Kielbrust-OP: Schmerzen durch Nervenkompression
Das Bayerische Landessozialgericht hat entschieden, dass die Kosten für die chirurgische Korrektur einer Kielbrust und die damit verbundene weitere Operation (Entnahme eines Bügels) vom Kläger erstattet werden müssen. Das Gericht hebt damit das Urteil des Sozialgerichts Landshut auf und erkennt die medizinische Notwendigkeit der Operation an, trotz fehlender Beeinträchtigung der Herz- oder Lungenfunktion, basierend auf der Schmerzsymptomatik und der psychischen Belastung des Klägers.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut durch das Bayerische Landessozialgericht.
- Kostenerstattung für die durchgeführte Kielbrust-Operation in Höhe von 7.960,21 EUR.
- Übernahme der Kosten für eine zukünftige Operation zur Entfernung des Bügels.
- Medizinische Indikationder Operation aufgrund von Schmerzsymptomatik und psychischer Belastung, trotz fehlender kardiopulmonaler Funktionsstörungen.
- Abweisung der Argumente der Krankenkasse und des Medizinischen Dienstes bezüglich der konservativen Behandlungsmöglichkeiten.
- Feststellung einer ausgeprägten Kielbrust mit Krankheitswert beim Kläger.
- Rechtliche Einordnung der Kielbrust als regelwidriger Körperzustand, der ärztliche Heilbehandlung rechtfertigt.
- Verpflichtung der Krankenkasse, die Kosten für die medizinisch notwendige Operation zu übernehmen.
Übersicht
- Kielbrust-OP: Schmerzen durch Nervenkompression
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Rechtsstreitigkeiten im Gesundheitswesen: Kostenerstattung medizinischer Eingriffe
- Der Weg zur Anerkennung: Kielbrust-Operation und die gesetzliche Krankenversicherung
- Der Kampf um medizinische Notwendigkeit und Kostenerstattung
- Das Urteil des Sozialgerichts und die Berufung
- Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Rechtsstreitigkeiten im Gesundheitswesen: Kostenerstattung medizinischer Eingriffe
In der aktuellen Debatte um die Kostenerstattung medizinischer Eingriffe durch die gesetzliche Krankenversicherung steht ein besonders sensibles Thema im Fokus: die Übernahme der Kosten für spezifische chirurgische Eingriffe, die über das gewöhnliche Maß der medizinischen Versorgung hinausgehen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Kielbrust-Operation, ein Eingriff, der nicht nur wegen seiner medizinischen Komplexität, sondern auch aufgrund seiner psychosozialen Auswirkungen auf die Betroffenen von Bedeutung ist.
Die Entscheidungen der Sozialgerichte in solchen Fällen basieren auf einer sorgfältigen Abwägung zwischen medizinischer Notwendigkeit und den Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei wird insbesondere die Frage beleuchtet, inwiefern solche Eingriffe als unerlässlich für das Wohlbefinden des Patienten angesehen werden können. Der folgende Text beleuchtet einen spezifischen Fall, der vor dem Bayerischen Landessozialgericht verhandelt wurde. Es geht um mehr als nur die technischen Aspekte einer Operation; es geht um die Anerkennung des Leidensdrucks eines Patienten und die daraus resultierenden rechtlichen Verpflichtungen der Krankenversicherung. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie das Gericht in diesem komplexen und emotional geladenen Fall entschieden hat.
Der Weg zur Anerkennung: Kielbrust-Operation und die gesetzliche Krankenversicherung
Im Zentrum eines bemerkenswerten Rechtsstreits stand ein junger Mann, der aufgrund einer seltenen Brustdeformität, bekannt als Kielbrust, leidet. Diese körperliche Beeinträchtigung führte nicht nur zu physischen Schmerzen und Einschränkungen, sondern auch zu psychischen Belastungen. Der Kläger, bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, beantragte die Kostenübernahme für eine thoraxchirurgische Korrektur der Kielbrust, was von der Krankenkasse abgelehnt wurde. Die Ablehnung basierte auf dem Urteil des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), der keine kielbrustbedingten funktionellen Störungen des kardiopulmonalen Systems feststellen konnte und die Schmerzen des Klägers einer fachspezifischen Diagnostik und Therapie zuordnete.
Der Kampf um medizinische Notwendigkeit und Kostenerstattung
Nachdem der Kläger gegen die Ablehnung Widerspruch einlegte, argumentierte er, dass die Schmerzen durch die Kielbrust nicht effektiv und langfristig konservativ behandelbar seien. Dies wurde durch ein Attest seines behandelnden Orthopäden unterstützt, der eine konservative Therapie für nicht sinnvoll und nachhaltig hielt. Der MDK hingegen sah die Schmerzen im Kontext einer den Befund kaschierenden Schonhaltung und empfahl konservative Behandlungen wie Rückenschulung und Krankengymnastik. Die Beklagte folgte dieser Einschätzung und wies den Widerspruch zurück, woraufhin der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage erhob.
Das Urteil des Sozialgerichts und die Berufung
Das Sozialgericht Landshut wies die Klage des Klägers zunächst ab. Es bestand nach Ansicht des Gerichts weder ein Anspruch auf Erstattung der bereits angefallenen Kosten für die Kielbrust-Operation noch auf Übernahme der Kosten für künftige Operationen. Das Gericht sah keine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, da keine kielbrustbedingten funktionellen Beeinträchtigungen belegt waren und die Kielbrust keine Beeinträchtigung der Herz- oder Lungenfunktion zur Folge hatte. Der Kläger legte daraufhin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht ein, wobei insbesondere das Gutachten eines Facharztes für physikalische und rehabilitative Medizin hervorgehoben wurde, welches die medizinische Notwendigkeit der Operation betonte.
Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
Das Bayerische Landessozialgericht hob das Urteil des Sozialgerichts Landshut auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger die angefallenen Kosten für die Kielbrust-Operation zu erstatten sowie die Kosten für die anstehende Operation zur Entnahme des Bügels zu übernehmen. Das Gericht erkannte an, dass die Kielbrust des Klägers zu wiederkehrenden Schmerzen im Brustbereich führte und das Liegen in bestimmten Positionen unmöglich machte. Dies führte zur medizinischen Indikation der Operation, unabhängig von der fehlenden Beeinträchtigung der Herz- oder Lungenfunktion. Das Gericht stellte fest, dass nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen in diesem Fall nicht ausreichend waren und die Operation somit notwendig war, um die Beschwerden zu lindern.
Dieses Urteil zeigt die Komplexität der Entscheidungsfindung in medizinischen Rechtsfragen und die Notwendigkeit einer individuellen Betrachtung jedes Einzelfalls. Es hebt hervor, dass über die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung nicht allein auf Grundlage standardisierter Kriterien entschieden werden kann, sondern die individuelle Situation des Patienten berücksichtigt werden muss. Im vorliegenden Fall führte dies zu einer späten, aber bedeutenden Anerkennung der Schmerzen und Leiden des Klägers sowie zur Bestätigung seines Anspruchs auf Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Welche Rolle spielt die Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V bei selbstbeschafften medizinischen Leistungen?
Die Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V spielt eine wichtige Rolle bei selbstbeschafften medizinischen Leistungen in Deutschland. Sie tritt in Kraft, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten Kosten entstanden sind. In diesen Fällen erstattet die Krankenkasse die entstandenen Kosten, soweit die Leistung notwendig war.
Voraussetzungen für die Kostenerstattung sind unter anderem, dass die Leistung notwendig und unaufschiebbar ist und von einem zugelassenen Leistungserbringer durchgeführt wurde. Die Krankenkasse ist verpflichtet, über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Bei Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme verlängert sich die Frist auf 5 Wochen.
Ausnahmen von der Kostenerstattung können in der Satzung der Krankenkasse geregelt sein. Die Satzung kann Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorsehen. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte.
Die Rechte und Pflichten der Versicherten im Zusammenhang mit der Kostenerstattung umfassen unter anderem die Information über die möglichen Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, und die Bindung an die Wahl der Kostenerstattung für mindestens ein Kalendervierteljahr. Versicherte müssen ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung über die Wahl der Kostenerstattung informieren.
Das vorliegende Urteil
Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 4 KR 319/22 – Urteil vom 09.08.2023
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Juni 2022 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2021 verurteilt, dem Kläger die angefallenen Kosten für die Operation der Kielbrust in Höhe von 7.960,21 EUR zu erstatten und die Kosten für die anstehende Operation zur Entfernung des Bügels zu übernehmen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger und Berufungskläger begehrt die Erstattung der Kosten für die chirurgische Korrektur einer Kielbrust sowie die Übernahme der Kosten einer damit in Zusammenhang stehenden weiteren Operation (Entnahme eines Bügels).
Der 2001 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich versichert. Zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr bildete sich bei ihm eine Kielbrust aus, eine Deformierung der Brustwand, bei der sich der Brustkorb nach außen wölbt.
Am 24.01.2020 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für eine thoraxchirurgische Korrektur der Kielbrust unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung seines behandelnden Orthopäden M vom 24.01.2020.
Beigefügt waren Befundberichte der H Klinik B und der Universitätsklinik M. Die H Klinik B stellt in ihrem Befundbericht vom 03.12.2019 die Diagnose einer ausgeprägten sternoxiphoidalen Kielbrust mit progredienter Beschwerdesymptomatik und einer Kielhöhe von jetzt 7,5 cm. Es handele sich um einen hochgradigen Befund. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Kielbrust noch weiter zunehmen werde. Der Kläger habe die typische Symptomatik mit Belastungsdyspnoe, Belastungstachykardie, Schmerzen im Brustkorb unter Belastung und in Ruhe sowie Rückenschmerzen. Bei der erheblichen Deformität und der eindeutigen Symptomatik sei dies eine klare medizinische Indikation zur minimal-invasiven Kielbrustkorrektur nach der reversed-NUSS-Methode, die wegen des günstigen Alters und der noch guten Brustkorbelastizität sehr gut möglich sei und relativ zeitnah durchgeführt werden sollte.
Die Universitätsklinik M empfiehlt in ihrem Befundbericht vom 02.12.2019 ebenfalls die thoraxchirurgische Korrektur der Kielbrust mit Hinweis auf eine chronische Schmerzsymptomatik.
Die Beklagte setzte den Kläger mit Schreiben vom 28.01.2020 darüber in Kenntnis, dass die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK, jetzt Medizinischer Dienst – MD) weitergeleitet worden seien, und bat um Übermittlung weiterer ärztlicher Unterlagen an den MDK. Nachdem der Kläger erklärt hatte, die erbetenen Unterlagen nicht bis zum 06.03.2020 übersenden zu können, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25.02.2020 mit, dass sie in Anbetracht dieser Verzögerung nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen über den Antrag entscheiden könne. Der Kläger erhalte eine Fristverlängerung bis 31.03.2020 und die Beklagte werde ihn dann spätestens bis 30.04.2020 über ihre Entscheidung informieren.
Der MDK kam im sozialmedizinischen Kurzgutachten vom 21.04.2020 zu dem Ergebnis, dass keine kielbrustbedingten funktionellen Störungen des kardiopulmonalen Systems vorlägen. Die geltend gemachten Schmerzen im Bereich des Brustkorbs und Rückens sollten einer fachspezifischen Diagnostik und Therapie zugeführt werden. Eine Entstellung liege nicht vor. Eine Erkrankung im Sinne des SGB V könne daher nicht bestätigt werden.
Mit Bescheid vom 27.04.2020 lehnte die Beklagte den Antrag auf Krankenhausbehandlung ab. Es lägen weder eine Krankheit im Sinne der Sozialversicherung noch eine Entstellung vor.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, dass die aufgrund der Kielbrust auftretenden Schmerzen im Bereich des Brustkorbs und Rückens nicht effektiv und langfristig konservativ behandelbar seien. Physiotherapie sei bereits zu Beginn der Erkrankung ohne Erfolg angewendet worden. Beigefügt war ein Attest des behandelnden Orthopäden M, in dem dieser ausführt, dass eine vom MDK für möglich gehaltene konservative Therapie durch Physiotherapie oder ähnliches auf Dauer nicht sinnvoll und nachhaltig sei, da die Beschwerden hierdurch dauerhaft nicht in ausreichendem Maß zu verbessern seien.
Der MDK führte in weiteren Stellungnahmen vom 29.05.2020 und 22.06.2020 hierzu aus, dass die angegebenen Schmerzen vor dem Hintergrund einer den Befund kaschierenden Schonhaltung mit entsprechendem Rundrücken zu sehen und im entsprechenden Fachgebiet konservativ zu behandeln seien. Zum Vortrag des Klägers, dass ihm eine dauerhaft belastungsfreie Schlafhaltung wegen der gestörten Stabilität des Brustkorbs nicht möglich sei, wurde ausgeführt, dass eine gestörte Stabilität des Brustkorbes durch eine Kielbrust nicht vorliege.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2021 zurück. Es liege kein regelwidriger Körperzustand vor. Weder bestehe eine funktionelle Störung des kardiopulmonalen Systems noch liege eine äußerliche Entstellung im Sinne der BSG-Rechtsprechung vor. Die angegebenen Schmerzen seien auf eine Schonhaltung mit Rundrücken und Haltungsschwäche zurückzuführen und z.B. mit Rückenschulung und Krankengymnastik konservativ zu behandeln.
Hiergegen hat der Kläger am 17.03.2021 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) erhoben. Sein Bevollmächtigter hat u.a. darauf hingewiesen, dass im Befundbericht der Universitätsklinik M vom 02.12.2019 als Hauptgrund für die von ihr empfohlene thorax-chirurgische Korrektur der Kielbrust die chronische Schmerzsymptomatik angeführt wird.
Nach Einholung von Befundberichten hat das SG den Facharzt für Chirurgie und Orthopädie M1 zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Dieser hat im Gutachten vom 19.07.2021, das nach ambulanter Untersuchung des Klägers am selben Tag erstellt wurde, das Vorliegen einer relativ ausgeprägten Kielbrust mit einer Kielhöhe von 7,5 cm bestätigt. Die durchgeführten kardiologischen und pulmonologischen Untersuchungen hätten durchwegs unauffällige Ergebnisse erbracht. Aus kardialer und pulmonologischer Sicht bestehe daher keine zwingende Operationsindikation.
Der Kläger gebe an, Schmerzen beim Schlafen zu haben, insbesondere in der Bauch- und Seitenlage, sowie plötzlich einschießende Schmerzen bei ruckartigen Bewegungen. Schmerzen am unteren Rippenbogen würden auch ohne erkennbaren Anlass auftreten. Diese Schmerzen seien aber weder mess- noch objektivierbar. Bezüglich der Durchschlafstörung sei eine Untersuchung in einem Schlaflabor in Erwägung zu ziehen. Eine andere Möglichkeit, die vorgetragene Beschwerdesymptomatik zu objektivieren, bestehe nicht.
Hinsichtlich der psychologischen Komponente – der Kläger gebe an, sich aufgrund der Anatomie seines Brustkorbes ausgegrenzt zu fühlen und sich z.B. im Schwimmbad nicht unter eine größere Menschenmenge zu trauen – sei festzustellen, dass der Kläger bislang nicht in psychologischer Behandlung gewesen sei.
Aus medizinisch-naturwissenschaftlicher Sicht liege beim Kläger keine Krankheit im eigentlichen Sinne vor, sondern eine anatomische Variante des Brustkorbes. In Frage komme lediglich eine gravierende psychische Komponente durch die entstellende Wirkung der Brustdeformität. Werde die Frage der Entstellung negativ beantwortet, sei die Korrektur medizinisch nicht notwendig. Nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen seien nachrangig, da der Brustkorb des Klägers nicht mehr elastisch genug sei, um eine Korrektur durch äußere Druckeinwirkung mit genügender Aussicht auf Erfolg durchführen zu können.
Der Kläger hat am 04.08.2021 die operative Korrektur der Kielbrust im H Klinikum B durchführen lassen. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 7.960,21 EUR an (Rechnung vom 20.09.2021).
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin U am 30.11.2021 ein Gutachten erstellt nach persönlicher Untersuchung des Klägers. Der Sachverständige bestätigt, dass aus kardialer und pulmonologischer Sicht keine zwingende Operationsindikation zur Korrektur der Kielbrust bestanden habe. Aus orthopädischer Sicht und auch aus psychiatrischer Sicht habe es jedoch sehr wohl Indikationen für eine operative Revision der Kielbrust gegeben. Hinsichtlich der orthopädischen Einschränkungen im Sinne einer Schmerzerkrankung seien eine Diagnostik erfolgt und eine spezielle fachspezifische Therapie vorgeschlagen worden, welche in der Operation und in der Folge in einem Aufbau der Rückenmuskulatur und einer krankengymnastischen Beübung bis zur Schmerzfreiheit des Patienten bestehe. Die fachspezifische Therapie bestehe ausdrücklich nicht darin, den Patienten unter Vorenthaltung der Operation lebenslang physiotherapeutischen und ergotherapeutischen Maßnahmen sowie einer lebenslangen Schmerzmedikation zuzuführen. Zwischenzeitlich müsse beim Kläger auch eine durch diese Schmerzen verursachte chronische Schmerzkrankheit nach Gerbershagen diskutiert werden. Da die zur Therapie infrage stehende Diagnose Kielbrust ursächlich für Mobbing und psychische Leiden des Klägers sei, sollte auch hier eher ursächlich denn symptomatisch behandelt werden. Die vom Kläger beantragte operative Korrektur sei medizinisch notwendig. Nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen seien nachrangig, da sie lediglich Symptome lindern würden, nicht jedoch die Krankheitsursache.
Auf Nachfrage des SG hat die Beklagte mitgeteilt, dass im Februar 2017 fünf Einheiten Krankengymnastik verordnet worden seien, welche im Zeitraum vom 14.02.2017 bis 28.02.2017 durchgeführt wurden. Erst im September 2021 sei dann erneut Krankengymnastik verordnet worden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass noch eine zweite Operation durchgeführt werden müsse, bei welcher der eingesetzte Bügel wieder entfernt werde.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.06.2022 abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten für die erfolgte Kielbrust-Operation noch auf Übernahme der Kosten künftiger Operationen.
Ein Anspruch auf Erstattung der bereits angefallenen Kosten aufgrund Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a SGB V bestehe nicht, da ein hinreichender Grund für die Nichteinhaltung der Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V rechtzeitig mitgeteilt worden sei.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, da ein Naturalleistungsanspruch auf Durchführung der Kielbrustoperation nicht bestanden habe. Vorliegend habe zur Überzeugung der Kammer bereits keine Krankheit i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorgelegen. Kielbrustbedingte funktionelle Beeinträchtigungen seien beim Kläger nicht belegt, insbesondere habe die Kielbrust nicht zu einer Beeinträchtigung der Herz- oder Lungenfunktion des Klägers geführt.
Dass die vom Kläger vorgetragenen Schmerzen kausal durch die Trichterbrust (gemeint: Kielbrust) verursacht wurden, sei ebenfalls nicht belegt. In den medizinischen Unterlagen sei eine Schonhaltung des Klägers mit entsprechendem Rundrücken dokumentiert. Die Schmerzen könnten daher auch durch die Haltungsschwäche verursacht worden sein. Selbst wenn aber die Schmerzen kausal durch die Kielbrust verursacht worden seien und man daher aus diesem Grund eine funktionelle Beeinträchtigung des Körpers bejahen wollte, so wäre jedenfalls nicht nachgewiesen, dass zur Besserung dieser Symptomatik gerade die Operation der Kielbrust notwendig gewesen sei. Für die Kammer sei nicht erkennbar, dass nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen (z.B. Physiotherapie, Fitness- bzw. Muskeltraining, Schlaflabor) bereits ausgeschöpft und ohne Erfolg angewandt worden bzw. von vornherein nicht erfolgversprechend gewesen wären. Eine Operation sei gegenüber ambulanten Behandlungsmaßnahmen aber als nachrangig anzusehen.
Eine entstellende Wirkung der Kielbrust habe nach Überzeugung der Kammer nicht vorgelegen. Auch die vom Kläger vorgetragene psychische Belastung rechtfertige keinen Eingriff am krankenversicherungsrechtlich gesunden Körper.
Soweit die Klage auf die Kostenübernahme künftiger Kielbrustoperationen, z.B. zur Entfernung des eingesetzten Bügels, gerichtet sei, sei die Klage bereits nicht zulässig, da die Beklagte hierzu noch keine Entscheidung getroffen habe. Selbst wenn man die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten dahingehend auslegen wollte, dass damit eine Entscheidung über die gesamten Operationen und Eingriffe im Zusammenhang mit der Beseitigung der Kielbrust getroffen worden sei, sei die Klage insoweit unbegründet, da der Kläger aus den oben ausgeführten Gründen keinen Anspruch gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 SGB V auf Übernahme der Kosten für die (künftigen) Kielbrust-operationen habe.
Dagegen hat der Kläger am 28.07.2022 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben. Sein Bevollmächtigter hat zur Begründung insbesondere auf das Gutachten des U verwiesen. Die durchgeführte Operation sei medizinisch notwendig und nicht nachrangig gewesen. Soweit es um weitere Operationen gehe, wie diejenige zur Entnahme des Bügels, seien diese zusammen mit der bereits erfolgten Operation als einheitlicher Eingriff anzusehen.
Der Kläger hat vorgetragen, dass die von ihm aufgesuchten Ärzte keinen konservativen Behandlungsplan für eine Kielbrust gesehen und eine Operation als einzige Behandlungsoption für seine Beschwerden betrachtet hätten. Fast unmittelbar nach der Operation hätten sich seine Beschwerden verbessert. Er habe keine Schmerzen mehr beim Liegen, die durch den verformten Brustkorb verursacht worden seien. Auch andauernde Schmerzen in der Brust seien nicht mehr aufgetreten.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Auf die Niederschrift der Sitzung vom 09.08.2023 wird verwiesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.06.2022 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2021 zu verurteilen, dem Kläger die angefallenen Kosten für die Kielbrust-Operation in Höhe von Euro 7.960,21 (Rechnung der H Klinik B vom 20.09.2021) zu erstatten und die Kosten der anstehenden zweiten Operation (Entnahme des Bügels) zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Kosten für den bereits erfolgten chirurgischen Eingriff zur Korrektur der Kielbrust sowie auf Übernahme der Kosten für den noch vorgesehenen Eingriff zur Entnahme des Bügels.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht mit Erfolg auf § 13 Abs. 3a SGB V gestützt werden kann. Eine Genehmigungsfiktion ist nicht eingetreten, da die Beklagte einen hinreichenden Grund für die nicht fristgerechte Bescheidung des Antrags rechtzeitig mitgeteilt hat (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V).
Der Kostenerstattungsanspruch folgt aus § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, dem Versicherten die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch auf Kostenerstattung reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R).
Beim Kläger bestand eine ausgeprägte Kielbrust – eine kielförmige Vorwölbung des Brustbeins – mit einer Kielhöhe von 7,5 cm. Diesem nach den Angaben des H Klinikums B hochgradigen Befund kam nach Überzeugung des Senats durchaus Krankheitswert zu.
Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder − zugleich oder allein − Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Dabei kommt Krankheitswert im Rechtssinne nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt. (std. Rspr.; siehe etwa BSG, Urteil vom 27.08.2019 – B 1 KR 37/18 R, juris-Rn. 8 m.w.N.; BSG, Urteil vom 15.03.2018 – B 3 KR 18/17 R, juris-Rn. 27 f.; Fahlbusch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 27 SGB V (Stand: 15.06.2020, Rn. 23).
Im vorliegenden Fall führte die Deformität des Brustkorbs zwar nicht zu nachweisbaren Beeinträchtigungen der Herz- oder Lungenfunktion, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Nach Würdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen und der glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung steht für den Senat aber fest, dass die Kielbrust beim Kläger immer wieder – teils bei bestimmten Bewegungen, teils nicht vorhersehbar – Schmerzen im Bereich des Brustkorbs verursachte. Auch war das Liegen in der Seiten- und Bauchlage schmerzbedingt nicht möglich. Durch diese Schmerzsymptomatik im Thoraxbereich war der Kläger nach Überzeugung des Senats spürbar und in relevantem Ausmaß in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt.
Im Befundbericht des Universitätsklinikums M vom 02.12.2019 wird die chronische Schmerzsymptomatik des Klägers im Bereich des Brustkorbs als Hauptgrund für den auch von dieser Klinik empfohlenen operativen Eingriff genannt. Dort heißt es: „Der Schmerzpunkt lässt sich wie in der Anamnese angegeben genau reproduzieren. Auf äußeren Druck, rechts noch stärker als links, in den parasternalen 6 ICR aber auch zwischen Xyphoid und 7. Rippe kann dieser adäquat ausgelöst werden. Offensichtlich kommt es hier zu einer Nervenkompression. Ohne Normalisierung der Deformität und Aufhebung des Drucks auf die Intercostalnervenstrukturen ist die Schmerzsymptomatik nicht aufzuheben. Der Patient wird immer wieder in eine Schonhaltung verfallen, um die Schmerzen zu verhindern, zum anderen ist seine sportliche Aktivität, die unbedingt erforderlich, aber auch die Alltagsbefindlichkeit eingeschränkt.“
Das H-Klinikum B berichtet im Befundbericht vom 03.12.2019 ebenfalls über auftretende Schmerzen im Brustkorb unter Belastung und in Ruhe. Schmerzen im Thoraxbereich sind ferner im Rahmen der orthopädischen Betreuung durch M dokumentiert. Gegenüber den gerichtlichen Sachverständigen M1 und U hat der Kläger über im Brustkorb einschießende Schmerzen geklagt, die beim Liegen auf dem Bauch oder auf der Seite, bei ruckartigen Bewegungen oder auch ohne erkennbaren Anlass am unteren Rippenbogen auftreten. Insbesondere im Hinblick auf die vom Universitätsklinikum M festgestellte offensichtliche Nervenkompression im Bereich der Intercostalnervenstrukturen bestehen für den Senat keine Zweifel, dass die vom Kläger angegebenen Schmerzen im Bereich des Brustkorbs kausal durch die ausgeprägte Deformität des Brustkorbs verursacht wurden.
Soweit das SG eben dies angezweifelt hat, da die Schmerzen bei dokumentiertem Rundrücken – bedingt durch eine Schonhaltung – auch durch die Haltungsschwäche verursacht worden sein könnten, kann dieser Einwand aus Sicht des Senats lediglich in Bezug auf die vom Kläger gleichfalls beklagten Rückenschmerzen gelten. Was jedoch die Schmerzen im Bereich des Brustkorbs anbelangt, waren diese nicht die Folge einer Haltungsschwäche, sondern – wie das Universitätsklinikums M dargelegt hat – offensichtlich verursacht durch eine Nervenkompression.
Hiervon ausgehend ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen wie beispielsweise Rückenschulung und Krankengymnastik, Fitness- und Muskeltraining oder das Aufsuchen eines Schlaflabors den kielbrustbedingten Schmerzen im Thoraxbereich hätten Abhilfe verschaffen können. Der Senat will nicht in Abrede stellen, dass der Haltungsschaden des Klägers und die beklagten Rückenschmerzen möglicherweise mit den Mitteln der Physiotherapie oder auch durch Fitness- und Muskeltraining mit Erfolg hätten behandelt werden können. Dies gilt jedoch nicht für die Schmerzen im Brustbereich, da diese nicht durch eine Haltungsschwäche hervorgerufen wurden. Ebenso wenig erschließt sich für den Senat, wie die Beschwerden des Klägers beim Liegen auf der Seite oder auf dem Bauch mit den Mitteln eines Schlaflabors hätten spürbar gelindert oder gar beseitigt werden können. Im Übrigen haben sich auch die erstinstanzlich gehörten Sachverständigen M1 und U übereinstimmend dahingehend geäußert, dass nichtinvasive Behandlungsmaßnahmen nachrangig seien, da der Brustkorb des Klägers nicht mehr elastisch genug sei, um eine Korrektur durch äußere Druckeinwirkung mit Aussicht auf Erfolg durchführen zu können.
Vor diesem Hintergrund war der erfolgte chirurgische Eingriff zur Korrektur der Kielbrust nach Überzeugung des Senats medizinisch indiziert und erforderlich, um die Schmerzen im Bereich des Brustkorbs zu beseitigen. Dass die Operation nur im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) erfolgen konnte, steht vorliegend außer Frage.
Ob eine Entstellung vorlag, kann der Senat daher offenlassen.
Die Beklagte hat die beantragte Operation der Kielbrust mit den streitgegenständlichen Bescheiden demnach zu Unrecht abgelehnt und dem Kläger daher die Kosten für den selbst beschafften chirurgischen Eingriff entsprechend der vorgelegten Rechnung des Klinikums B vom 20.09.2021 gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V zu erstatten.
Darüber hinaus hat die Beklagte auch die Kosten für die noch ausstehende Operation zur Entnahme des Bügels gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 SGB V zu übernehmen. Diese Operation, die in engem Zusammenhang mit dem bereits erfolgten operativen Eingriff steht, war nach Auffassung des Senats ebenfalls vom Kläger beantragt und von der Beklagten mit den angegriffenen Bescheiden abgelehnt worden.
Der streitgegenständliche Antrag des Klägers war gerichtet auf die Übernahme der Kosten einer Kielbrust-Korrektur nach der reversed-NUSS-Methode, wie sie vom Klinikum B im Befundbericht vom 03.12.2019 empfohlen worden war. Bei dieser Operation wird ein Metallbügel per minimalinvasiver Thoraxchirurgie eingesetzt, welcher die Brustwand von innen aufwölbt und nach einer Zeit von ungefähr drei Jahren operativ wieder entfernt werden kann. Der chirurgische Eingriff, bei dem der Metallbügel eingesetzt wird, macht also seinerseits einen weiteren chirurgischen Eingriff zur Entfernung des Bügels notwendig. Da die Kielbrust-Korrektur nach der reversed-NUSS-Methode somit im Ergebnis zwei chirurgische Eingriffe erfordert, handelt es sich nach Auffassung des Senats letztlich um eine einheitliche Maßnahme.
Diese Maßnahme hat die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden – wie dargelegt – zu Unrecht abgelehnt und daher dem Kläger nicht nur die Kosten für die bereits erfolgte Operation zu erstatten, sondern auch die Kosten für den vorgesehenen weiteren chirurgischen Eingriff zur Entnahme des Bügels zu übernehmen.
Der Berufung war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.