggebend ist. Dies ist besonders bedeutsam für Fälle, in denen Verletzungen bei normalen Arbeitsabläufen auftreten.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie sich während Ihrer normalen Arbeitstätigkeit verletzen, haben Sie nun bessere Chancen auf Anerkennung als Arbeitsunfall, auch wenn die Tätigkeit für Sie Routine war. Es kommt nicht darauf an, ob die Verletzung durch eine besondere oder ungewöhnliche Situation verursacht wurde. Entscheidend ist, dass sich der Gesundheitsschaden während der Arbeit ereignet hat und zeitlich klar eingrenzbar ist. Das bedeutet für Sie konkret, dass Sie auch bei Verletzungen während alltäglicher Arbeitsabläufe Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung haben können, wenn Sie den zeitlichen Zusammenhang mit Ihrer Arbeitstätigkeit nachweisen können.

Benötigen Sie Hilfe?

Fragen rund um die Anerkennung Ihres Arbeitsunfalls?

Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist oft mit Unsicherheiten verbunden. Entscheidend ist der Nachweis, dass der Gesundheitsschaden während der Arbeitszeit und durch die Arbeitsausführung selbst entstanden ist. Auch wenn die Tätigkeit alltäglich war, kann ein plötzlicher Gesundheitsschaden als Arbeitsunfall gelten.

Wir unterstützen Sie bei der Prüfung Ihres individuellen Falls und der Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegenüber der Berufsgenossenschaft. Unsere Erfahrung hilft Ihnen, die notwendigen Schritte zu verstehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Nehmen Sie Kontakt auf, um Ihre Situation zu besprechen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls?

Ein Arbeitsunfall liegt nach § 8 Abs. 1 SGB VII vor, wenn ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis während einer versicherten Tätigkeit zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt.

Grundlegende Voraussetzungen

Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls müssen drei zentrale Bedingungen erfüllt sein:

1. Versicherte Tätigkeit Die Person muss zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt haben. Dies umfasst Tätigkeiten während der Arbeitszeit, auf Dienstreisen oder auf dem Arbeitsweg.

2. Unfallereignis Es muss sich um ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis handeln. Dies können beispielsweise Stürze, herabfallende Gegenstände oder Zusammenstöße sein.

3. Gesundheitsschaden Das Unfallereignis muss zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Auch die Beschädigung von Hilfsmitteln wie Brillen oder Prothesen kann unter bestimmten Voraussetzungen als Gesundheitsschaden gelten.

Kausaler Zusammenhang

Für die Anerkennung müssen zwei Arten von Kausalität nachgewiesen werden:

Unfallkausalität Die versicherte Tätigkeit muss für das Unfallereignis ursächlich gewesen sein. Ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und dem Unfall muss bestehen.

Haftungsbegründende Kausalität Das Unfallereignis muss den Gesundheitsschaden objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben.

Besondere Fallkonstellationen

Im Homeoffice gelten besondere Regelungen: Unfälle während der Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer sind als Arbeitsunfälle anerkannt. Auch der erstmalige morgendliche Weg vom Bett ins Homeoffice steht unter Versicherungsschutz.

Bei Wegeunfällen besteht Versicherungsschutz auf dem direkten Weg zur und von der Arbeit. Dies gilt auch für Umwege, wenn diese zum Beispiel der Kinderbetreuung dienen.

Ausschlüsse

Nicht als Arbeitsunfall gelten:

  • Rein private Tätigkeiten während der Arbeitszeit
  • Unfälle aus persönlichen, nicht arbeitsbezogenen Gründen
  • Unfälle aufgrund innerer Ursachen wie Herzinfarkt oder Vorerkrankungen, sofern diese nicht durch die Arbeit bedingt sind.

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Welche Fristen und formalen Schritte muss ich nach einem Arbeitsunfall einhalten?

Sofortige Maßnahmen

Nach einem Arbeitsunfall müssen unverzüglich Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet und der Vorfall dem Arbeitgeber gemeldet werden. Bei schweren Verletzungen ist umgehend der Rettungsdienst zu alarmieren.

Dokumentation und Meldepflichten

Jeder Arbeitsunfall muss im Verbandbuch des Betriebes dokumentiert werden – unabhängig von der Schwere der Verletzung. Dies gilt auch für kleine Verletzungen wie Papierschnitte oder leichte Prellungen.

Die Meldepflicht an die Berufsgenossenschaft richtet sich nach der Schwere des Unfalls:

  • Sofortige Meldung ist erforderlich bei:
    • Tödlichen Unfällen
    • Massenunfällen mit mehr als drei Verletzten
    • Schweren Verletzungen
  • Drei-Tages-Frist gilt bei allen anderen meldepflichtigen Unfällen:
    • Die Frist beginnt am Tag nach dem Unfall
    • Samstage, Sonntage und Feiertage werden mitgezählt
    • Eine Meldung ist erforderlich, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage dauert

Formale Anforderungen

Der Arbeitgeber muss die Unfallanzeige wie folgt verteilen:

  • Zwei Ausfertigungen an die Berufsgenossenschaft
  • Eine Kopie für die Dokumentation im Unternehmen
  • Eine Kopie an den Betriebsrat (falls vorhanden)
  • Eine Kopie auf Wunsch an den verletzten Mitarbeiter

Die Dokumentation im Verbandbuch muss mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Alle Aufzeichnungen sind vertraulich zu behandeln und datenschutzkonform aufzubewahren.

Ärztliche Versorgung

Bei Arbeitsunfällen mit voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit muss ein Durchgangsarzt aufgesucht werden. Dieser entscheidet über die weitere Behandlung und erstellt die notwendigen Bescheinigungen für die Berufsgenossenschaft.


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Welche Leistungen stehen mir nach einem anerkannten Arbeitsunfall zu?

Nach einem anerkannten Arbeitsunfall haben Sie Anspruch auf umfassende Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Medizinische Versorgung

Die Unfallversicherung übernimmt sämtliche Kosten für Ihre ärztliche Behandlung, einschließlich Arzneimittel, Verbandsmaterial, Heilmittel sowie Aufenthalte in Krankenhäusern oder Reha-Einrichtungen. Auch Physio- und Psychotherapie werden bei Bedarf finanziert.

Finanzielle Absicherung

In den ersten sechs Wochen nach dem Unfall erhalten Sie Lohnfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber. Danach zahlt die Unfallversicherung ein Verletztengeld in Höhe von 80 Prozent Ihres Bruttoentgelts, maximal in Höhe Ihres Nettogehalts. Das Verletztengeld wird für maximal 78 Wochen gezahlt.

Langfristige Unterstützung

Bei länger andauernden Gesundheitsschäden können Sie folgende Leistungen erhalten:

  • Verletztenrente: Wenn Ihre Erwerbsfähigkeit nach 26 Wochen um mindestens 20 Prozent gemindert ist.
  • Pflegegeld: Bei Pflegebedürftigkeit zwischen 387 und 1.542 Euro in den neuen Bundesländern bzw. 369 bis 1.483 Euro in den alten Bundesländern.
  • Berufliche Rehabilitation: Umschulungen oder behindertengerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes.

Besondere Leistungen

Die Unfallversicherung übernimmt auch Fahrtkosten zur medizinischen Behandlung. Bei einem tödlichen Arbeitsunfall erhalten Hinterbliebene eine Hinterbliebenenrente. In den ersten drei Monaten beträgt diese zwei Drittel des letzten Jahresbruttogehalts, ab dem vierten Monat 30 Prozent.

Die Leistungen werden in der Regel automatisch geprüft und müssen nicht extra beantragt werden. Die Gesetzliche Unfallversicherung prüft anhand der ärztlichen Berichte, welche Leistungen für Sie in Frage kommen.


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Wie kann ich gegen eine Ablehnung der Anerkennung als Arbeitsunfall vorgehen?

Widerspruchsverfahren

Wenn die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse einen Arbeitsunfall nicht anerkennt, können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Ablehnungsbescheids Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist kostenfrei und kann formlos erfolgen. Zur Fristwahrung genügt zunächst die einfache Erklärung des Widerspruchs – die Begründung kann später nachgereicht werden.

Klageverfahren

Wird der Widerspruch durch einen Widerspruchsbescheid zurückgewiesen, steht der Klageweg zum Sozialgericht offen. Die Klagefrist beträgt einen Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids. Im Ausland verlängert sich diese Frist auf drei Monate.

Die Klage muss schriftlich beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden und folgende Angaben enthalten:

  • Ihre persönlichen Daten
  • Bezeichnung der Berufsgenossenschaft
  • Klagegegenstand und Begründung
  • Relevante Nachweise und Beweismittel

Weitere Rechtsmittel

Gegen ein ablehnendes Urteil des Sozialgerichts ist die Berufung zum Landessozialgericht möglich. Die Berufungsfrist beträgt ebenfalls einen Monat nach Urteilszustellung.

Als letzte Instanz kann unter bestimmten Voraussetzungen Revision zum Bundessozialgericht eingelegt werden. Dies ist nur möglich, wenn das Landessozialgericht die Revision ausdrücklich zulässt oder eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich ist. Vor dem Bundessozialgericht besteht Vertretungszwang.

Beweisführung und Dokumentation

Für ein erfolgreiches Verfahren ist eine sorgfältige Dokumentation wichtig. Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen wie:

  • Unfallberichte
  • Medizinische Gutachten
  • Zeugenaussagen
  • Behandlungsunterlagen vom Durchgangsarzt

Die Berufsgenossenschaft muss den Arbeitsunfall anerkennen, wenn Sie nachweisen können, dass der Unfall während einer versicherten Tätigkeit geschah und zu einem Gesundheitsschaden geführt hat.


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Welche Rolle spielen Vorerkrankungen bei der Anerkennung eines Arbeitsunfalls?

Vorerkrankungen schließen die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht automatisch aus. Ein Arbeitsunfall kann auch dann vorliegen, wenn Schadensanlagen oder Vorerkrankungen zum Eintreten des Gesundheitsschadens beigetragen haben.

Zweistufige Prüfung des Ursachenzusammenhangs

Bei der Beurteilung eines Arbeitsunfalls wird ein zweistufiges Prüfverfahren angewendet:

  1. Naturwissenschaftlich-philosophische Prüfung: Es wird untersucht, ob das Unfallereignis den Gesundheitsschaden tatsächlich verursacht hat.
  2. Rechtliche Bewertung: Anschließend wird geprüft, ob das Unfallereignis die wesentliche Bedingung für den Gesundheitsschaden war.

Bewertung von Vorerkrankungen

Wenn Sie bereits vor dem Unfall an einer Krankheit litten, wird geprüft, ob diese Vorerkrankung so leicht ansprechbar war, dass sie sich auch ohne das Unfallereignis in ähnlicher Weise verschlimmert hätte. In diesem Fall gilt das Unfallereignis nur als unwesentliche Gelegenheitsursache.

Bedeutung für die Anerkennung

Für die Anerkennung als Arbeitsunfall ist entscheidend, dass das Unfallereignis eine richtungsweisende Verschlimmerung der Vorerkrankung bewirkt hat. Dies bedeutet, der Unfall muss zu einer deutlichen und nachhaltigen Veränderung des Krankheitsverlaufs geführt haben.

Die Berufsgenossenschaften prüfen bei der Unfallmeldung anhand der medizinischen Vorgeschichte, ob Vorerkrankungen für den Unfall mitverantwortlich sein könnten. Die Beweislast für den Mitwirkungsanteil einer Vorerkrankung liegt beim Versicherer. Kann die Versicherung den Einfluss der Vorerkrankung nicht eindeutig nachweisen, muss sie die volle Leistung erbringen.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dies: Eine Arbeitnehmerin knickte bei der Arbeit um. Die daraus folgende Verletzung wurde nicht als Arbeitsunfall anerkannt, da ein 22 Jahre zurückliegender Bänderriss als ursächlich für die Verletzung identifiziert wurde.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Arbeitsunfall

Ein Arbeitsunfall ist ein plötzliches, unvorhergesehenes Ereignis, das zu einer Verletzung führt und in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Dieser Begriff wird im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt und beinhaltet Unfälle, die während der Arbeit oder auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit passieren. Entscheidend ist, dass der Unfall nicht durch die typische Beanspruchung des Arbeitsplatzes erklärt werden kann, sondern ein außergewöhnliches, äußeres Ereignis vorliegt. Beispiel: Wenn ein Arbeiter beim Heben eines ungewöhnlich schweren Gegenstandes verletzt wird, spricht man von einem Arbeitsunfall, sofern die Umstände den außergewöhnlichen Charakter bestätigen.


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Gesetzliche Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein staatlich geregeltes System, das Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen sowie Berufskrankheiten finanziell absichert und medizinisch versorgt. Ihre Grundlage bildet ebenfalls das SGB VII, das Regelungen für die medizinische Behandlung, Lohnfortzahlung und Entschädigungszahlungen enthält. Sie versucht, die finanziellen Folgen eines Arbeitsunfalls zu mildern und den Betroffenen bei der Rehabilitation zu unterstützen. Beispiel: Nach einem Arbeitsunfall übernimmt die Unfallversicherung die Kosten für eine notwendige Operation und zahlt weiterhin einen Teil des ausgefallenen Lohns, wenn der Verletzte vorübergehend nicht arbeiten kann.


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Berufsgenossenschaft

Die Berufsgenossenschaft ist eine Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung und zuständig für die Prävention von Arbeitsunfällen sowie deren Entschädigung im Schadensfall. Sie prüft auch, ob ein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt werden kann und ob Ansprüche auf Leistungen bestehen. Ihre Entscheidungen beruhen auf gesetzlichen Vorgaben im SGB VII, wobei sie auch den Unfallhergang und typische berufliche Abläufe berücksichtigen. Beispiel: Wenn ein Unfall während eines arbeitsüblichen Vorgangs passiert, kann die Berufsgenossenschaft entscheiden, dass es sich nicht um einen versicherungspflichtigen Arbeitsunfall handelt, was jedoch in Einzelfällen angefochten werden kann.


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Sozialgericht

Das Sozialgericht ist eine spezielle Gerichtsinstanz, die über Streitigkeiten im Sozialversicherungsrecht entscheidet. Es befasst sich dabei unter anderem mit Klagen gegen Entscheidungen der Berufsgenossenschaften und anderer Träger der sozialen Sicherung. Die richterliche Prüfung erfolgt anhand sozialrechtlicher Vorschriften, insbesondere aus dem SGB, und berücksichtigt alle relevanten Beweismittel. Beispiel: Erhält ein Arbeitnehmer eine ablehnende Entscheidung der Berufsgenossenschaft, kann er vor dem Sozialgericht klagen, um die Anerkennung seines Arbeitsunfalls gerichtlich überprüfen zu lassen.


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Unfallbericht

Ein Unfallbericht ist eine schriftliche Dokumentation des Unfallhergangs, die alle relevanten Umstände und Beobachtungen festhält. Er dient als wichtiges Beweismittel im Rahmen von arbeitsrechtlichen oder sozialgerichtlichen Verfahren und hilft, den Ablauf des Ereignisses nachvollziehbar zu machen. Innerhalb des Berichts werden Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen sowie genaue Schilderungen des Unfalls aufgeführt, um die Unfallursache und den Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit zu belegen. Beispiel: Ein detaillierter Unfallbericht kann entscheidend sein, um den Zusammenhang zwischen dem Heben eines schweren Gegenstandes und dem daraus resultierenden Bizepssehnenriss zu bestätigen.


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Beweislast

Beweislast bezeichnet im juristischen Kontext die Pflicht einer Partei, Tatsachen oder Umstände hinreichend zu belegen, die für die Entscheidung eines Verfahrens wichtig sind. Im Fall der Anerkennung eines Arbeitsunfalls muss der Geschädigte beweisen, dass der Unfall ursächlich mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängt. Diese Nachweispflicht ist in sozialgerichtlichen Verfahren von zentraler Bedeutung, da sie über die Gewährung von Leistungen entscheidet. Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer den Unfallhergang durch Zeugenaussagen, Fotos oder Dokumente darlegt, unterstützt dies seine Position gegenüber der Berufsgenossenschaft.


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Vorschädigungen

Vorschädigungen bezeichnen bereits bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen, die vor dem Unfall vorlagen und den Schweregrad einer Verletzung beeinflussen können. Im sozialrechtlichen Kontext wird geprüft, ob und inwieweit diese Vorschädigungen ursächlich zur Verletzung beitrugen und wie sie die Leistungsansprüche verändern. Das Gericht berücksichtigt dabei, ob die Vorschädigungen altersentsprechend oder außergewöhnlich sind, wie es etwa durch ärztliche Gutachten analysiert wird. Beispiel: Wenn bei einem Arbeiter bereits altersbedingte degenerative Veränderungen an einer Sehne vorliegen, wird geprüft, ob der Unfall noch als mitursächlich für die Verletzung betrachtet wird oder ob die Vorschädigung allein ausschlaggebend gewesen wäre.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII): Das SGB VII regelt die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland. Es definiert, welche Ereignisse als Arbeitsunfälle anerkannt werden können und welche Leistungen den Versicherten zustehen. Zudem legt es die Pflichten der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen fest.
  • § 7 SGB VII – Arbeitsunfall: Dieser Paragraph definiert einen Arbeitsunfall als ein plötzliches und von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn ein solches Ereignis während der Ausübung der Arbeit eintritt.
  • § 203 SGB VII – Leistungsumfang: Hier wird festgelegt, welche Leistungen die Unfallversicherung im Falle eines anerkannten Arbeitsunfalls erbringt. Dazu gehören medizinische Behandlungskosten, Rehabilitation und in bestimmten Fällen auch Rentenleistungen bei bleibenden Schäden.
  • Verfahrensrechtliche Regelungen (§§ 84 ff. SGB VII): Diese Bestimmungen regeln das Verfahren zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls, einschließlich der Möglichkeit von Widersprüchen und Klagen gegen Bescheide der Unfallversicherungsträger. Sie legen fest, wie Anträge geprüft und Entscheidungen erörtert werden müssen.
  • § 51 SGB VII – Gutachten und Beweiserhebung: Dieser Paragraph beschreibt die Voraussetzungen und den Ablauf der Beweiserhebung bei Streitigkeiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Insbesondere wird die Einholung von ärztlichen Gutachten geregelt, die für die Entscheidungsfindung maßgeblich sind.

Das vorliegende Urteil


Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 15 U 374/22 – Urteil vom 20.02.2024


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