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Polizist klagt auf Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen wies die Klage eines pensionierten Polizeibeamten ab, der seine Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit anerkennen lassen wollte, weil es keine Referenzfälle von Polizeibeamten gibt, diegrund einer langjährigen Tätigkeit im Außendienst an Hautkrebs erkranken. Es bestehe keine Pflicht für den Dienstherrn, vor den Gefahren der UV-Strahlung zu warnen oder Sonnenschutzmittel zur Verfügung zu stellen, da es zum Allgemeinwissen gehört, dass man sich vor zu viel Sonne schützen soll.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 K 2399/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klage eines Polizeibeamten auf Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit wurde abgewiesen.
  • Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung erfüllt zwar die Kriterien der Nr. 5103 der Berufskrankheitenverordnung.
  • Allerdings war der Kläger als Polizist im Außendienst nicht besonders der Gefahr einer Hautkrebserkrankung ausgesetzt im Sinne von § 36 Abs. 3 LBeamtVG.
  • Dafür fehlt es an Referenzfällen, die eine hohe Erkrankungswahrscheinlichkeit bei dieser Tätigkeit belegen.
  • Der Dienstherr musste den Beamten nicht gesondert über UV-Gefahren aufklären oder Sonnenschutz zur Verfügung stellen.
  • Vor übermäßiger Sonneneinstrahlung muss man sich als Allgemeinwissen selbst schützen.
  • Im Vergleich zu einem Fährmann auf dem Wasser sind Polizisten im Außendienst nicht besonderen UV-Einflüssen ausgesetzt.

Polizeibeamter scheitert mit Klage auf Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit

Hautkrebs bei Berufsgruppen mit erhöhter UV-Exposition

Hautkrebserkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Insbesondere Berufsgruppen, die einem erhöhten Sonneneintrag ausgesetzt sind, tragen ein erhöhtes Risiko. Dazu zählen beispielsweise Handwerker, Landwirte oder auch Polizeibeamte.

Für solche Personengruppen stellt sich oft die Frage, ob eine Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Dies ist entscheidend für den Anspruch auf Leistungen und Unterstützung durch den Dienstherren oder die Berufsgenossenschaft. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind jedoch komplex und nicht in jedem Fall erfüllt.

Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall beleuchtet, in dem ein Polizeibeamter vergeblich die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit eingeklagt hat. Dieser Rechtstreit gibt Aufschluss über die entscheidenden Kriterien und Hürden in solchen Fällen.

Der Fall vor dem Verwaltungsgericht Aachen im Detail

Polizeiberuf und Hautkrebs: Anerkennung als Berufskrankheit?

In einem aktuellen Fall vor dem Verwaltungsgericht Aachen klagte ein pensionierter Polizeibeamter auf Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Kläger, welcher fast 46 Jahre im Polizeidienst tätig war, argumentierte, dass seine langjährige Tätigkeit im Außendienst ursächlich für seine Erkrankung sei. Er verwies darauf, dass er weder über die Gefahren der UV-Strahlung aufgeklärt wurde noch ihm entsprechende Schutzkleidung oder Sonnenschutzmittel zur Verfügung gestellt wurden.

Argumentation des Klägers

Der Kläger führte an, dass er während seiner Dienstzeit sowohl im Posten- und Streifendienst als auch in der Kriminalpolizei überwiegend im Außendienst tätig gewesen sei. In den ersten Jahren seiner Dienstzeit sei das Tragen einer Kopfbedeckung nicht vorgeschrieben gewesen, zudem habe er in späteren Jahren in Zivilkleidung gearbeitet. Er betonte, dass er privat die Sonne gemieden und sich nie ungeschützt der Sonne ausgesetzt habe.

Rechtslage und Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, dass zwar Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit nach Nr. 5103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anerkannt werden kann. Allerdings müsse der betroffene Beamte der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt sein, d.h. eine dienstliche Tätigkeit ausüben, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes mit sich bringt.

Fehlende Referenzfälle und Allgemeinwissen

Daran fehle es bei Polizeibeamten im Außendienst. Es gebe keine Referenzfälle von Polizeibeamten, die aufgrund einer langjährigen Tätigkeit im Außendienst an Hautkrebs erkranken. Zudem gehöre es zum Allgemeinwissen, dass man sich vor zu viel Sonne schützen soll. Somit bestehe für den Dienstherrn keine Pflicht, vor den Gefahren der UV-Strahlung zu warnen oder Sonnenschutzmittel zur Verfügung zu stellen.

✔ FAQ zum Thema: Anerkennung Hautkrebs Berufskrankheit


Was sind die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit?

Damit eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt werden kann, müssen laut § 9 SGB VII folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Die Krankheit muss in der Berufskrankheiten-Liste (Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung) aufgeführt sein. Diese Liste enthält derzeit 82 anerkannte Berufskrankheiten. Die Krankheit muss nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sein, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.

Es muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass die versicherte Tätigkeit (Exposition) ursächlich für den eingetretenen Gesundheitsschaden war. Der direkte Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung muss belegt werden. Dabei müssen versicherungsrechtlich relevante Einwirkungen von Faktoren wie persönlicher Veranlagung, Lebensstil und Umwelteinflüssen abgegrenzt werden.

Ist eine Erkrankung nicht in der Berufskrankheiten-Liste enthalten, kann sie nur in Ausnahmefällen „wie eine Berufskrankheit“ anerkannt werden. Dafür müssen neue medizinische Erkenntnisse vorliegen, dass die Krankheit bei einer bestimmten Personengruppe durch ihre Arbeit wesentlich häufiger auftritt als in der übrigen Bevölkerung.

Die Prüfung und Anerkennung einer Berufskrankheit erfolgt durch die zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften, Unfallkassen) in einem Feststellungsverfahren. Ärzte, Krankenkassen und Arbeitgeber sind verpflichtet, den Verdacht auf eine Berufskrankheit dem Unfallversicherungsträger zu melden.


Welche Rolle spielt die Aufklärung und Bereitstellung von Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber bei der Anerkennung von Berufskrankheiten?

Der Arbeitgeber spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Berufskrankheiten, auch wenn die Aufklärung und Bereitstellung von Schutzmaßnahmen nicht direkt als Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit genannt werden.

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach dem Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen und für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu sorgen. Dazu gehören die Beurteilung von Gefährdungen, die Unterweisung der Beschäftigten und die Zurverfügungstellung geeigneter persönlicher Schutzausrüstungen.

Kommt der Arbeitgeber diesen Pflichten nicht ausreichend nach und ein Arbeitnehmer erkrankt infolgedessen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass die berufliche Tätigkeit ursächlich für die Erkrankung war. Dies wiederum ist eine zentrale Voraussetzung für die Anerkennung als Berufskrankheit.

Allerdings führen Verstöße des Arbeitgebers gegen Arbeitsschutzvorschriften allein noch nicht automatisch zu einer Haftung. Vielmehr muss der Arbeitgeber die konkrete Schädigung des Arbeitnehmers vorausgesehen und billigend in Kauf genommen haben. Dies nachzuweisen ist in der Praxis oft schwierig.

Insofern sind die Präventionsmaßnahmen des Arbeitgebers zwar kein formales Kriterium, spielen aber indirekt durchaus eine Rolle bei der Anerkennung von Berufskrankheiten. Je besser der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachkommt und Berufskrankheiten vorbeugt, desto unwahrscheinlicher wird eine Anerkennung und Haftung im Einzelfall.


Wie wird der Zusammenhang zwischen Berufsausübung und Krankheit juristisch bewertet?

Der Zusammenhang zwischen Berufsausübung und Krankheit wird juristisch anhand des Kausalitätsprinzips bewertet. Dabei muss nachgewiesen werden, dass die versicherte Tätigkeit ursächlich für den eingetretenen Gesundheitsschaden war. Es reicht nicht aus, dass die Krankheit während der Arbeit auftrat, sondern sie muss wesentlich durch die besonderen Bedingungen der beruflichen Tätigkeit verursacht worden sein.

Die Kausalitätsprüfung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird der naturwissenschaftliche Ursachenzusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung geprüft. Dafür müssen Wirkursachen und mögliche Alternativursachen festgestellt werden. Im zweiten Schritt erfolgt eine wertende Betrachtung, ob die beruflichen Faktoren rechtlich wesentlich für die Krankheitsentstehung waren.

Maßgeblich ist dabei die unfallversicherungsrechtliche Kausalitätslehre von der „wesentlichen Bedingung“. Danach gelten nur solche Ursachen als rechtserheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Unwesentliche Mitursachen, die nicht ins Gewicht fallen, werden ausgeschieden.

Bei der Abgrenzung zwischen versicherungsrelevanten beruflichen Einwirkungen und unversicherten Ursachen wie Veranlagung, Vorerkrankungen und außerberuflichen Einflüssen bestehen in der Praxis oft Schwierigkeiten. Gerade bei Krankheiten, die keine spezifischen Berufskrankheiten sind, ist der Ursachenzusammenhang schwer nachweisbar.

Die Beweislast liegt grundsätzlich beim Versicherten. Allerdings genügt für die haftungsbegründende Kausalität der Nachweis einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Ein Vollbeweis ist nur für Einwirkung und Krankheit erforderlich, nicht für den Ursachenzusammenhang dazwischen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • Berufskrankheitenverordnung (BKV), Nr. 5102 und 5103: Die BKV listet Krankheiten auf, die unter bestimmten Umständen als Berufskrankheiten anerkannt werden können. Nr. 5102 behandelt Hautkrebs, der durch Substanzen wie Ruß, Rohparaffin oder Teer verursacht wird. Nr. 5103 betrifft Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass die berufliche Exposition spezifisch genug sein muss, um als Ursache für die Krankheit anerkannt zu werden.
  • § 36 Abs. 3 LBeamtVG: Diese Vorschrift regelt, wann eine Erkrankung, die ein Beamter erleidet, als Dienstunfall anzusehen ist. Sie fordert, dass der Beamte aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeiten einer erhöhten Gefahr ausgesetzt war. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass seine Tätigkeit im Polizeidienst ihn einer solchen spezifischen Gefahr aussetzte.
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 113 Abs. 1, Abs. 5: Die VwGO regelt das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. § 113 behandelt die Anfechtungsklage und gibt vor, unter welchen Umständen ein Verwaltungsakt aufgehoben werden kann. Im Fall des Klägers wurde seine Klage abgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit nicht erfüllt waren.
  • Rechtsprechung des OVG NRW und anderer Gerichte: Frühere Entscheidungen, wie der Beschluss des OVG NRW, bilden Präzedenzfälle, die in ähnlichen Fällen zur Anwendung kommen. Diese Entscheidungen verdeutlichen, wie streng die Kriterien für die Anerkennung von Berufskrankheiten ausgelegt werden, insbesondere wenn es um allgemeine Risiken wie Sonneneinstrahlung geht, die auch außerhalb des Berufs auftreten können.

Diese Gesetze und Regelungen sind im Kontext des Falles von zentraler Bedeutung, da sie die rechtliche Grundlage für die Entscheidung des Gerichts bilden, die Klage des Polizisten auf Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit abzulehnen. Sie illustrieren die Komplexität der Rechtslage im Bereich der Berufskrankheiten und die hohen Anforderungen, die an den Nachweis einer solchen Erkrankung gestellt werden.


➜ Das vorliegende Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen

VG Aachen – Az.: 1 K 2399/23 – Urteil vom 15.04.2024

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der 1956 geborene Kläger stand seit 1973 als Polizeibeamter im Dienst des beklagten Landes und wurde mit Ablauf des 30. Juni 2021 in den Ruhestand versetzt. Er begehrt die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit.

Am 3. August 2020 erstattete die den Kläger behandelnde Ärztin eine Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit bei dem Polizeiärztlichen Dienst und diagnostizierte „Plattenepithelcarzinome Kopfhaut 08/18 und 07/16 und Unterarm li. 03/2019 und Carcinoma in situ Kopfhaut und Gesicht rezidivierend“. Das Amt bat den Kläger unter dem 14. September 2021 um Mitteilung, inwiefern er in der Ausübung seines Dienstes besonders der Gefahr einer Erkrankung an Plattenepithelkarzinomen ausgesetzt gewesen sei und warum es ihm nicht möglich gewesen sei, sich entsprechend vor Sonnenstrahlung zu schützen. Der Kläger entgegnete am 29. Dezember 2021, ein Schutz vor Sonneneinstrahlung sei in Ausübung des Dienstes nicht möglich gewesen, da durch den Dienstherrn weder entsprechende Schutzkleidung noch Sonnenschutzmittel zur Verfügung gestellt worden seien.

Seine Ärztin ergänzte unter dem 25. August 2022, dass bei ihm 2018 am Kopf und 2019 am linken Unterarm Karzinome diagnostiziert und operativ entfernt worden seien. Zudem habe der Kläger rezidivierend Carcinomata in situ am Kopf, dem Gesicht und den Armen, also an den lichtbelasteten Stellen. Laut ihren Informationen durch den Kläger habe keine Aufklärung bzgl. der Notwendigkeit von Lichtschutz durch die Dienststelle vorgelegen und es sei auch kein Lichtschutz gestellt worden.

Der Kläger verwies mit Schreiben vom 23. September 2022 auf die Angaben seiner Ärztin und führte weiter aus, dass er während seiner gesamten Dienstzeit mit Außendiensttätigkeiten betraut gewesen sei. Nach der Ausbildung sei er von 1976 bis 1994 nahezu ausschließlich als Posten- und Streifenbeamter verwendet worden. Auch in den Folgejahren als Kommissar im Ermittlungsdienst hätte er regelmäßig im Außendienst gearbeitet und sei einer hohen Gesamt-UV-Belastung ausgesetzt gewesen. Seitens des Dienstherrn habe es keine Aufklärung gegeben oder eine Dienstanweisung zur Notwendigkeit von Sonnenschutz und zum Tragen von Kopfbedeckungen. Während der gesamten Dienstzeit habe keine Unterweisung zum Umgang mit UV-Strahlung, Sonnenschutzmitteln oder Sonnenschutzkleidung stattgefunden.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2022 lehnte das Amt den Antrag auf Anerkennung der klägerischen Erkrankungen als Berufskrankheit ab. Zwar könne eine Erkrankung an Carcinomata in situ grundsätzlich unter Nr. 5102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als Erkrankung an Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen fallen; einschränkende Voraussetzung, die vorliegend nicht erfüllt sei, sei jedoch die Verursachung durch Ruß, Teer oder ähnliche Stoffe. Ebenso könnten Plattenepithelkarzinome durch natürliche UV-Strahlung nach Nr. 5103 als Berufskrankheit anerkannt werden. Dafür müsste der betroffene Beamte der Gefahr der Erkrankung aber besonders ausgesetzt sein, also eine dienstliche Tätigkeit ausüben, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes mit sich bringt. Daran fehle es bei Polizeibeamten im Außendienst, so dass es wahrscheinlich an der individuellen körperlichen Veranlagung des Klägers liege, derart zu erkranken. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass er sich die Erkrankung außerhalb des Dienstes zugezogen habe.

Mit anwaltlich begründetem Widerspruch vom 27. Dezember 2022 erläuterte der Kläger, dass er seit 2018 an Hautkrebs erkrankt sei und diese Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen sei. Ursächlich sei die dienstliche Tätigkeit im Polizeivollzugsdienst. Während der annähernd 46-jährigen Dienstzeit habe er weit über die Hälfte im Außendienst gearbeitet, sowohl im Posten- und Streifendienst als auch bei der Kriminalpolizei. In den ersten Dienstjahren sei das Tragen einer Kopfbekleidung nicht angeordnet gewesen, zudem habe er seine Tätigkeit in späteren Jahren in Zivil ausgeübt. Schließlich habe es Anweisungen gegeben, im Sommer ein Hemd mit kurzem Arm zu tragen. Eine besondere Aufklang über die Gefahren durch UV-Strahlung habe es nicht gegeben, ebenso keine Schutzkleidung. Familiär sei er nicht vorbelastet, habe aber seit seinem 24. Lebensjahr kein Haupthaar mehr. Privat habe er die Sonne gemieden, sportlich habe er sich als Hallenhandballer betätigt, und bei Urlauben habe er sich nie ungeschützt der Sonne ausgesetzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2023 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Die Tätigkeit von Polizeivollzugsbeamten im Außendienst berge erfahrungsgemäß keine hohe Wahrscheinlichkeit, an Hautkrebs zu erkranken. Es fehle der erforderliche Nachweis einer Vielzahl an Referenzfällen, obwohl in Deutschland täglich eine große Anzahl an Polizeibeamten im Außendienst tätig sei.

Der Kläger hat am 25. Oktober 2023 Klage erhoben und ausgeführt, im Juli 2016 habe man bei ihm Hautkrebs diagnostiziert und diesen operativ entfernt. Er habe seine Urlaube seit dem Jahr 2000 nur noch in Deutschland verbracht, und zuvor jeweils einmal an der belgischen, niederländischen und französischen Küste. Er habe einen Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit, denn maßgeblich sei, dass er neben der privaten natürlichen UV-Exposition zusätzlich eine mindestens 40-prozentige berufliche UV-Exposition zu verzeichnen habe. Damit könne man ihn mit einem Fährmann vergleichen, bei dem nach einem Urteil des LSG Niedersachsen vom 18. Dezember 2019 (L 3 U 1/17) die Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit anerkannt worden sei.

Der Kläger beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Dezember 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2023 zu verpflichten, seine Erkrankungen an Plattenepithelkarzinomen sowie an Carcinomata in situ entsprechend seinem Antrag vom 3. August 2022 als Berufskrankheit anzuerkennen.

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf die ablehnenden Bescheides ergänzt es, dass nach Nr. 5102 der Anlage 1 zur BKV Hautkrebs in Form der Carcinomata in situ durch Ruß, Rohparaffin, Teer oder ähnliche Stoffe verursacht werden müsse, und die Sonnenstrahlung kein ähnlicher Stoff sei. Dies habe das OVG NRW bereits mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 (1 A 1901/14) im Falle eines an Hautkrebs erkrankten Postbeamten entschieden. Bei der weiteren Erkrankung an Plattenepithelkarzinomen sei eine Anerkennung als Berufskrankheit nach Nr. 5103 der Anlage 1 zur BKV zwar möglich. Hierfür müssten aber die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 1 LBeamtVG vorliegen. Danach müsse der Beamte nach Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt sein. Die sei bei Polizeibeamten nicht der Fall. Die beschriebene Anerkennung einer Krebserkrankung als Berufskrankheit sei bei einem Fährmann erfolgt, der durch seine Tätigkeit auf dem Wasser besonderen Einflussfaktoren wie der spiegelnden Wasseroberfläche über 17 Jahre ausgesetzt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 9. Dezember 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2023 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung seiner Erkrankungen als Berufserkrankung, vgl. § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.

Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies nach § 36 Abs. 3 Satz 1 LBeamtVG als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Gemäß § 36 Abs. 3 Satz 3 LBeamtVG ergeben sich die in Betracht kommenden Krankheiten aus der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 in der jeweils geltenden Fassung.

Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber der häufig schwierigen Beweislage des Beamten sowie dem Umstand Rechnung getragen, dass sich Ort und Zeitpunkt der Erkrankung grundsätzlich nicht mit der erforderlichen Genauigkeit bestimmen lassen. Demnach gelten diejenigen Krankheiten, die in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, fiktiv als Dienstunfälle, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, es sei denn, es kann festgestellt werden, dass der Beamte sich die Krankheit nicht infolge der beruflichen Tätigkeit zugezogen hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2006 – 2 B 46.05 -, juris, Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Januar 1986 – 4 S 2468/85 -, ZBR 1986, 277; OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 1 A 3299/08 -, juris.

Nach Nr. 5102 der Anlage 1 der BKV stellen Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen – die Carcinomata in situ – nur dann eine Berufskrankheit dar, wenn sie durch Ruß, Rohparaffin, Teer oder ähnliche Stoffe verursacht wurden.

Dass Hautkrebs nur dann eine Berufskrankheit iSd. Verordnung darstellt, wenn zusätzlich eine der in Nr. 5102 genannten Krankheitsursachen gegeben ist, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Berufskrankheiten-Verordnung allgemein und hier speziell der Nr. 5102. Dieser Sinn und Zweck besteht darin, nur die gleichsam berufstypischen Erkrankungen zu erfassen, nicht aber jedwede Allgemeinerkrankung. Hautkrebs als solcher stellt aber eine Allgemeinerkrankung im vorgenannten Sinne dar. Denn eine Erkrankung an dieser Krankheit kann auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden (insbesondere: genetische Faktoren, starke Belastung mit UV-Strahlung).

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 1 A 1901/14 -, juris Rn. 6.

Danach liegen die Voraussetzungen von Nr. 5102 – wie das beklagte Land bereits zutreffend ausgeführt hat – bei dem Kläger nicht vor, weil es nicht um Verursachungen durch Ruß, Teer, Rohparaffin oder ähnliche Stoffe geht.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass seine Erkrankung an Plattenepithelkarzinomen durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit anerkannt wird. Zwar erfüllt der Kläger mit seiner Erkrankung die Nr. 5103 der Anlage 1 zur BKV, die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 1 LBeamtVG liegen aber nicht vor.

Der Wortlaut der Vorschrift verlangt, dass der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt ist. Das Erkrankungsrisiko des Beamten muss im entscheidenden Maße wesentlich höher sein als das der allgemeinen Bevölkerung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 1 A 3299/08 -, juris, Rn. 38, m.w.N.

Ein Beamter ist nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit „besonders ausgesetzt“, wenn die konkrete dienstliche Tätigkeit des Beamten ihrer Art nach erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich birgt. Anhaltspunkte dafür bietet die aus einer Vielzahl von Fällen gewonnene Erfahrung, dass Beamte, die die fragliche Tätigkeit ausüben, unter den gegebenen Umständen dem besonderen Risiko ausgesetzt sind, sich eine bestimmte Krankheit zuzuziehen. Die besondere Gefährdung muss also unabhängig von der individuellen Veranlagung des einzelnen Beamten für die konkret auszuführenden dienstlichen Verrichtungen unter den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Die Feststellung der erhöhten Wahrscheinlichkeit setzt den Nachweis einer Vielzahl von Referenzfällen entsprechender Erkrankungen bei der jeweiligen beruflichen Tätigkeit voraus.

Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juni 2015 – 23 K 2446/14 -, juris Rn. 49, m.w.N., zur Schwerhörigkeit eines Feuerwehrbeamten.

Davon kann bei Polizeibeamten im Außendienst – in Uniform oder in Zivil – nicht die Rede sein. Anders als der vom LSG Niedersachsen entschiedene Fall des Fährmanns auf dem Wasser bewegen sich Polizisten im Außendienst in unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und ermitteln nicht nur bei strahlendem Sonnenschein im Freibad oder am See. Zudem gibt es keine Referenzfälle von Polizeibeamten, die aufgrund einer langjährigen Tätigkeit im Außendienst an Hautkrebs erkranken, obwohl das Thema Hautkrebs durch intensive UV-Strahlung seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit bekannt ist und entsprechend medial begleitet wird. So heißt es beispielsweise auf der Internetseite des Bundesamtes für Strahlenschutz, abgerufen am 8. April 2024:

„In den letzten Jahrzehnten haben sich die durch UV-Strahlung verursachten Hautkrebserkrankungsfälle stetig erhöht. Die Inzidenz, also die Zahl der Neuerkrankungen, die in einem Jahr pro 100.000 Menschen auftreten, hat sich laut der onkologischen S3-Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“ für den hellen Hautkrebs in Deutschland in den letzten 30 Jahren vervier- (Männer) bis verfünffacht (Frauen). Laut dem Robert-Koch-Institut hat sich die Inzidenz für das maligne Melanom seit den 1970-er Jahren mehr als verfünffacht. Derzeit erkranken laut Statistik jährlich zwischen 280.000 bis 300.000 Menschen an Hautkrebs und rund 4000 Menschen versterben jährlich daran.“

Es gehört auch zum Allgemeinwissen, dass man sich vor zu viel Sonne schützen soll, so dass sich der Kläger nicht auf eine fehlende Information durch seinen Dienstherrn vor den Gefahren der UV-Strahlung oder das Unterbleiben der Zurverfügungstellung von Sonnenschutzcreme oder (bei Zivilbeamten) der Kopfbedeckung berufen kann. Eine Pflicht, vor Gefahren des Alltags zu warnen, lässt sich dem besonderen Dienst- und Treuverhältnis nicht entnehmen. Angesichts seiner Besoldung bestand auch keine finanzielle Hürde, Sonnencreme aus eigenen Mitteln zu erwerben und zu gebrauchen sowie im zivilen Einsatz eine selbst erworbene Kopfbedeckung zu tragen.

Schließlich hat der Kläger in der Widerspruchsbegründung ausgeführt, dass er sich im privaten Umfeld nie ungeschützt der Sonne ausgesetzt habe, so dass man davon ausgehen kann, dass ihm selbst das Hautkrebsrisiko bekannt war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

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