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Mietkautionsbewilligung durch Grundsicherungsträger als Darlehen

SG Magdeburg – Az.: S 13 AS 3238/12 – Urteil vom 30.11.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Mietkaution als Darlehen streitig.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2012 gewährte die Beklagte die auf die am … 2001 geborene Klägerin anteilig entfallende Mietkaution in Höhe von 210,00 Euro als Darlehen unter 10prozentiger Aufrechnung der Regelleistung in Höhe von mithin 12,55 Euro monatlich. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2012 zurückwies. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Mietkautionen typischerweise als Darlehen zu gewähren seien.

Mit ihrer am 19. September 2012 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die darlehensweise Gewährung. Die Mutter als gesetzliche Vertreterin habe keineswegs einer Darlehensgewährung an die Klägerin gewünscht und einer solchen auch nicht zugestimmt. Vielmehr werde die Leistung als Zuschuss begehrt.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 aufzuheben, soweit der Beklagte die Mietkaution als Darlehen gewährt hat.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend hat die Beklagte vorgetragen, dass die Mutter der Klägerin mit der Antragstellung auf Übernahme der Mietkaution sehr wohl ein Darlehen als mögliche Übernahmeform in Erwägung gezogen und damit auch beantragt habe. Bei diesem Darlehen handele es sich zudem um die typische Form der Gewährung der Mietkaution. Einen besonders atypischen Fall habe die Klägerin nicht dargelegt. Die Gewährung eines Darlehens sei auch für Minderjährige ermessensfehlerfrei und rechtmäßig, wenn der gesetzliche Vertreter dies beantragt habe. Es könne hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Mutter der Klägerin ausschließlich einen Zuschuss beantragt habe. Die Beklagte habe in Ausübung ihres Ermessens den Darlehensanspruch für die Klägerin festgestellt, obwohl die Klägerin nicht Partner des Mietvertrages sei. Die Übernahme als Zuschuss scheide bereits aufgrund der fehlenden Vertragsbindung aus und wäre überdies ermessensfehlerhaft. Eine zuschussweise Übernahme sei ohnehin grundsätzlich bedenklich, da die Mietkaution nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückerstattet werde.

Die Klägerin ist dem entgegen getreten und meint, dass der Umstand, dass sie nicht Vertragspartei sei, nicht zur Rechtmäßigkeit der Entscheidung führe. Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass aus der Annahme, dass ein Darlehen nicht hätte gewährt werden dürfe, nicht zwangsläufig folge, dass die Klägerin einen Zuschuss hätte erhalten müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 verletzt die Klägerin durch die Gewährung des auf sie entfallenen Mietkautionsanteils nicht in ihren Rechten. Die Beklagte konnte diesen rechtmäßigerweise als Darlehen gewähren und war nicht gehalten, der Klägerin in dieser Höhe einen Zuschuss zu gewähren. Es liegt insofern auch keine ermessensfehlerhafte Entscheidung vor.

Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie gemäß § 39 Absatz 1 SGB I ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch. Gemäß § 22 Absatz 6 Satz 3 SGB II soll die Mietkaution als Darlehen erbracht werden. Bei Sollvorschriften ist im Regelfall kein Ermessen auszuüben, in atypischen Fällen hingegen volles Ermessen. Im erstgenannten Fall ist § 39 SGB I nicht anwendbar, es handelt sich um gebundene Entscheidungen. Demgegenüber sind in atypischen Fällen keine geringeren Anforderungen an die Ermessensabwägung zu stellen, dann gilt § 39 SGB I vielmehr uneingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 06.11.1985 – 10 RKg 3/84). Hier liegt ein Regelfall vor, denn eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende atypische Fallgestaltung hat die Klägerin nicht vorgetragen, sie ist auch sonst nicht ersichtlich. Weder ein zu erwartender längerfristiger Leistungsbezug noch das Fehlen von Eigenmitteln noch die zu erwartende Aufrechnung nach § 42a SGB II begründen eine Atypik. Auch für die Klägerin trifft in vollem Umfang der Sinn und Zweck der Bewilligung der Kaution als Darlehen zu: Nach der Gesetzesbegründung soll eine darlehensweise Bewilligung erfolgen, da sich aus der Natur der Mietkaution bereits ergibt, dass diese im Regelfall an den Mieter zurückfließt. Insofern ist es in der Regel nicht gerechtfertigt, die Kaution dem Hilfebedürftigen endgültig zu belassen (BT-Drs 16/688 S. 14). Dass der Klägerin hier als Minderjährige ein Darlehen gewährt worden ist, steht dem nicht entgegen. Auch nicht, dass diese nicht Vertragspartei des Mietvertrages ist. Die Beklagte hat hier den Antrag der Mutter der Klägerin, der ggf. das Darlehen in voller Höhe zu gewähren gewesen wäre, wenn hier nicht ein Leistungsausschluss vorgelegen hätte, wohlwollend für die Klägerin ausgelegt hat, so dass zumindest der rein „theoretische“ Kopfanteil an der Mietkaution gewährt werden konnte, wenn auch als Darlehen. Andernfalls hätte diese Leistung ebenso versagt werden müssen. Eine Entscheidung der Beklagten, die die Klägerin belastet, ist für die Kammer nicht erkennbar. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die darlehensweise Bewilligung von Leistungen zur Deckung einer Mietkaution hat die Kammer nicht, denn eine Vermögensbildung durch SGB II-Leistungen soll nicht stattfinden (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 79/10 R), was aber die zwingende Folge wäre, wenn die vom SGB II-Träger übernommene Mietkaution dem Leistungsberechtigten nach Rückzahlung endgültig zustehen würde.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG)

Die Nichtzulassung der Berufung folgt aus § 144 SGG. Die Klägerin ist mit einem Betrag von 210,00 Euro beschwert. Mithin übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den für die Berufung erforderlichen Beschwerdewert von 750,00 Euro (vgl. § 144 Absatz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung war auch nicht zuzulassen nach § 144 Absatz 2 SGG. Die vorliegende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Absatz 2 Nr. 1 SGG noch liegt ein Fall der § 144 Absatz 2 Nr. 2 und 3 SGG vor.

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