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Krankengeld als Versicherungszeit für Arbeitslosengeld: Zählt es trotz Lücke?

Ein Arbeitsloser wollte Zeiten des Krankengeldbezugs als Versicherungszeit für Arbeitslosengeld anrechnen lassen, doch eine selbst verschuldete Lücke von 46 Tagen stand dem entgegen. Das Gericht musste klären, ob diese kurze Unterbrechung die geforderte Unmittelbarkeit für den gesamten späteren Anspruch unwiderruflich zerstörte.

Zum vorliegenden Urteil Az.: L 7 AL 96/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Datum: 13.06.2025
  • Aktenzeichen: L 7 AL 96/23
  • Verfahren: Berufungsverfahren zur Arbeitslosenversicherung
  • Rechtsbereiche: Arbeitslosenversicherung, Sozialversicherung

  • Das Problem: Eine Klägerin wollte Arbeitslosengeld erhalten. Die Arbeitsagentur lehnte den Antrag ab. Sie begründete dies mit einer zu kurzen Mindestversicherungszeit.
  • Die Rechtsfrage: Zählen Zeiten des Krankengeldbezugs als Versicherungszeit, wenn der Anspruch wegen verspäteter Einreichung von Unterlagen kurz ruhte?
  • Die Antwort: Nein. Die notwendige Mindestversicherungszeit von zwölf Monaten war nicht erfüllt. Die 46-tägige Unterbrechung der Krankengeldzahlung war selbst verschuldet. Daher lag kein unmittelbarer Anschluss an die vorherige Versicherung vor.
  • Die Bedeutung: Versicherte müssen Folgebescheinigungen für Krankengeld fristgerecht einreichen. Ein durch eigenes Verschulden verursachtes Ruhen des Krankengeldes kann die spätere Mindestversicherungszeit für Arbeitslosengeld verkürzen.

Krankengeld als Versicherungszeit für Arbeitslosengeld: Warum eine Lücke von 46 Tagen den Anspruch zunichtemachen kann

Ein kleiner Fehler bei der Abgabe einer Krankmeldung kann gravierende Folgen haben. Das musste eine junge Frau erfahren, deren Antrag auf Arbeitslosengeld an einer 46-tägigen Lücke in ihrem Krankengeldbezug scheiterte.

Die Hand einer jungen Frau legt hastig ein sichtlich verspätetes ärztliches Formular auf den Schalter.
46 Tage Lücke beim Krankengeld verhinderte den Anspruch auf Arbeitslosengeld. | Symbolbild: KI

Sie hatte zwar die meiste Zeit die nötigen Versicherungszeiten gesammelt, doch eine verspätet eingereichte Folgebescheinigung riss ein Loch in ihre Erwerbsbiografie – ein Loch, das nach Auffassung der Gerichte nicht mehr zu heilen war. In einem Urteil vom 13. Juni 2025 hat das Hessische Landessozialgericht (Az. L 7 AL 96/23) entschieden, dass selbst eine durchgehend bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht ausreicht, um einen selbstverschuldeten Unterbruch beim Krankengeld zu überbrücken und so den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu retten.

Was war genau passiert?

Eine junge Frau, Jahrgang 1995, meldete sich am 19. Juni 2021 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Um den Anspruch zu erhalten, musste sie innerhalb der letzten 30 Monate (der sogenannten Rahmenfrist) mindestens zwölf Monate an Versicherungszeiten nachweisen. Ihre berufliche Laufbahn war in diesem Zeitraum von mehreren Etappen geprägt: Sie hatte versicherungspflichtig gearbeitet, Krankengeld bezogen und war kurzzeitig erneut beschäftigt.

Als sie ihre Zeiten zusammenrechnete, kam sie auf 368 Tage – genug, um die Hürde von 360 Tagen zu nehmen. Die Agentur für Arbeit kam jedoch zu einem anderen Ergebnis. Sie erkannte nur 271 Tage an und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Juli 2021 ab.

Der Grund für die Diskrepanz lag in einer Lücke von 46 Kalendertagen zwischen dem 1. Januar und dem 15. Februar 2021. In dieser Zeit hatte die Frau zwar eine Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, diese aber zu spät bei ihrer Krankenkasse eingereicht. Daraufhin stellte die Kasse die Zahlung des Krankengeldes für diesen Zeitraum ein; der Anspruch „ruhte“, wie es im Sozialrecht heißt.

Die Frau wehrte sich. Sie argumentierte, dass sie durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei und die Lücke den grundsätzlichen Zusammenhang nicht zerstöre. Das Sozialgericht Kassel gab ihr in erster Instanz recht. Doch die Agentur für Arbeit legte Berufung ein, sodass der Fall vor dem Hessischen Landessozialgericht landete.

Welche Regeln entscheiden über den Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man das Zusammenspiel mehrerer Vorschriften im Sozialgesetzbuch (SGB) verstehen.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt laut § 137 Abs. 1 SGB III voraus, dass die sogenannte Anwartschaftszeit erfüllt ist. Das bedeutet nach § 142 Abs. 1 SGB III, dass Sie innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosmeldung (der Rahmenfrist nach § 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben müssen. Ein Monat wird dabei mit 30 Kalendertagen berechnet, sodass insgesamt 360 Kalendertage erforderlich sind (§ 339 Satz 2 SGB III).

Normalerweise sammelt man diese Tage durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Das Gesetz erkennt aber auch andere Phasen als Versicherungszeiten an, um soziale Härten abzufedern. Dazu gehört nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III auch der Bezug von Krankengeld. Hier kommt jedoch eine entscheidende Bedingung ins Spiel: Das Krankengeld zählt nur dann als Versicherungszeit, wenn die Person unmittelbar vor Beginn dieser Leistung bereits versicherungspflichtig war. Genau an diesem kleinen Wort „unmittelbar“ entzündete sich der gesamte Rechtsstreit.

Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?

Das Landessozialgericht hob das für die Frau positive Urteil der Vorinstanz auf und wies ihre Klage endgültig ab. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Anwartschaftszeit von 360 Tagen nicht erfüllt war, weil die Krankengeldzahlungen nach der 46-tägigen Lücke nicht mehr angerechnet werden durften. Ihre Argumentation folgte einer klaren Logik, die sich tief mit den Argumenten beider Seiten auseinandersetzte.

Das Kernproblem: Wann ist eine Lücke „unmittelbar“?

Das Gericht stellte klar, dass der Begriff „unmittelbar“ nicht auf eine starre Frist wie etwa 24 Stunden festgelegt ist. Die Rechtsprechung, insbesondere die des Bundessozialgerichts (BSG), erlaubt eine flexible Auslegung. Eine Unterbrechung von bis zu einem Monat wird in der Praxis meist als unschädlich angesehen.

Für längere Lücken hat das BSG jedoch enge Grenzen gesetzt (vgl. BSG, Az. B 11 AL 3/16 R). Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn die Unterbrechung systembedingt und für die versicherte Person nicht beeinflussbar war. Beispiele hierfür sind lange Bearbeitungszeiten bei Rentenanträgen oder Verzögerungen, die aus den Eigenheiten der privaten Krankenversicherung resultieren. Der Schutzgedanke des Gesetzes zielt darauf ab, Personen aufzufangen, die unverschuldet aus dem Raster fallen, obwohl sie der Solidargemeinschaft weiterhin angehören.

Die Argumente der Frau: Schutzgedanke und durchgehende Krankheit

Die arbeitslose Frau und das erstinstanzliche Sozialgericht hatten argumentiert, dass der Schutzzweck des Gesetzes eine großzügigere Auslegung erfordere. Ihrer Ansicht nach sollte die 46-tägige Lücke nicht schaden, da die Frau durchgehend ärztlich attestiert arbeitsunfähig war. Der sachliche Zusammenhang zwischen den Krankheitsphasen sei also nie unterbrochen worden. Dass der Anspruch auf Krankengeld in dieser Zeit ruhte, sei nur eine formale Konsequenz der verspäteten Meldung, die nichts an der gesundheitlichen Gesamtsituation ändere. Im Kern ging es ihr darum, dass sie sich nicht von der Versichertengemeinschaft „abgekehrt“ habe und die Lücke daher als unschädlich zu werten sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Wer die Lücke verursacht, trägt das Risiko

Diesen Argumenten folgte das Landessozialgericht nicht. Es stellte fest, dass die 46-tägige Lücke eben nicht systembedingt oder unverschuldet war. Die Ursache lag allein im Handeln der Frau – der verspäteten Einreichung der Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung. Das Ruhen des Krankengeldanspruchs war die direkte gesetzliche Folge dieses Versäumnisses (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

Die Richter betonten: Anders als bei unbeeinflussbaren Verzögerungen durch Behörden lag es hier in der Hand der Frau, die Unterbrechung zu vermeiden. Sie hätte die Bescheinigung rechtzeitig einreichen müssen. Die vom BSG geschaffenen Ausnahmen für längere Lücken seien restriktiv und nicht auf Fälle übertragbar, in denen der Versicherte die Ursache für die Lücke selbst gesetzt hat.

Das Gericht prüfte auch, ob die Frau möglicherweise aus gesundheitlichen Gründen an der rechtzeitigen Einreichung gehindert war. Ein solcher Umstand hätte den Fall anders aussehen lassen können. Allerdings hatte die Frau hierzu nichts vorgetragen, und es gab keine Anhaltspunkte in den Akten. Ohne konkrete Beweise für eine unverschuldete Hinderung konnte das Gericht diesen Aspekt nicht zu ihren Gunsten berücksichtigen.

Im Ergebnis führte dies zu einer nüchternen Rechnung: Die Krankengeldzeiten ab dem 16. Februar 2021 konnten nicht als Versicherungszeiten gewertet werden, da sie nicht „unmittelbar“ an eine vorherige Versicherungszeit anschlossen. Übrig blieben nur die 271 Tage aus den vorherigen Beschäftigungen und dem ersten Krankengeldbezug – zu wenig für die erforderlichen 360 Tage. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld bestand somit nicht.

Was bedeutet das Urteil jetzt für Sie? Eine Checkliste, um Lücken zu vermeiden

Dieses Urteil unterstreicht eindringlich, wie wichtig Sorgfalt und lückenlose Nachweise im Sozialrecht sind. Ein vermeintlich kleiner Fehler kann weitreichende finanzielle Konsequenzen haben. Wenn Sie Krankengeld beziehen und sicherstellen wollen, dass diese Zeit später für einen möglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld zählt, sollten Sie die folgenden Punkte beachten:

  • 1. Lückenlose Nachweise sind entscheidend: Die wichtigste Lehre aus dem Fall ist die Bedeutung von Fristen. Reichen Sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und insbesondere Folgebescheinigungen immer unverzüglich und nachweisbar bei Ihrer Krankenkasse ein. Ein Einschreiben mit Rückschein oder eine digitale Übermittlung mit Sendebericht sind hierfür gute Wege.
  • 2. Kommunizieren Sie proaktiv: Sollten Sie absehen, dass Sie eine Frist nicht einhalten können – etwa weil ein Arzttermin erst später stattfindet oder Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht handlungsfähig sind –, informieren Sie Ihre Krankenkasse sofort und schriftlich. Bitten Sie um eine Bestätigung und dokumentieren Sie den Grund für die Verzögerung.
  • 3. Verstehen Sie das „Ruhen“ des Anspruchs: Das Urteil zeigt, dass das „Ruhen“ des Krankengeldes nicht nur eine vorübergehende Zahlungspause ist. Es ist eine rechtliche Unterbrechung, die eine Lücke in Ihrer Versicherungshistorie schafft. Diese Lücke kann, wie im vorliegenden Fall, den entscheidenden Unterschied zwischen Anspruch und Ablehnung beim Arbeitslosengeld ausmachen.
  • 4. Führen Sie ein eigenes „Versicherungstagebuch“: Behalten Sie den Überblick über Ihre Versicherungszeiten. Notieren Sie genau, von wann bis wann Sie gearbeitet, Krankengeld oder andere Entgeltersatzleistungen bezogen haben. So können Sie bei einem Antrag auf Arbeitslosengeld die Berechnungen der Agentur für Arbeit besser nachvollziehen und mögliche Fehler schneller erkennen.

Die Urteilslogik

Formale Sorgfalt im Sozialrecht entscheidet fundamental über den Erhalt wichtiger Entgeltersatzleistungen.

  • [Unmittelbarkeit als zwingende Voraussetzung]: Der Bezug von Krankengeld zählt nur dann als Versicherungszeit für die Anwartschaft des Arbeitslosengeldes, wenn er lückenlos und unmittelbar an eine vorherige Versicherungspflicht anschließt.
  • [Eigenverschulden zerstört den Anspruch]: Eine Lücke in der Versicherungsbiografie, die durch die verspätete Einreichung notwendiger Folgebescheinigungen verursacht wird, gilt als selbstverschuldet und bricht die für die Anrechnung notwendige Unmittelbarkeit unwiederbringlich ab.
  • [Formale Folgen sind entscheidend]: Obwohl eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit besteht, führt das rechtliche Ruhen des Krankengeldanspruchs aufgrund formaler Mängel zu einer Unterbrechung der Versicherungszeit, welche der Schutzgedanke des Gesetzes nicht heilen kann.

Versicherte müssen administrative Fristen strikt einhalten, da selbst kurze, selbstverschuldete Unterbrechungen weitreichende Konsequenzen für den zukünftigen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach sich ziehen.


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Experten Kommentar

Im Sozialrecht halten sich viele an den Gedanken: Wer krank ist, ist versichert. Dieses Urteil zeigt konsequent, dass die Kette der Versicherungszeiten sofort reißt, wenn die Krankenkasse das Krankengeld wegen einer Fristversäumnis einstellt. Die Richter ziehen hier eine klare rote Linie: Selbst wenn man durchgehend krank war, zählt nur die formell lückenlose Zahlung als „unmittelbare“ Vorleistung für die Anwartschaftszeit beim Arbeitslosengeld. Wer seine Folgebescheinigung selbst verschusselt, verliert damit nicht nur das Krankengeld für die Lücke, sondern riskiert, dass ihm die gesamte nachfolgende Zeit für den späteren Anspruch auf ALG I wegbricht.


Ein Holzfragezeichen steht neben einem Buch mit der Aufschrift "SGB Sozialrecht" auf einem Holzuntergrund. Daneben befinden sich ein Paar Schuhe, ein Stift und eine Registerkarte in einem warmen, orangefarbenen Licht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Zählt mein Krankengeldbezug zur Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld I?

Ja, die Zeiten, in denen Sie Krankengeld bezogen haben, werden grundsätzlich als Versicherungszeit für das Arbeitslosengeld I (ALG I) angerechnet. Diese Gleichstellung ist gesetzlich in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III verankert und dient dem Schutz Versicherter während langer Krankheitsphasen. Um die Mindestanwartschaft von 360 Kalendertagen zu erfüllen, müssen Sie jedoch eine strikte Bedingung erfüllen.

Die entscheidende Regel verlangt eine lückenlose Unmittelbarkeit des Leistungsbezugs. Ihr Krankengeldbezug muss direkt an eine Zeit anschließen, in der Sie versicherungspflichtig beschäftigt waren. Existiert zwischen dem Ende der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und dem ersten Tag des Krankengeldbezugs eine formelle Unterbrechung, kann dies die gesamte nachfolgende Anwartschaftszeit unwiederbringlich zerstören.

Konkret: Fällt der Anspruch auf Krankengeld wegen eines Fehlers, wie der verspäteten Einreichung einer AU-Bescheinigung, vorübergehend weg, reißt die Kette. Die nach dieser Lücke liegenden Krankengeldzeiten werden dann nicht mehr für die Anwartschaftszeit angerechnet. Selbst wenn Sie durchgehend ärztlich attestiert arbeitsunfähig waren, heilt dies den formalen Fehler der Unterbrechung nicht.

Überprüfen Sie anhand Ihrer Bescheide, ob zwischen dem Ende Ihrer Beschäftigung und dem Beginn des Krankengeldbezugs eine formelle Lücke bestand.


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Gefährdet eine verspätete AU-Meldung meinen späteren Anspruch auf Arbeitslosengeld I?

Ja, eine verspätete Einreichung einer Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung ist rechtlich hochgefährlich. Dieses Versäumnis löst das gesetzliche Ruhen des Krankengeldanspruchs aus (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Juristisch gesehen zählt dieses Ruhen als formelle Unterbrechung der Versicherungszeit. Es zerstört unwiederbringlich die notwendige Unmittelbarkeit der Versicherungszeiten für Ihren späteren Anspruch auf Arbeitslosengeld I.

Krankengeldbezug wird nur dann für die ALG-I-Anwartschaft angerechnet, wenn er unmittelbar an eine versicherungspflichtige Tätigkeit anschließt. Reichen Sie die Folgebescheinigung zu spät ein, entsteht eine formale Lücke, da der Anspruch ruhte. Durch diese selbst verschuldete Lücke reißt die Kette der Unmittelbarkeit unwiederbringlich ab. Alle nachfolgenden Krankengeldzeiten, die danach bezogen werden, dürfen die Agenturen für Arbeit nicht mehr auf die erforderlichen 360 Anwartschaftstage anrechnen.

Gerichte werten die späte Meldung als selbstverschuldetes Versäumnis, das keinen Schutz genießt. Nehmen wir an, Sie reichen eine Folge-AU 46 Tage zu spät ein, wie es in einem bekannten Fall geschah. Obwohl die betroffene Person durchgehend krank war, entschieden die Richter, dass der formelle Fehler die Anrechnung der gesamten nachfolgenden Zeit verhinderte. Die medizinische Seite kann den formalen Fehler der fehlenden Meldung nicht heilen, da die Gefahr des Anspruchsverlustes allein beim Versicherten liegt.

Prüfen Sie sofort alle Krankengeldbescheide auf Zeiträume, in denen der Bezug als „geruht“ markiert wurde, da diese Zeiten potenzielle Löcher in Ihrer Anwartschaft darstellen.


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Welche Lücken im Krankengeldbezug zerstören die „Unmittelbarkeit“ für die ALG-I-Anwartschaft?

Die Unmittelbarkeit ist die entscheidende Voraussetzung, damit der Krankengeldbezug als Versicherungszeit für das Arbeitslosengeld I zählt. Eine Unterbrechung der Zahlungskette durch die Krankenkasse führt schnell zum Verlust der Anwartschaft. Das Bundessozialgericht (BSG) toleriert nur kurze oder nicht selbst verschuldete Lücken, da die Kette der Versicherungszeiten nicht reißen darf. Die Rechtsprechung beurteilt jede Unterbrechung streng nach ihrer Ursache und Dauer.

Die Rechtsprechung hat eine 30-Tage-Faustregel etabliert: Eine Unterbrechung von bis zu etwa einem Monat gilt in der Praxis meist als unschädlich, solange kein Vorsatz vorliegt. Längere Lücken sind nur dann zulässig, wenn die Verzögerung systembedingt und für Sie nicht beeinflussbar war. Dies trifft beispielsweise auf lange Bearbeitungszeiten bei Rentenanträgen oder Verzögerungen zu, die durch behördliche Prozesse entstehen. Der gesetzliche Schutzgedanke gilt primär Personen, die unverschuldet aus dem Raster fallen.

Jede selbst verursachte Lücke – unabhängig davon, ob sie nur wenige Tage übersteigt – zerstört die Unmittelbarkeit jedoch unwiderruflich. Wer die Folgebescheinigung für die Arbeitsunfähigkeit zu spät bei der Kasse einreicht, verursacht ein Ruhen des Anspruchs. Gerichte werten solche Fehler als vermeidbare Versäumnisse, die der Versicherte selbst verschuldet hat. In solchen Fällen rettet die Tatsache, dass eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit attestiert war, den formalen Fehler nicht.

Ist die Lücke länger als 30 Tage, müssen Sie zwingend präzise nachweisen, dass die Verzögerung durch systemische oder behördliche Prozesse verursacht wurde, auf die Sie keinen Einfluss hatten.


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Verliere ich meinen ALG-Anspruch, wenn die Krankengeld-Lücke selbst verschuldet ist?

Ja, leider bestätigte die Rechtsprechung, dass die Ursache der Lücke, das sogenannte Verschulden, entscheidend ist. Lücken, die Sie durch die verspätete Einreichung von AU-Bescheinigungen selbst verursacht haben, gelten nicht als schutzwürdig. Dies ist ein fataler Fehler, da die nachfolgenden Krankengeldzeiten dann nicht mehr als unmittelbar zählen und die Anwartschaft bricht. Dadurch können Ihnen im schlimmsten Fall die erforderlichen 360 Kalendertage für den Anspruch auf Arbeitslosengeld I fehlen.

Gerichte machen einen strikten Unterschied zwischen Lücken, die durch eigene Fehler entstehen, und solchen, die unbeeinflussbar sind. Die Regel schützt nur Personen, die unverschuldet aus dem Raster fallen, beispielsweise durch systembedingte Verzögerungen bei Behörden. Wer die Unterbrechung jedoch durch ein eigenes Versäumnis herbeiführt – etwa durch das schlichte Missachten von Meldefristen –, trägt das volle Risiko. Die gesetzliche Folge dieses Fehlers ist das Ruhen des Krankengeldanspruchs, was eine rechtswirksame Unterbrechung der gesamten Versicherungszeit darstellt.

Selbst die Tatsache, dass Sie durchgehend ärztlich attestiert krank waren, kann diesen formalen Fehler nicht automatisch heilen. Die medizinische Situation zählt weniger als die formelle Einhaltung der Meldepflichten gegenüber der Krankenkasse. Konkret: Die Zeiten nach der Lücke werden nicht für die Anwartschaft berücksichtigt, weil die notwendige Unmittelbarkeit nicht mehr gegeben ist. Wollen Sie die Lücke nachträglich schließen, müssen Sie beweisen, dass Sie Unverschulden trifft, etwa durch eine akute, dokumentierte gesundheitliche Unfähigkeit zur Handlung.

Sollten Sie die 360 Tage ohne die abgetrennten Krankengeldzeiten nicht erreichen, müssen Sie sofort nachweisen, dass Sie zur rechtzeitigen Meldung absolut unfähig waren.


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Wie kann ich die Lückenlosigkeit von Versicherungszeiten im Krankengeld sicherstellen?

Die Lückenlosigkeit von Krankengeldzeiten sichern Sie primär durch zwei Maßnahmen: präzise Dokumentation und die strikte Einhaltung der Meldefristen. Reichen Sie Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen immer nachweisbar bei Ihrer Krankenkasse ein, idealerweise so, dass die Zustellung garantiert vor Fristablauf erfolgt. Diese konsequente Sorgfalt bei der Übermittlung von Krankengeldunterlagen verhindert das gefährliche Ruhen des Anspruchs und schützt die durchgehende Versicherungszeit.

Der Schlüssel liegt im Zustellungsnachweis, denn nur er schützt Sie im Streitfall vor der Argumentation der Behörden. Ein einfacher Brief ohne Beleg oder die mündliche Zusage des Arztes reicht vor Gericht oft nicht aus, um die rechtzeitige Übermittlung zu beweisen. Nutzen Sie daher Methoden wie das Einschreiben mit Rückschein oder digitale Sendeberichte. Dies gilt besonders für Folgebescheinigungen, da deren verspätete Einreichung das gesetzliche Ruhen des Krankengeldanspruchs (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) auslöst.

Sollten Sie absehen, dass Sie eine Frist nicht einhalten können, kommunizieren Sie proaktiv. Nehmen wir an, ein Arzttermin findet erst am Tag nach Fristende statt. Informieren Sie die Krankenkasse sofort schriftlich über die Verzögerung und bitten Sie um eine Bestätigung der Kenntnisnahme. Verstehen Sie, dass das gesetzliche Ruhen des Krankengeldes eine formelle Unterbrechung darstellt. Diese Unterbrechung zerstört die notwendige Unmittelbarkeit für die Anrechnung der Versicherungszeiten, was Ihren späteren Anspruch auf Arbeitslosengeld I gefährdet.

Erstellen Sie sofort ein physisches oder digitales Versicherungstagebuch, um Beginn, Ende, Einreichungsdatum und Zustellungsnachweis jeder Bescheinigung lückenlos festzuhalten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


**Bildtyp:** Editorial-Foto

**Hauptmotiv:** Schreibtisch mit Büromaterialien

**Text im Bild:** 
- SOZIALRECHT GLOSSAR
- Fachbegriffe einfach erklärt.
- KINDERGELD
- ALG I ANTRAG
- PFLEGEGRAD EINSTUFUNG.
- BEWILLIGT

**Wesentliche Bildelemente:** Buch, Lupe, Kugelschreiber

**Bildbeschreibung:** Das Bild zeigt eine büroähnliche Umgebung mit einem Schreibtisch. Auf dem Tisch liegen ein geöffnetes Buch, eine Lupe und Kugelschreiber. Ein Ordner mit der Aufschrift "BEWILLIGT" und ein Aktenkorb mit beschrifteten Unterlagen sind ebenfalls sichtbar.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anwartschaftszeit

Die Anwartschaftszeit beschreibt die Mindestdauer an sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit, die jemand innerhalb der Rahmenfrist gesammelt haben muss, um überhaupt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) zu begründen. Das Sozialgesetzbuch (SGB III) legt diese Zeit fest, um sicherzustellen, dass nur Personen Leistungen erhalten, die zuvor durch eigene Beiträge die Solidargemeinschaft unterstützt haben.
Beispiel: Im vorliegenden Verfahren musste die Antragstellerin 360 Kalendertage Anwartschaftszeit nachweisen, was durch die selbst verschuldete Lücke im Krankengeldbezug nicht mehr gelang.

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Rahmenfrist

Juristen nennen die Rahmenfrist jenen definierte Bezugszeitraum von 30 Monaten, der unmittelbar vor der Arbeitslosmeldung liegt und innerhalb dessen die notwendige Anwartschaftszeit erbracht werden muss. Der Gesetzgeber steckt diesen Zeitraum ab, damit die versicherte Person nicht Leistungen aus Beiträgen beansprucht, die Jahrzehnte zurückliegen.
Beispiel: Obwohl die junge Frau ihre Versicherungszeiten innerhalb der 30-monatigen Rahmenfrist gesammelt hatte, reichten die angerechneten Tage aufgrund der Unterbrechung durch das Ruhen des Anspruchs nicht aus.

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Ruhen des Anspruchs

Das Ruhen des Anspruchs ist eine sozialrechtliche Sanktion, bei der eine rechtmäßige Leistung (hier: Krankengeld) wegen eines formalisierten Verstoßes temporär nicht ausgezahlt wird, obwohl die Voraussetzungen (hier: Arbeitsunfähigkeit) weiterhin vorliegen. Dieses scharfe Instrument dient dazu, Versicherte zur Einhaltung wichtiger Meldefristen gegenüber der Krankenkasse anzuhalten.
Beispiel: Weil die Frau die Folgebescheinigung verspätet einreichte, trat das Ruhen des Krankengeldanspruchs für 46 Tage ein, wodurch die Kette der Unmittelbarkeit unwiederbringlich zerriss.

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Systembedingt und nicht beeinflussbar

Diese juristische Formulierung beschreibt einen wichtigen Ausnahmetatbestand in der Rechtsprechung, der eine längere Lücke in den Versicherungszeiten nur dann als unschädlich erlaubt, wenn sie auf behördliche Prozesse oder komplexe Systemfehler zurückzuführen ist. Das Gericht wendet diese strenge Regel an, um den Schutzgedanken des Gesetzes auf jene Fälle zu beschränken, in denen Versicherte wirklich unverschuldet aus dem Raster fallen.
Beispiel: Das Landessozialgericht lehnte die Anrechnung ab, da die 46-tägige Lücke nicht als systembedingt und nicht beeinflussbar gewertet werden konnte, weil sie durch das eigene Versäumnis der Antragstellerin entstand.

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Unmittelbarkeit

Die Unmittelbarkeit ist die gesetzliche Forderung, dass der Bezug von Entgeltersatzleistungen (wie Krankengeld) lückenlos an eine vorherige versicherungspflichtige Tätigkeit anschließen muss, damit diese Zeiten für die Anwartschaft zählen. Mit dieser strikten Bedingung will der Gesetzgeber verhindern, dass Zeiten, die nicht mehr in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Beitragszahlung stehen, für den Leistungsanspruch angerechnet werden.
Beispiel: Die fehlende Unmittelbarkeit des Krankengeldbezugs nach der 46-tägigen Lücke führte dazu, dass die darauf folgenden Monate nicht mehr auf die Anwartschaftszeit des Arbeitslosengeldes I angerechnet werden durften.

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Das vorliegende Urteil


Hessisches Landessozialgericht – Az.: L 7 AL 96/23 – Urteil vom 13.06.2025


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