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Ruhen Krankengeldanspruch bei nicht fristgerechter Meldung der Arbeitsunfähigkeit – Beweislast

Physiotherapeutin verliert Prozess gegen Krankenkasse! Trotz psychischer Erkrankung muss sie auf Krankengeld verzichten, weil sie ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu spät einreichte. Das Landessozialgericht Hamburg entschied, dass die gesetzliche Meldefrist von einer Woche strikt einzuhalten ist, um den Krankenkassen eine frühzeitige Kontrolle zu ermöglichen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Hamburg
  • Datum: 23.06.2022
  • Aktenzeichen: L 1 KR 129/20
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Krankenversicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine 1983 geborene, als Physiotherapeutin arbeitende Frau, die bei der Beklagten krankenversichert ist. Sie argumentiert, dass sie aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage war, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen rechtzeitig einzureichen. Sie leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung, die ihre Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt habe.
  • Beklagte: Die gesetzliche Krankenkasse der Klägerin. Sie argumentiert, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verspätet eingereicht habe und somit ihr Anspruch auf Krankengeld ruhte. Sie hält die gesetzlichen Fristen für ausreichend, um solche Bescheinigungen einzureichen und sieht keinen ausreichenden Grund, von der Fristversäumnis abzusehen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin hatte ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verspätet bei ihrer Krankenkasse eingereicht, wodurch ihr Anspruch auf Krankengeld für einen bestimmten Zeitraum ruhte. Die Klägerin beruft sich auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen, die sie daran gehindert hätten, die Bescheinigungen rechtzeitig einzureichen. Die Krankenkasse lehnt den Anspruch auf Krankengeld für den verspäteten Zeitraum ab.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob gesundheitliche Gründe eine Ausnahme von der Frist zur Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen rechtfertigen und ob ein Ausnahmefall wegen eingeschränkter Handlungsfähigkeit der Klägerin vorlag.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 21. April 2016 bis zum 22. Juni 2016.
  • Begründung: Das Gericht fand keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Handlungsunfähigkeit der Klägerin, die eine Ausnahme von der Pflicht zur fristgerechten Einreichung der Bescheinigungen rechtfertigen könnte. Die Fristüberschreitung lag innerhalb der Verantwortung der Klägerin, und die medizinische Sachverständige konnte keine ausreichenden Beweise für eine verminderte Handlungsfähigkeit in dem relevanten Zeitraum erbringen.
  • Folgen: Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für den genannten Zeitraum bleibt ausgeschlossen. Das Urteil betont die Bedeutung der Einhaltung gesetzlicher Fristen seitens der Versicherten sowie die strikte Anwendung der Vorschriften zur Einreichung von Krankmeldungen. Die Revision wurde nicht zugelassen, was das Urteil endgültig macht.

Verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit: Anspruch auf Krankengeld gefährdet

Ungeöffnete Krankenkassenbriefe und AU-Bescheinigung auf einem Schreibtisch
Verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit und Krankengeldanspruch (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Der Anspruch auf Krankengeld ist ein zentraler Bestandteil des Sozialversicherungsrechts und bietet finanzielle Unterstützung während einer Phase der Arbeitsunfähigkeit. Um jedoch Leistungen von der Krankenversicherung zu erhalten, ist es entscheidend, die Arbeitsunfähigkeit fristgerecht zu melden. Verspätungen bei dieser Meldung können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, darunter das Ruhen des Krankengeldanspruchs. Es ist wichtig zu verstehen, wie die Beweislast in diesen Fällen verteilt ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Ansprüche geltend zu machen.

Ein konkreter Fall, der die Herausforderungen und rechtlichen Grundlagen einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit beleuchtet, wird im Folgenden näher analysiert.

Der Fall vor Gericht


Kein Krankengeld wegen verspäteter Meldung trotz psychischer Erkrankung

Das Landessozialgericht Hamburg hat die Klage einer Physiotherapeutin auf nachträgliche Zahlung von Krankengeld abgewiesen. Die Krankenkasse hatte den Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 21. April bis 22. Juni 2016 ruhen lassen, weil die Versicherte ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erst im Juni 2016 bei der Kasse eingereicht hatte.

Mehrmonatige Verzögerung bei Einreichung der AU-Bescheinigungen

Die 1983 geborene Klägerin war zunächst wegen einer Atemwegsinfektion und zunehmender Erschöpfung arbeitsunfähig geschrieben. Ab April 2016 attestierte ihre Hausärztin zusätzlich eine Anpassungsstörung und Neurasthenie. Obwohl die Klägerin regelmäßig ihre Hausärztin aufsuchte und sich die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen ließ, reichte sie die Bescheinigungen erst am 23. Juni 2016 bei ihrer Krankenkasse ein.

Gesetzliche Meldefrist von einer Woche nicht eingehalten

Nach dem Sozialgesetzbuch ruht der Krankengeldanspruch, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht innerhalb einer Woche gemeldet wird. Die Krankenkasse ließ den Anspruch daher für den Zeitraum bis zur verspäteten Einreichung ruhen. Die Klägerin begründete die Verzögerung mit ihrer psychischen Erkrankung, die sie an der rechtzeitigen Erledigung alltäglicher Aufgaben gehindert habe.

Keine Handlungsunfähigkeit nachweisbar

Das Gericht sah keine ausreichenden Belege für eine krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit der Klägerin. Die dokumentierten Diagnosen und Befunde aus dem fraglichen Zeitraum rechtfertigten diese Annahme nicht. Auch ein später eingeholtes psychiatrisches Gutachten konnte eine Handlungsunfähigkeit nicht zweifelsfrei nachweisen. Das Gericht verwies darauf, dass die Klägerin regelmäßig Arzttermine wahrnahm und ihre Arbeitgeberin telefonisch informierte. Eine entsprechende Meldung an die Krankenkasse wäre daher ebenfalls möglich gewesen.

Strikte Anwendung der Meldefrist zum Schutz der Krankenkassen

Die gesetzliche Meldefrist soll laut Gericht sicherstellen, dass Krankenkassen frühzeitig von der Arbeitsunfähigkeit erfahren und diese gegebenenfalls überprüfen können. Die einwöchige Frist berücksichtige bereits, dass erkrankte Versicherte mehr Zeit für behördliche Angelegenheiten benötigen könnten. Eine Aufklärungspflicht der Krankenkassen über diese Obliegenheit bestehe nicht. Die Berufung der Klägerin wurde daher zurückgewiesen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil macht deutlich, dass die 7-Tages-Frist zur Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Krankenkasse auch bei psychischen Erkrankungen strikt einzuhalten ist. Eine verspätete Einreichung führt zum Ruhen des Krankengeldanspruchs, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit durchgehend attestiert wurde. Nur bei nachgewiesener vollständiger Handlungsunfähigkeit können Ausnahmen gemacht werden – eine bloße Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit reicht dafür nicht aus. Die Krankenkassen müssen ihre Versicherten auch nicht vorab über diese Meldepflichten informieren.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie arbeitsunfähig werden und Krankengeld beziehen möchten, müssen Sie Ihre AU-Bescheinigung innerhalb einer Woche bei der Krankenkasse einreichen – auch wenn Sie sich psychisch belastet fühlen. Eine telefonische Meldung bei der Kasse reicht zunächst aus. Versäumen Sie diese Frist, erhalten Sie für den Zeitraum bis zur verspäteten Einreichung kein Krankengeld. Dies gilt auch dann, wenn Sie erstmals Krankengeld beantragen und die Abläufe nicht kennen. Nur wenn Sie nachweisen können, dass Sie aufgrund Ihrer Erkrankung komplett handlungsunfähig waren, können Ausnahmen gemacht werden. Eine ärztlich bescheinigte psychische Beeinträchtigung allein genügt dafür nicht.


Benötigen Sie Hilfe?

Wenn Ihre Krankenkasse Ihr Krankengeld verweigert, kann dies existenzbedrohende Auswirkungen haben – besonders bei psychischen Erkrankungen. Unsere erfahrenen Anwälte prüfen Ihren individuellen Fall und zeigen Ihnen Handlungsmöglichkeiten auf, auch wenn Fristen bereits verstrichen sind. Die jahrelange Expertise im Umgang mit Krankenkassen ermöglicht es uns, Ihre Interessen kompetent zu vertreten. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Fristen muss ich bei der Meldung meiner Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse einhalten?

Bei der Meldung Ihrer Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse gilt eine gesetzliche Frist von einer Woche. Diese Frist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit.

Gesetzliche Grundlage und Konsequenzen

Die Meldepflicht ist im § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geregelt. Wenn Sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht innerhalb der Wochenfrist bei der Krankenkasse einreichen, ruht Ihr Anspruch auf Krankengeld. Das bedeutet, Sie erhalten erst ab dem Tag der tatsächlichen Meldung bei der Krankenkasse wieder Krankengeld.

Besonderheiten bei der Fristwahrung

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss innerhalb der Wochenfrist tatsächlich bei der Krankenkasse eingegangen sein. Es reicht nicht aus, sie lediglich abgeschickt zu haben. Bei einem Versand per Post tragen Sie als Versicherter das Risiko der rechtzeitigen Zustellung.

Elektronische Übermittlung und Ausnahmen

Seit Januar 2021 erfolgt die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten grundsätzlich elektronisch durch den Arzt an die Krankenkasse. Bei einer Behandlung durch einen Nicht-Vertragsarzt müssen Sie die Bescheinigung weiterhin selbst einreichen.

Folgebescheinigungen

Bei einer länger andauernden Erkrankung müssen Sie auch die Folgebescheinigungen fristgerecht einreichen. Die Folgebescheinigung muss nahtlos an die vorherige Krankschreibung anschließen. Wenn Sie zwischenzeitlich auch nur einen Tag arbeitsfähig waren, beginnt die 42-Tage-Frist bis zum Krankengeld neu.


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Was passiert mit meinem Krankengeldanspruch bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit?

Bei einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit (AU) an die Krankenkasse ruht der Krankengeldanspruch grundsätzlich so lange, bis die Meldung bei der Krankenkasse eingeht. Die Meldefrist beträgt eine Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Aktuelle Rechtslage seit 2021

Seit 2021 hat sich die Rechtslage grundlegend geändert: Die Vertragsärzte sind nun gesetzlich verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln. Wenn die AU-Bescheinigung verspätet bei der Krankenkasse eingeht, darf dies nicht zu Ihren Lasten gehen. Der Krankengeldanspruch bleibt in diesem Fall bestehen.

Ausnahmen bei der Meldepflicht

In bestimmten Fällen kann der Krankengeldanspruch trotz verspäteter Meldung bestehen bleiben:

  • Wenn Sie nachweislich alles in Ihrer Macht Stehende unternommen haben, um eine rechtzeitige ärztliche Feststellung zu erhalten
  • Wenn die Verspätung auf Gründe zurückzuführen ist, die der Arztpraxis oder der Krankenkasse zuzurechnen sind
  • Wenn Sie aufgrund eines hohen Patientenaufkommens trotz rechtzeitigen Erscheinens in der Praxis keinen sofortigen Termin erhalten

Besonderheiten bei Privatärzten und Reha-Einrichtungen

Bei Privatärzten und Reha-Einrichtungen gelten andere Regeln, da diese nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. In diesen Fällen müssen Sie selbst für die rechtzeitige Übermittlung der AU-Bescheinigung an die Krankenkasse sorgen.

Bei Folgebescheinigungen sollten Sie besonders aufmerksam sein: Wenn Sie bereits Krankengeld beziehen, muss die weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem Ende der vorherigen Bescheinigung ärztlich festgestellt werden. Die Frist verlängert sich auf den nächsten Werktag, wenn das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.


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Welche Ausnahmen gelten bei psychischen Erkrankungen für die Meldefrist?

Bei psychischen Erkrankungen gelten grundsätzlich keine automatischen Ausnahmen von der einwöchigen Meldefrist für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die Gerichte legen sehr strenge Maßstäbe an, selbst wenn Versicherte aufgrund psychischer Erkrankungen nicht vollständig in der Lage sind, ihre Angelegenheiten zu regeln.

Voraussetzungen für Ausnahmen

Eine Ausnahme von der Meldefrist kommt nur in Betracht, wenn Sie sich nachweislich in einem Zustand der Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit befunden haben. Dabei reicht eine allgemeine psychische Belastung oder ein Belastungssyndrom nicht aus.

Aktuelle Rechtslage seit 2021

Seit Anfang 2021 hat sich die Situation grundlegend geändert: Die Meldepflicht liegt nun bei den Vertragsärzten, nicht mehr bei den Versicherten. Eine verspätete Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führt seitdem nicht mehr zum Verlust des Krankengeldes.

Besonderheiten bei Privatärzten

Wenn Sie sich von einem Privatarzt oder in einer Reha-Einrichtung behandeln lassen, gilt diese neue Regelung nicht. In diesen Fällen müssen Sie weiterhin selbst für die fristgerechte Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sorgen.

Bei einer psychischen Erkrankung sollten Sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unmittelbar nach dem Arztbesuch an die Krankenkasse weiterleiten, um Komplikationen zu vermeiden. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) erleichtert diesen Prozess erheblich, da die Übermittlung automatisch durch die Arztpraxis erfolgt.


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Wie kann ich eine krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit nachweisen?

Der wichtigste Nachweis einer krankheitsbedingten Handlungsunfähigkeit ist die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Diese stellt das gesetzlich anerkannte Nachweismittel dar und hat einen hohen Beweiswert.

Formale Anforderungen an die AU

Eine rechtsgültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss folgende Merkmale aufweisen:

  • Die eigenhändige Unterschrift des behandelnden Arztes
  • Den Praxisstempel
  • Das Original der Bescheinigung
  • Das korrekte Datum der Feststellung der Krankheit

Zeitliche Vorgaben

Sie müssen Ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich beim Arbeitgeber anzeigen. Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert, muss die AU-Bescheinigung spätestens am vierten Tag vorliegen. Ihr Arbeitgeber kann die Vorlage einer AU-Bescheinigung aber auch ab dem ersten Krankheitstag verlangen.

Besonderheiten seit 2023

Seit dem 1. Januar 2023 gilt für gesetzlich Krankenversicherte das elektronische AU-Verfahren (eAU). Sie müssen dem Arbeitgeber keine Papierbescheinigung mehr vorlegen, sind aber weiterhin verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.

Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit

Wenn der Beweiswert Ihrer AU erschüttert wird, müssen Sie Ihre Erkrankung substantiiert darlegen. Dies bedeutet:

  • Konkrete Beschreibung der gesundheitlichen Einschränkungen
  • Angaben zu ärztlich verordneten Verhaltensmaßregeln
  • Information über verschriebene Medikamente
  • Gegebenenfalls Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht

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Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, wenn die Krankenkasse mein Krankengeld wegen verspäteter Meldung ablehnt?

Wenn die Krankenkasse Ihr Krankengeld wegen verspäteter Meldung ablehnt, steht Ihnen der Rechtsweg über das Widerspruchsverfahren offen. Sie haben nach Erhalt des Ablehnungsbescheids eine Monatsfrist, um schriftlich Widerspruch einzulegen.

Einlegung des Widerspruchs

Der Widerspruch muss schriftlich bei der Krankenkasse eingehen. Eine telefonische oder elektronische Einlegung ist nicht wirksam. Senden Sie den Widerspruch am besten per Einschreiben mit Rückschein, um den fristgerechten Zugang nachweisen zu können.

Begründung des Widerspruchs

Sie müssen den Widerspruch zunächst nicht begründen. Es genügt, wenn Sie der Entscheidung innerhalb der Monatsfrist formell widersprechen. Die ausführliche Begründung können Sie nachreichen. Sammeln Sie dafür alle relevanten Unterlagen wie ärztliche Atteste, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und den kompletten Schriftverkehr mit der Krankenkasse.

Entscheidung über den Widerspruch

Die Krankenkasse hat drei Monate Zeit, über Ihren Widerspruch zu entscheiden. Nach einer erneuten Prüfung kann die Krankenkasse:

  • Das Krankengeld doch noch bewilligen
  • Den Widerspruch teilweise anerkennen
  • Den Widerspruch vollständig ablehnen

Klageweg vor dem Sozialgericht

Wird der Widerspruch abgelehnt, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für Sie kostenfrei. Entscheidet die Krankenkasse nicht innerhalb von drei Monaten über Ihren Widerspruch, können Sie eine Untätigkeitsklage einreichen.

Ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts vom Januar 2024 stärkt die Position der Versicherten: Wenn die Arbeitsunfähigkeit durch die behandelnden Ärzte im elektronischen Verfahren nicht rechtzeitig an die Krankenkasse übermittelt wurde, darf der Krankengeldanspruch nicht ruhen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Krankengeld

Eine Lohnersatzleistung der gesetzlichen Krankenversicherung, die gezahlt wird, wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Nach der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber springt die Krankenkasse ein und zahlt etwa 70% des regelmäßigen Bruttoeinkommens. Die gesetzliche Grundlage findet sich in §§ 44-51 SGB V. Beispiel: Ein Arbeitnehmer bricht sich das Bein und fällt drei Monate aus. Nach sechs Wochen Lohnfortzahlung erhält er Krankengeld von seiner Krankenkasse.


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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung)

Ein ärztliches Dokument, das die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten offiziell bestätigt. Sie muss Beginn, voraussichtliche Dauer und Grund der Arbeitsunfähigkeit enthalten (§ 5 EntgFG). Die AU-Bescheinigung ist Voraussetzung für Entgeltfortzahlung und Krankengeld. Seit 2023 erfolgt die Übermittlung meist elektronisch (eAU). Der Patient erhält nur noch einen Ausdruck für die eigenen Unterlagen.


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Ruhen des Anspruchs

Eine vorübergehende Aussetzung von Leistungsansprüchen, bei der der grundsätzliche Anspruch bestehen bleibt, aber vorübergehend nicht geltend gemacht werden kann. Geregelt in § 49 SGB V für das Krankengeld. Das Ruhen tritt beispielsweise ein, wenn Meldefristen versäumt werden oder andere Pflichten verletzt werden. Die Leistung wird erst ab dem Zeitpunkt wieder gewährt, ab dem die Voraussetzungen wieder erfüllt sind.


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Beweislast

Die rechtliche Verpflichtung, die für einen Anspruch relevanten Tatsachen nachzuweisen. Im Sozialrecht muss grundsätzlich derjenige die Beweise erbringen, der einen Anspruch geltend macht (§ 103 SGG). Beispiel: Ein Versicherter muss seine Arbeitsunfähigkeit durch ärztliche Bescheinigungen belegen und deren rechtzeitige Einreichung nachweisen können.


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Handlungsunfähigkeit

Ein Zustand, in dem eine Person aufgrund körperlicher oder psychischer Erkrankungen nicht in der Lage ist, rechtlich relevante Handlungen vorzunehmen. Geregelt in § 104 BGB. Sie kann als wichtiger Grund für die Versäumung von Fristen anerkannt werden. Die bloße Diagnose einer psychischen Erkrankung reicht dafür jedoch nicht aus – es muss konkret nachgewiesen werden, dass die Person zu den erforderlichen Handlungen nicht in der Lage war.


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Obliegenheit

Eine rechtliche Verhaltensanforderung, deren Nichterfüllung zum Verlust von Rechten führen kann. Anders als bei Pflichten kann die Erfüllung nicht eingeklagt werden. Im Sozialversicherungsrecht bestehen verschiedene Obliegenheiten, wie die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit (§ 49 SGB V). Die Verletzung führt hier zum Ruhen des Krankengeldanspruchs.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V: Diese Vorschrift regelt die Frist für die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Laut Gesetz muss eine Arbeitsunfähigkeit innerhalb von sieben Tagen nach deren Feststellung durch einen Arzt nachgewiesen werden, um Ansprüche auf Krankengeld in vollem Umfang zu sichern. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Bescheinigungen jedoch verspätet eingereicht, was zur Folge hatte, dass ihr Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 10. März 2016 bis zum 22. Juni 2016 ruhte.
  • § 46 SGB I: Dieser Paragraph beschreibt die allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch auf Sozialleistungen, einschließlich Krankengeld. Es wird dargelegt, dass Leistungen nur gewährt werden, wenn die Voraussetzungen des jeweiligen Regelwerks eingehalten werden. Im Streitfall war die Klägerin aufgrund der Versäumnis, die Bescheinigungen fristgerecht einzureichen, nicht in der Lage, ihre Ansprüche geltend zu machen, obwohl sie die Voraussetzungen ansonsten erfüllt hat.
  • § 28 SGB III: Diese Vorschrift legt fest, dass Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeld haben, wenn sie aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig sind und die entsprechenden Nachweise führen. Der Zusammenhang zur Klage ergibt sich daraus, dass trotz der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin der Anspruch auf Krankengeld aufgrund der verspäteten Vorlage der Bescheinigungen ruhte, sodass die Regelungen zum Krankengeld nicht in vollem Umfang greifen konnten.
  • § 2 Abs. 3 SGB V: Hier werden die Regelungen zu den Folgen einer verspäteten Einreichung von Nachweisen im Sozialsystem umrissen. Der Anspruch auf Krankengeld kann in solchen Fällen eingeschränkt werden, um Missbrauch zu vermeiden. Der Fall steht im direkten Zusammenhang zu den finanziellen Ansprüchen der Klägerin, die aufgrund der späten Einreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht wie gewünscht bedient werden konnten.
  • § 27 SGB V: Dieser Paragraph beschreibt die Leistungsarten innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung, einschließlich Krankengeld. Es werden die Bedingungen verraten, unter denen Versicherte einen Anspruch auf Krankengeld haben. Die Situation der Klägerin zeigt, wie wichtig es ist, diese Bedingungen einzuhalten, da Versäumnisse, wie die späte Einreichung der Nachweise, dazu führen können, dass Ansprüche auf finanzielle Leistungen nicht gewährt werden.

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Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 1 KR 129/20 – Urteil vom 23.06.2022


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