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Krankenversicherung – ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Fortgewährung von Krankengeld

SG Schleswig, Az.: S 23 KR 37/14 ER, Beschluss vom 27.08.2014

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Fortgewährung von Krankengeld.

Der am … geborene Antragsteller steht in einem Arbeitsverhältnis zu der … und ist als Mitglied der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses war der Antragsteller, der bei seiner Arbeitgeberin als Monteur beschäftigt wird, zuletzt als Gruppenführer eingesetzt; ihm oblag insoweit im wesentlichen die Kontrolle der Arbeitsabläufe bei der Wohnwagenmontage und sie Sicherstellung der Materialbeschaffung für die zur – am Fließband erfolgenden – Montage erforderlichen Arbeitsgänge. In Ausübung dieser Beschäftigung ist der Antragsteller überwiegend stehend und gehend tätig, wobei an einem Arbeitstag erhebliche Gehstrecken über das Werksgelände zurückzulegen sind. Falls der Antragsteller selbst Montagetätigkeiten zu verrichten hat, können diese auch eine gebückte oder hockende Arbeitshaltung erfordern.

Krankenversicherung - ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Fortgewährung von Krankengeld
Symbolfoto: Von nitpicker /Shutterstock.com

Der Antragsteller leidet an einer schmerzhaften Arthrose des rechten Hüftgelenks, wobei die Schmerzintensität unter körperlicher Belastung zunimmt. Aufgrund dieses Leidens wurde bei dem Antragsteller am 11.02.2014 von dem diesen hausärztlich behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. med. … eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Nachdem die Arbeitgeberin ihre Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den arbeitsunfähig erkrankten Antragsteller mit Ablauf des 24.03.2014 eingestellt hatte, gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf Grundlage eines entsprechenden Bewilligungsbescheides vom 07.03.2014 ab dem 25.03.2014 kalendertägliches Krankengeld in Höhe von 67,62 € brutto bzw. 59,53 € netto. Vom 28.05. bis zum 18.06.2014 durchlief der Antragsteller unter der Diagnose einer Coxarthrose eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der … in …, während welcher die Deutsche Rentenversicherung Nord als zuständiger Rentenversicherungsträger dem Antragsteller Übergangsgeld gewährte. Am 19.06.2014 stellte der Hausarzt des Antragstellers bei diesem eine Arbeitsunfähigkeit „bis auf weiteres“ fest, woraufhin die Antragsgegnerin dem Antragsteller von jenem Tag an erneut Krankengeld gewährte.

Am 01.07.2014 führte die beratende Ärztin Dr. med. … vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nord (MDK) gegenüber der Antragsgegnerin in einer von dieser in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Stellungnahme aus, dass unter Berücksichtigung des Entlassungsberichts der …, in welchem eine kurzfristige Wiederherstellung der gesundheitlichen Belastbarkeit des Antragstellers für die von diesem ausgeübte Tätigkeit in Aussicht gestellt worden sei, davon auszugehen sei, dass der Antragsteller ab dem 12.07.2014 seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit, die in leichter bis mittelschwerer Arbeit bestehe, wieder ausüben könne. Mit Schreiben vom selben Tage (dem 01.07.2014) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller daraufhin mit, dass der MDK bei dem Antragsteller keinen sicheren Anhalt für eine akut behandlungsbedürftige Erkrankung oder eine aktuell stattfindende intensive Diagnostik oder Therapie erkennen könne. Man gehe daher davon aus, dass der Antragsteller bereits wieder arbeitsfähig sei und beabsichtige, die Zahlung des Krankengeldes zum 11.07.2014 einzustellen (s. Bl. 11 d.A.).

Am 10.07.2014 stellte sich der Antragsteller erneut bei seinem behandelnden Hausarzt vor, der unter demselben Datum gegenüber der Antragsgegnerin bescheinigte, dass der Antragsteller nach wie vor und voraussichtlich noch bis zum 11.08.2014 arbeitsunfähig erkrankt sei. Daraufhin holte die Antragsgegnerin eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme des MDK ein; in dieser erklärte Dr. med. … am 14.07.2014, dass in dem Reha-Bericht ein kurzfristiges Ende der Arbeitsunfähigkeit in Aussicht gestellt worden und von seiten des Antragstellers keine medizinischen Befunde vorgelegt worden seien, die eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit begründen könnten. Mit Bescheid vom 15.07.2014 (Bl. 13 d.A.) erklärte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, dass keine weiteren, eine fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit begründenden Unterlagen vorgelegt worden seien und deshalb die Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers am 11.07.2014 geendet habe. Dementsprechend zahlte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Krankengeld lediglich bis zum 11.07.2014 einschließlich.

Mit Schreiben vom 16.07.2014 erhob der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten Widerspruch gegen das als Verwaltungsakt betrachtete Schreiben der Antragsgegnerin vom 01.07.2014 (s. Bl. 12 d.A.). Über diesen Widerspruch hat die Antragsgegnerin bislang nicht entschieden.

Bereits am 15.07.2014 hatte der Antragsteller das vorliegende Eilverfahren vor dem Sozialgericht Schleswig angestrengt, mit welchem er die Fortgewährung des Krankengeldes über den 11.07.2014 hinaus begehrt. Zur Begründung macht der Antragsteller geltend, dass er nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt sei. Dies sei zum einen von seinem Hausarzt bescheinigt worden, zum anderen sei dies auch vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkung nachvollziehbar. Denn aufgrund seiner Coxarthrose bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen nur noch für leichte bis mittelschwere Arbeiten, überwiegend im Sitzen und nur zeitweilig gehend und stehend. Zu vermeiden seien darüberhinaus häufiges Bücken, Hocken, Klettern, Steigen und Zwangshaltungen sowie Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft. Im übrigen sei die Angelegenheit auch dringlich, da er auf die Krankengeldzahlung zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts zwingend angewiesen sei. Denn er habe zwar Arbeitslosengeld beantragt, man habe ihm aber – ohne dass bislang über diesen Antrag entschieden worden sei – bereits erklärt, dass er keinen entsprechenden Leistungsanspruch innehabe. Daher erhalte er seit dem 12.07.2014 keine lebensunterhaltssichernden Leistungen mehr. Er verfüge – mit Ausnahme eines Kontoguthabens von mittlerweile nur noch 50,00 € – über kein Vermögen und auch seine Ehefrau erziele keinerlei Einkommen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig weiterhin Krankengeld zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Zur Begründung dieses Antrags bringt die Antragsgegnerin vor, dass es dem Begehren des Antragstellers bereits an einem Anordnungsanspruch mangele. Denn das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers über den 11.07.2014 hinaus sei nicht belegt. Bei der entsprechenden Bescheinigung des Hausarztes des Antragstellers handele es sich lediglich um eine Stellungnahme, die weder für die Antragsgegnerin noch für das Gericht eine Bindungswirkung entfalte. In diesem Zusammenhang beruft sich die Antragsgegnerin auch auf eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. med. … des MDK vom 28.07.2014, in welcher diese nochmals herausstellt, dass im Rehabericht die beruflich an den Antragsteller gestellten Anforderungen ausführlich beschrieben und medizinisch bewertet worden seien, und dass unter Berücksichtigung dieser Anforderungen und der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers die Wiederherstellung dessen Arbeitsfähigkeit als kurzfristig möglich angesehen worden sei. Da nach Beendigung der Rehamaßnahme keine neuen Befunde oder Funktionseinschränkungen mitgeteilt worden seien, die eine weitere Arbeitsunfähigkeit begründen könnten, sei ein Zeitraum von dreieinhalb Wochen ab Beendigung der Rehamaßnahme als ausreichend anzusehen, um von der Wiedergewinnung der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers ausgehen zu können. Schließlich habe der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht; er könne seit dem 12.07.2014 seiner Berufstätigkeit wieder nachgehen.

Das Gericht hat unter dem 15.08.2014 einen aktuellen Befund- und Behandlungsbericht des den Antragsteller behandelnden Hausarztes angefordert und den Arzt in diesem Zusammenhang auch gebeten, im einzelnen dazulegen, aus welchen gesundheitlichen Einschränkungen er ggf. das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers folgert (vgl. gerichtliches Schreiben auf Bl. 51 d.A.). Das Gericht hat dem behandelnden Arzt eine Frist zur Beantwortung der Fragen bis zum 22.08.2014 gesetzt. Ebenfalls mit Schreiben vom 15.08.2014 hat das Gericht den Antragsteller aufgefordert, bis zum 22.08.2014 eine den Zeitraum ab dem 12.08.2014 betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Beide Schreiben des Gerichts vom 15.08.2014 sind nicht beantwortet worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten, den Krankengeldanspruch des Antragstellers betreffenden Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Wenn jedoch eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden. Dabei ist regelmäßig eine summarische Prüfung, bezogen auf den gegenwärtigen Verfahrensstand, vorzunehmen. Erforderlich ist zum einen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, also eines Rechtsanspruchs auf die begehrte Leistung, und zum anderen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. der Notwendigkeit einer Eilentscheidung, die dem Antragsteller das Zuwarten auf eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar macht. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Das bedeutet, dass die Beweisführung, die einem Antragsteller hinsichtlich der von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Umstände grundsätzlich obliegt, dem Gericht nur einen geringeren Grad an Überzeugung vermitteln muss, als dies in einem Klage-/Hauptsacheverfahren erforderlich ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind dann glaubhaft gemacht, wenn mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers spricht.

Zunächst kann der Antragsteller mit seinem Begehren auf Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum zwischen der Einstellung der Krankengeldgewährung durch die Antragsgegnerin (zum Ablauf des 11.07.2014) und der Anhängigmachung des vorliegenden Eilverfahrens bei Gericht (am 15.07.2014) nicht durchdringen. Dass der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung der begehrten Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung auch für diesen Zeitraum erstrebt, kann nach dem schriftsätzlichen Vorbringen des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden und ist daher unter Beachtung des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes, der bei der Auslegung prozessualer Begehren gemäß § 123 SGG fordert, das Begehren des Antragstellers stets in einer Weise auszulegen, dass eine möglichst weitgehende Befriedigung des Rechtsschutzbedürfnisses gewollt ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 75/08 R, FamRZ 2009, 1997 ff.), zugunsten des Antragstellers anzunehmen. Indes mangelt es dem Eilbegehren des Antragstellers insoweit bereits an dem erforderlichen Anordnungsgrund. Weil gerichtlicher Eilrechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG allein der Behebung einer akuten Notlage dient, ist eine besondere Eilbedürftigkeit in Bezug auf den Zuspruch von Leistungen für Zeiträume, die im Zeitpunkt der Anstrengung eines gerichtlichen Eilverfahrens bereits vergangen sind, nicht anzuerkennen. Denn durch die Versagung des Krankengeldes für die Vergangenheit können keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen, die sich durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen; der Antragsteller hat für diese Zeit seinen Lebensunterhalt bereits aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass er hierfür auf das begehrte Krankengeld nicht mehr angewiesen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2008, L 9 B 600/07 KR ER, zitiert nach juris).

Auch für den Zeitraum seit Anhängigmachung dieses Eilverfahrens (am 15.07.2014) und bis zum Ende der attestierten Arbeitsunfähigkeit (mit Ablauf des 11.08.2014) kann der Antragsteller mit seinem Begehren nicht erfolgreich sein. Denn der Antragsteller konnte insoweit das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft machen. Der verfolgte Anspruch kann allein aus § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) folgen, wonach Versicherte – neben hier nicht einschlägigen Tatbeständen – dann Anspruch auf Krankengeld haben, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. In dem hier gegebenen Fall, dass der Krankengeld beanspruchende Versicherte nach wie vor in einem andauernden Beschäftigungsverhältnis steht, definiert sich der Begriff der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB V in der Weise, dass Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer seine zuletzt vor Eintritt seiner Erkrankung konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur noch unter der Gefahr der Verschlimmerung seines Zustandes verrichten kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2001, B 1 KR 30/00 R, SozR 3-2500 § 44 Nr. 9; und § 2 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Vorliegend hat zwar der den Antragsteller behandelnde Hausarzt der Antragsgegnerin mit Bescheinigung vom 10.07.2014 auf einem Auszahlungsschein für Krankengeld attestiert, dass der Antragsteller voraussichtlich noch bis zum 11.08.2014 arbeitsunfähig erkrankt sei. Einer solchen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt jedoch lediglich die Bedeutung einer gutachterlichen Stellungnahme zu, die die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Bescheid der Krankenkasse bildet, ohne dass diese oder das Sozialgericht an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden wären (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr. 1). Deshalb ist im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung darüber, ob das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit auf seiten eines Antragstellers glaubhaft gemacht ist oder nicht, nicht auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abzustellen. Vielmehr hat diese Entscheidung grundsätzlich unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Unterlagen über den gesundheitlichen Zustand des Antragstellers zu erfolgen (Bayerisches LSG, Beschluss vom 17.06.2011, L 4 KR 76/11 B ER, NZS 2012, 341 f.). Dabei gilt der Grundsatz, dass der Versicherte die Beweislast bzw. die objektive Feststellungslast für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit trägt. Dies gilt wegen der vorstehend dargelegten eingeschränkten Aussagekraft einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere auch in dem Fall, dass – wie im vorliegenden Fall – dem Versicherten eine solche Bescheinigung vom behandelnden Arzt ausgestellt wurde (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.03.2013, L 1 KR 155/11, zitiert nach juris). Dieser in Hauptsacherechtsstreitigkeiten zu beachtende Grundsatz gilt erst Recht dann, wenn der Versicherte einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt, wie vorliegend der Kläger. Denn in einem Eilverfahren obliegt dem Antragsteller – trotz des auch hier geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 103 SGG – gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO eine Glaubhaftmachungslast und mithin eine gewisse Beibringungsverpflichtung hinsichtlich der den geltend gemachten Anspruch begründenden Tatsachen.

Hier konnte die Kammer weder eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dahingehend feststellen, dass der Antragsteller im Zeitraum vom 15.07. bis zum 11.08.2014 arbeitsunfähig erkrankt war, noch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Nichtvorliegen von Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers in diesem Zeitraum. Für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit spricht hier zwar die entsprechende Bescheinigung des den Antragsteller behandelnden Hausarztes vom 10.07.2014. Diese als gutachterliche Äußerung zu verstehende Bescheinigung wird in ihrer Aussagekraft allerdings dadurch erheblich geschmälert, dass der Hausarzt … im Verwaltungsverfahren gegenüber der Antragsgegnerin auf deren Schreiben vom 01.07.2014, mit welchem diese von dem Hausarzt eine ausführliche Begründung für eine über den 11.07.2014 hinaus vorliegende Arbeitsunfähigkeit erbeten hatte, lediglich lapidar mitgeteilt hat, der Antragsteller sei weiterhin arbeitsunfähig erkrankt (ohne dafür irgendeine Begründung zu nennen) und er, der Hausarzt, empfehle eine Vorstellung des Antragstellers beim MDK. Auch im Rahmen des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens hat es der Hausarzt des Antragstellers nicht für nötig befunden, die von ihm bejahte weitere Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers in irgendeiner Weise zu begründen. Stattdessen haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 07.08.2014 erklärt, der Hausarzt des Antragstellers halte eine weitere Stellungnahme für entbehrlich, da insbesondere aus den „vorliegenden Röntgenbildern die Verschleißerscheinungen am Hüftgelenk“ des Antragstellers gut erkennbar seien. Da dem Gericht mitnichten irgendwelche Röntgenaufnahmen des Hüftgelenks des Antragstellers vorliegen, hat das Gericht den Hausarzt des Antragstellers mit Schreiben vom 15.08.2014 ausdrücklich um Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu den gesundheitlichen Ursachen der von diesem über den 11.07.2014 hinaus bescheinigten Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers bis zum 22.08.2014 gebeten. Dieses Schreiben hat der Hausarzt des Antragstellers bis heute unbeantwortet gelassen. Auf der anderen Seite hat Dr. med. … vom MDK im Rahmen dieses Verfahrens nochmals dargelegt, aus welchen Gründen nach ihrer Ansicht ab dem 12.07.2014 – und damit dreieinhalb Wochen nach der Entlassung des Antragstellers aus der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme – wieder von einer Arbeitsfähigkeit des Antragstellers auszugehen sei: nämlich wegen der Ausführung im Entlassungsbericht der Rehabilitationseinrichtung, wonach der Kläger seine berufliche Tätigkeit kurzfristig nach der Entlassung aus der Reha-Maßnahme wieder aufnehmen können werde. Auch wenn diese Einschätzung ebenfalls nicht besonders überzeugend ist – was darauf zurückzuführen ist, dass sich in der hier vorliegenden Verwaltungsakte kein vollständiger Reha-Entlassungsbericht befindet, der sich etwa ausführlich zu den an den Antragsteller gestellten beruflichen Anforderungen auslassen würde, sondern lediglich eine einseitige „Checkliste bei Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Entlassung“ mit Feldern zum Ankreuzen –, so führt sie doch dazu, dass das Gericht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit weder für noch gegen das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit auf seiten des Antragstellers feststellen konnte (was, wie ausgeführt, insbesondere auch an mangelnden Angaben über den Gesundheitszustand des Antragstellers durch dessen Hausarzt liegt). Diese mangelnde Feststellung einer überwiegend wahrscheinlichen Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 15.07. – 11.08.2014 geht nach der oben dargestellten Verteilung der Feststellungslast zu Lasten des Antragstellers.

In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass sich ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf die begehrte Leistung für den Zeitraum vom 15.07. – 11.08.2014 auch nicht aus dem Bewilligungsbescheid der Antragsgegnerin vom 07.03.2014 ergeben kann, auf dessen Grundlage die Antragsgegnerin dem Antragsteller das bis zum 11.07.2014 gezahlte Krankengeld gewährt hat (ausweislich der Verwaltungsakte hat die Antragsgegnerin nach der Entlassung des Antragstellers aus der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme am 18.06.2014 keinen weiteren Krankengeldbewilligungsbescheid mehr erlassen, der die Grundlage der ab dem 19.06.2014 an den Antragsteller geleisteten Krankengeldzahlungen bilden könnte). Denn es ist anerkannt, dass die Krankenkasse, die – wie hier die Antragsgegnerin – gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) SGB V ein Gutachten des MDK in Auftrag gibt, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten zu klären, die weitere Zahlung von Krankengeld einstellen kann, wenn der MDK in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Arbeitsunfähigkeit mehr gegeben ist. Dies gilt gerade auch für Zeiträume, für welche dem Versicherten ärztlicherseits das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2010, L 1 KR 322/07, zitiert nach juris). Die Krankenkasse kann die Zahlung des Krankengeldes dann schlicht einstellen und ist insbesondere nicht verpflichtet, ihren vorangegangenen, die Gewährung von Krankengeld bewilligenden Verwaltungsakt nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).

Schließlich hat der Antragsteller auch für den Zeitraum seit dem 12.08.2014 keinen Anspruch auf Gewährung weiteren Krankengeldes glaubhaft gemacht. Denn nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist konstitutive Voraussetzung eines Krankengeldanspruches, dass das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit auf seiten des betroffenen Versicherten ärztlich bescheinigt ist. Daran mangelt es hier. Es liegt keine den Zeitraum nach dem 11.08.2014 betreffende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Antragsteller vor. Darauf hatte das Gericht den Antragsteller mit Schreiben vom 15.08.2014 ausdrücklich hingewiesen und angeregt, eine entsprechende AU-Bescheinigung für den Zeitraum ab dem 12.08.2014 vorzulegen. Darauf hat der Antragsteller nicht reagiert.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG, der auch hinsichtlich einer Kostenentscheidung im Rahmen eines Beschlusses über einen Eilantrag Anwendung findet (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 193 Rd. 2), und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

 

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