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Kriterien für das Einschätzen der MdE nach Wirbelsäulenverletzung

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 2 U 416/09 – Urteil vom 01.06.2011

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.08.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1935 geborene Kläger begehrt die Gewährung von Rentenleistungen.

Kriterien für das Einschätzen der MdE nach Wirbelsäulenverletzung
Symbolfoto: Von Viacheslav Nikolaenko/Shutterstock.com

Am 21.03.2007 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall auf dem Nachhauseweg eine Kompressionsfraktur des 2. Lendenwirbelkörpers (LWK), die mittels Kyphoplastie am 27.03.2007 behandelt wurde. In einer Kernspintomographie vom 01.08.2007 wurde eine zum Teil zystische, zum Teil sklerosierte Läsion des 2. Lendenwirbelkörpers (LWK) ventralseitig ohne Hinterkantenbeteiligung beschrieben. Es fand sich darüber hinaus eine Grundplattenirregularität und Deformation des 4. LWK mit nur minimalem linksbetonten Begleitödem. Die Wirbelkörperhinterkante sei unauffällig. Der 5. LWK sei bis auf geringe spondylotische Anbauten unauffällig. Darüber hinaus fänden sich generalisierte lumbale Discuschondrosen sowie eine geringe Vorwölbung im Bereich LWK 4/5 ohne Wurzelkompression.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Chirurgen Dr. H. vom 23.11.2007 ein. Danach sei die LWK-2-Fraktur durch die Kyphoplastie sehr gut aufgerichtet worden. Es finde sich nur eine geringe Höhenminderung der Vorderkante, eine Hinterkantenbeteiligung liege nicht vor. Nebenbefundlich fänden sich erhebliche arthrotische Veränderungen mit Spondylarthrosen und Osteochondrosen insbesondere im Bereich der Segmente L 4/5 wie auch L 5/S 1. Im Segment L 4/5 liege ein nahezu vollkommener Aufbrauch der Bandscheibenzwischenräume vor. Vom 01.06. bis 31.08.2007 sei die unfallbedingte MdE mit 30 v.H., danach mit 10 v.H. einzuschätzen.

Mit Bescheid vom 29.01.2008 erkannte die Beklagte als Unfallfolgen an: „verheilter Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers, Bewegungseinschränkung im Lendenwirbelsäulenbereich mit muskulärem Hartspann, belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule“. Die Gewährung von Rentenleistungen lehnte sie ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Hiergegen legte der Kläger Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) ein. Er habe ständig Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und könne sich nicht bücken und weder lange sitzen noch stehen. Der Kläger legte ein Gutachten der Orthopädin Dr. G. vom 28.04.2008 vor. Durch den Unfall mit LWK-2-Fraktur sei es zu einer posttraumatisch aktivierten Lumboischialgie mit Wurzelirritation L 1 bis S 1 gekommen. Es handle sich hier um strukturelle Veränderungen, die schon längere Zeit bestünden und einer alterentsprechenden Degeneration entsprächen. Vorbehaltlich weiterer neurologischer und radiologischer Untersuchungen sei eine MdE von 20 v.H. im Bereich der Lendenwirbelsäule als Dauerschaden anzusetzen.

Im Auftrag des SG erstellte der Orthopäde Dr. S. am 29.07.2008 ein Gutachten. Durch den Unfall sei es zu einer in leichter Fehlstellung stabil verheilten Fraktur des 2. Lendenwirbelkörpers ohne Nervenwurzelreizerscheinungen oder Instabilität gekommen. Die vorbestehenden degenerativen Beschwerden seien vorübergehend verschlimmert worden. Die MdE sei auf 10 v.H. einzuschätzen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.08.2009 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. S. und des Dr. H..

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Senat hat einen Befundbericht des Dr. C. vom 10.05.2010 eingeholt. Dieser beschreibt ein degeneratives, fehlstatisches Wirbelsäulensyndrom, eine Spondylarthrose, Osteochondrose und einen Zustand nach Fraktur LWK 2. Auf Antrag des Klägers hat der Orthopäde Dr. D. am 25.09.2010 ein weiteres Gutachten erstellt. Der Unfall vom 21.03.2007 habe einen Wirbelkörperimpressionsbruch der Deckplatte von LWK 3 mit Statikänderung, d.h. eine Seitabweichung in der Frontalebene, verursacht. Arbeitsunfähigkeit habe bis 31.05.2007 bestanden. Die MdE habe bis 31.08.2007 30 v.H. betragen, anschließend bis auf weiteres 15 v.H.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.08.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.01.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2008 aufzuheben und ihm wegen des Unfalls vom 21.03.2007 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen seines Arbeitsunfalles vom 21.03.2007. Der Senat konnte entscheiden, obwohl der Kläger weder anwesend noch vertreten war, da er in der Ladung darauf hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG). Er war mit einer Entscheidung nach Aktenlage einverstanden.

Zu Recht hat das Sozialgericht Regensburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der auf Antrag des Klägers gehörte Sachverständige Dr. D. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vollumfänglich bestätigt hat. Dr. D. führt aus, dass beim Kläger bereits zum Unfallzeitpunkt eine Degeneration der Wirbelsäule insbesondere auf der Etage L 4/5 bestand. Dies geht bereits aus den Röntgenaufnahmen unmittelbar nach dem Unfall und aus der Kernspintomographie der radiologischen Praxis Bad T. vom 01.08.2007 hervor. Diese zeigen eine deutliche Abnutzung im Segment L 4/5. Bei dem Unfall kam es zu einer Impressionsfraktur der Deckplatte LWK 2. Durch die Kyphoplastie und die Zementauffüllung des LWK 2 konnte eine Stabilisierung erreicht werden.

Die Diskussion hinsichtlich traumatisch ausgelöster Bandscheibenvorfälle durch Dr. G. geht laut Dr. D. völlig an den Tatsachen vorbei, da dies einerseits nicht bewiesen werden kann, andererseits auch nicht mit fundierten Anknüpfungstatsachen in die Nähe eines Beweises oder einer hohen Wahrscheinlichkeit gebracht werden kann. Die vor dem Unfall bereits bestehende Degeneration wurde durch den Unfall nicht vermehrt.

Ein stabiler Wirbelbruch mit Bandscheibenbeteiligung ergibt nach herrschender Meinung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valtentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 442) eine MdE von unter 10 v.H.

Der Sachverständige Dr. D. schätzt die MdE mit 15 v.H. ein. Da kein Stützrententatbestand vorliegt, hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente, selbst wenn man Dr. D. folgen wollte.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

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