Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Rente bei voller Erwerbsminderung: Ansprüche und Voraussetzungen im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche versicherungsrechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt sein?
- Wie kann bei chronischen Erkrankungen mit schleichendem Verlauf der Zeitpunkt der Erwerbsminderung nachgewiesen werden?
- Welche medizinischen Gutachten sind für die Beantragung einer Erwerbsminderungsrente erforderlich?
- Welche Rechtsmittel stehen nach Ablehnung eines Rentenantrags zur Verfügung?
- Welche alternativen Sozialleistungen können bei Ablehnung der Erwerbsminderungsrente beantragt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
- Datum: 16.01.2024
- Aktenzeichen: L 2 R 168/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Sozialrecht bezüglich Rente wegen Erwerbsminderung
- Rechtsbereiche: Sozialrecht, Rentenrecht, Erwerbsminderungsrente
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Antragsteller, der Rente wegen Erwerbsminderung begehrt; er absolvierte eine Ausbildung, erlitt ab 2014 Arbeitsunfähigkeit, bezog Krankengeld und Arbeitslosengeld, nahm an einer Rehabilitationsmaßnahme teil und erhält seit diversen Zeitpunkten unterschiedliche Pflegegrade sowie Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.
- Beklagte: Sozialleistungsträger, dem der Antrag auf Erwerbsminderungsrente entgegengestellt wurde, dessen Entscheidung zuvor durch das Sozialgericht Detmold bestätigt wurde.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger forderte Rentenzahlungen wegen Erwerbsminderung unter Berufung auf seine lang andauernde Erkrankung, die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, die Inanspruchnahme von Krankengeld und Arbeitslosengeld, die absolvierte berufliche Rehabilitation sowie anerkannte Pflegegrade.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung vorliegen, unter Berücksichtigung der gespeicherten Versicherungszeiten, der Rehabilitationsmaßnahme und der fortschreitenden Pflegebedürftigkeit.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen; außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten und die Revision wird nicht zugelassen.
- Folgen: Der Kläger muss die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen, das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.12.2021 bleibt bestehen, und es sind keine weiteren Rechtsmittel zugelassen – das Urteil ist somit endgültig.
Rente bei voller Erwerbsminderung: Ansprüche und Voraussetzungen im Fokus
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung erfordert das sorgfältige Prüfen der Ansprüche und das Einhalten der Wartezeit für Erwerbsminderungsrente. Grundlagen wie die Voraussetzungen für den Antrag auf Rente bei voller Erwerbsminderung, Reha-Maßnahmen, und die Anrechnung von Wartezeiten sind entscheidend, um Rentenansprüche bei Krankheit zu sichern.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte lebhaft veranschaulicht.
Der Fall vor Gericht
Erfolgloser Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei chronischem Fatigue-Syndrom

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Berufung eines Klägers gegen die Ablehnung seiner Erwerbsminderungsrente zurückgewiesen. Der 1993 geborene Mann leidet an einem chronischen Fatigue-Syndrom (CFS), konnte jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllen.
Krankheitsverlauf und beruflicher Werdegang
Nach seinem Realschulabschluss begann der Kläger 2011 eine Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik. Seit Januar 2014 war er durchgehend arbeitsunfähig und bezog zunächst Krankengeld, später Arbeitslosengeld. Seine letzte versicherungspflichtige Tätigkeit endete im Oktober 2015. Der Kläger erhält eine private Berufsunfähigkeitsrente von etwa 1.000 Euro monatlich und hat seit 2019 einen Pflegegrad, der schrittweise von 1 auf 3 erhöht wurde.
Medizinische Begutachtungen und Diagnose
Im Laufe des mehrjährigen Verfahrens wurde der Gesundheitszustand des Klägers von verschiedenen medizinischen Sachverständigen untersucht. Während zunächst ein Schmerzsyndrom diagnostiziert wurde, stellte der Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie im August 2020 ein schweres chronisches Fatigue-Syndrom fest. Diese Diagnose wurde durch ein neuropsychologisches Gutachten bestätigt, das deutliche kognitive Leistungseinschränkungen nachwies.
Rechtliche Bewertung des Gerichts
Das Gericht erkannte zwar an, dass der Kläger inzwischen an einem chronischen Fatigue-Syndrom mit erheblichen Leistungseinschränkungen leidet. Jedoch konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass diese Einschränkungen bereits vor November 2016 in rentenbegründender Weise vorlagen. Dies wäre aber notwendig gewesen, um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen.
Verschlechterung des Gesundheitszustands
Das Gericht stellte fest, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Laufe der Jahre deutlich verschlechtert hat. Nach einem MRT im Januar 2019 verschlechterte sich sein Zustand erheblich, was zur Anerkennung und späteren Erhöhung des Pflegegrads führte. Erst seit Dezember 2020 ist der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen.
Begründung der Ablehnung
Die Richter betonten, dass bei einem CFS mit schleichendem Verlauf und wechselnder Symptomatik der genaue Zeitpunkt einer rentenrelevanten Leistungsminderung rückwirkend sehr schwer festzustellen ist. Die vom Sachverständigen vorgenommene Rückdatierung der schweren Einschränkungen auf das Jahr 2015 wurde vom Gericht als nicht ausreichend begründet angesehen. Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren, musste die Berufung zurückgewiesen werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung objektiv nachweisbare medizinische Befunde entscheidend sind. Die reine Diagnose eines chronischen Fatigue-Syndroms reicht nicht aus, wenn keine eindeutigen körperlichen Befunde vorliegen. Besonders wichtig ist die Übereinstimmung zwischen den geschilderten Beschwerden und den medizinischen Untersuchungsergebnissen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beantragen möchten, müssen Ihre gesundheitlichen Einschränkungen durch konkrete medizinische Befunde belegt werden können. Subjektive Beschwerdeschilderungen allein genügen nicht – auch wenn Sie unter starken Einschränkungen leiden. Lassen Sie sich bereits vor der Antragstellung von Ihrem behandelnden Arzt beraten und sammeln Sie alle verfügbaren medizinischen Unterlagen, die Ihre Beschwerden objektiv dokumentieren. Bei Symptomen wie chronischer Erschöpfung ist es besonders wichtig, dass auch messbare körperliche Einschränkungen nachgewiesen werden können.
Benötigen Sie Hilfe?
Komplexe Rentenentscheidungen bei chronischem Fatigue-Syndrom
Wenn sich nach einer Ablehnung der Erwerbsminderungsrente Unsicherheiten ergeben, können die individuellen Krankheitsverläufe und die strengen versicherungsrechtlichen Vorgaben zu komplexen Fragestellungen führen. Solche Situationen erfordern eine präzise Betrachtung, um die bestehenden rechtlichen Optionen zu erkennen und einzuschätzen.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre rechtliche Lage eingehend zu analysieren. Mit unserer sachlichen und fundierten Herangehensweise erarbeiten wir gemeinsam eine klare Perspektive, die es Ihnen ermöglicht, Ihre Ansprüche und Möglichkeiten zu verstehen. Lassen Sie uns zusammen den nächsten Schritt in Ihrer Angelegenheit erörtern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche versicherungsrechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt sein?
Grundlegende Wartezeit
Für den Anspruch auf Erwerbsminderungsrente müssen Sie mindestens fünf Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen sein. Diese Zeit wird auch als allgemeine Wartezeit bezeichnet. In dieser Zeit können verschiedene Beitragszeiten berücksichtigt werden, wie etwa Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehungszeiten oder auch Zeiten der nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege.
Pflichtbeitragszeiten
Eine zentrale Voraussetzung ist die 3-aus-5-Regel: In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen Sie mindestens drei Jahre (36 Monate) Pflichtbeiträge nachweisen. Dabei zählt ein Monat bereits dann als Beitragsmonat, wenn nur für einen einzigen Tag Beiträge entrichtet wurden.
Besondere Verlängerungsregelungen
Der maßgebliche Fünfjahreszeitraum kann sich um bestimmte Zeiten verlängern, wenn diese nicht mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Dies gilt für:
- Anrechnungszeiten (z.B. Krankengeld- oder Arbeitslosengeldbezug)
- Zeiten des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente
- Berücksichtigungszeiten (z.B. Kindererziehung)
- Zeiten schulischer Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr (bis zu sieben Jahre)
Sonderregelungen
In bestimmten Fällen gelten erleichterte Voraussetzungen. Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten können die Mindestversicherungszeiten kürzer sein. Auch wenn Sie bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen erwerbsgemindert sind, können Sie einen Anspruch haben, sofern Sie eine Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen werden vom Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung aus betrachtet, nicht vom Zeitpunkt der Antragstellung. Der Antrag sollte innerhalb von drei Kalendermonaten nach Eintritt der Erwerbsminderung gestellt werden.
Wie kann bei chronischen Erkrankungen mit schleichendem Verlauf der Zeitpunkt der Erwerbsminderung nachgewiesen werden?
Der Nachweis einer Erwerbsminderung bei chronischen Erkrankungen erfordert eine lückenlose medizinische Dokumentation des Krankheitsverlaufs. Sie benötigen dafür drei wesentliche Arten von Nachweisen:
Ärztliche Bescheinigungen und Befunde
Eine kontinuierliche ärztliche Dokumentation ist unerlässlich. Dazu gehören Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Befundberichte und ärztliche Gutachten. Bei chronischen Erkrankungen ist besonders wichtig, dass die Behandlung mindestens einmal pro Quartal dokumentiert wird.
Nachweis der Leistungseinschränkung
Die konkreten Auswirkungen der Erkrankung auf Ihre Arbeitsfähigkeit müssen detailliert dokumentiert werden. Dazu gehören:
- Notwendige Ruhepausen und deren Dauer
- Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten
- Konkrete Beschreibung der verbliebenen Arbeitsfähigkeit in Stunden pro Tag
Zeitlicher Verlauf der Erkrankung
Der Beginn der Erwerbsminderung wird als der Zeitpunkt festgelegt, ab dem Sie nachweislich weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können. Bei einer schleichenden Verschlechterung ist der Zeitpunkt erreicht, wenn Sie nach einer sechsmonatigen Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage sind, Ihre Arbeitsfähigkeit wiederzuerlangen.
Dokumentation des Krankheitsverlaufs
Eine tabellarische Übersicht mit allen wichtigen Behandlungen, Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen ist hilfreich. Dokumentieren Sie dabei:
- Krankheitsverläufe mit Datumsangaben
- Durchgeführte Behandlungen
- Rehabilitationsmaßnahmen
- Verschlechterungen des Gesundheitszustands
Die Deutsche Rentenversicherung prüft anhand dieser Unterlagen, ob die Erwerbsfähigkeit durch medizinische oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen wiederhergestellt werden kann. Erst wenn dies ausgeschlossen ist, wird die Erwerbsminderung anerkannt.
Welche medizinischen Gutachten sind für die Beantragung einer Erwerbsminderungsrente erforderlich?
Für die Beantragung einer Erwerbsminderungsrente sind zwei zentrale Arten von medizinischen Dokumenten erforderlich: ärztliche Befundberichte und das sozialmedizinische Gutachten der Rentenversicherung.
Ärztliche Befundberichte
Ein qualifizierter Befundbericht Ihres behandelnden Arztes muss folgende Elemente enthalten:
- Eine detaillierte Beschreibung der Erkrankungen und deren Auswirkungen
- Die Dauer der bisherigen Behandlung
- Die konkrete Diagnose
- Die bisherigen Therapiemaßnahmen
- Eine Prognose für die weitere Entwicklung
- Eine Einschätzung der verbliebenen Arbeitsfähigkeit
Amtsärztliches Gutachten
Nach der Antragstellung ordnet die Rentenversicherung in der Regel eine sozialmedizinische Begutachtung an. Der Gutachter erstellt dabei ein umfassendes schriftliches Gutachten, das folgende Aspekte beinhaltet:
- Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen
- Erhebung der Krankengeschichte
- Dokumentation der aktuellen Befunde
- Beurteilung des Restleistungsvermögens
- Einschätzung der Prognose
Qualitätsanforderungen an Gutachten
Ein sozialmedizinisches Gutachten muss bestimmte Qualitätskriterien erfüllen:
- Plausibilität und Schlüssigkeit der Argumentation
- Nachvollziehbarkeit der Beweisführung
- Neutralität gegenüber allen Beteiligten
- Vollständige Dokumentation aller relevanten Aspekte
- Transparenz der verwendeten Methoden
Die Begutachtung umfasst auch die Beurteilung Ihrer Wegefähigkeit – also ob Sie eine Arbeitsstelle überhaupt erreichen können – sowie die Einschätzung Ihrer zeitlichen Belastbarkeit im Arbeitsalltag.
Welche Rechtsmittel stehen nach Ablehnung eines Rentenantrags zur Verfügung?
Widerspruchsverfahren als erster Schritt
Nach Erhalt eines ablehnenden Rentenbescheids können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Leben Sie im Ausland, verlängert sich diese Frist auf drei Monate. Der Widerspruch ist kostenfrei und kann formlos erfolgen – ein einfaches Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung genügt.
Für die Begründung des Widerspruchs existiert keine gesetzliche Frist. Sie können zunächst einen formlosen Widerspruch einreichen und die detaillierte Begründung später nachreichen. Die Deutsche Rentenversicherung setzt dafür in der Regel eine Frist von zwei Wochen.
Klageverfahren vor dem Sozialgericht
Bleibt die Rentenversicherung auch im Widerspruchsverfahren bei ihrer Ablehnung, erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid. Gegen diesen können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben.
Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist grundsätzlich gerichtskostenfrei. Die Sozialgerichtsbarkeit ist in drei Instanzen gegliedert:
- Sozialgericht als erste Instanz
- Landessozialgericht für Berufungsverfahren
- Bundessozialgericht für Revisionsverfahren
Besonderheiten des Sozialgerichtsverfahrens
Im Sozialgerichtsverfahren gilt das Amtsermittlungsprinzip – das Gericht muss den Sachverhalt von sich aus aufklären. Das Gericht kann Beweise durch Sachverständigengutachten erheben. Häufig kommt es bereits während des Verfahrens zu einer Einigung, wenn das Gutachten die Rechtswidrigkeit der Rentenablehnung bestätigt.
Gegen ein Urteil des Sozialgerichts kann Berufung beim Landessozialgericht eingelegt werden. Dies muss ebenfalls innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils geschehen. Vor den Sozialgerichten und Landessozialgerichten besteht kein Anwaltszwang – erst vor dem Bundessozialgericht ist eine anwaltliche Vertretung erforderlich.
Welche alternativen Sozialleistungen können bei Ablehnung der Erwerbsminderungsrente beantragt werden?
Bei einer Ablehnung der Erwerbsminderungsrente stehen mehrere alternative Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Ihre finanzielle Absicherung gewährleisten können.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Wenn Sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und mindestens 18 Jahre alt sind, können Sie Grundsicherung beantragen. Die Leistung beträgt für Alleinstehende aktuell 563 Euro monatlich zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung.
Arbeitslosengeld und Bürgergeld
Wenn Sie noch teilweise erwerbsfähig sind, aber keinen Job finden, können Sie Arbeitslosengeld beantragen. Nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes besteht die Möglichkeit, Bürgergeld zu beziehen.
Eingliederungsleistungen
Die Agentur für Arbeit bietet verschiedene Eingliederungsleistungen an:
- Beratung und Vermittlung in den Arbeitsmarkt
- Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung
- Berufliche Weiterbildung
- Unterstützung bei der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
Kommunale Eingliederungsleistungen
Zusätzlich können Sie folgende Unterstützungsangebote nutzen:
- Psychosoziale Betreuung
- Schuldnerberatung
- Suchtberatung
- Unterstützung bei der Kinderbetreuung
Der Vermögensfreibetrag für vermögensabhängige Leistungen der Eingliederungshilfe beträgt ab 2025 67.410 Euro. Sie können diese Leistungen auch bei durchschnittlichem Einkommen in Anspruch nehmen, wobei das Partnereinkommen nicht berücksichtigt wird.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Volle Erwerbsminderung
Eine Person gilt als voll erwerbsgemindert, wenn sie aufgrund von Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Dies ist in § 43 Abs. 2 SGB VI gesetzlich geregelt. Die Beurteilung erfolgt unabhängig vom bisherigen Beruf und bezieht sich auf jede denkbare Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Beispiel: Ein Bauarbeiter kann aufgrund schwerer Rückenprobleme seinen Beruf nicht mehr ausüben. Wenn er auch keine anderen – auch leichten – Tätigkeiten für mindestens 3 Stunden täglich ausführen kann, liegt volle Erwerbsminderung vor.
Wartezeit für Erwerbsminderungsrente
Die Wartezeit bezeichnet die Mindestversicherungszeit, die ein Versicherter erfüllt haben muss, um einen Rentenanspruch zu erwerben. Für die Erwerbsminderungsrente beträgt sie grundsätzlich 60 Monate (5 Jahre) gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI. In diese Zeit fallen Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, freiwillige Beiträge, aber auch bestimmte Ersatzzeiten.
Beispiel: Ein 30-Jähriger hat in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nur 3 Jahre gearbeitet und Pflichtbeiträge gezahlt. Damit erfüllt er die Wartezeit nicht und hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.
Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS)
Eine schwere chronische Erkrankung, die durch anhaltende, schwere Erschöpfung und drastisch verminderte Belastbarkeit gekennzeichnet ist. Die Symptome verschlechtern sich typischerweise nach körperlicher oder geistiger Anstrengung. Die Erkrankung ist im deutschen Sozialrecht als potenziell schwerwiegende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit anerkannt.
Beispiel: Ein Patient mit CFS kann nach 30 Minuten leichter Büroarbeit so erschöpft sein, dass er stundenlange Erholungspausen benötigt und den Rest des Tages keine weiteren Tätigkeiten ausüben kann.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
Diese umfassen alle rechtlichen Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um einen Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen zu haben. Dazu gehören insbesondere die Erfüllung der Wartezeit, aber auch spezielle Anforderungen wie die ausreichende Anzahl von Pflichtbeiträgen in bestimmten Zeiträumen vor dem Versicherungsfall (§ 43 SGB VI).
Beispiel: Für die Erwerbsminderungsrente müssen in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen nachgewiesen werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Sozialgesetzbuch VI (SGB VI), Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 43-45): Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und die Gewährung von Renten wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsminderung. Es definiert, unter welchen Bedingungen Versicherte Anspruch auf eine solche Rente haben, basierend auf ihrem gesundheitlichen Zustand und ihrer Arbeitsfähigkeit. Im vorliegenden Fall beantragt der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung, wobei seine gesundheitlichen Einschränkungen und die Beurteilungen der Gutachter maßgeblich sind.
- Sozialgerichtsgesetz (SGG), insbesondere die Vorschriften zum Widerspruchs- und Klageverfahren (§§ 68 ff.): Das SGG regelt das Verfahren vor den Sozialgerichten, einschließlich der Fristen und Anforderungen für Widersprüche und Klagen gegen Bescheide der Sozialversicherungsträger. Im Fall des Klägers wurden sowohl der Widerspruch als auch die Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben, was die Anwendung dieser Vorschriften erforderlich macht.
- Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 46-52): Dieses Gesetz umfasst Maßnahmen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen oder gesundheitlichen Einschränkungen am Arbeitsleben. Es ist relevant, da der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt hat, um trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine Beschäftigung ausüben zu können.
- Sozialgesetzbuch V (SGB V), Medizinische Leistungen und Begutachtungen (§§ 28 ff.): Das SGB V regelt die medizinische Versorgung und die Einbindung von Gutachtern zur Feststellung der Erwerbsminderung. Die medizinischen Gutachten, die im Fall des Klägers erstellt wurden, basieren auf den Bestimmungen dieses Gesetzes, das die Qualität und Durchführung der Begutachtungen sicherstellt.
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), Berufsunfähigkeitsversicherung (§§ 1-3): Das VVG regelt die Rechte und Pflichten aus Versicherungsverträgen, einschließlich privater Berufsunfähigkeitsversicherungen. Der Kläger bezieht Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, die im Kontext seines Rentenantrags und seiner finanziellen Absicherung bei Erwerbsminderung relevant sind.
Das vorliegende Urteil
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 2 R 168/22 – Urteil vom 16.01.2024
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