Übersicht
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landessozialgericht Baden-Württemberg
- Datum: k.A.
- Aktenzeichen: L 10 U 3706/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Sozialversicherungsrecht, Unfallversicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Auszubildende zur Fachkraft für Lagerlogistik, die am 05.03.2021 mit ihrem Motorrad stürzte, als sie auf dem Weg zur Tankstelle war.
- Beklagte: Eine gesetzliche Unfallversicherung, die den Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkennen wollte, weil sich der Unfall auf einem unversicherten Abweg ereignete.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fuhr am 05.03.2021 mit ihrem Motorrad zur Tankstelle in entgegengesetzter Richtung ihres Arbeitsweges. Dort kam es zu einem Sturz, ohne Kollision. Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da das Auftanken als privatwirtschaftliche Handlung angesehen wird.
- Kern des Rechtsstreits: Es wurde darum gestritten, ob das Auftanken des Motorrads, aufgrund unvorhersehbarer Umstände, in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung einzubeziehen ist. Die Klägerin argumentierte, dass das Leerfahren des Motorrads durch ihren Bruder einen vergleichbaren Umstand zu einem „Benzindiebstahl“ darstellt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Der Unfall wurde nicht als Arbeitsunfall anerkannt.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass das Auftanken des Motorrads eine privatwirtschaftliche Handlung ist und kein direkter Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit besteht. Es gab keine außergewöhnlichen Umstände, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Der Umstand, dass der Bruder das Motorrad leer fuhr, wurde nicht als vergleichbar mit einem „Benzindiebstahl“ angesehen.
- Folgen: Die Klägerin erhält keine Leistungen aus der Unfallversicherung. Sie muss ihre private Versicherung und eventuelle eigene Mittel für die Unfallkosten nutzen. Die Entscheidung unterstreicht, dass privatwirtschaftliche Vorbereitungshandlungen, wie das Tanken, normalerweise nicht unter den Schutz der Unfallversicherung fallen.
Motorradtanken: Rechtliche Risiken und Versicherungsansprüche im Fokus
Motorradtanken ist nicht nur eine alltägliche Handlung, sondern auch mit verschiedenen rechtlichen Aspekten verbunden, insbesondere hinsichtlich Versicherungsschutz. Der richtige Umgang mit Tankstellen und den damit verbundenen Risiken hat Auswirkungen auf die Kfz-Versicherung und die private Unfallversicherung. Verkehrsunfälle können unerwartete Folgen haben, weshalb eine umfassende Risikoabsicherung und ein geeignetes Schadensregulierungsverfahren für Motorradfahrer von großer Bedeutung sind.
Die Wahl der passenden Versicherungsleistung kann im Schadensfall entscheidend sein, um angemessene Versicherungsansprüche geltend zu machen. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall vorgestellt, der verdeutlicht, wie unterschiedlich die Auswirkungen von Motorradtanken auf die Unfallversicherungsschutz und damit auf die rechtlichen Verpflichtungen der Fahrer sein können.
Der Fall vor Gericht
Rechtsprechung: Tanken vor Arbeitsbeginn zählt nicht als Arbeitsunfall
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat im Fall einer Auszubildenden entschieden, dass ein Unfall auf dem Weg zur Tankstelle nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, auch wenn der Tank durch vorherige Nutzung des Fahrzeugs durch den Bruder unerwartet leer war.
Unfallhergang und Verletzung bei Ausweichmanöver
Eine 18-jährige Auszubildende zur Fachkraft für Lagerlogistik fuhr am frühen Morgen des 5. März 2021 mit ihrem Motorrad von ihrer Wohnung zu einer Tankstelle, die in entgegengesetzter Richtung zu ihrer Arbeitsstelle lag. Gegen 5:50 Uhr musste sie einem von rechts kommenden PKW ausweichen und stürzte dabei. Sie erlitt eine Knie- und Unterschenkelprellung rechts mit einem postkontusionellen Knochenmarködem.
Ablehnung durch Unfallversicherung
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da das Tanken eine private Vorbereitungshandlung sei. Der Weg zur Tankstelle stelle einen unversicherten Abweg dar, da er in entgegengesetzter Richtung zum üblichen Arbeitsweg verlief. Die Klägerin argumentierte, dass sie erst beim Starten des Motorrads bemerkt habe, dass ihr Bruder am Vorabend ohne ihr Wissen das Motorrad genutzt und den Tank leer gefahren hatte.
Gerichtliche Bewertung des Falls
Das Landessozialgericht bestätigte die Ablehnung. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich beim Auftanken um eine rein Privatwirtschaftliche Vorbereitungshandlung für den Arbeitsweg, die grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Die unangekündigte Nutzung des Motorrads durch den Bruder stelle keinen außergewöhnlichen Umstand dar, der ausnahmsweise eine andere Bewertung rechtfertigen würde. Das Gericht betonte, dass es in der Verantwortung der Versicherten liege, Fahrzeugnutzungen innerhalb der Familie zu regeln oder entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Unterschied zum Benzindiebstahl
Die Richter sahen einen wesentlichen Unterschied zum Fall eines Benzindiebstahls. Bei der familiären Mitnutzung des Fahrzeugs fehle das Element der Widerrechtlichkeit. Die bloße unterlassene Information über die Nutzung durch den Bruder reiche nicht aus, um von einem unvorhersehbaren Ereignis zu sprechen. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, dass die Nutzung des Motorrads durch ihren Bruder unerlaubt gewesen sei.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil stellt klar, dass das Betanken eines Fahrzeugs grundsätzlich eine private Vorbereitungshandlung ist und nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt – auch dann nicht, wenn der Tank überraschend leer ist. Dies gilt selbst in Fällen, in denen Familienangehörige das Fahrzeug ohne Rücksprache genutzt haben. Die Verantwortung für die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs liegt allein beim Versicherten.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie mit dem eigenen Fahrzeug zur Arbeit fahren, müssen Sie selbst dafür sorgen, dass es einsatzbereit ist – auch was die Tankfüllung angeht. Unfälle auf dem Weg zur Tankstelle sind nicht versichert, selbst wenn Sie überraschend feststellen, dass der Tank leer ist. Dies gilt auch dann, wenn Familienangehörige das Fahrzeug ohne Ihr Wissen benutzt haben. Die gesetzliche Unfallversicherung greift erst, wenn Sie sich auf dem direkten Weg zur Arbeit befinden. Planen Sie daher das Tanken vorausschauend ein und kontrollieren Sie die Tankfüllung rechtzeitig vor Arbeitsbeginn.
Benötigen Sie Hilfe?
Die Grenzen des Versicherungsschutzes auf dem Arbeitsweg sind oft komplexer als gedacht. Wenn Sie in einer ähnlichen Situation unsicher sind, wo Ihr persönlicher Versicherungsschutz beginnt und endet, unterstützen wir Sie mit einer individuellen rechtlichen Einordnung Ihres Falls. Unsere erfahrenen Experten für Versicherungsrecht kennen die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche und Handlungsoptionen realistisch einzuschätzen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Vorbereitungshandlungen fallen unter den Versicherungsschutz?
Vorbereitungshandlungen sind Tätigkeiten, die der eigentlichen Arbeit vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder erst ermöglichen. Der Versicherungsschutz besteht dabei nur unter strengen Voraussetzungen.
Grundsätzlich versicherte Vorbereitungshandlungen
Der Versicherungsschutz greift nur dann, wenn die Handlung einen besonders engen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufweist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Sie sich im Betrieb umkleiden müssen, weil dort besondere Schutz- oder Arbeitskleidung vorgeschrieben ist.
Unversicherte private Vorbereitungshandlungen
Die meisten alltäglichen Vorbereitungshandlungen gehören zum unversicherten privaten Lebensbereich. Wenn Sie etwa morgens duschen, sich ankleiden oder frühstücken, sind diese Tätigkeiten nicht versichert – auch wenn sie die Arbeitsaufnahme begünstigen.
Besonderheiten bei Fahrzeugen
Bei der Nutzung von Fahrzeugen gelten spezielle Regelungen:
Versichert sind:
- Das Auftanken eines Firmenwagens, da dieser als Arbeitsmittel gilt
- Tankvorgänge während einer Dienstfahrt mit dem Privatwagen
Nicht versichert sind:
- Das reguläre Betanken des privaten PKW auf dem Arbeitsweg
- Das Anbringen einer Frostschutz-Abdeckung am privaten Fahrzeug
Eine Ausnahme besteht nur, wenn sich die Notwendigkeit zum Tanken objektiv und subjektiv unvorhersehbar während der Fahrt ergibt, etwa durch unerwartete Umleitungen oder Motorstörungen.
Wann liegt ein versicherter Umweg auf der Arbeitsstrecke vor?
Der Versicherungsschutz auf dem Arbeitsweg gilt grundsätzlich nur für den direkten Weg zwischen der privaten Wohnung und der Arbeitsstätte. Dabei muss es sich nicht um den kürzesten Weg handeln – auch der verkehrsgünstigste Weg ist versichert.
Versicherte Umwege
In folgenden Fällen bleibt der Versicherungsschutz trotz Abweichung vom direkten Weg bestehen:
- Kinderbetreuung: Das Bringen oder Abholen von Kindern an Betreuungseinrichtungen
- Fahrgemeinschaften: Umwege zum Abholen oder Absetzen von Mitfahrern, sofern diese zum versicherten Personenkreis gehören
- Verkehrsbedingte Umwege: Ausweichrouten wegen Stau oder stark befahrener Strecken
- Schnellere Alternativrouten: Ein längerer Weg ist versichert, wenn die Arbeitsstätte damit schneller erreicht wird
Unversicherte Abwege
Der Versicherungsschutz entfällt bei einem Abweg, wenn die Wegabweichung aus privaten Gründen erfolgt. Ein Abweg liegt vor, wenn Sie sich in entgegengesetzter Richtung vom Zielort entfernen.
Unterbrechungen des Arbeitswegs
Eine wichtige Sonderregelung besteht bei Unterbrechungen: Der Arbeitsweg darf für maximal zwei Stunden unterbrochen werden, ohne dass der Versicherungsschutz verloren geht. Nach einer Unterbrechung von mehr als zwei Stunden lebt der Versicherungsschutz erst wieder auf, wenn Sie sich auf dem direkten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte befinden.
Wenn Sie einen sogenannten Drittort (z.B. Arztpraxis) aufsuchen, gilt: Nach einer Unterbrechung von mindestens zwei Stunden ist auch der Weg von diesem Drittort zur Arbeit wieder versichert.
Welche Rechtsfolgen hat die Einstufung als privater statt versicherter Unfall?
Die Einstufung eines Unfalls als privater oder versicherter Unfall hat weitreichende Konsequenzen für den Leistungsumfang und die finanzielle Absicherung.
Leistungsumfang bei privaten Unfällen
Bei einem privaten Unfall greift ausschließlich die private Unfallversicherung, sofern eine solche abgeschlossen wurde. Diese zahlt eine einmalige Invaliditätsleistung als Kapitalbetrag, deren Höhe sich nach dem Grad der dauerhaften Gesundheitsschädigung richtet. Bei schweren gesundheitlichen Einschränkungen wird zusätzlich eine monatliche Unfallrente ausgezahlt, typischerweise ab einer Invalidität von 50%.
Leistungsumfang bei versicherten Arbeitsunfällen
Ein als versicherter Arbeitsunfall eingestufter Vorfall wird durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Diese übernimmt umfassende Rehabilitationsmaßnahmen und zahlt bei bleibenden Schäden eine Unfallrente. Der Fokus liegt hier primär auf der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.
Praktische Unterschiede in der Absicherung
Ein wesentlicher Unterschied besteht im Geltungsbereich: Die private Unfallversicherung deckt Unfälle weltweit und rund um die Uhr ab. Die gesetzliche Unfallversicherung greift hingegen nur bei Arbeitsunfällen und auf dem direkten Arbeitsweg.
Bei der Kostenübernahme zeigen sich ebenfalls deutliche Unterschiede: Während die gesetzliche Unfallversicherung die kompletten Heilbehandlungskosten trägt, übernimmt die private Unfallversicherung hauptsächlich Einmalzahlungen und spezifische Zusatzleistungen wie Bergungskosten oder kosmetische Operationen.
Wie kann man gegen die Ablehnung eines Arbeitsunfalls vorgehen?
Wenn die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall nicht anerkennt, können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid einlegen. Bei Bekanntgabe im Ausland beträgt die Widerspruchsfrist drei Monate.
Formelle Anforderungen des Widerspruchs
Der Widerspruch muss schriftlich eingereicht werden. Dies kann per Post, Fax oder in elektronischer Form schriftformersetzend erfolgen. Eine mündliche oder telefonische Einlegung sowie eine einfache E-Mail sind nicht ausreichend. Der Widerspruch muss eigenhändig unterschrieben sein und sollte zur Nachweisbarkeit per Einschreiben oder Fax versendet werden.
Inhalt des Widerspruchs
In Ihrem Widerspruchsschreiben sollten Sie folgende Angaben machen:
- Ihre persönlichen Daten und Versicherungsnummer
- Das Datum des ablehnenden Bescheids
- Eine detaillierte Begründung, warum Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind
- Relevante Beweise wie medizinische Gutachten oder Zeugenaussagen
Weiteres Vorgehen nach dem Widerspruch
Wird der Widerspruch abgelehnt, erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid. Nach Erhalt können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben. Das Gerichtsverfahren ist für Sie kostenfrei – Sie müssen keine Gerichtskosten übernehmen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Sollte das Sozialgericht Ihre Klage abweisen, besteht die Möglichkeit der Berufung beim Landessozialgericht. In letzter Instanz kann der Fall vor dem Bundessozialgericht entschieden werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Arbeitsunfall
Ein Unfall, der während der Ausübung der beruflichen Tätigkeit oder auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit passiert. Gesetzlich geregelt im § 8 SGB VII, steht ein Arbeitsunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Berufsgenossenschaft übernimmt dabei die Heilbehandlung und eventuelle weitere Leistungen. Beispiel: Ein Mitarbeiter stürzt auf dem direkten Weg zur Arbeit auf einer vereisten Treppe. Wichtig ist der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall.
Berufsgenossenschaft
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Unternehmen und deren Beschäftigte. Basierend auf § 114 SGB VII ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten absichert. Sie übernimmt Präventionsaufgaben, medizinische Behandlung und Rehabilitation nach Arbeitsunfällen. Beispiel: Nach einem Arbeitsunfall übernimmt die Berufsgenossenschaft die Kosten für Heilbehandlung und Reha-Maßnahmen. Unterscheidet sich von privaten Unfallversicherungen durch die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft.
Privatwirtschaftliche Vorbereitungshandlung
Tätigkeiten, die zwar für die Arbeit notwendig sind, aber dem privaten Lebensbereich zugeordnet werden. Nach § 8 Abs. 2 SGB VII fallen diese nicht unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu gehören etwa das Tanken, Frühstücken oder die Wahl der Kleidung. Beispiel: Das morgendliche Duschen vor der Arbeit ist trotz beruflicher Notwendigkeit eine private Vorbereitungshandlung. Abzugrenzen von direkten betrieblichen Tätigkeiten.
Unversicherter Abweg
Eine Strecke, die vom üblichen und direkten Arbeitsweg abweicht und daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII muss der versicherte Weg unmittelbar zur oder von der Arbeitsstätte führen. Ein Umweg aus privaten Gründen unterbricht den Versicherungsschutz. Beispiel: Wer auf dem Arbeitsweg einen Umweg zum Bäcker macht, ist während dieses Abwegs nicht unfallversichert. Ausnahmen gelten für betrieblich notwendige Umwege.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 8 SGB VII: Dieser Paragraph regelt den Begriff des Arbeitsunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Arbeitsunfall ist definiert als ein Unfall, der einem Versicherten bei der Ausübung einer versicherten Tätigkeit widerfährt. Der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der versicherten Tätigkeit ist entscheidend für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall. Im vorliegenden Fall wird der Unfall der Klägerin nicht als Arbeitsunfall eingestuft, da sie sich nicht auf dem direkten Weg zur Ausbildungsstätte befand.
- § 2 SGB VII: Hier werden die versicherten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung beschrieben, darunter auch die Regelungen zu medizinischer Behandlung und Verletztengeld. Die Unterscheidung zwischen versicherten und nicht versicherten Wegen ist essenziell für die Bestimmung der Leistungsansprüche. Da die Klägerin sich nach dem Auffüllvorgang nicht auf dem direkten Weg zur Arbeit befand, sind die Ansprüche auf entsprechende Leistungen nicht gegeben.
- § 3 SGB VII: Dieser Paragraph legt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Tätigkeit als versichert angesehen wird. Dazu gehört, dass die Versicherung während der Arbeitszeit und auf dem direkten Weg zur Arbeitsstätte greift. Da die Klägerin ihren Umweg zur Tankstelle machte und sich dadurch von ihrem direkten Arbeitsweg entfernte, verliert der Vorfall seinen Versicherungsstatus.
- BSG, Urteil vom 30.01.2020, B 2 U 9/18 R: Dieses Urteil des Bundessozialgerichts behandelt ähnliche Fragestellungen bezüglich der Versicherung von Wegen. Hier wird aufgezeigt, dass Abweichungen vom direkten Weg zu einem möglichen Ausschluss der gesetzlichen Unfallversicherung führen können. Der Fall der Klägerin basiert auf vergleichbaren Umständen, da auch hier ein Umweg durch das Auftanken des Motorrads unternommen wurde.
- § 44 SGB VII: Dieser Paragraph regelt die Erstattung von Kosten und das Verletztengeld in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ansprüche bestehen nur, wenn ein Unfall als Arbeitsunfall klassifiziert wird. Da der Vorfall der Klägerin als nicht versichert angesehen wird, sind auch keine Erstattungen für medizinische Kosten und kein Anspruch auf Verletztengeld möglich.
Weitere Beiträge zum Thema
- Arbeitsunfall bei Tanken während einer dienstlichen Fahrt
Ein Tankstopp während einer dienstlichen Fahrt, unmittelbar am Betriebsweg gelegen, führt nicht zum Wegfall des Unfallschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz bestätigte, dass der Auffahrunfall während des Tankens einen Arbeitsunfall darstellt. → → Unfallversicherungsschutz bei Tankstopps in Dienstfahrten - Wegeunfall – Kein Versicherungsschutz bei Umwegen – auch nicht beim Tanken
Das Hessische Landessozialgericht entschied, dass ein Umweg zum Tanken während der Fahrt zur Arbeit den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung aufhebt. Tanken wird als eigenwirtschaftliche Tätigkeit angesehen, die nicht unter den Schutz der Unfallversicherung fällt, insbesondere bei erheblichem Umweg. → → Versicherungsschutz und Umwege beim Tanken auf dem Arbeitsweg - Unfallversicherungsschutz bei Vorbereitungshandlungen zur Nachhausefahrt
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg urteilte, dass das Anbringen einer Frostschutzfolie am Fahrzeug vor Arbeitsantritt keine versicherte Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt. Vorbereitungshandlungen wurden dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zugeordnet. → → Privater Bereich und Unfallversicherungsschutz - Unfallversicherung – Arbeitsunfall – Motorradfahren auf dem Hinterrad
Das Sozialgericht Hamburg entschied, dass ein Unfall während einer dienstlichen Fahrt, bei dem der Fahrer auf dem Hinterrad fuhr und stürzte, nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird. Das Fahren auf dem Hinterrad wird als eigenwirtschaftliche Tätigkeit bewertet, die den Versicherungsschutz ausschließt. → → Motorradfahren und Arbeitsunfälle: Grenzen des Versicherungsschutzes
Diese Artikel bieten einen umfassenden Einblick in verschiedene Aspekte des Unfallversicherungsschutzes im Zusammenhang mit dienstlichen Fahrten und damit verbundenen Tätigkeiten.
Das vorliegende Urteil
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Az.: L 10 U 3706/21
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.