Skip to content
Menü

Krankengeldanspruch – Ruhen bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit  –  Beweislast

Krankengeldanspruch in Gefahr: Ruhen bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit

Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin behandelt den Anspruch auf Krankengeld im Kontext einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger verliert teilweise seinen Anspruch auf Krankengeld, da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig bei der Krankenkasse einging. Die Beweislast für den rechtzeitigen Eingang liegt beim Kläger. Das Gericht bestätigt die Entscheidung der Krankenkasse hinsichtlich der Nichtgewährung des Krankengeldes für einen bestimmten Zeitraum.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: S 20 KR 13/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Der Krankengeldanspruch kann ruhen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht fristgerecht bei der Krankenkasse eingeht.
  2. Im vorliegenden Fall wurde der Eingang der Bescheinigung für einen spezifischen Zeitraum nicht rechtzeitig nachgewiesen.
  3. Die Beweislast für den rechtzeitigen Eingang der Bescheinigung liegt beim Versicherten.
  4. Versäumt der Versicherte die Frist, kann dies zum Verlust des Krankengeldanspruchs für diesen Zeitraum führen.
  5. Das Gericht bestätigte, dass die Krankenkasse korrekt handelte, indem sie das Krankengeld für den strittigen Zeitraum nicht gewährte.
  6. Die Entscheidung berücksichtigt die Regelungen des Sozialgesetzbuches und die Rechtsprechung zu ähnlichen Fällen.
  7. Es wird deutlich, dass die Verantwortung für die zeitgerechte Übermittlung beim Versicherten liegt.
  8. Der Fall betont die Wichtigkeit, Fristen und formelle Anforderungen im Krankenversicherungssystem zu beachten.

Krankengeld und Meldefristen: Ein juristischer Überblick

Das Thema Krankengeldanspruch und die Bedeutung von Fristen im Sozialrecht rücken immer wieder in den Fokus juristischer Auseinandersetzungen. Besonders relevant ist hierbei das Ruhen des Krankengeldanspruchs bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Diese Thematik wirft wichtige Fragen auf: Wie strikt sind die Fristen für die Meldung von Arbeitsunfähigkeit? Welche Folgen hat eine Versäumnis für den Versicherten? Dabei spielt die Beweislast eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um den Nachweis des rechtzeitigen Eingangs der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse geht.

In unserem nächsten Abschnitt beleuchten wir ein konkretes Urteil, das sich mit diesen Fragen auseinandersetzt. Durch diesen Fall wird deutlich, wie essenziell die Einhaltung von Meldefristen im Sozialrecht ist und welche Konsequenzen sich für Versicherte ergeben können. Wir laden Sie ein, tiefer in diese Thematik einzutauchen und zu erkunden, wie die Rechtsprechung in solchen Fällen entscheidet.

Der Streit um Krankengeld bei verspäteter Meldung

Das Sozialgericht Neuruppin hat ein Urteil zum Krankengeldanspruch im Falle einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit gefällt. Im Kern ging es um die rechtliche Auseinandersetzung zwischen einem Kläger und seiner Krankenkasse. Der Kläger, seit 30 Jahren bei der Krankenkasse versichert, hatte seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung postalisch versendet. Diese Bescheinigung, welche einen längeren Zeitraum abdeckte, ist jedoch bei der Krankenkasse nicht rechtzeitig eingegangen. Dies führte zur Ablehnung des Krankengeldes für diesen Zeitraum durch die Krankenkasse, basierend auf der Regelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V.

Die Rolle der Beweislast im Sozialrecht

Ein zentraler Punkt des Falls war die Beweislast. Laut Sozialrecht liegt die Beweislast für den rechtzeitigen Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Versicherten. Der Kläger behauptete, alles Erforderliche für einen rechtzeitigen Eingang getan zu haben. Er verwies darauf, dass er stets per Post versandt habe und nie Probleme aufgetreten seien. Die Krankenkasse konterte, dass keine Beweise für den rechtzeitigen Eingang der Bescheinigung vorlagen und betonte die Wichtigkeit der Fristeinhaltung für das Ruhen des Krankengeldanspruches. Dies unterstrich die Herausforderung, die Beweislast in solchen Fällen zu tragen.

Entscheidung des Gerichts und ihre Begründung

Das Gericht entschied teilweise zugunsten des Klägers. Es wurde festgestellt, dass ihm für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 Krankengeld zusteht, da die Folgebescheinigung rechtzeitig bei der Krankenkasse einging. Für den vorherigen Zeitraum wurde die Klage jedoch abgewiesen, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass die erste Bescheinigung fristgerecht eingegangen war. Das Gericht folgte hierbei der etablierten Rechtsprechung, die besagt, dass der Versicherte das Risiko für den rechtzeitigen Eingang der Meldung trägt.

Bedeutung des Urteils für das Sozialrecht

Dieses Urteil verdeutlicht die strenge Handhabung von Fristen im Sozialrecht und die Bedeutung der Beweislast bei der Meldung von Arbeitsunfähigkeit. Es zeigt, dass Versicherte bei der Meldung ihrer Arbeitsunfähigkeit äußerst sorgfältig vorgehen müssen, um ihren Anspruch auf Krankengeld nicht zu gefährden. Gleichzeitig unterstreicht das Urteil die Wichtigkeit der digitalen und postalischen Sorgfalt in Verwaltungsprozessen. Für Versicherte bedeutet dies, dass sie sich nicht allein auf traditionelle Postwege verlassen sollten, sondern auch andere Übermittlungswege in Betracht ziehen müssen, um die Einhaltung der Fristen zu garantieren.

Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin bildet somit einen wichtigen Referenzpunkt für ähnliche Fälle und unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die rechtlichen als auch die praktischen Aspekte bei der Meldung von Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Wie wird das „Ruhen“ des Krankengeldanspruchs bei einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit definiert und angewendet?

Das „Ruhen“ des Krankengeldanspruchs bezieht sich auf eine vorübergehende Aussetzung des Anspruchs auf Krankengeld. Dies kann eintreten, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht innerhalb einer Woche nach ihrem Beginn der Krankenkasse gemeldet wird. Solange die Meldung der Krankenkasse nicht vorliegt, ruht der Anspruch auf Krankengeld.

Die Meldefrist von einer Woche beginnt ab dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Wenn das Ende der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt, verlängert sich die Meldefrist auf den nächsten Werktag.

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Die Rechtsprechung hat anerkannt, dass der Anspruch auf Krankengeld nicht ruht, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung daran gehindert wurde. Darüber hinaus kann das Ruhen des Anspruchs nicht geltend gemacht werden, wenn die Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert wurde, die der Versicherte nicht zu verantworten hat.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Meldepflicht für jede spezifische Leistung gilt. Das bedeutet, dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes gemeldet werden muss, beispielsweise bei einer Fortsetzungserkrankung oder einem neuen Anspruch nach dem Beginn einer weiteren Blockfrist.

Einige Gerichtsentscheidungen haben auch festgestellt, dass die Krankenkassen weiterhin Krankengeld zahlen müssen, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos festgestellt wurde, zum Beispiel wenn ein Arzttermin zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig vereinbart werden konnte.

Welche Bedeutung hat die „Beweislast“ im Zusammenhang mit der Meldung der Arbeitsunfähigkeit und dem Krankengeldanspruch?

Die „Beweislast“ im Zusammenhang mit der Meldung der Arbeitsunfähigkeit und dem Krankengeldanspruch bezieht sich auf die Verantwortung des Versicherten, die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig und korrekt zu melden und zu belegen. Der Versicherte muss die Arbeitsunfähigkeit innerhalb einer Woche nach ihrer Feststellung der Krankenkasse melden. Versäumt er diese Frist, kann der Anspruch auf Krankengeld ruhen.

Die Beweislast für den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit liegt beim Arbeitnehmer. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer nachweisen muss, dass er arbeitsunfähig ist und wann diese Arbeitsunfähigkeit begonnen hat und endet. Dieser Nachweis erfolgt in der Regel durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die einen hohen Beweiswert hat.

Wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, kann die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst einholen. Sollte die Krankenkasse Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben, liegt es am Versicherten, diese Zweifel auszuräumen und den Beweis für seine Arbeitsunfähigkeit zu erbringen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beweislast auch für aufeinanderfolgende Krankheiten gilt. Wenn eine neue Krankheit während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit auftritt, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass die erste Arbeitsunfähigkeit bereits beendet war, bevor die zweite Arbeitsunfähigkeit eintrat.

Insgesamt ist die Beweislast ein zentraler Aspekt im Zusammenhang mit der Meldung der Arbeitsunfähigkeit und dem Krankengeldanspruch. Der Versicherte muss sicherstellen, dass er alle notwendigen Schritte unternimmt, um seinen Anspruch auf Krankengeld zu sichern.


Das vorliegende Urteil

SG Neuruppin – Az.: S 20 KR 13/21 – Urteil vom 29.07.2022

Die Beklagte wird unter Abänderung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 09. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. Januar 2021 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 Krankengeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zu gewähren.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu 15 Prozent zu erstatten.

Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.

Die Berufung wird – soweit sie der Zulassung bedarf – nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020.

Der 1958 geborene Kläger ist bei der Beklagten mit Anspruch auf Gewährung von Krankengeld gesetzlich krankenversichert. Nachdem die Beklagte dem Kläger zunächst – nach erfolgter Entgeltfortzahlung – mit Wirkung ab dem 15. September 2020 Krankengeld gewährt hatte, lehnte sie mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 09. November 2020 die weitere Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2021 als unbegründet zurück. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 136 Abs 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort ab den Worten „Die rechtlichen Grundlagen“) bis Seite 3 (dort bis vor die Worte „Ihre Rechte“) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. Januar 2021.

Mit Schriftsatz vom 05. Februar 2021 – bei dem Sozialgericht Neuruppin am gleichen Tage eingegangen – hat der anwaltlich vertretene Kläger bei dem erkennenden Gericht Klagen erhoben, mit denen er sein Begehren auf Gewährung von Krankengeld für den streitbefangenen Zeitraum weiter verfolgt. Er trägt zur Begründung seines Begehrens im Wesentlichen vor, er habe alles Notwendige und Erforderliche getan, damit seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig bei der Beklagten eingehe. Er sei seit 30 Jahren bei der Beklagten versichert und habe seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stets mit der Post versandt. Es sei umso erstaunlicher, dass genau die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten nicht eingegangen sei, die den langen Zeitraum vom 02. Oktober 2020 bis zum 30. Oktober 2020 umfasse. Es erschließe sich ihm auch nicht, warum Krankengeld dann auch nicht für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 gezahlt worden sei; die Folgebescheinigung, die Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum attestiere, sei rechtzeitig am 04. November 2020 bei der Beklagten eingegangen. Im Übrigen sei die augenscheinlich nur noch elektronisch geführte Akte teilweise nicht nachvollziehbar. Es befänden sich Vermerke über per App versandte Arbeitsunfähigkeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Akte, ohne Hinweis, ob diese dann auch eingepflegt worden seien. Teilweise seien Bescheinigungen des Klägers mit und ohne Briefumschlag eingescannt worden. Die Beklagte könne nicht ausschließen, dass die streitgegenständliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht doch eingegangen sei. Auch könne sie nicht ausschließen, dass in ihrem Haus nicht ein Fehler beim Posteingang oder ein Fehler im System geschehen sei und aus diesem Grunde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten nicht auffindbar sei.

Der Kläger beantragt (nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 09. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2021 verlautbarten Verfügung zu verurteilen, ihm Krankengeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung ergänzt und vertieft sie ihre Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2021. Ergänzend hebt sie hervor, der Kläger habe seine weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit unter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30. Oktober 2020 erst am 04. November 2020 angezeigt. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Meldung der Arbeitsunfähigkeit erst erfolgt sei, wenn sie der Krankenkasse zugegangen sei. Das Original der von dem Kläger postalisch versandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02. Oktober 2020 sei bei der Beklagten bis heute nicht eingegangen; eingegangen sei nur eine Kopie der Ausfertigung für den Versicherten. Die Beweislast für den rechtzeitigen Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liege bei dem Kläger, der das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung trage. Auch nach der Einführung von großen Scanzentren erfolge keine Verlagerung der Verantwortungsbereiche. Das Einscannen von Eingangspost genieße höchste Priorität und erfolge bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen taggleich. Es ergäben sich keine Unterschiede zu einer „analogen“ Posteingangsregistrierung. Die Beklagte könne nicht nachweisen, dass etwas nicht eingegangen sei. Nach Meinung der Beklagten beginne die Wochenfrist mit dem Ablauf der bisher attestierten Arbeitsunfähigkeit (bis 02. Oktober 2020) am 03. Oktober 2020, weshalb ein Ruhen des Krankengeldanspruches ab diesem Zeitpunkt und dann bis zum 03. November 2020 zu verfügen gewesen sei. Für die Beklagte ergebe sich kein Unterschied, ob die Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum mit nur einer oder mehreren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gemeldet werde, die Folge sei anderenfalls eine Ungleichbehandlung. Die Anwendung des Ruhenszeitraums bis zum 03. November 2020 ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V: Da die Meldung des Klägers erst am 04. November 2020 erfolgt sei, ruhe der Anspruch demnach „solange“, also bis zum 03. November 2020.

Die Beteiligten haben sich zuletzt mit entsprechenden Prozesserklärungen vom 22. Juli 2022 mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand von Beratung und Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klagen haben im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Über die Klagen konnte die Kammer gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu zuvor ihr Einverständnis erteilt haben und weil das Gericht vor seiner Entscheidung – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23).

2. Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020. Gegenstand des Klageverfahrens sind dabei die im Tenor näher bezeichneten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen der Beklagten.

3. a) Das Begehren des Klägers, das darauf gerichtet ist, die Beklagte unter Abänderung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 09. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2021 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsverfügung zu verurteilen, ihm Krankengeld für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 zu gewähren, ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

b) Das Begehren ist dabei auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 S 1 SGG) gerichtet, weil der Kläger keinen bezifferten Antrag gestellt hat, was auch zulässig ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2013 – B 8 SO 4/12 R, RdNr 15 f). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils sind erfüllt, weil der Kläger mit Wahrscheinlichkeit Anspruch auf Gewährung von Krankengeld nach den Bestimmungen des SGB V hat, wenn seinem Vorbringen gefolgt wird.

4. Die zulässigen Klagen sind unbegründet, soweit der Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 29. Oktober 2020 begehrt.

a) Die mit der Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG ist in diesem Umfang unbegründet, weil die angegriffene sozialverwaltungsbehördliche Verfügung der Beklagten in diesem Umfang rechtmäßig ist und der Kläger hierdurch nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG).

aa) Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 29. Oktober 2020 zu gewähren. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld nach Maßgabe des § 44 Abs 1 S 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) iVm § 46 S 1 Nr 2 und S 2 SGB V – jeweils in der Fassung, die die genannten Vorschriften zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist <sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu aus dem Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 1/20 R, RdNr 13 mwN), was auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt – für den Zeitraum vom 03. Oktober 2020 bis zum 29. Oktober 2020 nicht zu. Die Kammer sieht gemäß § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Ausführungen der Beklagten auf Seite 2 (dort unter den Worten „Die rechtlichen Grundlagen“) bis Seite 3 (dort bis vor die Worte „Ihre Rechte“) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. Januar 2021. Die Kammer folgt diesen Ausführungen, weil sie sie für überzeugend hält und deshalb auch zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung macht. Die Beklagte hat insoweit unter überzeugender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren und unter nicht zu beanstandender Anwendung der maßgeblichen Regelungen zutreffend darauf abgestellt, dass die mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02. Oktober 2020 attestierte Arbeitsunfähigkeit angesichts der Regelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, wonach der Anspruch auf Gewährung von Krankengeld solange ruht wie die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, was nur dann nicht gilt, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, nicht fristgerecht gemeldet worden war.

bb) Den in Bezug genommenen Erwägungen der Beklagten hat der Kläger nach Auffassung der Kammer auch im Klageverfahren nichts Entscheidungserhebliches entgegen gesetzt. Mit Blick auf das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren hat die Kammer indes Anlass noch einmal zu betonen, dass dann, wenn dem Versicherten – wie hier – die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgehändigt wird, er regelmäßig selbst dazu in der Lage ist, das Risiko der Postlaufzeit einzuschätzen und stattdessen ggf andere Kommunikationswege zu nutzen. Dies rechtfertigt die grundsätzliche Zuordnung des Übermittlungsrisikos zur Sphäre des Versicherten, wenn die von ihm übersandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg verloren geht oder verspätet zugeht (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 08. August 2019 – B 3 KR 18/18 R, RdNr 28 mwN). Insoweit ist hier letztlich allein maßgeblich, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02. Oktober 2020 nicht rechtzeitig bei der Beklagten eingegangen ist und dass die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang bei dem Kläger liegt. Nach den allgemeinen Regeln für die Darlegungs- und Beweislast gilt, dass derjenige die objektiven Tatsachen darlegen muss, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft sowohl das Vorhandensein von positiven, als auch das Fehlen von negativen Tatbestandsvoraussetzungen (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 30/14 R, RdNr 20). Insoweit gilt auch in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (vgl hierzu schon grundlegend Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55, RdNr 18f mwN). Damit trägt der Kläger insbesondere auch die objektive Beweislast dafür, dass die streitbefangene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02. Oktober 2020 rechtzeitig innerhalb der Frist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V bei der Beklagten eingegangen ist. Diesen Beweis ist der Kläger letztlich schuldig geblieben.

cc) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang dargelegt hat, dass er immer sämtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen postalisch an die Beklagte übersandt habe und dass es bislang noch nie zu einer Verspätung der Meldung gekommen sei, kann die Kammer dies sogar als wahr unterstellen, ohne dass der Kläger hieraus seinen Klageerfolg ableiten kann, weil damit der rechtzeitige Zugang bei der Beklagten, auf den es – wie aufgezeigt – allein ankommt, nicht belegt werden kann. Im Übrigen fehlt für den Einwand des Klägers, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei rechtzeitig bei der Beklagten eingegangen, jeder Anhaltspunkt, ist durch nichts belegt und damit lediglich spekulativ.

dd) Soweit der Kläger schließlich zur Stützung seines Begehrens auch einwendet, die Beklagte könne angesichts der Digitalisierung ihrer Verwaltungsakten ihrerseits nicht ausschließen, dass es bei der Registrierung von Eingangspost zu Fehlern komme, kann er einen Klageerfolg hieraus schon deshalb nicht ableiten, weil dies eine Umkehr der oben skizzierten Beweislastverteilung bedeutete. Die Entlastung eines beweisbelasteten Beteiligten ist nach den aus § 444 der Zivilprozessordnung (ZPO) entwickelten Rechtsgrundsätzen nur möglich, wenn dem durch die Beweislastverteilung begünstigten Beteiligten eine Beweisvereitelung vorzuwerfen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. August 1993 – 9/9a RV 10/92, RdNr 14ff). Nach § 444 ZPO können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt einer Urkunde als bewiesen angesehen werden, wenn die Urkunde von einer Partei in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht worden ist. Den hierin zum Ausdruck kommenden Grundgedanken hat die Rechtsprechung über die an sich geforderte Arglist hinaus auch auf Fälle fahrlässigen Handelns und auch auf andere Beweismittel als Urkunden erweitert. Es genügt, dass dem beweispflichtigen Beteiligten die an sich mögliche Beweisführung durch schuldhaftes Handeln unmöglich gemacht wird. Auch in den von dem Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten Prozessordnungen ist dieser Grundgedanke mit seinen Erweiterungen anwendbar. Es kann unterstellt werden, dass eine Beweiserleichterung auch dann in Betracht kommt, wenn eine Beweisführung nicht durch aktives Handeln, sondern durch pflichtwidriges Unterlassen verhindert worden ist. Das ist besonders in Verfahren von Bedeutung, in denen wie hier der durch die Beweislastverteilung begünstigte Beteiligte kraft Gesetzes verpflichtet ist, auch im Interesse des anderen Beteiligten an der Wahrheitsfindung im Prozess mitzuwirken und schon vor dem Prozess notwendige Ermittlungen durchzuführen. Unabdingbare Voraussetzung für eine Beweiserleichterung ist aber, dass das pflichtwidrige Handeln oder Unterlassen den beweisbelasteten Beteiligten in eine Beweisnot, dh in eine ausweglose Lage gebracht hat, nur dann kann von einer Vereitelung gesprochen werden. Dies aber ist hier nicht der Fall. Der Kläger ist zwar heute in Beweisnot, weil der für das Begehren des Klägers günstige Zugang der maßgeblichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei vollständiger Aktenführung, die der Kläger in Abrede stellt, möglicherweise auf diese Weise hätte nachgewiesen werden können. Der Kläger hätte aber jedenfalls durch Zustellung mittels Einschreibens mit Rückschein, dh durch – insbesondere wenn es, wie hier, auf den rechtzeitigen Zugang einer Urkunde mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen ankommt – naheliegende und nicht sehr aufwendige Maßnahmen, selbst die Voraussetzungen für eine Beweisführung schaffen können (vgl zu diesem Aspekt Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. August 2000 – L 7 RJ 34/99, RdNr 44 mwN).

Im Übrigen – darauf hat auch die Beklagte zu Recht hingewiesen – ist es höchstrichterlich geklärt, dass die weiter fortschreitende Digitalisierung von Verwaltungsakten im Grundsatz keine Abkehr von der Verteilung der Risikosphären gebietet (Bundessozialgericht, Urteil vom 05. Dezember 2019 – B 3 KR 5/19 R, RdNr 22). Selbst wenn man aber der Argumentation des Klägers nähertreten und annehmen wollte, geänderte allgemeine Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit den Arbeitsunfähigkeitsmeldeobliegenheiten geböten im Krankengeldrecht eine Abkehr von der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher zugrunde gelegten Verteilung der Risikosphären, kann daraus nicht schon ohne Weiteres hergeleitet werden, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung einer generellen Korrektur unterziehen müssten. Trotz der bekannten bisherigen Rechtsprechung zu § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V und zu § 46 SGB V sind nämlich teilweise vorgenommene Änderungen zum Krankengeldrecht erst durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 06. Mai 2019 (BGBl I 646; dazu: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum vorgenannten Gesetz, BT-Drucks 19/6337 S 92 f Zu Nummer 22 <§ 46> und Zu Nummer 24 <§ 49>) mit Wirkung zum 11. Mai 2019 vorgenommen worden, auch im Zusammenhang mit der ebenfalls eingeführten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldung zum 01. Januar 2021. Hieraus kann geschlossen werden, dass zwar durchaus ein Bedarf für gesetzliche Änderungen im Krankengeldrecht gesehen wurde, dies jedoch nur bezogen auf einen begrenzten Bereich und nur mit Wirkung für die Zukunft (Bundessozialgericht, Urteil vom 05. Dezember 2019 – B 3 KR 5/19 R, RdNr 23).

Auch durch Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises kann der Kläger für den hier interessierenden Zeitraum nicht erfolgreich sein. Die Zulassung des Anscheinsbeweises im Bereich des Zugangsnachweises würde bedeuten, dem Empfänger den in der Regel gar nicht zu führenden Beweis des fehlenden Zuganges aufzuerlegen, was darauf hinausliefe, den Zugang mit der Aufgabe der Sendung gleichzusetzen, was wiederum dem Wortlaut der Regelung des § 130 Abs 1 S 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) iVm § 130 Abs 3 BGB widerspräche, der den Zugang voraussetzt. Für ein solches Abweichen vom Gesetzeswortlaut besteht zudem auch gar kein Bedürfnis, weil der Absender es – wie bereits dargelegt worden ist – in der Hand hat, förmlich zuzustellen oder einen Rückschein zu verlangen. Der Absender hat demnach genügend Mittel zur Verfügung, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs von vornherein sicherzustellen und es ist deshalb keineswegs unbillig, ihn das Beweisrisiko tragen zu lassen.

ee) Im Übrigen wäre es dem Kläger unbenommen gewesen, seine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit auch (vorab) telefonisch mitzuteilen (vgl zu der Nutzung anderer Kommunikationswege auch: Bundessozialgericht, Urteil vom 08. August 2019 – B 3 KR 18/18 R, RdNr 28).

b) Wenn danach die Anfechtungsklage hinsichtlich des Zeitraumes vom 03. Oktober 2020 bis zum 29. Oktober 2020 unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG). Diese ist unbegründet, weil in Verfahren der vorliegenden Art eine zulässige und begründete Leistungsklage wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt und weil zugunsten des Klägers – wie aufgezeigt – ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld im genannten Zeitraum nicht besteht.

5. Die zulässigen Klagen sind indes begründet, soweit der Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 begehrt.

a) Die mit der Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG ist in diesem Umfang begründet, weil die angegriffene sozialverwaltungsbehördliche Verfügung der Beklagten in diesem Umfang rechtswidrig ist und der Kläger hierdurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG). Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 zu gewähren. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld nach Maßgabe des § 44 Abs 1 S 1 SGB V iVm § 46 S 1 Nr 2 und S 2 SGB V für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind für den genannten Zeitraum die Voraussetzungen des geltend gemachten Krankengeldanspruches erfüllt und es greifen keine Einwendungen hiergegen durch.

aa) Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 war ärztlich festgestellt. Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht, der Anspruch auf Gewährung von Krankengeld entsteht nach § 46 S 1 Nr 2 SGB V von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30. Oktober 2020 bescheinigte der den Kläger behandelnde Arzt der Beklagten, dass Arbeitsunfähigkeit bestehe, Zweifel am Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit hat die Beklagte nicht geltend gemacht und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

bb) Die Beklagte kann sich für den hier interessierenden Zeitraum nicht mit Erfolg auf ein Ruhen des Krankengeldanspruchs nach Maßgabe der Regelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V berufen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Im Hinblick darauf, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30. Oktober 2020 am 04. November 2020 bei der Beklagten eingegangen ist – dies stellt sie selbst auch nicht in Abrede – sind die Voraussetzungen des Ruhenstatbestandes für den in dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestierten Zeitraum nicht erfüllt, weil der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum zwar nachträglich, jedoch noch rechtzeitig, gemeldet hat. Die Auffassung der Beklagten, es komme mit Blick auf den Wortlaut des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V nur darauf an, dass die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung außerhalb der Wochenfrist bei ihr zugegangen ist und deshalb der Krankengeldanspruch (insgesamt) bis zu dem Zugang dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ruhe, ohne dass es auf den rechtzeitigen Zugang sich anschließender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ankomme, widerspricht im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer folgt, weil sie sie für überzeugend hält und deshalb auch ihrer eigenen Entscheidung zugrunde legt. Weil nach dieser Rechtsprechung das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krankengeldes für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist, wenn – wie hier – das Krankengeld abschnittsweise gewährt wird (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R, RdNr 13 mwN), kann sich die Ruhensregelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V lediglich auf den jeweils zu beurteilenden Krankengeldabschnitt beziehen, weshalb für den hier interessierenden Zeitraum eine rechtzeitige Meldung erfolgt ist. Für diese Sichtweise spricht insbesondere auch, dass die Regelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V die Krankenkasse lediglich davon freistellen soll, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Die Norm soll der Krankenkasse die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R, RdNr 17). Gerade dies wurde der Beklagten durch die noch rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit für den hier interessierenden Zeitraum ermöglicht.

cc) Wenn im Übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (1.) die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft, (2.) die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden muss, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat, was (3.) auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten hat, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der Arbeitsunfähigkeit über die Weitergewährung des Krankengeldes neu zu befinden ist und (4.) der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden muss, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R, RdNr 18 mwN und RdNr 20), muss ihm auch in Fällen der vorliegenden Art zugutekommen, wenn er die weitere Arbeitsunfähigkeit entsprechend seiner Obliegenheiten rechtzeitig meldet, ohne dass es darauf ankommt, dass die vorhergehende Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig gemeldet hat. Gerade dies ist die Folge davon, dass alle Leistungsvoraussetzungen und damit auch alle Ruhens- und Erlöschenstatbestände für jeden Krankengeldabschnitt neu zu prüfen sind.

dd) Weil schließlich auch nichts dafür ersichtlich ist, dass die Höchstdauer des Krankengeldanspruches (§ 48 Abs 1 S 1 SGB V) nicht überschritten ist, steht dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 zu.

b) Wenn danach die Anfechtungsklage hinsichtlich des Zeitraumes vom 30. Oktober 2020 bis zum 03. November 2020 begründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG). Diese ist begründet, weil zugunsten des Klägers – wie aufgezeigt – dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld im genannten Zeitraum besteht.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beklagte 15 Prozent der dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten hat, weil dies dem Verhältnis von Obsiegen zum Unterliegen entspricht, während die Aufwendungen der Beklagten schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig sind (§ 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).

7. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 183 S 1 SGG).

8. Die für die Beklagte wegen der Unterschreitung des Wertes des Beschwerdegegenstandes zulassungsbedürftige Berufung (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG) war mangels Vorliegen von Berufungszulassungsgründen nicht zuzulassen (§ 144 Abs 2 SGG).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!