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Private Pflegeversicherung – Leistungsgewährung bei verspäteter Antragstellung

Ein erblindeter Ingenieur kämpft vergeblich um rückwirkende Pflegeleistungen. Trotz schwerster Sehbehinderung sah das Gericht keinen automatischen Anspruch auf Pflegegeld. Die Versicherung habe keine Beratungspflicht verletzt, da aus den Unterlagen kein konkreter Pflegebedarf erkennbar gewesen sei.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Berufung des Klägers wurde abgewiesen, was zur Ablehnung der Gewährung von Pflegegeld führte.
  • Der Streit betraf Leistungen der privaten Pflegeversicherung für einen bestimmten Zeitraum nach einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung.
  • Der Kläger, ehemaliger Diplom-Ingenieur, erlitt nach einer Operation schwerwiegende Komplikationen mit Erblindung.
  • Die Beklagte hatte zahlreiche Kontakte mit dem Kläger über den Status seiner Arbeitsunfähigkeit und vermeintliche Behandlungsfehler.
  • Der Kläger hatte die Beklagte um Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung gebeten, die jedoch abgelehnt wurden.
  • Das Gericht entschied, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht ausreichend belegt werden konnten.
  • Die finanziellen Auswirkungen der gerichtlichen Entscheidung für den Kläger sind gravierend, da er keine Pflegeleistungen erhält.
  • Für zukünftige Anträge auf Pflegeleistungen wird deutlich, wie wichtig eine umfassende Dokumentation der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist.
  • Es wurde klargestellt, dass die Beurteilung von Pflegebedürftigkeit strikt anhand der festgelegten Voraussetzungen erfolgt.
  • Die Entscheidung hat implications für andere Betroffene, die in ähnlichen Situationen eine Leistungsanfrage stellen möchten.

Bedeutung fristgerechter Anträge in der privaten Pflegeversicherung verstehen

Die private Pflegeversicherung dient dazu, im Falle einer Pflegebedürftigkeit die finanziellen Belastungen abzufedern. Diese Versicherung bietet verschiedene Leistungsarten, darunter die Übernahme von Kosten für Pflegeheime, Pflegetagegeld und Pflegesachleistungen. Doch die Gewährung dieser Leistungen ist oft an bestimmte Fristen gebunden. Insbesondere die fristgerechte Antragstellung spielt eine entscheidende Rolle, um einen Anspruch auf Pflegeleistungen erfolgreich geltend zu machen. Verspätete Anträge können dazu führen, dass Versicherte Nachteile in der Leistungsgewährung erfahren, weshalb es wichtig ist, die Antragsfristen und deren Bedeutung zu verstehen.

Bei einer nachträglichen Leistungsgewährung stellt sich häufig die Frage, ob und in welchem Umfang eine Versicherungspflicht in der privaten Pflegeversicherung greift. Abhängig vom Pflegegrad und den damit verbundenen Leistungen kann die Kostenübernahme variieren. Fehlende Fristen oder unzureichende Informationen können die Ansprüche der Versicherten gefährden. Daher lohnt es sich, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Folgen einer verzögerten Antragstellung genauer zu betrachten, um informierte Entscheidungen treffen zu können.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte einer verspäteten Antragstellung in der privaten Pflegeversicherung beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Berufungsklage eines erblindeten Klägers auf rückwirkende Pflegeleistungen abgewiesen

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Berufung eines 1957 geborenen Klägers gegen ein Urteil des Sozialgerichts Stuttgart zurückgewiesen. Der Kläger hatte rückwirkend Pflegegeld von seiner privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum von April 2013 bis September 2019 gefordert.

Schwere gesundheitliche Beeinträchtigung nach Operation

Der frühere Diplom-Ingenieur erlitt im April 2013 nach einer Nasennebenhöhlenoperation schwere Komplikationen, die zu einer vollständigen Erblindung des rechten Auges bei bereits bestehender hochgradiger Sehbehinderung des linken Auges führten. In der Folge wurde er berufsunfähig und erhielt einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 100.

Erstmaliger Antrag auf Pflegeleistungen erst 2019

Erst im Oktober 2019 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung. Die Versicherung bewilligte daraufhin ab Oktober 2019 Leistungen entsprechend dem Pflegegrad 2. Der Kläger forderte jedoch rückwirkend Pflegegeld ab April 2013, was die Versicherung ablehnte.

Gericht sieht keine Pflichtverletzung der Versicherung

Das Gericht sah keine Pflichtverletzung der Versicherung, die einen rückwirkenden Anspruch begründen würde. Aus den Telefonaten und Unterlagen, die der Versicherung vorlagen, habe sich kein konkreter Beratungsanlass ergeben. Auch aus der schweren Sehbehinderung allein lasse sich nicht zwingend auf einen relevanten Pflegebedarf schließen.

Kein Anspruch auf rückwirkende Leistungen

Der Kläger konnte daher keinen Anspruch auf rückwirkende Pflegeleistungen vor seiner Antragstellung im Oktober 2019 geltend machen. Das Gericht betonte, dass selbst schwerste Erkrankungen nicht automatisch mit Pflegebedürftigkeit gleichzusetzen seien. Zudem hätte der Kläger selbst jederzeit einen Antrag stellen können.

Die Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit einer frühzeitigen Antragstellung bei Eintritt möglicher Pflegebedürftigkeit. Versicherte sollten sich bei Bedarf aktiv an ihre Pflegeversicherung wenden, um mögliche Leistungsansprüche zu klären.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die zentrale Bedeutung der rechtzeitigen Antragstellung für Pflegeleistungen. Es verdeutlicht, dass schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Behinderungen allein nicht automatisch eine Pflegebedürftigkeit begründen.

Verspätete Antragstellung in der privaten Pflegeversicherung
Die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg verdeutlicht, dass selbst bei schwerster Erkrankung ein Anspruch auf rückwirkende Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nur bei frühzeitiger Antragstellung besteht.(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die Versicherung trifft keine Beratungspflicht, solange sich aus den vorliegenden Informationen kein konkreter Anlass ergibt. Versicherte müssen daher selbst aktiv werden und bei möglichem Pflegebedarf zeitnah einen Antrag stellen, um rückwirkende Ansprüche zu vermeiden.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die möglicherweise pflegebedürftig sind. Es unterstreicht die Notwendigkeit, selbst aktiv zu werden und frühzeitig einen Antrag auf Pflegeleistungen zu stellen. Die Versicherung ist nicht verpflichtet, Sie auf mögliche Ansprüche hinzuweisen, solange Sie keinen konkreten Hilfebedarf äußern. Auch schwere Erkrankungen oder Behinderungen führen nicht automatisch zu einer Beratungspflicht der Versicherung. Um keine Leistungen zu verpassen, sollten Sie bei Eintritt einer möglichen Pflegebedürftigkeit umgehend einen Antrag stellen – unabhängig davon, ob Sie bereits Leistungen aus der Krankenversicherung beziehen. Rückwirkende Ansprüche sind in der Regel ausgeschlossen.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie alle wichtigen Informationen, die Sie zu Ihrer privaten Pflegeversicherung benötigen. Besonders beleuchtet werden Themen wie verspätete Antragstellung in der privaten Pflegeversicherung, die häufig zu Missverständnissen führen können. Durch prägnante Antworten und klare Erläuterungen möchten wir Ihnen helfen, Ihre Fragen zu klären und Unsicherheiten auszuräumen. Tauchen Sie ein und profitieren Sie von unserem fundierten Wissen.

 

Ab wann können Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung beansprucht werden?

Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung können ab dem Monat der Antragstellung beansprucht werden. Der Zeitpunkt, an dem Sie den Antrag auf Pflegeleistungen bei Ihrer privaten Pflegeversicherung stellen, ist entscheidend für den Beginn der Leistungsgewährung.

Antragstellung und Leistungsbeginn

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie regelmäßig Hilfe im Alltag benötigen, ist es ratsam, den Antrag so früh wie möglich zu stellen. Dies können Sie formlos per Telefon, E-Mail oder Fax bei Ihrer Pflegekasse tun. Beachten Sie, dass alle Leistungen erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt werden. Eine rückwirkende Zahlung für Zeiträume vor der Antragstellung ist nicht möglich.

Fristen nach der Antragstellung

Nach Eingang Ihres Antrags muss Ihre private Pflegeversicherung innerhalb bestimmter Fristen reagieren:

  1. Beratungstermin: Binnen zwei Wochen nach der Antragstellung muss Ihnen ein Termin für eine individuelle und umfassende Pflegeberatung angeboten werden.
  2. Entscheidung über den Antrag: Innerhalb von 25 Arbeitstagen muss die Pflegekasse entscheiden, ob und welcher Pflegegrad vorliegt. In akuten Fällen kann eine frühere Entscheidung erforderlich sein.

Voraussetzungen für den Leistungsanspruch

Um Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung zu erhalten, müssen Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie müssen als pflegebedürftig anerkannt sein. Dies wird durch einen Gutachter festgestellt, der Ihre Pflegebedürftigkeit und den Pflegegrad ermittelt.
  • Sie müssen mindestens zwei Jahre innerhalb der vergangenen zehn Jahre in die Pflegeversicherung eingezahlt haben. Bei pflegebedürftigen Kindern gilt diese Bedingung als erfüllt, wenn mindestens ein Elternteil entsprechend eingezahlt hat.

Beachten Sie, dass die private Pflegeversicherung in ihren Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung entspricht. Die Leistungen sind gesetzlich festgeschrieben und nach Pflegegrad gestaffelt. Wenn Sie zusätzliche Absicherung wünschen, können Sie eine private Pflegezusatzversicherung in Betracht ziehen, die über die Leistungen der Pflichtversicherung hinausgeht.


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Welche Pflichten hat die private Pflegeversicherung bezüglich der Beratung ihrer Versicherten?

Die private Pflegeversicherung hat umfassende Beratungspflichten gegenüber ihren Versicherten. Diese Pflichten sind gesetzlich verankert und dienen dazu, Versicherte über ihre Rechte und Möglichkeiten zu informieren.

Gesetzliche Grundlage der Beratungspflicht

Die Beratungspflicht der privaten Pflegeversicherung basiert auf dem Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI). Versicherte haben einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung gegenüber ihrer Versicherung. Dies gilt sowohl für Personen, die bereits Leistungen erhalten, als auch für jene, die einen Antrag auf Leistungen gestellt haben und bei denen ein Hilfe- und Beratungsbedarf erkennbar ist.

Umfang der Beratungspflicht

Die Beratungspflicht der privaten Pflegeversicherung umfasst verschiedene Aspekte:

  1. Aufklärung über Leistungen: Die Versicherung muss Sie über alle verfügbaren Leistungen der Pflegeversicherung informieren.
  2. Information zu Präventionsmaßnahmen: Sie werden über Möglichkeiten zur Vorbeugung von Pflegebedürftigkeit beraten.
  3. Unterstützung bei der Antragstellung: Die Versicherung hilft Ihnen bei der Beantragung von Leistungen.
  4. Beratung zu Pflegearrangements: Sie erhalten Informationen zur Gestaltung der häuslichen Pflege und zu möglichen Unterstützungsangeboten.

Zeitliche Vorgaben für die Beratung

Wenn Sie erstmals einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen, muss Ihre private Pflegeversicherung innerhalb von zwei Wochen entweder einen Beratungstermin anbieten oder einen Beratungsgutschein ausstellen. Dieser Gutschein kann bei einer unabhängigen Beratungsstelle eingelöst werden.

Form der Beratung

Die Beratung kann auf verschiedene Weise erfolgen:

  • Persönlich: In den Räumlichkeiten der Versicherung oder bei Ihnen zu Hause.
  • Telefonisch: Für eine schnelle und unkomplizierte Beratung.
  • Schriftlich: Durch Informationsmaterialien oder E-Mails.

Beratungsbesuche für Pflegegeldbezieher

Wenn Sie Pflegegeld beziehen, sind regelmäßige Beratungsbesuche vorgeschrieben. Diese dienen dazu, die Qualität der häuslichen Pflege zu sichern und Sie sowie Ihre pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Die Häufigkeit dieser Besuche hängt von Ihrem Pflegegrad ab:

  • Pflegegrad 2 und 3: halbjährlich
  • Pflegegrad 4 und 5: vierteljährlich

Grenzen der Beratungspflicht

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Beratungspflicht der privaten Pflegeversicherung Grenzen hat. Sie ersetzt keine medizinische oder rechtliche Beratung und kann nicht alle individuellen Fragen abdecken. In komplexen Fällen kann es sinnvoll sein, zusätzliche Expertise einzuholen.

Wenn Sie Fragen zur Pflegeversicherung haben oder Unterstützung benötigen, zögern Sie nicht, Ihre Versicherung zu kontaktieren. Sie haben ein Recht auf umfassende Beratung, um die bestmögliche Pflege und Unterstützung zu erhalten.


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Wie kann man nachweisen, dass man bereits früher pflegebedürftig war?

Der Nachweis einer früheren Pflegebedürftigkeit kann eine Herausforderung darstellen, ist aber in bestimmten Fällen möglich. Folgende Dokumente und Nachweise können hilfreich sein:

Medizinische Unterlagen

Ärztliche Atteste, Krankenhausberichte und Therapieprotokolle aus der fraglichen Zeit können den Gesundheitszustand und eventuelle Einschränkungen belegen. Besonders wertvoll sind detaillierte Beschreibungen der Alltagseinschränkungen durch behandelnde Ärzte.

Dokumentation von Pflegeleistungen

Wenn Sie bereits Hilfe von Angehörigen oder einem Pflegedienst erhalten haben, können Pflegetagebücher oder Abrechnungen von Pflegediensten als Nachweis dienen. Diese Unterlagen sollten möglichst genau dokumentieren, welche Unterstützung Sie wann benötigt haben.

Zeugenaussagen

Aussagen von Familienangehörigen, Nachbarn oder Freunden, die Ihre Pflegebedürftigkeit beobachtet haben, können ebenfalls hilfreich sein. Diese sollten möglichst konkret beschreiben, welche Einschränkungen sie bei Ihnen wahrgenommen haben.

Behördliche Unterlagen

Frühere Anträge auf Hilfsmittel, Wohnraumanpassungen oder andere Sozialleistungen können Ihre Pflegebedürftigkeit indirekt belegen.

Beachten Sie: Die rückwirkende Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist oft schwierig, da der Medizinische Dienst den damaligen Zustand nicht mehr direkt begutachten kann. Die Pflegekasse wird die vorgelegten Nachweise kritisch prüfen.

Sonderfall: Falschberatung

In Ausnahmefällen kann eine rückwirkende Leistungsgewährung möglich sein, wenn Sie nachweisen können, dass Sie aufgrund einer Falschberatung den Antrag verspätet gestellt haben. Ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.06.2021 (Az. B 3 P 5/19 R) hat dies bestätigt.

Wenn Sie glauben, dass bei Ihnen ein solcher Fall vorliegt, sollten Sie dies der Pflegekasse gegenüber deutlich machen und Beweise für die Falschberatung vorlegen, wie etwa schriftliche Aufzeichnungen über Beratungsgespräche.

Wichtig: Je länger der Zeitraum zwischen dem vermuteten Beginn der Pflegebedürftigkeit und der Antragstellung ist, desto schwieriger wird der Nachweis. Sammeln Sie daher alle relevanten Unterlagen sorgfältig und stellen Sie den Antrag so früh wie möglich.


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Welche Rechte haben Versicherte bei einer Ablehnung rückwirkender Leistungen?

Versicherte haben bei einer Ablehnung rückwirkender Leistungen durch die private Pflegeversicherung mehrere Möglichkeiten, ihre Rechte geltend zu machen:

Einwendungen erheben

Wenn Sie mit der Ablehnung nicht einverstanden sind, können Sie schriftlich Einwendungen bei Ihrer Pflegeversicherung erheben. Anders als bei der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt es hier kein formelles Widerspruchsverfahren. Formulieren Sie Ihre Argumente klar und fügen Sie, wenn möglich, zusätzliche Nachweise bei, die Ihren Anspruch unterstützen.

Zweitbegutachtung anfordern

Nach Erhebung von Einwendungen wird die Versicherung in der Regel eine Zweitbegutachtung durch Medicproof veranlassen. Ein unabhängiger Gutachter wird Ihre Situation erneut prüfen und dabei Ihre Einwände berücksichtigen. Dieses Verfahren bietet die Chance, dass Ihre Pflegebedürftigkeit neu bewertet wird.

Klage einreichen

Sollte die Versicherung auch nach der Zweitbegutachtung bei ihrer Ablehnung bleiben, können Sie Klage vor dem Sozialgericht erheben. Hierfür gilt keine strikte Frist wie bei der gesetzlichen Pflegeversicherung, jedoch ist es ratsam, nicht zu lange zu warten. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für Sie kostenfrei, sofern Sie keinen Anwalt beauftragen.

Besondere Umstände geltend machen

In bestimmten Fällen können Sie sich auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Wenn Sie nachweisen können, dass Sie aufgrund mangelhafter Beratung durch die Pflegekasse oder das Krankenhaus den Antrag verspätet gestellt haben, kann die Versicherung verpflichtet sein, Leistungen rückwirkend zu gewähren. Dies hat das Bundessozialgericht in einem Urteil (Az: B 3 P 5/19 R) bestätigt.

Dokumentation und Beweise sammeln

Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen und Beweise, die Ihre Pflegebedürftigkeit zum fraglichen Zeitpunkt belegen können. Dazu gehören ärztliche Atteste, Krankenhausberichte oder Aussagen von Pflegepersonen. Je besser Sie Ihre Situation dokumentieren können, desto höher sind Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung Ihres Anspruchs.

Bedenken Sie, dass die Durchsetzung rückwirkender Leistungen oft eine Einzelfallentscheidung ist. Die Erfolgsaussichten hängen stark von den spezifischen Umständen Ihres Falls ab. Eine sorgfältige Vorbereitung und klare Argumentation können Ihre Position dabei erheblich stärken.


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Wann besteht ein Anspruch auf rückwirkende Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung?

In der Regel werden Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nicht rückwirkend gewährt. Der Anspruch auf Leistungen beginnt normalerweise ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Es gibt jedoch einige Ausnahmefälle, in denen rückwirkende Leistungen möglich sind:

Falsche oder unzureichende Beratung

Wenn Sie nachweisen können, dass Sie aufgrund einer fehlerhaften oder mangelhaften Beratung durch die Pflegeversicherung oder eine damit beauftragte Stelle (z.B. ein Krankenhaus) den Antrag verspätet gestellt haben, können Sie möglicherweise rückwirkende Leistungen beanspruchen. In solchen Fällen kann der Anspruch bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Pflegebedürftigkeit zurückreichen.

Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung

Sollte die Bearbeitung Ihres Antrags durch die private Pflegeversicherung unangemessen lange dauern, können Sie unter Umständen Anspruch auf rückwirkende Leistungen haben. Dies gilt insbesondere, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Bearbeitungsfrist von 25 Arbeitstagen ohne triftigen Grund überschritten wird.

Nachträgliche Feststellung eines höheren Pflegegrades

Wenn bei einer erneuten Begutachtung rückwirkend ein höherer Pflegegrad festgestellt wird, haben Sie Anspruch auf die entsprechend höheren Leistungen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für den höheren Pflegegrad erstmals vorlagen.

Besondere Härtefälle

In außergewöhnlichen Härtefällen kann die private Pflegeversicherung im Einzelfall entscheiden, Leistungen rückwirkend zu gewähren. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Sie aufgrund schwerer gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage waren, den Antrag rechtzeitig zu stellen.

Beachten Sie, dass die Gewährung rückwirkender Leistungen in der privaten Pflegeversicherung eine Ausnahme darstellt. Wenn Sie der Meinung sind, dass in Ihrem Fall ein Anspruch auf rückwirkende Leistungen besteht, sollten Sie dies gegenüber Ihrer Pflegeversicherung schriftlich begründen und alle relevanten Nachweise beifügen. Die Entscheidung über die Gewährung rückwirkender Leistungen liegt letztendlich bei Ihrer privaten Pflegeversicherung.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Pflegegeld: Pflegegeld ist eine finanzielle Unterstützung, die von der Pflegeversicherung an pflegebedürftige Personen gezahlt wird. Es dient dazu, die häusliche Pflege durch Angehörige oder andere nichtprofessionelle Pflegepersonen zu honorieren. Das Pflegegeld wird monatlich ausgezahlt und die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad der versicherten Person. Dieses Geld kann flexibel verwendet werden, um die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen zu decken. Es ist wichtig zu beachten, dass das Pflegegeld nur dann gezahlt wird, wenn keine professionellen Pflegedienste in Anspruch genommen werden.
  • Pflegebedürftigkeit: Pflegebedürftigkeit bezeichnet den Zustand, in dem eine Person aufgrund von Krankheit oder Behinderung dauerhaft auf Hilfe bei den grundlegendsten täglichen Aktivitäten (wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität) angewiesen ist. In Deutschland wird der Grad der Pflegebedürftigkeit in Pflegegrade eingeteilt, die den Umfang der benötigten Hilfe und damit die Höhe der Leistungen bestimmen. Eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder eine vergleichbare Stelle ist notwendig, um den Pflegegrad festzustellen. Schwerwiegende gesundheitliche Probleme allein reichen nicht aus; es muss ein erheblicher Hilfe- und Unterstützungsbedarf nachgewiesen werden.
  • Pflegegrad: Ein Pflegegrad ist eine Einstufung, die den Umfang der Pflegebedürftigkeit einer Person beschreibt und den Anspruch auf Pflegeleistungen regelt. Es gibt insgesamt fünf Pflegegrade, wobei Pflegegrad 1 die geringste und Pflegegrad 5 die höchste Beeinträchtigung beschreibt. Die Einstufung erfolgt anhand eines Punktesystems, das die Selbstständigkeit und Fähigkeiten in verschiedenen Lebensbereichen bewertet. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Pflegeleistungen stehen der betroffenen Person zu. Der Pflegegrad beeinflusst maßgeblich die Art und Höhe der Leistungen, die von der Pflegeversicherung übernommen werden.
  • Verspätete Antragstellung: Eine verspätete Antragstellung bedeutet, dass der Antrag auf Pflegeleistungen nicht rechtzeitig eingereicht wurde. In der Praxis kann das dazu führen, dass Ansprüche auf Leistungen nicht rückwirkend geltend gemacht werden können, selbst wenn die Pflegebedürftigkeit nachweisbar bereits früher bestand. Eine fristgerechte Antragstellung ist entscheidend, da Pflegeleistungen in der Regel erst ab dem Zeitpunkt des Antragseingangs gewährt werden. Verpassen Versicherte wichtige Fristen, verlieren sie möglicherweise finanzielle Unterstützung für bereits erbrachte Pflegeleistungen.
  • Beratungspflicht: Die Beratungspflicht der Versicherung umfasst die Verpflichtung, Versicherte umfassend und korrekt über ihre Ansprüche sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen zu informieren. Allerdings besteht diese Pflicht nur dann, wenn der Versicherte gezielt danach fragt oder konkrete Anhaltspunkte für einen Beratungsbedarf vorliegen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Versicherung keine Beratungspflicht verletzt hat, weil keine spezifischen Hinweise auf Pflegebedarf in den Unterlagen des Versicherten erkennbar waren.
  • Rückwirkende Leistungen: Rückwirkende Leistungen beziehen sich auf finanzielle oder andere Unterstützung, die ab einem früheren Zeitpunkt gewährt wird, als die Leistung tatsächlich beantragt wurde. Diese werden in der Regel nur unter bestimmten Bedingungen gewährt, wie zum Beispiel bei nachweisbarer Unkenntnis der Leistungsmöglichkeiten oder unterlassener Information durch die Versicherung, wenn eine Beratungspflicht nachweislich bestand. Der vorliegende Fall zeigt, dass rückwirkende Leistungen im Bereich der Pflegeversicherung nur schwer durchzusetzen sind, da für die Anerkennung eines rückwirkenden Anspruchs strenge Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 188 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung): Dieser Paragraph regelt die Leistungspflicht der Krankenkassen gegenüber den Versicherten im Zusammenhang mit der Rehabilitation. Die Krankenkassen haben die Aufgabe, den Versicherten bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder drohenden Beeinträchtigungen zu helfen, sich zu rehabilitieren und so ihre Arbeitsfähigkeit wiederzuerlangen oder zu erhalten. Im konkreten Fall wurde der Kläger aufgrund seiner Erblindung nach der Operation voraussichtlich Leistungen aus der Rehabilitation erhalten, da er in dieser Situation Hilfe benötigt, seine Arbeitsfähigkeit wiederzuerlangen.
  • § 194 SGB V: Dieser Paragraph legt die Leistungspflicht der Krankenkassen bei Behandlungsfehlern fest. Dabei kann der Versicherte je nach Art des Behandlungsfehlers einen Anspruch auf Entschädigung haben. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger die Vermutung, dass es sich um einen Behandlungsfehler gehandelt hat. Nach seinen Angaben erfolgte die Bildgebung nach der Operation nicht.
  • § 195 SGB V: Dieser Paragraph regelt die Anrechnung der Leistungspflicht der Krankenkassen und die Entschädigungspflicht für Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Rehabilitierung. Der Kläger hatte zunächst Leistungen aus dem Krankentagegeld erhalten und gleichzeitig die Vermutung eines Fehlers in der Behandlung. Demnach könnte er zusätzliche Entschädigung gemäß § 195 SGB V beanspruchen.
  • § 11 SGB XI (Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung): Dieser Paragraph regelt konkret den Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung für die Kosten für die häusliche Pflege oder die stationäre Pflegeeinrichtung. Die Pflegebedürftigkeit muss anhand des im Gesetz festgelegten Begutachtungssystems ermittelt werden. Der Kläger hatte Leistungen im Rahmen der privaten Pflegeversicherung geltend gemacht, nachdem er nach der Operation dauerhaft pflegebedürftig worden war. Die Erläuterung der Leistungspflicht nach § 11 SGB XI ist daher relevant.
  • § 20 Abs. 1 SGB XI: Dieser Paragraph definiert, wer pflegebedürftig ist. Hierbei wird der Begriff „pflegebedürftig“ in Bezug auf die Dauer der Hilfebedürftigkeit und deren Umfang erläutert. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welche Anforderungen an die Dauer und Intensität der Pflege erfüllt werden müssen, um die Leistungspflicht der Pflegeversicherung zu erfüllen. Der Kläger wurde nach der Operation in Bezug auf die Dauer und den Umfang seiner Hilfebedürftigkeit als Pflegebedürftiger erkannt, sodass die Leistungspflicht in diesem Zusammenhang von großer Relevanz ist.

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Baden-Württemberg – Az.: L 4 P 1640/21 – Urteil vom 26.06.2023


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