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Krankenversicherung – Krankengeldanspruch – hinzugetretene Krankheit

Eine Pflegehelferin kämpft nach einer Odyssee durch orthopädische Beschwerden, Schilddrüsenleiden und Augenkrankheiten um ihr Krankengeld. Die Gerichte entschieden gegen sie: 78 Wochen Krankengeld sind genug, weitere Erkrankungen spielen keine Rolle. Doch der Fall geht in Revision, denn die Frage, wann eine neue Krankheit als „hinzugetreten“ gilt, beschäftigt nun das Bundessozialgericht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
  • Datum: 15.10.2024
  • Aktenzeichen: L 14 KR 49/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Krankengeldrecht, Sozialversicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die Klägerin, geboren 1963, war als Pflegehelferin beschäftigt und bei der Beklagten versichert. Ihr Argument war, dass das Krankengeld über den 16. Januar 2022 hinaus gezahlt werden sollte, da neue Krankheiten hinzugekommen seien, die eine neue Frist auslösen müssten.
  • Beklagte: Die Versicherung der Klägerin argumentierte, die maximale Bezugsdauer von Krankengeld sei erreicht, unabhängig hinzugekommener anderer Erkrankungen, die die bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht verlängern würden.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin war seit dem 20. Juli 2020 arbeitsunfähig krank und bezog Krankengeld. Über den 16. Januar 2022 hinaus begehrte sie weiter Krankengeld, da inzwischen neue Erkrankungen hinzugekommen sind, die ihrer Meinung nach die Krankengeldanspruchsfrist verlängern sollten.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war, ob das Hinzutreten neuer Krankheiten während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit die Höchstdauer des Krankengeldbezugs verlängert.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen; das Urteil des Sozialgerichts Berlin wurde bestätigt, das Krankengeld über den 16. Januar 2022 hinaus nicht zu verlängern.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass das Hinzutreten einer neuen Krankheit während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit die Anspruchsdauer von maximal 78 Wochen nicht verlängert. Dies erfolgt unabhängig davon, ob die neue Krankheit eine eigene Arbeitsunfähigkeit verursacht hat.
  • Folgen: Die Klägerin erhält kein Krankengeld über den 16. Januar 2022 hinaus; die Entscheidung zeigt die klare Abgrenzung der Risikobereiche zwischen Kranken- und Rentenversicherung auf. Die Revision wurde zugelassen, um die grundsätzliche Rechtsfrage weiter zu klären.

Krankengeldanspruch bei Mehrfacherkrankungen: Ein aufschlussreicher Fall

Die Krankenversicherung spielt eine zentrale Rolle im deutschen Gesundheitswesen und schützt Bürger im Krankheitsfall vor hohen finanziellen Belastungen. Im Rahmen des Versicherungsschutzes gewähren gesetzliche und private Krankenversicherungen unterschiedliche Leistungen, darunter das Krankengeld, das bei längerer Arbeitsunfähigkeit einen wichtigen Einkommensausgleich bietet. Der Anspruch auf Krankengeld ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und weitere Faktoren, die den Gesundheitszustand des Versicherten betreffen.

Zunehmend tritt im Zusammenhang mit Krankheitsfällen die Frage auf, wie sich hinzugetretene Krankheiten auf den Krankengeldanspruch auswirken, insbesondere wenn mehrere Erkrankungen gleichzeitig behandelt werden müssen. Vor diesem Hintergrund wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte im Umgang mit Krankenkassen und den Anspruchsprüfungen beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Umstrittener Krankengeldanspruch nach multiplen Erkrankungen rechtskräftig abgewiesen

Frau hält Bescheid über die Einstellung der Krankengeldzahlung in der Hand.
Umstrittener Krankengeldanspruch bei Multiplerkrankungen | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat am 15. Oktober 2024 die Berufung einer Klägerin gegen ein Urteil des Sozialgerichts Berlin zurückgewiesen. Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob eine Pflegehelferin Anspruch auf Krankengeld über den 16. Januar 2022 hinaus hatte, nachdem sie wegen mehrerer aufeinanderfolgender Erkrankungen arbeitsunfähig war.

Ablauf der komplexen Krankheitsgeschichte

Die 1963 geborene Klägerin war seit Juli 2020 zunächst wegen orthopädischer Beschwerden arbeitsunfähig. Nach einer Operation an der Lendenwirbelsäule im Oktober 2020 folgte eine stationäre Anschlussheilbehandlung. Im Mai 2021 kam eine Schilddrüsenerkrankung hinzu, die eine Operation erforderlich machte. Ab September 2021 wurde zusätzlich eine Augenerkrankung festgestellt, die im November und Dezember 2021 durch zwei Cataract-Operationen behandelt wurde.

Zentrale rechtliche Fragestellung

Das Gericht musste entscheiden, ob es sich bei den verschiedenen Erkrankungen um „hinzugetretene Krankheiten“ im Sinne des Gesetzes handelte. Nach § 48 Abs. 1 SGB V wird Krankengeld wegen derselben Krankheit für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert dies die Leistungsdauer nicht.

Gerichtliche Entscheidung

Das Landessozialgericht bestätigte die Rechtsauffassung der Krankenkasse und des Sozialgerichts. Die Höchstbezugsdauer von 78 Wochen war am 16. Januar 2022 erreicht. Nach Überzeugung des Senats ist es für eine „Hinzugetretene Krankheit“ nicht erforderlich, dass diese bereits während der vorausgehenden Arbeitsunfähigkeit selbst Arbeitsunfähigkeit verursacht. Es genügt, wenn die neue Erkrankung während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit auftritt.

Grundlegende Bedeutung für die Rechtsprechung

Das Gericht hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen, da die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist. Konkret geht es darum, ob eine schon länger bestehende Krankheit, die erst am Tag nach dem Ende einer ersten Arbeitsunfähigkeit ihrerseits Arbeitsunfähigkeit begründet, eine „hinzugetretene Krankheit“ im Sinne des Gesetzes darstellt. Diese Klärung wird für künftige Fälle von erheblicher Bedeutung sein.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil konkretisiert die Bedingungen für die Verlängerung der Krankengeldbezugsdauer bei mehreren Erkrankungen. Es stellt klar, dass eine neue hinzugetretene Krankheit nicht schon während der ersten Arbeitsunfähigkeit bestanden haben muss, um die Verlängerung des Krankengelds auszuschließen. Damit schafft das Gericht eine wichtige Präzisierung für die Auslegung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V und stärkt die Position der Krankenkassen bei der Beurteilung von Krankengeldansprüchen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie längere Zeit krankgeschrieben sind und Krankengeld beziehen, müssen Sie besonders aufmerksam sein, wenn weitere gesundheitliche Probleme auftreten. Auch wenn eine neue Erkrankung erst später arbeitsunfähig macht, kann sie bereits den Anspruch auf eine Verlängerung des Krankengelds ausschließen. Lassen Sie sich daher frühzeitig von Ihrer Krankenkasse beraten, wenn sich während Ihrer Arbeitsunfähigkeit weitere gesundheitliche Beschwerden entwickeln. Dokumentieren Sie den zeitlichen Verlauf Ihrer Erkrankungen sorgfältig, um Ihre Ansprüche nachvollziehbar belegen zu können.


Krankengeld und hinzugetretene Krankheiten: Sind Ihre Ansprüche gesichert?

Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zeigt, wie komplex die Rechtslage beim Krankengeld sein kann. Gerade bei mehreren Erkrankungen ist es entscheidend, die Fristen und Voraussetzungen für den Bezug von Krankengeld genau zu kennen. Unsicherheit über Ihre Ansprüche? Wir helfen Ihnen, den Überblick zu behalten und Ihre Rechte gegenüber der Krankenkasse durchzusetzen. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und rechtliche Risiken zu vermeiden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie wird die maximale Bezugsdauer von Krankengeld bei mehreren Erkrankungen berechnet?

Die maximale Bezugsdauer von Krankengeld beträgt 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit. Diese Dreijahresfrist wird als Blockfrist bezeichnet und beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit.

Grundprinzip der Berechnung

Bei der Berechnung der 78-Wochen-Frist werden die ersten 6 Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bereits mitgezählt. Tatsächlich wird daher Krankengeld in der Regel nur für 72 Wochen ausgezahlt.

Mehrere unterschiedliche Erkrankungen

Bei einer neuen, anderen Erkrankung beginnt eine eigenständige Blockfrist von 78 Wochen. Es können somit mehrere Blockfristen parallel laufen. Wenn Sie beispielsweise wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig sind und später an einer Depression erkranken, startet für die Depression eine neue 78-Wochen-Frist.

Hinzutretende Erkrankungen

Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert sich die Bezugsdauer nicht. Die maximale Bezugsdauer von 78 Wochen bleibt in diesem Fall bestehen.

Erneute Erkrankung nach Ausschöpfung

Nach Ausschöpfung der 78-Wochen-Frist können Sie bei derselben Krankheit nur dann einen neuen Krankengeldanspruch erwerben, wenn Sie:

  • mindestens 6 Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren
  • in dieser Zeit erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen

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Was gilt rechtlich als hinzugetretene Krankheit beim Krankengeldbezug?

Eine hinzugetretene Krankheit liegt vor, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere, medizinisch eigenständige Erkrankung auftritt. Dabei müssen beide Krankheiten mindestens an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestehen.

Zeitliche Voraussetzungen

Der zeitliche Zusammenhang ist entscheidend: Wenn Sie erst am Tag nach Beendigung einer Arbeitsunfähigkeit oder noch später an einer neuen Krankheit erkranken, handelt es sich nicht um eine hinzugetretene Krankheit. In diesem Fall wird die neue Erkrankung rechtlich eigenständig beurteilt.

Rechtliche Auswirkungen

Die hinzugetretene Krankheit verlängert nicht die maximale Bezugsdauer von 78 Wochen Krankengeld. Beide Erkrankungen – die ursprüngliche und die hinzugetretene – bilden eine rechtliche Einheit. Dies gilt unabhängig davon, ob die hinzugetretene Krankheit allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit die Arbeitsunfähigkeit verursacht.

Besonderheiten bei der Blockfristenbildung

Wenn die ursprüngliche Erkrankung wegfällt und nur noch die hinzugetretene Krankheit Arbeitsunfähigkeit verursacht, wird für diese eine eigene Blockfrist gebildet. Diese beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem die hinzugetretene Krankheit alleine die Arbeitsunfähigkeit verursacht. Wurde für die hinzugetretene Krankheit bereits früher eine Blockfrist ausgelöst, bleibt diese maßgebend.

Ein praktisches Beispiel: Wenn Sie wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig sind und während dieser Zeit eine Lungenentzündung entwickeln, gilt die Lungenentzündung als hinzugetretene Krankheit. Beide Erkrankungen werden für die Berechnung der 78-Wochen-Frist zusammen betrachtet.


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Welche Nachweise müssen Versicherte bei mehreren parallel auftretenden Erkrankungen erbringen?

Bei mehreren parallel auftretenden Erkrankungen müssen Sie als Versicherter lückenlos nachweisen, dass es sich tatsächlich um verschiedene, voneinander unabhängige Erkrankungen handelt.

Erforderliche Nachweise

Wenn Sie während oder direkt nach einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Erkrankung entwickeln, müssen Sie alle relevanten Gesundheitsdaten offenlegen. Dies bedeutet konkret, dass Sie Ihrem Arbeitgeber darlegen müssen, welche Erkrankungen welche Auswirkungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit hatten.

Die Ärzte müssen von ihrer Schweigepflicht entbunden werden, damit sie Auskunft über die verschiedenen Erkrankungen geben können. Die bloße Vorlage von ICD-Codes reicht nicht aus, da aus ihnen nicht hervorgeht, ob die Erkrankungen mit demselben Grundleiden zusammenhängen.

Zeitliche Anforderungen

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen müssen lückenlos sein. Bei einer fortlaufenden Erkrankung mit derselben Diagnose muss die weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag oder innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsende ärztlich festgestellt werden.

Besonderheiten bei verschiedenen Erkrankungen

Wenn Sie verschiedene, unabhängige Erkrankungen haben, gilt:

  • Bei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden Arbeitsverhinderungen oder wenn zwischen ihnen nur ein arbeitsfreier Tag oder ein Wochenende liegt, wird grundsätzlich von einem einzigen Verhinderungsfall ausgegangen.
  • Die Beweislast liegt bei Ihnen als Arbeitnehmer. Sie müssen nachweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt der weiteren Erkrankung bereits beendet war.

Seit dem 1. Januar 2023 erfolgt die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch. Ihr Arzt übermittelt das Attest direkt an die Krankenkasse, und diese informiert Ihren Arbeitgeber.


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Welche Rechtsmittel haben Versicherte bei Ablehnung des Krankengeldes wegen Mehrfacherkrankungen?

Bei einer Ablehnung des Krankengeldes wegen Mehrfacherkrankungen steht Ihnen ein Widerspruchsrecht innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids zu. Der Widerspruch muss schriftlich bei der Krankenkasse eingereicht werden.

Formelle Anforderungen des Widerspruchs

Der Widerspruch muss schriftlich per Brief erfolgen. Eine telefonische oder elektronische Einreichung ist nicht wirksam. Senden Sie den Widerspruch am besten per Einwurf-Einschreiben, um den fristgerechten Eingang nachweisen zu können.

Medizinische Nachweise

Bei Mehrfacherkrankungen müssen Sie nachweisen, dass es sich tatsächlich um verschiedene Erkrankungen handelt. Hierfür sind folgende Schritte wichtig:

  • Ärztliche Befunde und Atteste für jede einzelne Erkrankung sammeln
  • Behandelnde Ärzte von der Schweigepflicht entbinden
  • Medizinische Dokumentation der verschiedenen Krankheitsverläufe vorlegen

Weiteres Verfahren

Die Krankenkasse muss innerhalb von drei Monaten über den Widerspruch entscheiden. Erfolgt keine Entscheidung, können Sie eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht einreichen. Bei einer Ablehnung des Widerspruchs haben Sie einen Monat Zeit, um Klage beim Sozialgericht zu erheben.

Die Krankenkasse darf das Krankengeld nicht allein nach Aktenlage verweigern. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Beweislast: Sie müssen die verschiedenen Erkrankungen und deren Auswirkungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit nachweisen können.

Fällt das Ende der Widerspruchsfrist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich die Frist automatisch bis zum nächsten Werktag. Fehlt im Ablehnungsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die Widerspruchsfrist von einem Monat auf ein Jahr.


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Ab wann besteht ein neuer Krankengeldanspruch nach Ausschöpfung der Höchstbezugsdauer?

Nach Ausschöpfung der maximalen Bezugsdauer von 78 Wochen können Sie für dieselbe Krankheit einen neuen Krankengeldanspruch erwerben. Dafür müssen Sie zwei zentrale Voraussetzungen erfüllen:

Versicherungsstatus und Wartezeit

Sie müssen zum Zeitpunkt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sein. Zusätzlich muss zwischen dem Ende des vorherigen Krankengeldanspruchs und der erneuten Arbeitsunfähigkeit ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten liegen.

Erwerbstätigkeit und Verfügbarkeit

In dieser sechsmonatigen Zwischenzeit müssen Sie:

  • mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen sein und
  • in dieser Zeit entweder erwerbstätig gewesen sein oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben.

Besonderheiten bei mehreren Krankheiten

Wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzutritt, verlängert dies nicht die Bezugsdauer des Krankengeldes. Die ursprüngliche und die hinzugetretene Krankheit bilden eine rechtliche Einheit.

Ein neuer Krankengeldanspruch kann nur entstehen, wenn die sechsmonatige Wartezeit erfüllt ist. Die Wartezeit muss nicht zusammenhängend sein, sondern kann sich aus mehreren Teilabschnitten zusammensetzen. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Krankheit werden dabei wie Zeiten der Erwerbstätigkeit behandelt.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Krankengeld

Eine Lohnersatzleistung der gesetzlichen Krankenversicherung, die gezahlt wird, wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. In den ersten sechs Wochen zahlt zunächst der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das Krankengeld beträgt 70% des regelmäßigen Bruttoeinkommens, maximal aber 90% des Nettoeinkommens. Die maximale Bezugsdauer beträgt 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit (§ 48 SGB V). Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 3000€ brutto und wird für 4 Monate krank – nach 6 Wochen Entgeltfortzahlung erhält er dann Krankengeld von der Krankenkasse.


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Hinzugetretene Krankheit

Eine zusätzliche Erkrankung, die während einer bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit auftritt. Nach aktueller Rechtsprechung verlängert eine hinzugetretene Krankheit nicht die maximale Bezugsdauer des Krankengeldes von 78 Wochen (§ 48 Abs. 1 SGB V). Es ist dabei unerheblich, ob die neue Krankheit selbst Arbeitsunfähigkeit verursacht. Beispiel: Ein Patient ist wegen Rückenproblemen arbeitsunfähig und entwickelt während dieser Zeit eine behandlungsbedürftige Schilddrüsenerkrankung – diese gilt als hinzugetretene Krankheit.


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Arbeitsunfähigkeit

Ein durch Krankheit oder Unfall bedingter Zustand, bei dem ein Arbeitnehmer seine bisherige Tätigkeit nicht oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Die Arbeitsunfähigkeit muss von einem Arzt festgestellt und bescheinigt werden. Sie ist Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und späteren Krankengeldanspruch (§§ 44, 46 SGB V). Beispiel: Ein Lagerarbeiter kann wegen eines Bandscheibenvorfalls seine körperlich belastende Arbeit nicht ausüben.


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Höchstbezugsdauer

Die maximale Zeitspanne, für die Krankengeld für dieselbe Erkrankung bezogen werden kann. Sie beträgt 78 Wochen (etwa 1,5 Jahre) innerhalb von drei Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit (§ 48 Abs. 1 SGB V). Nach Erreichen der Höchstbezugsdauer besteht für diese Erkrankung kein weiterer Krankengeldanspruch mehr. Ein neuer Anspruch entsteht erst nach mindestens 6 Monaten durchgehender Arbeitsfähigkeit. Beispiel: Ein Burnout-Patient kann maximal 78 Wochen Krankengeld beziehen, auch wenn die Erkrankung länger andauert.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Höchstbezugsdauer von Krankengeld): Nach dieser Vorschrift endet der Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Bezugsdauer von 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit erreicht ist. Eine Verlängerung der Bezugsdauer ist nur möglich, wenn eine neue Krankheit die Arbeitsunfähigkeit begründet und sich diese nicht mit der vorherigen überschneidet.
    Der Zusammenhang zum Fall liegt darin, dass die Klägerin geltend macht, die Augenoperationen hätten eine eigenständige neue Erkrankung dargestellt, welche die Arbeitsunfähigkeit unabhängig begründet habe. Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass die Kniegelenkserkrankung während der gesamten Arbeitsunfähigkeit bestand und keine vollständige Trennung der Krankheitsverläufe vorlag.
  • § 46 SGB V (Beginn des Krankengeldanspruchs): Diese Norm regelt, dass Krankengeld frühestens ab dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gewährt wird. Eine verspätete Feststellung kann dazu führen, dass der Anspruch auf Krankengeld ruht.
    Im vorliegenden Fall verweist die Beklagte darauf, dass an bestimmten Tagen keine rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgte, weshalb das Krankengeld für diese Tage nicht gewährt wurde.
  • § 192 SGB V (Ruhen des Krankengeldanspruchs): Diese Regelung besagt, dass der Anspruch auf Krankengeld ruht, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig ärztlich festgestellt wird. Ein Anspruch besteht in solchen Fällen erst ab dem Tag der Feststellung.
    Der Fall zeigt, dass die Beklagte den Krankengeldanspruch für die Tage 3. November 2021 und 8. Dezember 2021 ruhend gestellt hat, da die Arbeitsunfähigkeit erst nachträglich attestiert wurde.
  • § 275 SGB V (Prüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK): Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kann bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit herangezogen werden, um die Plausibilität und medizinische Begründung der Bescheinigungen zu überprüfen.
    Der Fall verdeutlicht, dass der MDK mehrfach hinzugezogen wurde, um die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin medizinisch zu prüfen, insbesondere hinsichtlich der Kniegelenkserkrankung und der Augenoperationen.
  • Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu „hinzutretenden Krankheiten“: Das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass eine neue Krankheit nur dann die Bezugsdauer des Krankengeldes verlängern kann, wenn sie unabhängig von einer vorherigen Krankheit eine eigenständige Arbeitsunfähigkeit begründet.
    Im Fall wurde argumentiert, dass die Kniegelenkserkrankung und die Augenoperationen unabhängig voneinander hätten betrachtet werden müssen. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht, da die Kniegelenkserkrankung während der gesamten Arbeitsunfähigkeit bestand und eine Trennung der Krankheitsursachen nicht eindeutig nachweisbar war.

Das vorliegende Urteil


Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 14 KR 49/24 – Urteil vom 15.10.2024


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