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Schwerbehindertenrecht – GdB-Feststellung – Diabetes mellitus Typ 1

Eine junge Diabetikerin scheitert vor dem Sozialgericht Hamburg mit dem Versuch, ihren Grad der Behinderung von 40 auf 50 hochstufen zu lassen. Trotz intensiver Insulintherapie sah das Gericht keine ausreichenden Belege für eine gravierende Beeinträchtigung ihrer Lebensführung. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren die objektiven medizinischen Befunde und nicht das subjektive Empfinden der Klägerin.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Sozialgericht Hamburg
  • Datum: 07.06.2023
  • Aktenzeichen: S 43 SB 478/21
  • Verfahrensart: Anfechtungsklage
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht, Schwerbehindertenrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: 2004 geborene Person, die eine Erhöhung ihres Grads der Behinderung (GdB) von 40 auf 50 fordert. Die Klägerin argumentiert, dass ihre Diabetes-Erkrankung mehr Einschnitte in ihrer Lebensführung verursacht als berücksichtigt.
  • Beklagte: Behörde, die den GdB der Klägerin von 50 auf 40 herabgesetzt hat. Die Beklagte stützt sich auf medizinische Befunde und verwaltungsrechtliche Bestimmungen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin beantragte die Beibehaltung eines GdB von 50 trotz der Reduzierung auf 40 durch die Beklagte. Die Herabsetzung basierte auf aktuellen medizinischen Befunden, die keine ausreichenden Einschränkungen in der Lebensführung aufgrund Diabetes mellitus Typ I aufzeigen.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die aktuelle GdB-Bemessung der Beklagten korrekt ist und den tatsächlichen Einschränkungen der Klägerin gerecht wird.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Der Bescheid vom 4.8.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2021 ist rechtmäßig.
  • Begründung: Die medizinischen Gutachten und Befunde bestätigten, dass die Klägerin aktuelle keine gravierende Beeinträchtigungen ihrer Lebensführung aufweist. Der GdB von 40 ist gemäß den versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) gerechtfertigt.
  • Folgen: Die Klägerin behält ihren GdB von 40, und die Kosten des Verfahrens nach § 193 SGG sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung objektiver medizinischer Befunde bei der Bemessung des GdB. Weitere Rechtsmittel wurden nicht angegeben.

Wichtige Urteile zum Schwerbehindertenrecht: Fallbeispiel und rechtliche Konsequenzen

Das Schwerbehindertenrecht regelt die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ermöglicht ihnen eine Teilhabe am Arbeitsleben sowie am gesellschaftlichen Leben. Eine zentrale Rolle spielt dabei die GdB-Feststellung, welche den Grad der Behinderung bestimmt und somit den Zugang zu verschiedenen Unterstützungsangeboten wie dem Schwerbehindertenausweis oder Eingliederungshilfe ermöglicht. Besonders bei Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 1 können im Laufe der Zeit Komplikationen auftreten, die eine Neubewertung des Behindertenstatus notwendig machen.

Betroffene haben Anspruch auf Nachteilsausgleiche und Leistungen zur Gesundheitsversorgung, die nicht nur die Pflegeleistungen betreffen, sondern auch die Unterstützung im Alltag. Diese Fragen sind entscheidend für die rechtliche Absicherung und den Lebensstandard der Betroffenen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Thematik beleuchtet und zeigt, welche rechtlichen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können.

Der Fall vor Gericht


Gericht bestätigt Herabsetzung des Behinderungsgrades bei gut eingestelltem Diabetes

Frau bereitet Insulininjektion in Firmenküche während Mittagspause vor
Das Sozialgericht Hamburg hat die Herabsetzung des GdB einer Diabetikerin aufgrund stabiler Gesundheitszustände und fehlender gravierender Einschränkungen bestätigt. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage einer jungen Diabetikerin gegen die Herabsetzung ihres Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 40 abgewiesen. Die 2004 geborene Klägerin leidet an Diabetes mellitus Typ I und hatte seit 2011 einen GdB von 50 sowie das Merkzeichen H für Hilfebedürftigkeit.

Überprüfung zeigt verbesserte Stoffwechsellage

Im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens stellte die zuständige Behörde fest, dass sich die Stoffwechsellage der Klägerin deutlich stabilisiert hatte. Die junge Frau gab selbst an, dass sie sich durch ihre Zuckerkrankheit nicht gravierend in ihrer Lebensführung eingeschränkt fühle. Daraufhin setzte die Behörde den GdB auf 40 herab und entzog das Merkzeichen H.

Medizinische Gutachten bestätigen positive Entwicklung

Ein vom Gericht bestellter Facharzt für Allgemeinmedizin untersuchte die Klägerin und bestätigte in seinem Gutachten die Einschätzung der Behörde. Trotz der vier- bis fünfmal täglichen Insulininjektionen lägen keine Hinweise auf eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vor. Die Blutzuckerspiegel-Dokumentationen und ärztlichen Berichte zeigten eine ausreichend gute Einstellung des Diabetes. Diabetesbedingte Folgeerkrankungen waren nicht feststellbar.

Rechtliche Bewertung der Teilhabebeeinträchtigung

Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, dass für einen GdB von 50 bei Diabetes nicht nur mindestens vier tägliche Insulininjektionen und eine selbständige Anpassung der Insulindosis erforderlich sind. Zusätzlich müsse eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung nachgewiesen werden. Diese sei bei der Klägerin nicht gegeben, da keine erheblichen Auswirkungen auf die Planung des Tagesablaufs, Freizeitgestaltung, Mahlzeitenzubereitung und Mobilität vorlägen.

Objektive Kriterien statt subjektiver Beschwerden

In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass der GdB nicht das Ausmaß des subjektiven Leidens widerspiegeln soll, sondern die objektive Einschränkung der Gestaltungsspielräume. Bei der Bestimmung des GdB müsse zwischen der Beschwerdeebene (subjektives Leiden) und der Befundebene (Ergebnisse medizinischer Untersuchungen) unterschieden werden. Mögliche künftige Verschlechterungen oder potenzielle Folgen einer Vernachlässigung des Therapieverhaltens seien für die aktuelle Bewertung nicht relevant.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Bei der Bewertung des Behinderungsgrades (GdB) bei Diabetes zählt nicht das subjektive Leiden, sondern die objektiv nachweisbare Einschränkung der Lebensführung. Eine gute Stoffwechseleinstellung mit wenigen Komplikationen rechtfertigt auch bei mehrmals täglicher Insulingabe keinen GdB von 50, wenn keine gravierenden Einschränkungen im Alltag vorliegen. Mögliche zukünftige Verschlechterungen oder theoretische Risiken bei Therapievernachlässigung spielen für die aktuelle GdB-Einstufung keine Rolle.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Diabetes haben und Ihren GdB überprüfen lassen müssen, kommt es entscheidend darauf an, wie stark Sie im Alltag tatsächlich eingeschränkt sind. Auch wenn Sie mehrmals täglich Insulin spritzen müssen, reicht dies allein nicht für einen GdB von 50 aus. Sie müssen zusätzlich nachweisen können, dass Sie in wichtigen Lebensbereichen wie Arbeit, Freizeit oder Mobilität erheblich beeinträchtigt sind. Dabei zählen nur aktuelle, dokumentierte Einschränkungen – nicht die Angst vor möglichen späteren Komplikationen. Für die Bewertung sind objektive medizinische Befunde wichtiger als Ihr persönliches Empfinden der Belastung.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche medizinischen Kriterien sind für die Festsetzung des GdB bei Diabetes mellitus Typ 1 maßgeblich?

Die Festsetzung des Grades der Behinderung (GdB) bei Diabetes mellitus Typ 1 richtet sich nach dem Therapieaufwand und den damit verbundenen Einschränkungen in der Lebensführung.

Therapieaufwand als Hauptkriterium

Der tägliche Behandlungsaufwand ist das zentrale Bewertungskriterium, nicht mehr die Güte der Stoffwechseleinstellung. Für einen GdB von 50 müssen folgende medizinische Kriterien erfüllt sein:

  • Mindestens vier Insulininjektionen täglich oder Verwendung einer Insulinpumpe
  • Selbstständige Anpassung der Insulindosis in Abhängigkeit von:
    • aktuellem Blutzuckerwert
    • geplanter Mahlzeit
    • körperlicher Aktivität

Dokumentationspflicht

Die Blutzuckermessungen und Insulingaben müssen lückenlos dokumentiert werden. Diese Dokumentation muss über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen geführt werden.

Beeinträchtigungen im Alltag

Gravierende Einschnitte in der Lebensführung müssen nachgewiesen werden, etwa durch:

  • Notwendigkeit regelmäßiger Blutzuckerkontrollen
  • Anpassung der Ernährung
  • Einschränkungen bei körperlichen Aktivitäten
  • Risiko von Stoffwechselentgleisungen

Zusätzliche medizinische Faktoren

Bei der GdB-Bewertung werden auch berücksichtigt:

  • Auftreten von Hypoglykämien (Unterzuckerungen)
  • Schwere der Stoffwechselentgleisungen
  • Folgeerkrankungen wie diabetische Retinopathie oder Neuropathie

Die Bewertung erfolgt durch das Versorgungsamt auf Grundlage ärztlicher Befundberichte und der vorgelegten Dokumentation.


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Was bedeutet eine stabile Stoffwechsellage rechtlich für den bestehenden GdB?

Eine stabile Stoffwechsellage allein ist nicht ausschlaggebend für die GdB-Bewertung. Entscheidend ist vielmehr das Zusammenspiel aus der erreichten Stoffwechsellage und dem dafür erforderlichen Therapieaufwand.

Bewertungskriterien bei stabiler Stoffwechsellage

Der GdB wird relativ niedrig angesetzt, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoffwechsellage erreicht wird. Bei einer stabilen Stoffwechsellage ohne wesentliche Beeinträchtigungen und mit gut kontrollierbarem Blutzucker durch regelmäßige Insulintherapie wird in der Regel ein GdB von 20 festgelegt.

Therapieaufwand als entscheidender Faktor

Auch bei einer stabilen Stoffwechsellage kann ein höherer GdB gerechtfertigt sein, wenn hierfür ein erheblicher Therapieaufwand erforderlich ist. Ein GdB von 50 kann beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn täglich mindestens vier Insulininjektionen notwendig sind und die Insulindosis selbstständig an Blutzucker, Mahlzeiten und körperliche Belastung angepasst werden muss.

Besonderheiten bei Kindern

Bei Kindern mit Diabetes wird eine stabile Stoffwechsellage besonders differenziert betrachtet. Wenn die stabile Stoffwechsellage nur durch permanente elterliche Unterstützung und Überwachung erreicht werden kann, kann dies dennoch zu einer höheren GdB-Einstufung führen. Dies gilt insbesondere, wenn beispielsweise Besuche bei Freunden oder sportliche Aktivitäten nur in Begleitung eines Elternteils möglich sind.


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Welche Rechtsmittel stehen bei einer GdB-Herabsetzung zur Verfügung?

Bei einer GdB-Herabsetzung können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids schriftlich Widerspruch beim zuständigen Versorgungsamt einlegen. Der Widerspruch muss fristgerecht eingehen, um die Bestandskraft des Bescheids zu verhindern.

Ablauf des Widerspruchsverfahrens

Ein formloser Widerspruch ist zunächst ausreichend, um die Frist zu wahren. Die ausführliche Begründung können Sie später nachreichen. Für eine fundierte Widerspruchsbegründung haben Sie das Recht auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X. Dies ermöglicht Ihnen, die versorgungsärztlichen Stellungnahmen und die Grundlagen der Entscheidung einzusehen.

Wichtige Aspekte der Widerspruchsbegründung

In der Widerspruchsbegründung sollten Sie sich auf die konkreten Auswirkungen Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Alltag konzentrieren. Neue ärztliche Befunde und Atteste können die Begründung stützen.

Klageweg als weitere Option

Wird der Widerspruch abgelehnt, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben. Die Klage kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll gegeben werden. Während des laufenden Widerspruchs- oder Klageverfahrens behalten Sie Ihren bisherigen GdB.

Während des gesamten Verfahrens gilt die Schutzfrist: Bei einer rechtskräftigen Herabsetzung behalten Sie Ihren Schwerbehindertenausweis und die damit verbundenen Rechte noch bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Abschluss des Verfahrens.


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Welche Rolle spielen Folgeerkrankungen bei der GdB-Bewertung von Diabetes?

Folgeerkrankungen des Diabetes werden bei der GdB-Bewertung umfassend berücksichtigt und können zu einer höheren Einstufung führen. Die Berücksichtigung erfolgt dabei auf zwei Wegen:

Direkte Berücksichtigung im Rahmen der Diabetesbewertung

Durch den Diabetes verursachte Folgeschäden wie Durchblutungsstörungen, koronare Herzerkrankungen oder Wundheilungsstörungen fließen in die Gesamtbetrachtung ein, auch wenn sie für sich genommen keinen eigenen GdB rechtfertigen würden. Diese Einschränkungen werden im Zusammenwirken mit den diabetesbedingten Einschnitten in der Lebensführung bewertet.

Gesonderte Bewertung schwerer Folgeerkrankungen

Schwerwiegende Folgeschäden wie ein diabetischer Fuß, Sehstörungen (Retinopathie) oder Nervenschäden werden vom Versorgungsamt zusätzlich bewertet. Diese Funktionsstörungen werden jedoch nicht einfach zum Diabetes-GdB hinzuaddiert, sondern in ihrer Gesamtheit betrachtet.

Bewertungsgrundsätze

Bei der Feststellung des Gesamt-GdB gilt ein besonderes Prinzip: Die einzelnen GdB-Werte werden nicht mathematisch addiert. Stattdessen erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung aller Funktionsbeeinträchtigungen und ihrer Wechselwirkungen. Dabei wird vom höchsten Einzel-GdB ausgegangen und geprüft, ob weitere Beeinträchtigungen das Gesamtbild der Behinderung verstärken.

Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen, etwa durch schwere Entgleisungen des Stoffwechsels, können einen höheren GdB rechtfertigen. Die Versorgungsmedizin-Verordnung eröffnet dabei Beurteilungsspielräume, die eine besondere Berücksichtigung der individuellen Teilhabebeeinträchtigungen ermöglichen.


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Wie wird die Beeinträchtigung der Lebensführung bei Diabetes rechtlich bewertet?

Die rechtliche Bewertung der Beeinträchtigung der Lebensführung bei Diabetes erfolgt nach der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) anhand konkreter Kriterien. Der Grad der Beeinträchtigung wird dabei nicht allein durch die Diagnose Diabetes bestimmt, sondern durch die tatsächlichen Auswirkungen auf das tägliche Leben.

Grundlegende Bewertungskriterien

Bei der Bewertung der Beeinträchtigung spielen die Therapieform und deren Auswirkungen eine zentrale Rolle. Eine Hypoglykämie-Gefährdung durch die Therapie führt zu einem GdB von 20, wenn dadurch Einschnitte in der Lebensführung entstehen. Wenn zusätzlich mindestens eine tägliche dokumentierte Blutzuckerkontrolle erforderlich ist, kann der GdB auf 30-40 steigen.

Voraussetzungen für einen GdB von 50

Ein GdB von 50 kommt nur dann in Betracht, wenn durch erhebliche Einschnitte die Lebensführung gravierend beeinträchtigt ist. Dafür müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Mindestens vier Insulininjektionen täglich
  • Dokumentierte Blutzuckermessungen und Insulindosen
  • Selbständige Anpassung der Insulindosis je nach Blutzucker, Mahlzeiten und körperlicher Belastung

Bewertung der Beeinträchtigungen

Die Beeinträchtigung der Lebensführung wird anhand konkreter Auswirkungen beurteilt. Teilhabebeeinträchtigungen, die regelmäßig mit einer Diabeteserkrankung einhergehen, reichen für einen höheren GdB nicht aus. Relevante Beeinträchtigungen können sein:

  • Unmöglichkeit der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten
  • Erhebliche Einschränkungen bei sportlichen oder kulturellen Aktivitäten
  • Konzentrationsprobleme während Ausbildung oder Studium
  • Schwerwiegende Probleme im sozialen Bereich

Diabetesbedingte Folgeschäden wie Sehstörungen oder Niereninsuffizienz werden gesondert bewertet und können zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen.


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Grad der Behinderung (GdB)

Der Grad der Behinderung ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung. Er wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgelegt. Ab einem GdB von 50 gilt man als schwerbehindert. Die Feststellung erfolgt durch das Versorgungsamt nach den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ gemäß § 152 SGB IX. Beispiel: Ein gut eingestellter Diabetes ohne Folgeschäden führt meist zu einem GdB von 40, während schwere Komplikationen einen höheren GdB rechtfertigen können.

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Merkzeichen H

Das Merkzeichen H wird im Schwerbehindertenausweis eingetragen und steht für „Hilflos“. Es wird vergeben, wenn eine Person für häufig wiederkehrende Verrichtungen des täglichen Lebens dauerhaft fremder Hilfe bedarf (§ 33b EStG). Mit diesem Merkzeichen sind besondere Nachteilsausgleiche wie Steuerermäßigungen und kostenlose Beförderung im öffentlichen Nahverkehr verbunden. Ein typisches Beispiel wäre ein Mensch mit schwerer Gehbehinderung, der Hilfe beim An- und Auskleiden benötigt.

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Gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung

Bezeichnet eine erhebliche Einschränkung der alltäglichen Aktivitäten und Lebensbereiche durch gesundheitliche Probleme. Im Kontext der GdB-Feststellung wird dies anhand objektiver Kriterien wie Einschränkungen bei der Arbeit, Mobilität oder Selbstversorgung beurteilt. Grundlage ist § 2 SGB IX. Beispiel: Wenn ein Diabetiker seinen Tagesablauf komplett der Insulintherapie unterordnen muss und spontane Aktivitäten kaum möglich sind.

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Objektive Einschränkung der Gestaltungsspielräume

Beschreibt die faktisch messbaren und nachweisbaren Limitierungen der Handlungsmöglichkeiten einer Person, unabhängig vom subjektiven Empfinden. Diese werden durch medizinische Befunde, Gutachten und nachprüfbare Funktionseinschränkungen belegt. Basiert auf § 152 SGB IX und der Versorgungsmedizin-Verordnung. Beispiel: Die nachweisbare Unfähigkeit, längere Strecken zu gehen, im Gegensatz zum bloßen Gefühl der Erschöpfung.

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Nachprüfungsverfahren

Ein behördliches Verfahren zur Überprüfung eines bereits festgestellten Grades der Behinderung. Es wird durchgeführt, wenn Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands vorliegen. Rechtliche Grundlage ist § 48 SGB X. Ein typischer Fall ist die Überprüfung nach erfolgreicher Therapie oder Operation, die zu einer Verbesserung des Gesundheitszustands geführt hat.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2 VersMedV (Verordnung über die Versorgungsmedizin): Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen und Maßstäbe für die Feststellung des Grads der Behinderung (GdB). Sie legt fest, wie verschiedene Erkrankungen und deren Auswirkungen auf die Lebensführung objektiv bewertet werden sollen. Im konkreten Fall wird die Einschätzung über den GdB für die Klägerin unter Berücksichtigung von Diabetes mellitus nach dieser Verordnung vorgenommen.
  • Teil B Nr. 15.1 VMG (Versorgungsmedizinische Grundsätze): Dieser Teil definiert spezifische Kriterien zur Bewertung des GdB bei Diabetes mellitus. Er zeigt auf, dass nicht allein das subjektive Leiden des Betroffenen, sondern dessen tatsächliche Einschränkungen im Alltag entscheidend sind. Im Fall der Klägerin wurde die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 vorgenommen, weil diese Einstufung der objektiven Erfassung der Funktionsbeeinträchtigung entsprach.
  • § 69 SGB X (Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch): Nach dieser Norm können Entscheidungen von Behörden überprüft und angefochten werden. Der Widerspruch der Klägerin gegen die Herabsetzung des GdB wurde nicht erfolgreich, was bedeutet, dass die Behörde rechtmäßig gehandelt hat. Der Widerspruchsbescheid musste sich auf objektiv ermittelte Informationen stützen.
  • § 44 SGB X (Rücknahme von Verwaltungsakten): Diese Vorschrift ermöglicht die Rücknahme von Bescheiden, wenn sich die Ausgangslage verändert hat. Das Gericht hat festgestellt, dass die Änderung des GdB von 50 auf 40 gerechtfertigt war und keine neuen Kriterien vorlagen, die eine Rücknahme der ursprünglichen Feststellung der Behörde erforderten.
  • Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention: Diese Richtlinie befasst sich mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft. Sie stellt sicher, dass es keinen Nachteil für Betroffene geben sollte. Im vorliegenden Fall zeigt die Abweisung der Klage, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Feststellung des GdB auch im Lichte internationaler Standards berücksichtigt werden, jedoch die objektiven ermittelten Daten maßgeblich sind.

Weitere Beiträge zum Thema

  • GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus Typ 1 bei Erwachsenen – Versorgungsmedizinische Grundsätze
    Ein Kläger mit Diabetes mellitus Typ 1 klagte gegen die Festsetzung seines Grads der Behinderung (GdB) auf 40 durch das Landratsamt Rastatt. Das Sozialgericht Karlsruhe entschied zugunsten des Klägers und erhöhte den GdB auf 50, da der Einsatz einer Insulinpumpe einen erhöhten Therapieaufwand darstellt und somit die Kriterien der Versorgungsmedizinischen Grundsätze erfüllt. → → Erhöhung des GdB durch Insulinpumpe
  • Schwerbehindertenrecht – GdB-Feststellung – GdB von 50 – Diabetes mellitus
    Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt befasste sich mit der Frage, ob bei einem Diabetes mellitus Typ 1 ein GdB von 50 gerechtfertigt ist. Es wurde festgestellt, dass ein solcher GdB angemessen ist, wenn Betroffene täglich mindestens vier Insulininjektionen benötigen, die Insulindosis selbstständig variieren müssen und erhebliche Einschnitte in der Lebensführung hinnehmen müssen. → → Kriterien für GdB von 50 bei Diabetes
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    Der Artikel erläutert die Kriterien zur Feststellung des GdB bei Diabetes mellitus. Es wird betont, dass der Therapieaufwand und die daraus resultierenden Einschränkungen im Alltag maßgeblich für die Bewertung sind. Ein GdB von 50 kann beispielsweise bei einer Insulintherapie mit mindestens vier täglichen Injektionen und gravierenden Beeinträchtigungen der Lebensführung gerechtfertigt sein. → → Bewertung des GdB basierend auf Therapieaufwand
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    Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die Bedeutung des GdB im deutschen Sozialrecht. Es wird erklärt, wie der GdB ermittelt wird, welche rechtlichen Grundlagen existieren und welche Auswirkungen ein bestimmter GdB auf verschiedene Lebensbereiche haben kann. Zudem wird auf die Unterschiede zwischen GdB und ähnlichen Konzepten wie dem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) eingegangen. → → Überblick über GdB im Sozialrecht

Das vorliegende Urteil

 


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SG Hamburg – Az.: S 43 SB 478/21 – Urteil vom 07.06.2023


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