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Krankengeldanspruch – ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit reicht aus

SG Mainz – Az.: S 3 KR 298/12 – Urteil vom 04.06.2014

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 03.01.2012 in Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2012 verurteilt, der Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 zu zahlen, soweit der Anspruch nicht durch Zahlung von Arbeitslosengeld für den gleichen Zeitraum gemäß § 107 SGB X als erfüllt gilt.

2. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Fortzahlung von Krankengeld.

Die 1956 geborene Klägerin war zuletzt ab dem 16.07.2008 als Reinigungskraft in einem Fitnessstudio versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.

Seit dem 21.10.2011 war sie zunächst wegen einer Gastroenteritis (A09.9) arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 24.10.2011 war bei der Klägerin ein Carpaltunnelsyndrom (G56.0) rechts diagnostiziert worden.

Krankengeldanspruch - ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit reicht aus
Symbolfoto: Von nitpicker /Shutterstock.com

Der Facharzt für Neurologie Dr. G. stellte am 11.11.2011 eine Folgebescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin mit einer voraussichtlichen Dauer bis zum 22.11.2011 aus. Laut Bescheinigung war die Klägerin seit dem 28.10.2011 arbeitsunfähig. Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. G. am 11.11.2011 mit, dass mit Arbeitsunfähigkeit bis zur Operation zu rechnen sei. Nach der Operation sei mit sofortiger Besserung zu rechnen.

Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.11.2011 durch fristlose Kündigung. Das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2011 wurde durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Mainz am 29.11.2011 bestätigt. Hierbei wurde ebenfalls vereinbart, dass die Klägerin für die Monate Oktober 2011 und November 2011 Arbeitsentgelt auf Basis eines Bruttoentgelts von 850 € erhalten soll.

Am 11.11.2011 erteilte die Beklagte der Klägerin folgenden schriftlichen Hinweis:

„Der Anspruch auf Krankengeld entsteht grundsätzlich ab dem auf den Tag der ärztlichen Feststellung folgenden Tag. Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat der Arzt jeweils auf der AU-Bescheinigung bzw. dem Auszahlungsschein für Krankengeld zu bestätigten. Der fortlaufende Anspruch auf Krankengeld setzt voraus, dass die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit jeweils vom behandelnden Arzt abschnittsweise lückenlos festgestellt wird (d.h. spätestens am letzten Tag der zuletzt vorläufig bestätigten Arbeitsunfähigkeit).

Endet das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis während des Anspruchs auf Krankengeld, so bleibt die Mitgliedschaft für die Dauer des Bezugs von Krankengeld aufrecht erhalten. Entsprechendes gilt bei Wegfall von Arbeitslosengeld I. Wird die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nicht – wie vorstehend beschrieben – lückenlos ärztlich festgestellt, endet die mit Krankengeldanspruch ausgestattete Mitgliedschaft (vgl. Urteile des BSG vom 26.06.2007, B1KR08/07R/vom 02.11.2007, B1 KR38/06R).“

Am 30.11.2011 stellte Dr. G. eine weitere Folgebescheinigung mit voraussichtlicher Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum 04.12.2011 aus.

Eine ambulante Carpaltunneloperation wurde am 05.12.2011 durch die Orthopädische Gemeinschaftspraxis Bad Kreuznach durchgeführt.

Auf einem Auszahlschein vom 05.12.2011 bescheinigte ein Arzt der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis Bad Kreuznach fortdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen des Zustands nach Carpaltunnelsyndrom. Diese werde voraussichtlich noch 14 Tage andauern.

Auf einem weiteren Auszahlschein vom 16.12.2011 bescheinigte ein Arzt der Gemeinschaftspraxis Dr. E. et al. fortdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen Zustand nach Carpaltunnelsyndrom (G 56.0 ZR). Voraussichtlich sollte die Arbeitsunfähigkeit bis zum 03.01.2012 andauern.

Auf einem Formblatt der Beklagten zur Einschätzung des Rehabilitationsbedarfs teilte die Gemeinschaftspraxis Dr. E. et al. am 23.12.2011 mit, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht absehbar sei.

Am 03.01.2012 stellte ein Arzt der Gemeinschaftspraxis Dr. E. et al. einen weiteren Auszahlschein mit der gleichen Diagnose und voraussichtlicher Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum 17.01.2012 aus.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz ein. Der beratende Arzt Dr. J. nahm am 03.01.2012 dahingehend Stellung, dass die Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.01.2012 nachvollziehbar sei.

Mit Bescheid vom 03.01.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der MDK in seiner Stellungnahme vom 03.01.2012 zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin spätestens am 19.01.2012 beendet werden könne. Ab dem 20.01.2012 sei die Klägerin demnach in der Lage, eine leidensgerechte und wirtschaftliche Tätigkeit von mindestens vier Stunden und mehr täglich wieder auszuüben. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe mit dem 30.11.2011 geendet. Das bedeute, dass die Klägerin sich ab dem 20.01.2012 mit dem genannten Leistungsbild dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen könne, zwecks Vermittlung in eine entsprechende Tätigkeit. Die Beklagte werde die Krankengeldzahlung mit dem 19.01.2012 einstellen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 12.01.2012 Widerspruch.

Am 17.01.2012 stellte ein Arzt der Gemeinschaftspraxis Dr. E. et al. der Klägerin einen weiteren Auszahlschein unter Benennung einer voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.01.2012 aus.

Am 20.01.2012 stellte ein Arzt der Gemeinschaftspraxis Dr. E.et al. der Klägerin eine Folgebescheinigung aus, nach der die Klägerin weiter arbeitsunfähig bis voraussichtlich 23.01.2012 sei.

Am 23.01.2012 stellte ein Arzt der Gemeinschaftspraxis für Orthopädie Bad Kreuznach eine weitere Folgebescheinigung aus, nach der die Klägerin voraussichtlich bis zum 31.01.2012 arbeitsunfähig sein werde.

Die Klägerin befand sich am 25.01.2012 zur erneuten Untersuchung bei Dr. G. Dieser berichtet von einem guten postoperativen Ergebnis. Es bestehe allerdings noch ein Ödem an der Operationsstelle.

Am 02.02.2012 begründete die Klägerin den Widerspruch vom 12.01.2012 zunächst damit, dass sie entgegen der Auffassung des MDK nach wie vor arbeitsunfähig sei. Sie leide sowohl an der rechten als auch an der linken Hand an einem Carpaltunnelsyndrom. Ihr sei es daher nicht möglich, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten für einen Zeitraum von mindestens drei Stunden täglich auszuüben.

Mit Bescheid vom 20.02.2012 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit – Agentur für Arbeit Bad Kreuznach der Klägerin unter Berufung auf § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig Arbeitslosengeld für die Zeit vom 20.01.2012 bis zum 18.07.2013 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 12,90 €. Für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 ergab sich hieraus eine Nachzahlung in Höhe von 154,80 €.

Der frühere Arbeitgeber der Klägerin stellte am 06.03.2012 eine Arbeitsplatzbeschreibung aus. Hieraus geht hervor, dass die Klägerin im Umfang von regelmäßig 25 Wochenstunden als Reinigungskraft beschäftigt war. Die Tätigkeit sei ständig stehend, oft in gebückter Haltung und oft mit erhobenen Armen ausgeübt worden. Es habe sich um mittelschwere Arbeiten gehandelt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Mitgliedschaft durch den Arbeitgeber am 30.11.2011 geendet habe. Ab dem 01.12.2011 sei die Klägerin im Rahmen der mitgliedschaftserhaltenden Wirkung nach § 192 Abs. 2 SGB V krankenversichert gewesen. Es liege ein Auszahlschein der Hausarztpraxis mit Ende der Arbeitsunfähigkeit am 19.01.2012 vor. Eine Folgebescheinigung sei von der Hausarztpraxis am 20.01.2012 mit Erkrankungsdauer bis 23.01.2012 ausgestellt worden. Am 19.01.2012 sei die Klägerin nicht beim Arzt gewesen, es sei erst am 20.01.2012 eine Krankmeldung ausgestellt worden. Die Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch habe am 19.01.2012 geendet. Die Familienversicherung sei vorrangig vor einem nachgehenden Anspruch auf Krankengeld. Dieser Umstand sei dadurch überholt, dass die Klägerin sich am 20.01.2012 arbeitslos gemeldet habe und seit dem 20.01.2012 Arbeitslosengeld I erhalte. Die Arbeitsunfähigkeit könne wegen fehlender Nahtlosigkeit lediglich bis 19.01.2012 anerkannt werden.

Die Klägerin hat am 18.07.2012 Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 17.09.2012 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit – Agentur für Arbeit Bad Kreuznach der Klägerin endgültig Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 18.07.2013, wobei die Leistungshöhe gegenüber dem Bescheid vom 20.02.2012 unverändert blieb.

Zur Begründung der Klage führt die Klägerin im Wesentlichen aus, dass es für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auch bei dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht darauf ankomme, ob der Versicherte eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könne. Auch nach dem Verlust bleibe für die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten die bisherige Tätigkeit maßgebend, wenn der Versicherte bereits bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis im Krankengeldbezug gestanden habe. Die Klägerin habe zuvor als Reinigungskraft gearbeitet. Die auszuführenden Handgriffe und Aufgaben seien vielfältig, aber immer mit einer mehr oder weniger schweren körperlichen Belastung verbunden, vor allem aber seien die Hände schweren Belastungen ausgesetzt, wenn beispielsweise mit erhöhtem Kraftaufwand Stellen zu scheuern seien, Verkrustungen eingeweicht werden müssten oder dergleichen. Es entspreche des allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Person, die an einem Carpaltunnelsyndrom erkrankt sei, keiner gewerbsmäßigen Tätigkeit als Reinigungskraft nachgehen kann. Soweit die Beklagte der Auffassung sei, das kein lückenloser Nachweis der Arbeitsunfähigkeit vorliege, stelle sich die Frage, wo die Lücke liegen sollte. Die Klägerin habe bis einschließlich 19.01.2012 als arbeitsunfähig gegolten und dann anschließend einschließlich des 20.01.2012 als arbeitsunfähig. Zwar sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Bescheinigungen „überlappend“ auszustellen seien. Die Klägerin sei mit dieser Bitte auch an ihren Arzt herangetreten und habe diesen gebeten, die Untersuchungstermine so zu legen, dass tatsächlich auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen überlappend hätten ausgestellt werden können. Dies sei jedoch vom Arzt mit der Aussage abgelehnt worden, dies sei nicht nötig.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 03.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2012 zu verurteilen, Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19.01.2012 hinaus bis zum 31.01.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, dass die Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.01.2012 nicht in Frage gestellt werde. Krankengeld sei entsprechend gezahlt worden. Die Mitgliedschaft habe am 19.01.2012 geendet. Der Klägerin sei am 20.01.2012 weitere Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Ein erneuter Krankengeldanspruch könne nach § 46 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erst ab dem 21.01.2012 entstehen. Ab dem 20.01.2012 beziehe die Klägerin Arbeitslosengeld I und sei demgemäß nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert. Auf Grund der weiteren Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.01.2012 erhalte die Klägerin Leistungsfortzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit. Insoweit ruhe der Krankengeldanspruch.

Das Gericht hatte am 21.01.2013 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04 R – Gerichtsentscheidungen im Folgenden jeweils zitiert nach juris) den Hinweis erteilt, dass ein Krankengeldanspruch über den 19.01.2012 hinaus an der erforderlichen nahtlosen ärztlichen Feststellung scheitern dürfte.

Mit Beschluss vom 14.02.2013 hat das Gericht die Bundesagentur für Arbeit – Agentur für Arbeit Bad Kreuznach zum Verfahren beigeladen.

Am 16.01.2014 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, dass an der im Hinweis vom 21.01.2013 erläuterten Rechtsauffassung nicht festgehalten werde und hierbei auf die Urteile des SG Trier vom 24.04.2013 (S 5 KR 77/12) und des SG Mainz vom 24.09.2013 (S 17 KR 247/12) verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Das Gericht konnte gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 SGG zur Leistung dem Grunde nach verurteilen. Nach dieser Regelung ist Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils, dass gemäß § 54 Abs. 4 SGG oder § 54 Abs. 5 SGG eine Leistung in Geld begehrt wird, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Diese Voraussetzung ist bei dem streitgegenständlichen Anspruch auf Krankengeld nach § 44 SGB V erfüllt.

Da die Klägerin im vorliegenden Fall lediglich den Erlass eines Grundurteils beantragt hat, durfte das Gericht hierüber gemäß § 123 SGG nicht hinausgehen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 130 Rn. 2e, 10. Aufl. 2012).

II.

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 gegen die Beklagte. Der Bescheid vom 03.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2012, mit dem die Weitergewährung von Krankengeld über den 19.01.2012 hinaus abgelehnt wurde, ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte (1) Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (2) oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden und wenn sie nicht zu den in § 44 Abs. 2 S. 1 SGB V genannten ausgeschlossenen Versichertengruppen gehören (3). Gemäß § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (4). Ein durchsetzbarer Anspruch auf Krankengeld besteht nicht für Zeiten des Ruhens wegen unterlassener Meldung der Arbeitsunfähigkeit (5), für Zeiten des Ruhens wegen fortgesetztem Arbeitslosengeldbezugs (6), und soweit der Anspruch wegen des Vorliegens eines Erstattungsanspruchs zwischen Leistungsträgern als erfüllt gilt (7).

1. Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Versicherungspflicht der Klägerin ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, da die Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war. Mit der durch arbeitsgerichtlichen Vergleich bestätigten Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.11.2011 endete zwar das Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt (§ 7 Abs. 3 S. 1, S. 3 SGB IV), das Versicherungsverhältnis blieb jedoch gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V durch den tatsächlichen Bezug von Krankengeld bzw. durch den Anspruch auf Krankengeld erhalten.

2. Der Klägerin war im Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 wegen eines rechtsseitigen Carpaltunnelsyndroms arbeitsunfähig. Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB V liegt vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seine bisherige oder eine ähnliche, dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgeartete Erwerbstätigkeit auszuüben. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist auch nach dem Verlust des Arbeitsplatzes die zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit konkret ausgeübte Beschäftigung (BSG, Urteil vom 14.02.2001 – B 1 KR 30/00 R – Rn. 13f.). Dies war im Falle der Klägerin eine Beschäftigung als Reinigungskraft mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten, bei der die ständige Verwendung beider Hände unumgänglich ist. Dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig war, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und lässt sich anhand der dokumentierten Arztkontakte und Behandlungen nachvollziehen. Die Ärzte der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis Bad Kreuznach stellten noch am 23.01.2012 eine Schwellung im CTS-Bereich rechts und Arbeitsunfähigkeit bis 31.01.2012 fest. Auch der Facharzt für Neurologie Dr. G. diagnostizierte noch am 25.01.2012 eine Schwellung und ein Ödem im rechten Handgelenk. Dass die Klägerin ihre frühere oder eine gleichartige Tätigkeit als Reinigungskraft nicht bzw. nur auf die Gefahr hin, ihren Zustand zu verschlimmern, ausüben konnte, steht für die Kammer angesichts dieser Befunde fest.

3. Die Klägerin fällt nicht unter die nach § 44 Abs. 2 S. 1 SGB V ausgeschlossenen Versichertengruppen.

4. Der Anspruch auf Krankengeld ist entstanden. Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wurde durch den Facharzt für Neurologie Dr. G. mit einer Folgebescheinigung vom 11.11.2011 festgestellt. Da es sich hierbei um eine Folgebescheinigung handelt, ist anzunehmen, dass bereits zuvor Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Eine entsprechende Erstbescheinigung ist in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten nicht enthalten. Für den vorliegend geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld ist dies jedoch unerheblich, da jedenfalls die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. G. am 11.11.2011 zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Klägerin auf Grund ihres noch andauernden Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten krankenversichert war.

Solange die Arbeitsunfähigkeit besteht, genügt für die Entstehung des Krankengeldanspruchs eine erste ärztliche Feststellung. Denn § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V regelt nur den Beginn des Krankengeldanspruchs. Wenn die ärztliche Feststellung eine Prognose für ein voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit beinhaltet, wird hierdurch der Anspruch auf Krankengeld nicht begrenzt (so auch SG Trier, Urteil vom 24.04.2013 – S 5 KR 77/12; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11; SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 – S 17 KR 247/12).

Das BSG vertritt demgegenüber die Auffassung, es sei für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des jeweiligen Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (zuletzt bestätigt durch BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R – Rn. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04 – Rn. 17; BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 8/07 R – Rn. 16; BSG, Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R – Rn. 18).

Dies hat nach der Rechtsprechung des BSG zur Konsequenz, dass bei unterbleiben der rechtzeitigen erneuten Feststellung der Anspruch auf Krankengeld ab dem ersten Tag nach Ende des Krankengeldbewilligungsabschnitts nicht mehr bestehen soll, weswegen auch die mitgliedschaftserhaltende Wirkung des Anspruchs auf Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V entfalle. Dies habe wiederum zur Folge, dass auch bei späterer ärztlicher Feststellung derselben Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeldanspruch nicht wieder entstehen könne (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R – Rn. 16). Wenn keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe, falle der Versicherte außerdem in die Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (mit der hiermit notwendig einhergehenden Folge der Beitragsbelastung). Durch das Eintreten der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (oder eines anderen Versicherungstatbestands) soll nach Auffassung des BSG darüber hinaus ein nachgehender Anspruch auf Krankengeld nach § 19 Abs. 2 SGB V ausgeschlossen sein (BSG, Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R – Rn. 30).

Auf den vorliegenden Fall bezogen hätte die Auffassung des BSG die Konsequenz, dass die Klägerin wegen des Ablaufs des Krankengeldbewilligungsabschnitts und der ärztlichen Prognose über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit am 19.01.2012 am folgenden 20.01.2012 nicht mehr auf Grund des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aus dem vormaligen Beschäftigungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen wäre. Da ein erneuter Anspruch auf Krankengeld gemäß § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V erst am Folgetag der erneuten ärztlichen Feststellung entstünde, könnte die Mitgliedschaft nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten werden. Die Klägerin hätte keinen Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012.

Seine Auffassung begründet das BSG in mehreren Schritten. Es geht zunächst davon aus, dass Krankengeld in der Regel auf Grundlage vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abschnittsweise gezahlt wird und in dieser Zahlung regelmäßig die Entscheidung der Krankenkasse zu sehen sei, dass dem Versicherten für die laufende Zeit der vom Vertragsarzt bestätigten Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeldanspruch zustehe, also ein Verwaltungsakt über die befristete Bewilligung von Krankengeld vorliege (BSG, Urteil vom 22.03.2005 – B 1 KR 22/04 R – Rn. 29). In einem weiteren Schritt geht das BSG davon aus, dass die leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krankengeldes für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen seien (BSG, a.a.O., Rn. 31). Hieraus zieht es dann die Schlussfolgerung, dass für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs eine erneute ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf das Bewilligungsabschnitts erforderlich sei (BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R – Rn. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 8/07 R und BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04 R – Rn. 17).

Die Auffassung des BSG ist weder mit dem Gesetzeswortlaut des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V (a), noch mit der Gesetzessystematik des Krankengeldrechts (b) im Sinne der §§ 44 ff. SGB V vereinbar. Gegen die Auffassung des BSG spricht auch die historische Rechtsentwicklung und die Entstehungsgeschichte des SGB V (c). Selbst wenn die Auslegung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V durch das BSG mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes noch vereinbar wäre, verstieße sie gegen den Auslegungsgrundsatz der möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte gemäß § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) (d). Die Rechtsprechung des BSG erweist sich vor dem Hintergrund des hiermit einhergehenden Verstoßes gegen das Gesetzesbindungsgebotes der Art. 20 Abs. 3 und 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG) als nicht vertretbar.

a) Für die Auffassung des BSG enthält der Gesetzeswortlaut des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V keinen Anhaltspunkt. Dort heißt es wörtlich:

„Der Anspruch auf Krankengeld entsteht (…) im übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung folgt.“

Demzufolge markiert der Tag der ärztlichen Feststellung den Entstehungszeitpunkt des Krankengeldanspruchs für den folgenden Tag. Ab dem Folgetag besteht ein Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dass der Anspruch mit dem Befristungsende eines Krankengeldbewilligungsabschnitts enden könnte, geht aus der Regelung nicht hervor. Über das Ende des Krankengeldanspruchs enthält § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V keine Aussage.

Aus § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V geht im Übrigen nicht einmal hervor, dass die ärztliche Feststellung sich auf einen bestimmten Zeitraum beziehen kann oder muss. Dass der Vertragsarzt eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit abzugeben hat, ergibt sich nur aus der auf Grund von § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V erlassenen Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-Richtlinie) sowie im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus § 5 Abs. 1 S. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) (vgl. SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11 – Rn. 37). In § 1 Abs. 1 der AU-Richtlinie wird terminologisch zwischen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und der Bescheinigung über ihre voraussichtliche Dauer differenziert. Diese Differenzierung steht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V und entspricht der Sachlogik. Ein Arzt kann zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellen, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt; im Hinblick auf die Zukunft kann er anhand eines gegenwärtigen Zustands nur Aussagen über die Wahrscheinlichkeit treffen, dass noch Arbeitsunfähigkeit vorliegen wird, d.h. eine Prognose abgeben. Ob die Prognose sich als zutreffend herausgestellt hat, kann nur im Nachhinein festgestellt werden. Dieser Logik folgt auch die AU-Richtlinie, wenn unabhängig von der in § 5 Abs. 1 AU-Richtlinie geregelten Erstfeststellung eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zum Zwecke der Krankengeldzahlung („Auszahlschein“) in der Regel nicht für einen mehr als sieben Tag zurückliegenden und nicht mehr als für einen zwei Tage im Voraus liegenden Zeitraum erfolgen soll.

Die Auffassung des BSG ist anhand des Normtextes des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V mithin nicht begründbar. Der Wortlaut eines Gesetzes steckt jedoch die äußersten Grenzen funktionell vertretbarer und verfassungsrechtlich zulässiger Sinnvarianten ab. Entscheidungen, die den Wortlaut einer Norm offensichtlich überspielen, sind unzulässig (Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 310, zum Ganzen Rn. 304 ff., 10. Aufl. 2009; vgl. auch Hassemer, Rechtssystem und Kodifikation: Die Bindung des Richters an das Gesetz, in: Kaufmann/Hassemer/Neumann (Hrsg.): Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl. 2011, S. 267; Hochhuth, Methodenlehre zwischen Staatsrecht und Rechtsphilosophie – zugleich eine Verschleierung des Theorie-Praxis-Bruchs?, in: Rechtstheorie 2011, S. 227 ff.). Die Bindung der Gerichte an das Gesetz folgt aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG. Dass die Gerichte dabei an den Gesetzestext (im Sinne des amtlichen Wortlauts bzw. Normtextes) gebunden sind, folgt aus dem Umstand, dass nur dieser Gesetzestext Ergebnis des von der Verfassung vorgegebenen parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens ist. Eine Überschreitung der Wortlautgrenze verstößt sowohl gegen das Gesetzesbindungsgebot als auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip.

b) Die Gesetzessystematik bestätigt dieses Ergebnis.

Auch § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V sieht eine Meldeobliegenheit des Versicherten nur für den Beginn der Arbeitsunfähigkeit vor und knüpft nicht an Bewilligungsabschnitte oder „Feststellungszeiträume“ an. Die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung des BSG, die eine wiederholte Meldung nach jedem Bewilligungsabschnitt verlangt, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage, lässt sich auch nicht zulässigerweise mit Analogieschlüssen begründen und verstößt gegen § 31 SGB I (eingehend SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 – S 17 KR 247/12 – Rn. 45 ff.; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11 – Rn. 44 ff.; Tischler in: BeckOK SGB V, Stand: 01.12.2013 – § 49 Rn. 31; vgl. auch SG Trier, Urteil vom 21.11.2013 – S 1 KR 44/13 – Rn. 29).

Für die Beschränkung des Feststellungserfordernisses auf die Erstfeststellung spricht auch der Vergleich mit den Anspruchsvoraussetzungen für speziell geregelte Versichertengruppen. Bei Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ebenso wie bei freiwillig Versicherten, die eine Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V abgegeben haben, entsteht der Anspruch auf Krankengeld von siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 S. 2 SGB V). Bei Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Arbeitslosengeldbeziehern) wird das Krankengeld „vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an gewährt“ (§ 47b Abs. 1 S. 2 SGB V). Bei diesen Versichertengruppen ist die ärztliche Feststellung demnach keine Voraussetzung für die Entstehung des Krankengeldanspruchs, so dass erst recht die Fortdauer des Anspruchs (ggf. über einen Bewilligungsabschnitt hinaus) nicht von einer (weiteren) ärztlichen Feststellung abhängen kann. Demgegenüber kann der Auffassung des BSG nicht gefolgt werden, nach der es für die Entstehung des Anspruchs auch bei Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit sondern auf deren ärztliche Feststellung ankommen soll (BSG, Urteil vom 19.09.2002 – B 1 KR 11/02 R – Rn. 35). Die Begründung des BSG, dass dies dem § 47b Abs. 1 S. 2 SGB V „mit Rücksicht“ auf § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V nicht zu entnehmen sei, ist auf Grund des klar entgegenstehenden Wortlauts nicht nachvollziehbar.

Aus diesen von § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V abweichenden Regelungen wird deutlich, dass dem Tatbestandsmerkmal „ärztliche Feststellung“ im gesetzgeberischen Konzept nur punktuelle Bedeutung zukommt, im Übrigen für das (Fort-)Bestehen eines Krankengeldanspruchs lediglich feststehen muss, dass (weiterhin) Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Unter systematischen Gesichtspunkten bedarf es im Übrigen keiner Regelung des Endes des Krankengeldanspruchs auf Grund oder entsprechend des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V. Der Anspruch auf Krankengeld besteht nach § 44 Abs. 1 SGB V ohnehin nur, wenn (d.h. auch solange) Arbeitsunfähigkeit tatsächlich besteht. Zusätzlich ist der Anspruch auf Krankengeld unter den näheren Voraussetzungen des § 48 SGB V zeitlich begrenzt und kann bei Vorliegen der Voraussetzungen für Ansprüche auf Renten oder rentenähnliche Leistungen nach §§ 50, 51 SGB V ausgeschlossen sein oder wegfallen.

c) Die Auffassung der erkennenden Kammer wird sowohl durch die Gesetzesentwicklung als auch durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Historisch leitet sich die in § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V enthaltene Spezialregelung (gegenüber § 40 Abs. 1 SGB I) aus den bereits in § 6 des Gesetzes betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15.06.1883 (RGBl. 1883, 73–104) enthaltenen sog. Karenztagen ab.

Die Anzahl der Karenztage wurde mit dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12.07.1961 mit Änderung des § 182 Abs. 3 RVO auf einen Tag reduziert und zugleich das Tatbestandsmerkmal „Eintritt der Arbeitsunfähigkeit“ durch das Tatbestandsmerkmal „ärztliche Feststellung“ ersetzt. Die hiermit einhergehende Konsequenz, dass der Krankengeldanspruch bei zunächst unterbliebener ärztlicher Feststellung trotz Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit für Zeiten vor der Feststellung ausgeschlossen ist, wurde im Gesetzgebungsverfahren bewusst in Kauf genommen (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1966 – 3 RK 58/62 – Rn. 16). Dass der Anspruchsausschluss bei abschnittsweiser Krankengeldbewilligung immer wieder drohen könnte und hierdurch mehrere Karenzzeiträume bei ununterbrochen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit entstehen könnten, stand bei Schaffung des § 182 Abs. 2 RVO in der Fassung des Gesetzes vom 12.07.1961 und in der Folgezeit jedoch nicht zur Debatte.

Das Modell der „abschnittsweisen Krankengeldbewilligung“ durch konkludenten Verwaltungsakt wurde in Abkehr von der Rechtsprechung zum „Schalterakt“ (vgl. BSG; Urteil vom 23.11.1966 – 3 RK 86/13 – Rn. 20ff.) erst Mitte der 1980er Jahre durch das BSG etabliert (BSG, Urteil vom 16.09.1986 – 3 RK 37/85 – Rn. 12 ff.) und konnte daher bei der Gesetzesänderung von 1961 noch nicht berücksichtigt werden. Auf Grund dieser zeitlichen Abfolge ist ausgeschlossen, dass mit § 182 Abs. 3 RVO i.d.F. des Gesetzes vom 12.07.1961 wiederholte ärztliche Feststellungen zur Voraussetzung des Krankengeldanspruchs gemacht werden sollten.

Die Tatsache, dass vor 1961 Anknüpfungspunkt für den Krankengeldanspruch stets der tatsächliche Beginn der Arbeitsunfähigkeit war, spricht auch dagegen, dass in den Fällen, in denen im Gesetz (ggf. mittelbar) auf den tatsächlichen Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgestellt wird (§ 47b Abs. 1 S. 2 SGB V, § 46 S. 2, S. 3 SGB V) eigentlich der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung gemeint sein könnte (so aber BSG, Urteil vom 19.09.2002 – B 1 KR 11/02 R – Rn. 35). Die Bezugnahme auf den tatsächlichen Beginn der Arbeitsunfähigkeit in diesen Tatbeständen erweist sich vor dem Hintergrund der Gesetzesentwicklung nicht als systematischer Fremdkörper, sondern als Kontinuum.

Durch die Überführung des Krankengeldrechts in das SGB V hat sich an der Funktion des Tatbestandsmerkmals „ärztliche Feststellung“ nichts geändert. Der Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zum Entwurf für das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) vom 03.05.1988 lässt sich zum späteren § 46 SGB V (im Entwurf im Übrigen wortgleich noch als § 45 SGB V bezeichnet) folgende Passage entnehmen (BT-Drucks. 11/2237. S. 181):

„Die Vorschrift entspricht weitgehend dem geltenden Recht (§§ 182 Abs. 3 und 186 RVO) mit redaktionellen Änderungen. Die Sonderregelung über das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten wird nicht übernommen, weil – wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung – die Krankenversicherung in diesen Fällen nicht mehr leistet (vgl. § 11 Abs. 3). Außerdem hat die Regelung über den Beginn des Krankengeldes wegen des Anspruchs auf Lohn- und Gehaltsfortzahlung kaum praktische Bedeutung.“

Aus dieser Aussage kann nur geschlussfolgert werden, dass einerseits gegenüber der Rechtslage unter Geltung der RVO mit Einführung des SGB V keine Rechtsänderung einhergehen sollte und es andererseits nicht der Vorstellung der legislativen Organe entsprach, dass die Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V Bedeutung über die erstmalige Entstehung der Krankengeldanspruchs hinaus haben sollte. Nur die Ausweitung des Feststellungserfordernisses auf „wiederholte Inanspruchnahmen“ von Krankengeld durch das BSG gibt dem § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V die erhebliche, vom Gesetzgeber nicht gesehene und nicht intendierte praktische Bedeutung.

Der Wortlaut der Regelung hat sich nur insoweit geändert, als an Stelle der „Gewährung“ des Krankengelds ab dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag (§ 182 Abs. 3 S. 1 RVO) nunmehr von einer „Entstehung“ des Anspruchs auf Krankengeld von dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V) die Rede ist. Hätte mit dieser Änderung in der Formulierung der Anspruchsvoraussetzungen entgegen der Begründung zum Gesetzesentwurf eine Änderung der Rechtslage im Sinne der späteren Rechtsprechung des BSG herbeigeführt werden sollen, hätte dies sehr viel deutlicher im Wortlaut zum Ausdruck kommen können und müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsprinzips. Die dogmatische Konstruktion der Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs durch das BSG ist so weit vom Gesetzeswortlaut des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V entfernt, dass ausgeschlossen werden kann, dass über die hierdurch bewirkten Rechtsfolgen eine parlamentarische Willensbildung erfolgen konnte.

Es gibt in Folge dessen keinen Anhaltspunkt dafür, dass die vom BSG etablierte Dogmatik des Krankengeldanspruchs zu irgendeinem Zeitpunkt dem politischen Willen einer Parlamentsmehrheit entsprochen hätte. Daneben kann auch in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BSG durch Unterlassung von Änderungen quasi nachträglich legitimiert hätte – ungeachtet der methodischen Fragwürdigkeit eines solchen Arguments. Im Gegenteil zeigt sich anhand der im Zuge der Diskussion des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) durch den Bundesrat vorgeschlagenen Änderung des § 192 SGB V, dass die derzeitigen politischen Mehrheiten bestimmte Folgen der Rechtsprechung des BSG – die korrekterweise auch diesem und nicht der Regelungstechnik des Gesetzes zugeschrieben werden – nicht akzeptieren wollen (BT-Drucks- 18/1579, S. 5). Der Änderungsvorschlag wurde durch die Bundesregierung zwar nicht aufgegriffen, jedoch grundsätzliche Übereinstimmung in der Problembewertung geäußert (BT-Drucks- 18/1579, S. 9).

d) Selbst wenn die Auslegung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V durch das BSG entgegen der hier vertretenen Auffassung mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes noch vereinbar wäre, verstieße sie gegen den Auslegungsgrundsatz der möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte gemäß § 2 Abs. 2 SGB I (so im Hinblick auf wiederholte Meldeobliegenheiten bereits SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11 – Rn. 50).

Nach § 2 Abs. 2 SGB I sind die „nachfolgenden sozialen Rechte“ bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten, wobei sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Zu den in § 2 Abs. 2 SGB I genannten sozialen Rechten gehört nach § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB I für in der Sozialversicherung Versicherte das Recht auf wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit. Dieses Recht ist u.a. im Anspruch auf Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit in Folge Krankheit in den §§ 44 ff. SGB V ausgestaltet.

Der Auslegungsgrundsatz des § 2 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB I enthält eine Vorzugsregel. Das Normprogramm dieser Regelung gleicht insoweit dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung (vgl. hierzu SG Mainz, Urteil vom 08.06.2012 – S 17 AS 1452/09 – Rn. 86; BVerfG, Urteil vom 19.09.2007 – 2 BvF 3/02 – Rn. 92). Demnach ist bei der Auslegung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches bei Bestehen von Auslegungsalternativen nach korrekter Konkretisierungsarbeit diejenige Alternative zu bevorzugen, die die sozialen Rechte weitgehender verwirklicht. Es ergibt sich hieraus ein bei der Auslegung stets zu berücksichtigendes sozialrechtliches Optimierungsgebot.

Auf die Konkretisierung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V bezogen bedeutet dies, dass bei Vorliegen der Auslegungsalternativen „einmalige, initiale ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ einerseits und „erneute ärztliche Feststellung vor Ende jedes Bewilligungsabschnitts“ andererseits zwingend der ersten Alternative gefolgt werden muss. Denn diese Auslegungsalternative verhindert innerhalb der Grenzen methodisch korrekter Konkretisierungsarbeit möglichst weitgehend, dass Versicherte bei Vorliegen der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen allein durch fehlerhafte Terminplanung ihr soziales Recht auf wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit (§ 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB I) verlieren können.

Die vom BSG vorgenommene Auslegung hat hingegen die oben beschriebenen Konsequenzen, die auch ohne jegliches vorwerfbares Verhalten zu einem Anspruchsausschluss trotz Bedürftigkeit im Sinne des sozialen Rechts auf wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit führen können, wobei unter Umständen trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nicht nur der Krankengeldanspruch wegfällt, sondern wegen des Eintritts der Auffangversicherungspflicht zusätzlich eine Beitragspflicht nach § 227 SGB V entsteht. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der Leistung von Krankengeld um eine u.a. aus Pflichtbeiträgen der Versicherten finanzierte Leistung handelt, erscheint diese Rechtsfolge deutlich unverhältnismäßig.

 

Die Auffassung des BSG erweist sich sowohl wegen der Überschreitung der Wortlautgrenze und des hiermit einhergehenden Verstoßes gegen das Gesetzesbindungsgebot als auch nach Maßgabe der Vorzugsregel des § 2 Abs. 2 SGB I als nicht vertretbar. Für die Entstehung und den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld nach § 46 s. 1 Nr. 2 SGB V ist bei ununterbrochenem Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit eine erstmalige ärztliche Feststellung ausreichend.

Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld ist somit spätestens auf Grund der ärztlichen Feststellung durch Dr. G. vom 11.11.2011 gemäß § 46 S.1 Nr. 2 SGB V am 12.11.2011 entstanden. Auf Grund der bis zum 31.01.2012 durchgehend bestehenden Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin einen Anspruch auf Krankengeld auch vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 mit mitgliedschaftserhaltender Wirkung gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.

5. Die Arbeitsunfähigkeit wurde der Beklagten fristgerecht gemeldet, sodass der Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhte.

Nach dieser Regelung ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Dies gilt nach dem zweiten Halbsatz der Regelung nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist im Falle der Klägerin bereits im Oktober 2011 und somit lange vor dem streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt. Da seitdem durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat, war anschließend keine weitere Meldung der Klägerin mehr notwendig, um das Eintreten des Ruhens nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu verhindern (so bereits LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.11.1999 – L 4 KR 10/98; SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 – S 17 KR 247/12 – Rn. 45ff.; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11 – Rn. 42ff.; SG Trier, Urteil vom 21.11.2013 – S 1 KR 44/13 – Rn. 29).

Das BSG vertritt demgegenüber die Rechtsauffassung, dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengelds erneut gemeldet werden muss, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat (BSG, Urteil vom 08.02.2000 – B 1 KR 11/99 R – Rn. 17; BSG, Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 20/11 R – Rn. 18). Diese Auffassung widerspricht dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 SGB V, in dem nur der Beginn der Arbeitsunfähigkeit als Bezugspunkt für die Meldeobliegenheit genannt wird, nicht der Beginn eines Krankengeldbewilligungsabschnitts oder eines Feststellungszeitraumes. Dass hier zu Lasten der Versicherten über den Wortlaut hinweggegangen wird, deutet das BSG selbst in der Begründung zum Urteil vom 08.02.2000 an: „Anders als es der Wortlaut des § 49 Abs.1 Nr 5 Halbs 2 SGB V nahezulegen scheint (…)“ (BSG, Urteil vom 08.02.2000 – B 1 KR 11/99 R – Rn. 17). Eine Überschreitung der Wortlautgrenze verstößt sowohl gegen das Gesetzesbindungsgebot als auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip, so dass der Auffassung des BSG nicht gefolgt werden kann (SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 – S 17 KR 247/12 – Rn. 45ff.).

Auch vor dem Hintergrund des Optimierungsgebots des § 2 Abs. 2 SGB I und des Gesetzesvorbehalts des § 31 SGB I ist die durch das BSG vorgenommene Vervielfältigung der Meldeobliegenheit des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht vertretbar (SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11 – Rn. 42ff.).

Allerdings wurde die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin der Beklagten am 20.01.2012 durch Vorlage der neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erneut gemeldet, so dass auch unter Zugrundelegung der Rechtauffassung des BSG die Meldefrist gewahrt gewesen wäre.

 

6. Der Anspruch auf Krankengeld ruhte auch nicht auf Grund tatsächlichen Bezugs von Arbeitslosengeld durch die Klägerin. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, u.a. solange Versicherte Arbeitslosengeld beziehen.

Die Voraussetzungen für das Ruhen des Anspruchs sind vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin im Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 zunächst tatsächlich kein Arbeitslosengeld erhalten hat. Die (vorläufige) Bewilligung erfolgte erst mit Bescheid vom 20.02.2012, mit dem auch die Nachzahlung für den Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 verfügt wurde.

Darüber hinaus greift die Ruhensvorschrift nur im Falle des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Form der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall nach § 146 SGB III bzw. § 126 SGB III a.F. (Siefert in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 156 Rn. 36, 5. Auflage 2013; BSG, Urteil vom 10.03.1987 – 3 RK 31/86 – Rn. 10ff.; BSG, Urteil vom 03.06.2004 – B 11 AL 55/03 R). Denn nur auf diese Weise ist das Konkurrenzverhältnis zwischen der Ruhensvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V und § 156 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III (§ 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III a.F.), der seinerseits regelt, dass der Arbeitslosengeldanspruch bei Zuerkennung eines Anspruchs auf Krankengeld ruht, widerspruchsfrei aufzulösen (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 1 KR 6/06 R – Rn. 22 m.w.N.; Brinkhoff in: jurisPK-SGB V, § 49 Rn. 46f., 2. Aufl. 2012). Diese aus systematischen Gründen zwingende einschränkende Auslegung des § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ist mit dem Wortlaut der Regelung vereinbar. Die Formulierung, dass der Anspruch ruht, „solange“ Arbeitslosengeld bezogen wird, lässt die Interpretation zu, dass nur solche Fälle erfasst sind, in denen während des laufenden Arbeitslosengeldbezugs die Arbeitsunfähigkeit und damit die Leistungsvoraussetzung für den Krankengeldanspruch eintritt.

Bei dem Arbeitslosengeldbezug der Klägerin handelte es sich nicht um einen Fall der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall im Sinne des § 146 Abs. 1 S. 1 SGB III (§ 126 Abs. 1 S. 1 SGB III a.F.), da die Klägerin nicht erst während des Bezugs von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Anspruch auf Krankengeld ruhte demzufolge nicht.

7. Der Anspruch ist allerdings erloschen, soweit er auf Grund der für den gleichen Zeitraum erbrachten Leistung von Arbeitslosengeld als erfüllt gilt. Nach § 107 Abs. 1 SGB X gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. Hiermit wird Bezug genommen auf die in den §§ 102 bis 106 SGB X geregelten Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern.

Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene einen Erstattungsanspruch aus § 104 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist derjenige Leistungsträger gegenüber einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat, soweit der vorrangig verpflichtete Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat. Nachrangig verpflichtet ist nach § 104 Abs. 1 S. 2 SGB X ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.

Die Beigeladene ist in diesem Sinne nachrangig verpflichtete Leistungsträgerin. Nach § 156 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III (§ 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III a.F.) ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt ist. Hieraus folgt, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gegenüber einem Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich nachrangig ist. Hätte die Beklagte ihre Leistungsverpflichtung zur Gewährung von Krankengeld im Zeitraum vom 20.01.2012 bis zum 31.01.2012 rechtzeitig erfüllt, wäre die Beigeladene auf Grund der Ruhensvorschrift des § 156 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III (§ 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III a.F.) nicht zur Leistung verpflichtet gewesen.

Die Beklagte war deshalb nur zur Leistung von Krankengeld dem Grunde nach zu verurteilen, soweit die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X nicht reicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

IV.

Die Berufung war zuzulassen, da das Urteil von Entscheidungen des Landessozialgerichts und des Bundessozialgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).

 

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