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Klage gegen Herabsetzung der Höhe des Grades der Behinderung

Brustkrebs überstanden – und dann das: Eine Frau, die nach ihrer Brustkrebserkrankung jahrelang als schwerbehindert galt, hat vor Gericht eine überraschende Niederlage erlitten. Der Grad ihrer Behinderung wurde deutlich herabgesetzt, obwohl sie weiterhin unter den Folgen der Krankheit leidet. Wie kann das sein und was bedeutet das für andere Betroffene? Ein Urteil, das Fragen aufwirft.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 28.02.2024
  • Aktenzeichen: L 6 SB 90/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren zur Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB)
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Schwerbehindertenrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: 1966 geborene Frau, die sich gegen die Herabsetzung ihres GdB von 50 auf 20 wendet. Sie argumentiert, dass weiterhin ein GdB von 50 bei ihr festzustellen sei, da sich ihr Gesundheitszustand nicht wesentlich verbessert habe.
  • Beklagter: Behörde, die den GdB der Klägerin herabgesetzt hat. Die Behörde begründet dies mit dem Ablauf der Heilungsbewährung nach einer Krebserkrankung und der gesundheitlichen Neubewertung, wonach ein GdB von 20 gerechtfertigt sei.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin beantragte 2014 die Feststellung einer Behinderung aufgrund einer Krebserkrankung (multifokales Mammakarzinom). Der Beklagte stellte zunächst einen GdB von 50 fest. Nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist setzte die Behörde den GdB auf 20 herab und informierte die Klägerin darüber. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein und forderte die Beibehaltung des GdB von 50.
  • Kern des Rechtsstreits: Streit um die Frage, ob eine Herabsetzung des GdB von 50 auf 20 gerechtfertigt ist. Insbesondere stand im Raum, ob die Behörde die gesundheitliche Situation der Klägerin korrekt bewertet hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 25.07.2023 wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Die Herabsetzung des GdB von 50 auf 20 wurde vom Gericht als rechtmäßig angesehen. Grundlage der Entscheidung war die Annahme, dass nach Ablauf der Heilungsbewährung eine Neubewertung der gesundheitlichen Situation gesetzlich vorgesehen ist. Das Gericht stützte sich auf Medizinische Gutachten, die lediglich einen GdB von 20 rechtfertigten.
  • Folgen: Die Herabsetzung des GdB auf 20 bleibt bestehen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Beibehaltung eines GdB von 50. Außerdem wurden im Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstattet. Das Urteil bestätigt die rechtmäßige Praxis der Behörden bei der Neubewertung des GdB nach der Heilungsbewährung.

Widerspruch gegen Herabsetzung: Rechte von Menschen mit Behinderung stärken

Der Grad der Behinderung (GdB) ist für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen von zentraler Bedeutung. Er bestimmt nicht nur den Umfang der Leistungen nach dem SGB IX, sondern sichert auch die Teilhabe am Arbeitsleben und gewährleistet wichtige Nachteilsausgleiche. Die Feststellung erfolgt durch medizinische Gutachten, die die Auswirkungen der Beeinträchtigungen auf das tägliche Leben bewerten.

Wenn Behörden eine Herabsetzung des Grades der Behinderung vornehmen, stehen Betroffenen verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung. Nach einem Widerspruch gegen die Behinderungseinstufung können sie mit einer sozialrechtlichen Klage ihre Interessen wahren. Ein aktueller Fall zeigt die rechtlichen Herausforderungen bei der Überprüfung des Schwerbehindertenstatus.

Der Fall vor Gericht


Gericht bestätigt Herabsetzung des Behinderungsgrades nach Ablauf der Heilungsbewährung

Mittelalterliche Frau am Tisch prüft Feststellungsbescheid über Behinderung, neben Kaffeetasse und medizinischem Ordner.Mittelalterliche Frau am Tisch prüft Feststellungsbescheid über Behinderung, neben Kaffeetasse und medizinischem Ordner.
Gericht bestätigt Herabsetzung des Grads der Behinderung | Symbolfoto: Gericht bestätigt Herabsetzung des Grads der Behinderung | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat in einem aktuellen Urteil die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 40 bei einer Klägerin bestätigt. Der Fall betrifft eine 1966 geborene Frau, der nach einer Brustkrebserkrankung im Jahr 2014 zunächst ein GdB von 50 zuerkannt worden war.

Medizinische Ausgangslage und behördliche Entscheidung

Die Klägerin hatte 2014 die Diagnose eines multifokalen Mammakarzinoms der linken Brust erhalten. Die Behandlung umfasste eine Mastektomie mit späterer Rekonstruktion durch eine Latissimus-dorsi-Plastik sowie eine endokrine Therapie. Nach Ablauf der Heilungsbewährung setzte der zuständige Versorgungsträger den GdB im August 2020 zunächst auf 20 herab. Nach Widerspruch der Betroffenen und erneuter Prüfung wurde ein GdB von 30 festgelegt, der durch ein späteres Teil-Anerkenntnis auf 40 erhöht wurde.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen im Detail

Das Gericht bewertete die verschiedenen gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin wie folgt:

Für den Verlust der linken Brust inklusive der Folgebeschwerden im Schulterbereich wurde ein Einzel-GdB von 30 festgestellt. Die psychischen Beeinträchtigungen, die sich in Form von Ängsten, Schlafstörungen und depressiven Symptomen äußerten, wurden ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Für die vorhandenen Kopfschmerzen sowie für Beschwerden im Bereich der oberen Extremitäten, die Fingergelenkarthrosen und Schulterprobleme umfassten, wurde jeweils ein Einzel-GdB von 10 angesetzt.

Rechtliche Würdigung und Urteilsbegründung

Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die Einschätzung des medizinischen Sachverständigen Dr. W., der die Klägerin persönlich untersucht hatte. Nach den gesetzlichen Vorgaben war für die Beurteilung der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im März 2021 maßgebend. Spätere Verschlechterungen des Gesundheitszustands, wie die im Mai 2022 erfolgte Entfernung der Eierstöcke, konnten im laufenden Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Die Richter betonten, dass für die GdB-Bewertung die tatsächlichen Funktionseinschränkungen und nicht die bloße Diagnose entscheidend seien. Auch der ausgeübte Beruf der Klägerin im Hotelservice spielte für die Festsetzung des GdB keine Rolle, da dieser grundsätzlich unabhängig von der beruflichen Tätigkeit zu beurteilen ist.

Bedeutung für die Betroffene

Die Klägerin hat die Möglichkeit, eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Gesundheitszustands durch einen separaten Verschlimmerungsantrag geltend zu machen. Der bestätigte GdB von 40 basiert ausschließlich auf den zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Das Gericht wies darauf hin, dass für die Bewertung des GdB nicht die radiologischen Befunde, sondern die daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen im Alltag maßgeblich sind.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass nach Ablauf der Heilungsbewährung bei Krebserkrankungen eine Neubewertung des GdB erfolgt und dieser in der Regel herabgesetzt wird, wenn keine Rezidive aufgetreten sind. Zusätzliche gesundheitliche Einschränkungen wie psychische Belastungen oder Bewegungseinschränkungen werden zwar berücksichtigt, führen aber nicht automatisch zur Beibehaltung des ursprünglichen GdB. Entscheidend ist die medizinisch nachgewiesene Schwere der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie nach einer Krebserkrankung die Heilungsbewährung abgeschlossen haben, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr GdB neu bewertet und möglicherweise herabgesetzt wird. Sammeln Sie deshalb frühzeitig aktuelle ärztliche Befunde zu allen bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen und legen Sie diese dem Versorgungsamt vor. Achten Sie darauf, dass die Befunde die konkrete Schwere Ihrer Beeinträchtigungen im Alltag und Beruf dokumentieren. Auch wenn mehrere leichtere Gesundheitsstörungen vorliegen, führt dies nicht automatisch zu einem höheren GdB – entscheidend ist die nachgewiesene Funktionseinschränkung jeder einzelnen Gesundheitsstörung.

Benötigen Sie Hilfe?

Fragen zur Neubewertung Ihres GdB nach einer Krebserkrankung?

Das Urteil zeigt, dass eine Neubewertung des GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung bei Krebserkrankungen üblich ist und häufig zu einer Herabsetzung führt.

Wir unterstützen Sie bei der Einschätzung Ihrer individuellen Situation und der Zusammenstellung der relevanten medizinischen Unterlagen.

Kontaktieren Sie uns, um gemeinsam mit unseren erfahrenen Rechtsanwälten die nächsten Schritte zu besprechen und Ihre Rechte zu wahren.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die rechtlichen Folgen einer GdB-Herabsetzung für Betroffene?

Eine GdB-Herabsetzung hat weitreichende rechtliche Konsequenzen für die Betroffenen. Die Auswirkungen treten jedoch nicht sofort ein, sondern erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheids.

Schutzfrist und Rechtsmittel

Bei einer GdB-Herabsetzung unter 50 bleiben die bisherigen Rechte und Nachteilsausgleiche während der Schutzfrist erhalten. Wenn Sie Widerspruch gegen den Herabsetzungsbescheid einlegen, verlängert sich diese Schutzfrist bis zur endgültigen Entscheidung.

Verlust von Nachteilsausgleichen

Nach Ablauf der Schutzfrist entfallen bei einer Herabsetzung unter GdB 50 folgende Rechte:

  • Der besondere Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis
  • Die zusätzliche Urlaubswoche von 5 Tagen pro Jahr
  • Die vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen
  • Die Freistellung von Mehrarbeit
  • Die erhöhten steuerlichen Pauschbeträge für Schwerbehinderte

Verbleibende Ansprüche

Bei einem GdB zwischen 30 und 40 bestehen weiterhin folgende Möglichkeiten:

  • Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen bei der Agentur für Arbeit beantragen
  • Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuer (GdB 30: 620 Euro / GdB 40: 860 Euro)
  • Begleitende Hilfe im Arbeitsleben bei Gleichstellung

Neufeststellung und Heilungsbewährung

Eine Herabsetzung des GdB kann erfolgen bei:

  • Wesentlicher Besserung des Gesundheitszustands
  • Ablauf der Heilungsbewährung bei bestimmten Erkrankungen
  • Änderung der gesetzlichen Bewertungsmaßstäbe

Die Herabsetzung darf nicht rückwirkend erfolgen und gilt auch dann, wenn ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis ausgestellt wurde.


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Welche Rechtsmittel stehen gegen eine GdB-Herabsetzung zur Verfügung?

Widerspruchsverfahren

Gegen einen GdB-Herabsetzungsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich beim zuständigen Versorgungsamt eingereicht oder dort zur Niederschrift erklärt werden. Eine Begründung des Widerspruchs ist zunächst nicht erforderlich – diese kann innerhalb eines weiteren Monats nachgereicht werden.

Aufschiebende Wirkung

Der eingelegte Widerspruch hat eine wichtige Wirkung: Er entfaltet eine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der bisherige GdB-Bescheid während des laufenden Widerspruchsverfahrens weiterhin seine Gültigkeit behält.

Klage vor dem Sozialgericht

Wird der Widerspruch durch einen Widerspruchsbescheid zurückgewiesen, steht der Weg zum Sozialgericht offen. Die Klagefrist beträgt ebenfalls einen Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids. Das Sozialgericht ist die erste Instanz für Klagen gegen GdB-Herabsetzungen.

Weitere Instanzen

Der Instanzenzug umfasst insgesamt drei Ebenen:

  • Das Sozialgericht als erste Instanz
  • Das Landessozialgericht für Berufungsverfahren
  • Das Bundessozialgericht als letzte Instanz

Gegen ein erstinstanzliches Urteil des Sozialgerichts kann innerhalb eines Monats Berufung beim Landessozialgericht eingelegt werden. Die Berufung muss schriftlich eingelegt werden und kann sowohl beim Landessozialgericht als auch beim ursprünglichen Sozialgericht eingereicht werden.

Schutzfrist

Wichtig: Selbst wenn die Herabsetzung des GdB rechtskräftig wird, bleiben die bisherigen Rechte und Nachteilsausgleiche noch für drei weitere Monate bestehen. Diese Schutzfrist nach § 199 SGB IX beginnt erst, wenn der Bescheid nicht mehr anfechtbar ist.

Begründung der Rechtsmittel

Bei der Begründung des Widerspruchs oder der Klage sollten Sie sich auf medizinische Befunde, Gutachten und andere Beweismittel stützen. Eine detaillierte Darlegung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ihrer Auswirkungen auf das tägliche Leben ist dabei besonders wichtig.


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Wie läuft eine gerichtliche Überprüfung des GdB ab?

Einleitung des Verfahrens

Nach Erhalt des ablehnenden Widerspruchsbescheids haben Sie einen Monat Zeit, um Klage beim zuständigen Sozialgericht einzureichen. Das Sozialgericht ist die erste Instanz für Ihre Klage zur Überprüfung des Grads der Behinderung.

Ablauf der Beweisaufnahme

Das Gericht fordert zunächst die vollständige Verwaltungsakte vom Versorgungsamt an. Anschließend werden in der Regel folgende Schritte durchgeführt:

Erste Prüfung: Das Gericht wertet die vorhandenen Befundberichte Ihrer Ärzte aus. Falls notwendig, werden weitere ärztliche Stellungnahmen eingeholt.

Medizinische Begutachtung: Wenn die vorhandenen Unterlagen nicht ausreichen, beauftragt das Gericht unabhängige medizinische Sachverständige. Diese laden Sie meist zu einer persönlichen Untersuchung ein.

Ihre Mitwirkungsmöglichkeiten

Ergänzendes Gutachten: Falls Sie mit dem gerichtlich veranlassten Gutachten nicht einverstanden sind, können Sie nach § 109 Sozialgerichtsgesetz die Einholung eines weiteren Gutachtens beantragen. Die Kosten müssen Sie zunächst selbst tragen.

Akteneinsicht: Sie können jederzeit während des Verfahrens Einsicht in die Gerichtsakten nehmen. Dies ermöglicht Ihnen, die Bewertungsgrundlagen nachzuvollziehen.

Abschluss des Verfahrens

Nach Vorliegen aller Gutachten gibt das Gericht Ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme. Das Verfahren kann dann auf drei Wegen enden:

Anerkenntnis: Das Versorgungsamt erkennt Ihren Anspruch an.

Vergleich: Sie und das Versorgungsamt einigen sich auf einen Kompromiss.

Gerichtliche Entscheidung: Wenn keine Einigung zustande kommt, entscheidet das Gericht durch Urteil nach mündlicher Verhandlung, zu der Sie persönlich erscheinen müssen.


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Nach welchen Kriterien wird der GdB neu festgelegt?

Der Grad der Behinderung (GdB) wird nach bundesweit einheitlichen Versorgungsmedizinischen Grundsätzen bemessen. Dabei erfolgt die Bewertung stets nach der tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigung und deren Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Grundlegende Bewertungskriterien

Die Festlegung des GdB basiert auf der Gesamtbetrachtung aller Funktionsbeeinträchtigungen. Entscheidend sind dabei nicht die einzelnen Diagnosen, sondern die konkreten Auswirkungen auf Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Die Bewertung erfolgt in Zehnerschritten von 20 bis 100.

Bewertung mehrerer Beeinträchtigungen

Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen gilt ein besonderes Bewertungssystem:

  • Ausgangspunkt ist die schwerste Funktionsstörung mit dem höchsten Einzelwert
  • Die weiteren Beeinträchtigungen werden daraufhin geprüft, ob und wie stark sie das Gesamtbild verschlechtern
  • Keine Addition der Einzelwerte – stattdessen wird die Gesamtauswirkung unter Berücksichtigung der Wechselbeziehungen ermittelt

Änderungen des GdB

Eine Neufeststellung des GdB kommt in Betracht bei:

  • Wesentlicher Änderung des Gesundheitszustands (Verbesserung oder Verschlechterung)
  • Änderungen müssen mindestens 6 Monate anhalten
  • Die Änderung muss zu einer Differenz von mindestens 10 GdB-Punkten führen

Die Neubewertung erfolgt durch ärztliche Gutachter des Versorgungsamtes anhand der aktuellen medizinischen Befunde. Dabei werden auch neue medizinische Erkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten berücksichtigt.


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Wie kann ein Verschlimmerungsantrag den GdB beeinflussen?

Ein Verschlimmerungsantrag kann zu einer Erhöhung, aber auch zu einer Herabsetzung des GdB führen.

Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag

Der Antrag kommt in Betracht, wenn sich Ihr Gesundheitszustand deutlich verschlechtert hat oder neue Erkrankungen hinzugekommen sind. Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mindestens sechs Monate andauert und die Änderung des GdB wenigstens 10 Grad beträgt.

Erforderliche Nachweise

Sie müssen aktuelle und aussagekräftige ärztliche Befundberichte vorlegen. Die Berichte sollten konkret beschreiben, wie sich Ihre gesundheitlichen Einschränkungen im Alltag auswirken. Das Versorgungsamt prüft dann Ihren gesamten Gesundheitszustand neu – nicht nur die verschlimmerten Aspekte.

Risiken beachten

Bei einem Verschlimmerungsantrag kann das Versorgungsamt den GdB auch herabsetzen. Dies kann geschehen, wenn:

  • sich Ihr Gesundheitszustand in anderen Bereichen verbessert hat
  • die Versorgungsmedizin-Verordnung geändert wurde und Beeinträchtigungen heute anders bewertet werden
  • die vorherige Bewertung als unrichtig eingestuft wird

Die Beweislast für eine Herabsetzung liegt dabei beim Versorgungsamt. Wenn Sie einen unbefristeten GdB von mindestens 50 haben und kurz vor der Rente stehen, sollten Sie die möglichen Konsequenzen eines Verschlimmerungsantrags besonders sorgfältig abwägen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Grad der Behinderung (GdB)

Der Grad der Behinderung (GdB) gibt den Schweregrad einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Prozent an und ist maßgeblich für den Anspruch auf diverse staatliche Unterstützungsleistungen. Dieser Prozentsatz wird anhand von medizinischen Kriterien und Gutachten ermittelt, wobei unterschiedliche gesundheitliche Einschränkungen zu einem Gesamtwert zusammengezählt werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich unter anderem im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) und in weiteren Behindertenrechtsvorschriften. Beispiel: Ein GdB von 50 besagt, dass eine Person als schwerbehindert anerkannt wird und dadurch Anspruch auf spezielle Fördermaßnahmen sowie Nachteilsausgleiche erhält.


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SGB IX

Das SGB IX ist ein wichtiger Teil des deutschen Sozialrechts, der speziell die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen regelt. Es enthält Regelungen zu Leistungen wie beruflicher Wiedereingliederung, Integrationsmaßnahmen und Unterstützungsangeboten, um die Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Die Vorschriften des SGB IX schaffen einen Rechtsrahmen, der den Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen und sozialen Unterstützungen erleichtert. Beispiel: Wenn jemand nach einer schweren Erkrankung seine Leistungsfähigkeit wiederherstellen möchte, finden die entsprechenden Förderangebote und Rechte im SGB IX ihre gesetzliche Grundlage.


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Medizinische Gutachten

Medizinische Gutachten sind fachliche Bewertungen, die von Ärztinnen und Ärzten oder medizinischen Sachverständigen erstellt werden und den Gesundheitszustand sowie die funktionellen Einschränkungen einer Person detailliert dokumentieren. Sie bilden die Basis für behördliche Entscheidungen, beispielsweise bei der Feststellung des Grades der Behinderung. Die Gutachten stützen sich auf aktuelle medizinische Diagnosen und Untersuchungen und verweisen oft auf anerkannte medizinische Richtlinien und Standards. Beispiel: Vor der Zuerkennung eines GdB wird ein medizinisches Gutachten eingeholt, um objektiv nachzuvollziehen, wie stark eine Behinderung den Alltag beeinflusst.


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Herabsetzung des Grades der Behinderung

Die Herabsetzung des Grades der Behinderung bezeichnet eine behördliche Entscheidung, bei der der zuvor festgestellte Grad der Behinderung (GdB) reduziert wird. Dies geschieht häufig nach erneuter Überprüfung des Gesundheitszustandes, wenn sich die Beeinträchtigungen verbessert haben oder anders bewertet werden. Die Maßgabe für eine Herabsetzung stützt sich auf gesetzliche Vorgaben und die Feststellungen aus medizinischen Gutachten, die wiederum nach den Kriterien des SGB IX beurteilt werden. Beispiel: Wird bei einer Person, die ursprünglich einen GdB von 50 erhielt, nach weiteren Untersuchungen ein GdB von 40 festgestellt, spricht man von einer Herabsetzung des Grades der Behinderung.


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Widerspruch gegen die Behinderungseinstufung

Der Widerspruch gegen die Behinderungseinstufung ist ein rechtliches Mittel, mit dem Betroffene eine Prüfung einer behördlichen Entscheidung, etwa zur Festlegung des GdB, anfechten können. Mithilfe dieses Rechtsmittels kann die betroffene Person eine Überprüfung und Neubewertung der Feststellung veranlassen, wenn sie mit der ursprünglichen Einstufung nicht einverstanden ist. Die rechtliche Grundlage für einen Widerspruch ergibt sich in den entsprechenden Verwaltungsvorschriften sowie oft auch in Bezug auf das Sozialgesetzbuch. Beispiel: Reagiert eine Person auf eine Herabsetzung ihres GdB durch Einlegen eines Widerspruchs, fordert sie so eine erneute medizinische Prüfung oder Überprüfung der Entscheidung.


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Sozialrechtliche Klage

Die sozialrechtliche Klage ist der gerichtliche Weg, um Entscheidungen im Sozialrecht, wie etwa die Festlegung des GdB, anzufechten. Betroffene können damit ihre Rechte einfordern, wenn sie mit behördlichen Entscheidungen unzufrieden sind, nachdem der Widerspruch bereits erfolglos geblieben ist. Diese Klageform stützt sich auf rechtliche Vorschriften im Sozialgesetzbuch und den Verwaltungsverfahrensgesetzen und zielt auf eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung ab. Beispiel: Erhält eine Person trotz Widerspruchs eine für sie nachteilige GdB-Bewertung, kann sie diesen Rechtsweg nutzen, um eine gerichtliche Neubewertung zu erreichen.


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Heilungsbewährung

Die Heilungsbewährung bezeichnet einen festgelegten Zeitraum, in dem nach einer medizinischen Behandlung oder Rehabilitationsmaßnahme geprüft wird, ob sich der Gesundheitszustand einer Person nachhaltig stabilisiert oder verbessert hat. Dieser Zeitraum dient als Referenzpunkt für spätere behördliche Entscheidungen, wie die erneute Bewertung des GdB. Gesetzliche Vorgaben und ärztliche Gutachten bilden die Basis für die Festlegung der Heilungsbewährung, sodass sie objektiv beurteilt werden kann. Beispiel: Nach Abschluss einer intensiven Behandlung wird oft ein Zeitraum der Heilungsbewährung festgesetzt, der dann als Maßstab dient, ob und in welchem Umfang Leistungskürzungen oder -anpassungen erfolgen.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) § 3: Feststellung der Behinderung: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung einer Behinderung. Eine Behinderung wird festgestellt, wenn eine länger andauernde Beeinträchtigung vorliegt, die die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt. Im vorliegenden Fall wurde ursprünglich ein GdB von 50 festgestellt, was diese gesetzlichen Vorgaben erfüllt.
  • Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) § 48: Widerruf von Feststellungsbescheiden: Dieser Paragraph ermöglicht den Widerruf eines bereits ergangenen Feststellungsbescheids über eine Behinderung, sofern sich der Gesundheitszustand des Betroffenen verbessert hat. Die Beklagte hat den ursprünglichen GdB von 50 auf 20 herabgesetzt, basierend auf einer Neubewertung der gesundheitlichen Situation der Klägerin.
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) §§ 68 ff.: Widerspruchsverfahren: Diese Bestimmungen regeln das Verfahren, das Betroffene einlegen können, wenn sie mit einem Verwaltungsbescheid nicht einverstanden sind. Die Klägerin hat gemäß diesen Vorschriften Widerspruch gegen die Herabsetzung ihres GdB eingelegt, um eine Überprüfung der Entscheidung zu erreichen.
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 49: Klage gegen Verwaltungsakte: Dieser Paragraph bestimmt die rechtlichen Schritte, die nach einem abgelehnten Widerspruch möglich sind. Die Klägerin hat nach der Zurückweisung ihres Widerspruchs Klage beim Sozialgericht eingereicht, um die Gerichtsüberprüfung der Herabsetzung des GdB zu erwirken.
  • Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) § 35: Beteiligung der Betroffenen: Dieser Paragraph stellt sicher, dass Betroffene in allen Verfahrensschritten angemessen beteiligt werden und ihre Interessen vertreten können. Im Fall der Klägerin wurden verschiedene medizinische Gutachten eingeholt und bewertet, um den Einfluss ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den GdB festzustellen.

Das vorliegende Urteil


Landessozialgericht Rheinland-Pfalz – Az.: L 6 SB 90/23 – Urteil vom 28.02.2024


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