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Sozialhilfe – Anspruchsübergang – Erbschaft – Überleitung des Pflichtteilanspruchs

Der Fall dreht sich um den Konflikt zwischen einer Sozialhilfeempfängerin und dem Sozialamt bezüglich der Überleitung ihres Pflichtteilsanspruchs aus dem Erbe ihrer verstorbenen Mutter. Es geht um die Frage, ob der Pflichtteilsanspruch trotz eines beabsichtigten Behindertentestaments der Eltern besteht und ob das Sozialamt diesen Anspruch rechtmäßig auf sich überleiten konnte. Das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hat hierbei eine wichtige Klärung gebracht.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, da ihre Klage keine ausreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
  • Der Bescheid des Sozialamts, den Pflichtteilsanspruch der Klägerin zu überleiten, wurde als rechtmäßig bestätigt.
  • Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin besteht grundsätzlich und kann daher übergeleitet werden.
  • Ein Pflichtteilsverzicht der Klägerin liegt nicht vor, da keine notarielle Beurkundung erfolgt ist.
  • Das Gericht folgt der Argumentation des Sozialamts, dass die Überleitung zur Realisierung des Nachrangs der Sozialhilfe notwendig ist.
  • Die Argumente der Klägerin konnten keine günstigere Entscheidung herbeiführen.
  • Die Überleitung wurde als notwendig erachtet, da Sozialhilfeleistungen erbracht wurden und somit ein Anspruch besteht.
  • Ein fehlerhafter Pflichtteilsverzicht geht nicht zu Lasten des Sozialamts.
  • Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
  • Die Entscheidung ist endgültig und nicht weiter anfechtbar.

Gerichtsurteil: Erbe vs. Sozialhilfe – Wer profitiert vom Nachlass?

Sozialhilfe ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Sicherungssystems in Deutschland und soll Menschen in Notlagen unterstützen. Im Zusammenhang mit Erbschaften kann die Frage nach einem Anspruchsübergang aufkommen. Ein häufiges Thema ist dabei die Frage, ob ein Erbe, insbesondere ein Pflichtteilanspruch, auf das Sozialamt übergeht, und ob dieses damit einen Anspruch auf die im Erbschaftsfall erlangten Mittel hat.

Grundsätzlich geht es hierbei darum, wer von den erlangten Vermögenswerten im Todesfall eines Erblassers profitiert. Besonders relevant ist dies, wenn der Empfänger der Erbschaft gleichzeitig Sozialhilfe bezieht. Für die Beantwortung der Frage, ob der Sozialhilfeanspruch übergeht, ist eine genaue Betrachtung der jeweiligen Rechtslage und des Einzelfalls erforderlich. Ob ein Anspruch auf das Erbe tatsächlich übertragen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Verhältnis zwischen dem Empfänger der Erbschaft und dem Sozialamt sowie den Bedingungen der Erbschaft selbst. Die Frage, ob und in welchem Umfang der Pflichtteilanspruch auf das Sozialamt übergeht, wird in der Rechtsprechung regelmäßig in komplexen Verfahren geklärt.

Im Folgenden betrachten wir ein konkretes Gerichtsurteil, das diese Rechtsfrage umfassend beleuchtet und die komplexen Zusammenhänge zwischen Erbschaftsrecht und Sozialhilfe verdeutlicht. Das Urteil vermittelt wichtige Erkenntnisse und zeigt deutlich, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich mit großer Vorsicht und Sorgfalt agiert, um die Interessen aller Beteiligten – sowohl des Erben als auch des Sozialamts – bestmöglich zu wahren.

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Der Fall vor Gericht


Streit um Überleitung eines Pflichtteilsanspruchs durch das Sozialamt

Im vorliegenden Fall geht es um eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen einer Sozialhilfeempfängerin und dem zuständigen Sozialamt. Die Klägerin bezieht Sozialhilfe und ist gleichzeitig potenzielle Erbin ihrer verstorbenen Mutter. Das Sozialamt hatte den möglichen Pflichtteilsanspruch der Klägerin per Bescheid auf sich übergeleitet, wogegen sich die Klägerin zur Wehr setzte.

Der Kernpunkt des Konflikts liegt darin, dass die Eltern der Klägerin in ihrem Testament offenbar ein sogenanntes „Behindertentestament“ errichten wollten. Dabei handelt es sich um eine spezielle Testamentsgestaltung, bei der das Erbe eines behinderten Kindes so geregelt wird, dass es nicht vom Sozialamt zur Deckung von Sozialleistungen herangezogen werden kann. Im konkreten Fall wurde die Klägerin zwar von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, ein notariell beurkundeter Pflichtteilsverzicht lag jedoch nicht vor.

Die rechtliche Herausforderung bestand nun darin zu klären, ob der Pflichtteilsanspruch der Klägerin trotz des beabsichtigten Behindertentestaments weiterhin besteht und ob das Sozialamt diesen Anspruch rechtmäßig auf sich überleiten konnte.

Rechtmäßige Überleitung des Pflichtteilsanspruchs durch das Sozialamt

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Beschluss vom 11.06.2015 die Rechtmäßigkeit der Überleitung des Pflichtteilsanspruchs durch das Sozialamt bestätigt. Das Gericht stellte fest, dass für eine wirksame Überleitung nach § 93 SGB XII lediglich erforderlich ist, dass ein überleitungsfähiger Anspruch nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist.

In diesem Fall sah das Gericht das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs der Klägerin als wahrscheinlich an. Entscheidend war, dass kein wirksamer Pflichtteilsverzicht vorlag, da dieser nach § 2348 BGB zwingend der notariellen Beurkundung bedarf. Eine solche Beurkundung hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.

Das Gericht betonte, dass es für die Wirksamkeit der Überleitung unerheblich sei, ob ein Pflichtteilsverzicht gewollt war, um dem Willen der Erblasser entsprechend den Grundsätzen zum Behindertentestament zur Geltung zu verhelfen. Auch der Umstand, dass zunächst gegen die Überleitung vorgegangen werden sollte, änderte nichts an der rechtlichen Bewertung.

Bedeutung der Entscheidung für Sozialhilfeempfänger und Erben

Die Entscheidung des Landessozialgerichts verdeutlicht die Komplexität des Zusammenspiels von Erbrecht und Sozialrecht. Für Sozialhilfeempfänger und deren Angehörige zeigt sich, wie wichtig eine rechtssichere Gestaltung von Testamenten ist, insbesondere wenn ein Behindertentestament beabsichtigt ist.

Der Fall macht deutlich, dass formale Anforderungen, wie die notarielle Beurkundung eines Pflichtteilsverzichts, strikt eingehalten werden müssen. Andernfalls kann es dazu kommen, dass das Sozialamt Ansprüche überleitet, die eigentlich durch eine besondere testamentarische Gestaltung verhindert werden sollten.

Für Sozialhilfeempfänger bedeutet dies, dass sie im Erbfall möglicherweise mit der Überleitung von Pflichtteilsansprüchen durch das Sozialamt rechnen müssen, selbst wenn die Erblasser dies nicht beabsichtigt hatten. Es zeigt sich, wie wichtig eine sorgfältige und rechtlich einwandfreie Nachlassplanung ist, um den Willen der Erblasser effektiv umzusetzen und gleichzeitig die Interessen der Erben zu schützen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung unterstreicht die zwingende Notwendigkeit der notariellen Beurkundung für einen wirksamen Pflichtteilsverzicht. Selbst bei beabsichtigten Behindertentestamenten kann das Sozialamt Pflichtteilsansprüche überleiten, wenn formale Anforderungen nicht erfüllt sind. Dies verdeutlicht die Komplexität des Zusammenspiels von Erb- und Sozialrecht und betont die Bedeutung einer rechtssicheren Testamentsgestaltung, um den Willen der Erblasser effektiv umzusetzen und die Interessen der Erben zu schützen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Sozialhilfe beziehen und eine Erbschaft erwarten, sollten Sie besonders vorsichtig sein. Das Urteil zeigt, dass das Sozialamt Ihren Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten kann, selbst wenn Ihre Eltern ein sogenanntes „Behindertentestament“ errichten wollten. Ein Verzicht auf den Pflichtteil muss notariell beurkundet werden, sonst ist er unwirksam. Das bedeutet, dass das Sozialamt möglicherweise Zugriff auf Ihr Erbe hat, um die gezahlten Sozialhilfeleistungen zu decken. Es ist daher ratsam, frühzeitig eine rechtssichere Nachlassplanung mit fachkundiger Unterstützung vorzunehmen, um Ihre Interessen bestmöglich zu schützen.


FAQ – Häufige Fragen

Wer Sozialhilfe bezieht, steht oft vor komplexen Fragen rund um das Erbe. Die Überleitung von Pflichtteilsansprüchen bei Sozialhilfeempfängern ist ein besonders kniffliger Bereich, der viele Menschen verunsichert. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie leicht verständliche Antworten auf wichtige Fragen zu diesem Thema – fundiert recherchiert und juristisch korrekt aufbereitet.


Was passiert mit meinem Pflichtteilsanspruch, wenn ich Sozialhilfe beziehe?

Wenn eine Person Sozialhilfe bezieht und gleichzeitig einen Pflichtteilsanspruch erwirbt, kann dieser Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen auf den Sozialhilfeträger übergehen. Dieser Vorgang wird als Überleitung bezeichnet und ist im Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) geregelt.

Der Pflichtteilsanspruch entsteht, wenn ein naher Angehöriger enterbt wurde oder weniger als den gesetzlichen Pflichtteil erbt. Für Sozialhilfeempfänger ist besonders relevant, dass dieser Anspruch als Vermögen gilt und somit Auswirkungen auf den Bezug von Sozialleistungen haben kann.

Grundsätzlich muss jeder Sozialhilfeempfänger Veränderungen seiner finanziellen Situation, einschließlich des Erwerbs eines Pflichtteilsanspruchs, unverzüglich dem Sozialamt melden. Dies ergibt sich aus der Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu Bußgeldern oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Der Sozialhilfeträger hat nach § 93 SGB XII die Möglichkeit, den Pflichtteilsanspruch auf sich überzuleiten. Dies bedeutet, dass der Anspruch kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergeht. Der Sozialhilfeempfänger verliert dadurch die Verfügungsgewalt über den Anspruch. Der Sozialhilfeträger kann den Pflichtteilsanspruch dann in eigenem Namen geltend machen, um die erbrachten Sozialleistungen zumindest teilweise zu refinanzieren.

Die Überleitung erfolgt durch eine schriftliche Anzeige des Sozialhilfeträgers an den Pflichtteilsschuldner, also in der Regel den Erben. Ab diesem Zeitpunkt kann nur noch der Sozialhilfeträger den Anspruch geltend machen. Der Pflichtteilsberechtigte hat dann keine Möglichkeit mehr, auf den Pflichtteil zu verzichten oder ihn anderweitig zu verwenden.

Für den Sozialhilfeempfänger hat die Überleitung erhebliche finanzielle Konsequenzen. Der Wert des Pflichtteils wird zunächst mit den bisher erbrachten Sozialleistungen verrechnet. Übersteigt der Pflichtteil die Höhe der bisherigen Leistungen, kann dies dazu führen, dass der Anspruch auf Sozialhilfe vorübergehend oder dauerhaft entfällt. Der überschießende Betrag steht dann dem Pflichtteilsberechtigten zu.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs nicht in jedem Fall erfolgt. Der Sozialhilfeträger hat hier einen Ermessensspielraum. Faktoren wie die Höhe des Anspruchs, die Dauer des Sozialhilfebezugs und die persönlichen Umstände des Berechtigten können bei der Entscheidung eine Rolle spielen.

In der Praxis führt die Überleitung oft zu komplexen rechtlichen Situationen. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich beispielsweise in einem Interessenkonflikt befinden, wenn er einerseits den Pflichtteil nicht geltend machen möchte, um das Verhältnis zu den Erben nicht zu belasten, andererseits aber durch die Überleitung dazu gezwungen wird.

Rechtlich umstritten ist die Frage, ob ein Pflichtteilsverzicht vor Eintritt des Erbfalls wirksam ist, wenn der Verzichtende bereits Sozialhilfe bezieht. Einige Gerichte sehen einen solchen Verzicht als sittenwidrig an, da er zu Lasten der Allgemeinheit geht. Andere Gerichte haben einen nachträglichen Verzicht jedoch als zulässig erachtet, solange er vor der Überleitung erfolgt.

Für Sozialhilfeempfänger ist es ratsam, sich frühzeitig über die möglichen Konsequenzen eines Pflichtteilsanspruchs zu informieren. Eine sorgfältige Planung, gegebenenfalls unter Einbeziehung rechtlicher Beratung, kann helfen, unerwünschte Folgen zu vermeiden und die eigenen Interessen bestmöglich zu wahren.

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Kann das Sozialamt meinen Pflichtteilsanspruch überleiten, auch wenn ich ein Behindertentestament habe?

Ein Behindertentestament schützt in der Regel wirksam vor dem Zugriff des Sozialamts auf den Pflichtteilsanspruch eines behinderten Erben. Allerdings gibt es Grenzen dieses Schutzes, die beachtet werden müssen.

Grundsätzlich dient ein Behindertentestament dazu, dem behinderten Erben Vorteile zukommen zu lassen, ohne dass das geerbte Vermögen für Sozialleistungen eingesetzt werden muss. Dies wird üblicherweise durch eine Kombination aus Vor- und Nacherbschaft sowie Testamentsvollstreckung erreicht. Der behinderte Erbe wird dabei als Vorerbe eingesetzt und erhält etwas mehr als den Pflichtteil, um Pflichtteilsergänzungsansprüche zu vermeiden.

Entscheidend für die Wirksamkeit des Behindertentestaments ist, dass es nicht als sittenwidrig eingestuft wird. Die Rechtsprechung hat Behindertentestamente grundsätzlich als zulässig anerkannt, solange sie nicht missbräuchlich gestaltet sind. Als missbräuchlich könnte etwa eine Gestaltung angesehen werden, die dem behinderten Erben faktisch gar keine Vorteile verschafft.

Ist das Behindertentestament wirksam errichtet, kann das Sozialamt den darin enthaltenen Pflichtteilsanspruch nicht auf sich überleiten. Der Grund dafür liegt in der besonderen rechtlichen Konstruktion: Der behinderte Erbe erhält zwar formal etwas mehr als den Pflichtteil, kann darüber aber nicht frei verfügen. Stattdessen verwaltet ein Testamentsvollstrecker das Erbe und wendet dem Behinderten daraus nach eigenem Ermessen Leistungen zu.

Allerdings gibt es Konstellationen, in denen trotz eines Behindertentestaments eine Überleitung durch das Sozialamt möglich sein kann:

Wenn das Testament formale Fehler aufweist und deshalb unwirksam ist, entfällt der Schutz. In diesem Fall würde die gesetzliche Erbfolge greifen und der Pflichtteilsanspruch könnte übergeleitet werden. Ähnliches gilt, wenn das Testament zwar formal korrekt ist, aber inhaltlich so gestaltet wurde, dass es als sittenwidrig eingestuft wird.

Auch bei einer fehlerhaften Umsetzung des Testaments durch den Testamentsvollstrecker könnte unter Umständen ein Zugriff des Sozialamts möglich werden. Wenn der Testamentsvollstrecker beispielsweise dem behinderten Erben Vermögenswerte direkt zuwendet, statt sie treuhänderisch zu verwalten, könnten diese Werte für Sozialleistungen herangezogen werden.

Eine weitere Ausnahme kann sich ergeben, wenn der behinderte Erbe neben dem im Behindertentestament zugewandten Vermögen noch anderweitig erbt oder einen Pflichtteilsanspruch aus dem Nachlass einer anderen Person erwirbt. In diesem Fall wäre dieser zusätzliche Anspruch nicht durch das Behindertentestament geschützt und könnte vom Sozialamt übergeleitet werden.

Es ist zu beachten, dass die rechtliche Beurteilung von Behindertentestamenten komplex ist und sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln kann. Für eine rechtssichere Gestaltung und zur Vermeidung unbeabsichtigter Lücken im Schutz vor dem Sozialamt ist daher stets eine individuelle Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen spezialisierten Notar zu empfehlen.

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Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit mein Pflichtteilsverzicht wirksam ist?

Ein wirksamer Pflichtteilsverzicht erfordert die Einhaltung strenger rechtlicher Voraussetzungen. Zentral ist die notarielle Beurkundung des Verzichtsvertrags zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Diese Form ist zwingend vorgeschrieben und dient dem Schutz beider Parteien sowie der Rechtssicherheit. Ohne notarielle Beurkundung ist der Pflichtteilsverzicht nichtig und entfaltet keinerlei rechtliche Wirkung.

Der Verzichtsvertrag muss persönlich vom Erblasser geschlossen werden. Eine Vertretung ist grundsätzlich unzulässig, außer bei Geschäftsunfähigkeit des Erblassers. In diesem Fall kann der gesetzliche Vertreter den Vertrag schließen, benötigt dafür aber unter Umständen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Der Pflichtteilsberechtigte hingegen darf sich bei der Vertragsunterzeichnung vertreten lassen.

Inhaltlich muss der Verzichtsvertrag klar und eindeutig formuliert sein. Er sollte präzise festlegen, worauf genau verzichtet wird – ob auf den gesamten Pflichtteil oder nur auf Teile davon. Ein umfassender Pflichtteilsverzicht umfasst nicht nur den eigentlichen Pflichtteilsanspruch, sondern auch damit verbundene Rechte wie Pflichtteilsergänzungsansprüche oder Ausgleichspflichtteile.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Frage der Freiwilligkeit. Der Verzicht muss aus freiem Willen erfolgen. Liegt Zwang, Täuschung oder ein Irrtum vor, kann dies zur Anfechtbarkeit des Verzichts führen. Auch sittenwidrige Vereinbarungen sind unwirksam. Dies ist besonders relevant für Sozialhilfeempfänger, da ein unter Druck zustande gekommener Verzicht möglicherweise angefochten werden könnte.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Pflichtteilsverzicht nicht automatisch zum Verlust der Erbenstellung führt. Will der Erblasser den Verzichtenden komplett von der Erbfolge ausschließen, muss er zusätzlich eine testamentarische Enterbung vornehmen. Andernfalls behält der Verzichtende trotz Pflichtteilsverzicht seinen gesetzlichen Erbanspruch.

Häufig wird ein Pflichtteilsverzicht gegen eine Abfindung vereinbart. In diesem Fall sollten die Modalitäten der Abfindung – Höhe, Zahlungsweise, eventuelle Bedingungen – ebenfalls präzise im Verzichtsvertrag festgehalten werden. Dies dient der Rechtssicherheit und kann spätere Streitigkeiten vermeiden.

Die Kosten für die notarielle Beurkundung richten sich nach dem Wert des Vermögens, auf das verzichtet wird. Sie können von wenigen hundert Euro bis zu mehreren tausend Euro reichen. Diese Kosten sollten bei der Planung eines Pflichtteilsverzichts berücksichtigt werden.

Für Sozialhilfeempfänger ist es ratsam, vor Abschluss eines Pflichtteilsverzichts die möglichen Auswirkungen auf ihre Leistungsansprüche sorgfältig zu prüfen. In bestimmten Fällen könnte ein Verzicht als Vermögensverschwendung gewertet werden und negative Folgen für den Leistungsbezug haben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wirksamkeit eines Pflichtteilsverzichts von der strikten Einhaltung der Formvorschriften, insbesondere der notariellen Beurkundung, abhängt. Zudem müssen inhaltliche Aspekte wie Freiwilligkeit und Klarheit der Vereinbarung gewährleistet sein. Aufgrund der Komplexität und weitreichenden Folgen eines Pflichtteilsverzichts ist in jedem Fall eine individuelle rechtliche Beratung zu empfehlen.

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Welche Schritte kann ich unternehmen, um zu verhindern, dass das Sozialamt meinen Pflichtteilsanspruch überleitet?

Die Möglichkeiten, die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs durch das Sozialamt zu verhindern, sind rechtlich stark eingeschränkt. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen die grundsätzliche Überleitbarkeit von Pflichtteilsansprüchen auf den Sozialhilfeträger bestätigt. Dennoch gibt es einige Ansatzpunkte, die Sozialhilfeempfänger in Betracht ziehen können:

Frühzeitiger Pflichtteilsverzicht: Eine Möglichkeit besteht darin, bereits zu Lebzeiten des Erblassers auf den Pflichtteil zu verzichten. Dies muss notariell beurkundet werden und sollte idealerweise erfolgen, bevor Sozialhilfeleistungen bezogen werden. Allerdings ist zu beachten, dass ein solcher Verzicht unter Umständen als sittenwidrig angesehen werden könnte, wenn er offensichtlich zum Nachteil des Sozialhilfeträgers erfolgt.

Behindertentestament: Für behinderte Sozialhilfeempfänger kann die Errichtung eines sogenannten Behindertentestaments durch die Eltern eine Option sein. Hierbei wird der behinderte Erbe nur als Vorerbe eingesetzt, während das Vermögen einem Testamentsvollstrecker zur Verwaltung übergeben wird. Dieser kann dann Zuwendungen an den Behinderten vornehmen, die als „angemessener Unterhalt“ gelten und nicht vom Sozialamt beansprucht werden können.

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen: Es sollte genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen Pflichtteilsanspruch überhaupt vorliegen. Dazu gehört beispielsweise die Frage, ob eine wirksame Enterbung vorliegt oder ob der Pflichtteilsanspruch möglicherweise verjährt ist.

Einrede der Dürftigkeit: In bestimmten Fällen kann der Erbe die sogenannte „Einrede der Dürftigkeit“ geltend machen. Dies bedeutet, dass er den Pflichtteil nicht sofort auszahlen muss, wenn dies seine eigene angemessene Lebensführung gefährden würde. Allerdings schiebt dies die Auszahlung nur auf und verhindert die Überleitung nicht dauerhaft.

Verhandlung mit dem Sozialamt: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, mit dem Sozialamt zu verhandeln und eine Vereinbarung über die teilweise Verwendung des Pflichtteils für eigene Bedürfnisse zu treffen. Obwohl das Sozialamt nicht verpflichtet ist, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen, kann dies in Einzelfällen zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung führen.

Prüfung der Überleitungsanzeige: Es ist wichtig, die Überleitungsanzeige des Sozialamts sorgfältig zu prüfen. Fehler in der Anzeige oder bei der Berechnung des übergeleiteten Betrags können unter Umständen angefochten werden.

Beratung durch einen Fachanwalt: Aufgrund der Komplexität des Themas und der individuellen Umstände jedes Falls ist es dringend zu empfehlen, einen Fachanwalt für Sozialrecht oder Erbrecht zu konsultieren. Dieser kann die spezifische Situation analysieren und mögliche Handlungsoptionen aufzeigen.

Es ist zu betonen, dass die Verhinderung der Überleitung des Pflichtteilsanspruchs rechtlich sehr schwierig ist. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung haben den Grundsatz etabliert, dass Sozialhilfeempfänger vorrangig eigene Mittel einsetzen müssen, bevor sie staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen können. Jegliche Versuche, diesen Grundsatz zu umgehen, werden von den Gerichten kritisch betrachtet und können als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden.

Letztendlich muss in jedem Einzelfall sorgfältig abgewogen werden, welche Möglichkeiten realistisch und rechtlich vertretbar sind. Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist unerlässlich, um die Chancen und Risiken der verschiedenen Handlungsoptionen einschätzen zu können.

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Welche Auswirkungen hat die Überleitung meines Pflichtteilsanspruchs auf meine Sozialhilfeleistungen?

Die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialhilfeträger hat erhebliche Auswirkungen auf die Sozialhilfeleistungen des Berechtigten. Grundsätzlich gilt, dass Empfänger von Sozialleistungen verpflichtet sind, vorhandene Mittel für ihre eigene Versorgung einzusetzen. Dies schließt auch Pflichtteilsansprüche ein.
Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch des Hilfeempfängers auf sich überleiten und diesen auch ohne Zustimmung des Berechtigten geltend machen kann. Dies bedeutet, dass der Sozialhilfeträger eigenständig entscheiden kann, ob er den Anspruch durchsetzt, unabhängig vom Willen des Pflichtteilsberechtigten.
In der Praxis führt dies dazu, dass der überleitete Pflichtteilsanspruch als Vermögen des Hilfeempfängers betrachtet wird. Übersteigt der Wert des Anspruchs die gesetzlich festgelegten Vermögensfreibeträge, wird er auf die Sozialhilfeleistungen angerechnet. Dies kann eine Kürzung oder sogar den vollständigen Wegfall der Sozialhilfe zur Folge haben.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch auch dann geltend machen kann, wenn der Berechtigte dies aus familiären oder persönlichen Gründen nicht möchte. Der Bundesgerichtshof begründet diese Entscheidung damit, dass der Sozialhilfeträger als „Helfer“ des Sozialhilfeempfängers eine Sonderstellung einnimmt und daher anders als andere Gläubiger zu behandeln ist.
Diese Rechtsprechung hat weitreichende Konsequenzen für Sozialhilfeempfänger. Sie müssen damit rechnen, dass ein ihnen zustehender Pflichtteilsanspruch automatisch zur Verringerung ihrer Sozialhilfeleistungen führt. Der Betroffene hat in dieser Situation keine Möglichkeit, den Pflichtteilsanspruch aus persönlichen Gründen nicht geltend zu machen, um seine Sozialhilfeleistungen zu erhalten.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Regelung nicht für alle Sozialleistungen gleichermaßen gilt. Bei Empfängern von Bürgergeld (früher Hartz IV) werden Erbschaften seit dem 1. Juli 2023 nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen behandelt. Hier gelten andere, teilweise günstigere Freibeträge und Anrechnungsregeln.
Für Sozialhilfeempfänger, die in absehbarer Zeit mit einem Erbe oder Pflichtteilsanspruch rechnen, kann es sinnvoll sein, frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Durch eine vorausschauende Planung können möglicherweise Wege gefunden werden, um zumindest einen Teil des Erbes oder Pflichtteils als Schonvermögen zu erhalten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialhilfeträger in der Regel zu einer Verringerung der Sozialhilfeleistungen führt. Der Betroffene verliert dabei die Kontrolle über die Geltendmachung seines Anspruchs und muss mit einer Anrechnung auf seine Leistungen rechnen. Diese Praxis wird von Kritikern als problematisch angesehen, da sie die persönliche Entscheidungsfreiheit des Pflichtteilsberechtigten einschränkt und möglicherweise familiäre Konflikte hervorrufen kann.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Sozialhilfe: Sozialhilfe ist eine staatliche Unterstützung für Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Sie soll ein menschenwürdiges Dasein sichern und umfasst verschiedene Leistungen, die je nach individueller Notlage gewährt werden. Sozialhilfeempfänger müssen ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen, damit der Sozialhilfeträger die Bedürftigkeit überprüfen kann.
  • Pflichtteil: Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Anteil am Erbe, den nahe Angehörige, wie Kinder oder Ehepartner, selbst dann erhalten, wenn sie durch ein Testament enterbt wurden. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und soll sicherstellen, dass bestimmte Verwandte nicht komplett vom Erbe ausgeschlossen werden können. Der Pflichtteilsanspruch kann durch Verzicht oder Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers beeinflusst werden.
  • Behindertentestament: Ein Behindertentestament ist eine spezielle Form des Testaments, das so gestaltet ist, dass das Erbe eines behinderten Kindes nicht auf Sozialleistungen angerechnet wird. Es soll verhindern, dass das Erbe zur Deckung von Sozialhilfekosten verwendet wird, und gleichzeitig sicherstellen, dass das behinderte Kind im Rahmen seiner Bedürfnisse unterstützt wird. Ein solches Testament muss sorgfältig formuliert und rechtlich einwandfrei sein, um den gewünschten Schutz zu bieten.
  • Überleitung von Ansprüchen: Die Überleitung von Ansprüchen gemäß § 93 SGB XII erlaubt es dem Sozialhilfeträger, Ansprüche eines Sozialhilfeempfängers gegen Dritte auf sich überzuleiten. Dies bedeutet, dass das Sozialamt beispielsweise einen Erbanspruch des Empfängers anstelle des Empfängers selbst geltend machen kann, um die Kosten der gewährten Sozialhilfe zu decken. Dies dient dem Grundsatz, dass Sozialhilfe nachrangig ist und eigene Mittel vorrangig eingesetzt werden sollen.
  • Pflichtteilsverzicht: Der Pflichtteilsverzicht ist eine rechtsverbindliche Erklärung, durch die ein Pflichtteilsberechtigter auf seinen Anspruch am Erbe verzichtet. Dieser Verzicht muss notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Ohne diese notarielle Beurkundung ist der Verzicht ungültig, und der Pflichtteilsanspruch bleibt bestehen, was in Fällen wie bei Behindertentestamenten relevant ist.
  • Prozesskostenhilfe: Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Unterstützung, die die Kosten eines Gerichtsverfahrens für Personen übernimmt, die diese Kosten nicht selbst tragen können. Sie wird gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Fall der Klägerin wurde die Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil ihre Klage gegen die Überleitung ihres Pflichtteilsanspruchs als aussichtslos eingeschätzt wurde.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (Überleitung von Ansprüchen): Dieser Paragraph erlaubt es dem Sozialhilfeträger (in diesem Fall dem Sozialamt), Ansprüche der leistungsberechtigten Person (hier die Sozialhilfeempfängerin) gegen Dritte auf sich überzuleiten. Dies dient dazu, den Nachranggrundsatz der Sozialhilfe zu wahren, wonach vorrangig eigenes Einkommen und Vermögen zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen sind. Im konkreten Fall wurde der potenzielle Pflichtteilsanspruch der Klägerin an das Sozialamt übergeleitet, um die Sozialhilfeleistungen zu decken.
  • § 2303 BGB (Pflichtteil): Der Pflichtteil ist ein gesetzlich festgelegter Mindestanteil am Erbe, der bestimmten nahen Verwandten (wie Kindern) zusteht, auch wenn sie im Testament enterbt wurden. Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin zwar enterbt, hatte aber dennoch einen potenziellen Pflichtteilsanspruch, der für die Überleitung relevant war.
  • § 2346 Abs. 2 BGB (Pflichtteilsverzicht): Ein Pflichtteilsverzicht ist eine Vereinbarung, durch die der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil verzichtet. Im vorliegenden Fall wurde ein solcher Verzicht zwar möglicherweise angestrebt, aber nicht wirksam erklärt, da er nicht notariell beurkundet wurde.
  • § 2348 BGB (Form des Pflichtteilsverzichts): Dieser Paragraph schreibt vor, dass ein Pflichtteilsverzicht nur wirksam ist, wenn er notariell beurkundet wurde. Da dies im vorliegenden Fall nicht geschehen war, konnte das Sozialamt den Pflichtteilsanspruch der Klägerin trotz des beabsichtigten Behindertentestaments überleiten.
  • § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO (Prozesskostenhilfe): Diese Vorschriften regeln die Gewährung von Prozesskostenhilfe für Personen, die die Kosten eines Gerichtsverfahrens nicht selbst tragen können. Im vorliegenden Fall wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe verweigert, da ihre Klage gegen die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Beschluss vom 11.06.2015 – Az.: L 9 SO 410/14 B


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→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.09.2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 08.10.2014, eingegangen am gleichen Tag, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.09.2014, der Klägerin zugestellt am 11.09.2014, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den die Überleitung eines Pflichtteilsanspruchs der Klägerin anzeigenden Bescheid des Beklagten vom 20.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren.

1.) Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung – (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn – bei summarischer Prüfung – eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache – auch im Sinne eines Teilerfolges – besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn. 7 ff. m.w.N.).

Danach kann der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt werden, weil sich der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 20.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 als rechtmäßig erweist und die Klägerin somit nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Zur Begründung schließt sich der Senat zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes – (SGG) zunächst den Ausführungen des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält, an.

Auch das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine der Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.

Die Überleitungsanzeige des sachlich und örtlich zuständigen Beklagten als überörtlicher Sozialhilfeträger ist materiell rechtmäßig. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) kann der Träger der Sozialhilfe, wenn eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Dabei genügt es für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist (sog. Negativevidenz). In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren. Wie beim Einsatz des Einkommens müssen die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen folglich bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, für den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind. Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BSG, Beschl. v. 25.04.2013 – B 8 SO 104/12 B -, juris Rn. 9; BSG, Beschl. v. 20.12.2012 – B 8 SO 75/12 B -, juris Rn. 7 unter Bezugnahme auf die st. Rspr. des BVerwG zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 90 BSHG, die unter der Geltung des § 93 SGB XII unverändert fort gilt; s. auch Senat, Urt. v. 20.12.2012 – L 9 SO 22/09 -, juris Rn. 31; LSG NRW, Beschl. v. 23.01.2012 – L 20 SO 565/11 B -, juris Rn. 19).

In Anwendung dieser Grundsätze ist die hier streitbefangene Überleitung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin rechtmäßig, weil das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin auf den Pflichtteil gemäß § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches – (BGB) nach dem Tod der Mutter, Frau F N, am 00.07.2010 nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Es spricht im Gegenteil mehr dafür als dagegen, dass der Pflichtteilsanspruch der Klägerin dem Grunde nach tatsächlich besteht. Bei einem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um einen grundsätzlich überleitungsfähigen, nicht höchstpersönlichen – d.h. insbesondere nicht von der Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten oder seines Betreuers hinsichtlich dessen Geltendmachung abhängigen – Anspruch; dieser ist gemäß § 2317 Abs. 2 BGB übertragbar und als solcher im Übrigen auch nach § 851 ZPO pfändbar (vgl. hierzu näher BGH, Urt. v. 08.12.2004 – IV ZR 223/03 -, juris Rn. 11 ff., 14 ff.; BGH, Urt. v. 19.10.2005 – IV ZR 235/03 -, juris Rn. 15 ff.; s. auch ; LSG NRW, Beschl. v. 23.01.2012 – L 20 SO 565/11 B -, juris Rn. 21).

Ferner liegt auch ein wirksamer Pflichtteilsverzicht der Klägerin nach § 2346 Abs. 2 BGB nicht vor, der die Überleitung durch den Beklagten offensichtlich ins Leere laufen ließe. Denn dieser bedarf zu seiner Wirksamkeit (s. § 125 Satz 1 BGB) nach § 2348 BGB zwingend der notariellen Beurkundung. Diese hat jedoch zu keinem Zeitpunkt, wie die Klägerin selbst einräumt, vorgelegen. So wurde die Klägerin im gemeinschaftlichen, notariell beurkundeten Ehegattentestament der Eltern vom 04.06.1991 ausweislich dessen § 2 von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, nicht aber ein Pflichtteilsverzicht für die Klägerin erklärt. Im Gegenteil wurde das Bestehen des Pflichtteils nach § 5 des Vertrages vorausgesetzt, wonach den Erben und Ersatzerben von dem überlebenden Ehegatten zur Auflage gemacht wurde, der Klägerin jährlich eine Reise zu finanzieren und/oder sonstige persönliche Wünsche zu erfüllen. Diese Auflage begründe keinen Rechtsanspruch der Klägerin und entfalle, „falls sie den Pflichtteilsanspruch nach einem von uns geltend macht“. Für einen später erklärten Pflichtteilsverzicht der Klägerin in notarieller Form (§§ 2346 Abs. 2, 2348 BGB) ist nichts ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet; sie hat gerade das Gegenteil eingeräumt. Darauf, dass ein solcher Verzicht gewollt war, um dem Willen der Erblasser entsprechend den Grundsätzen zum sog. Behindertentestament zur Geltung zu verhelfen, und dass er deshalb nicht vorgenommen worden ist, weil nach Rücksprache mit dem Amtsgericht Solingen zunächst gegen die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs vorgegangen werden sollte, kommt es erkennbar nicht an. Dementsprechend kann sich die Klägerin auch nicht auf das Urteil des BGH vom 19.01.2011 – IV ZR 7/10 -, juris Rn. 13 ff. berufen, wonach der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers grundsätzlich nicht sittenwidrig ist. Denn wie aus dem Tatbestand dieses Urteils hervorgeht (s. juris Rn. 3) verzichteten die dort betroffenen Kinder „in notarieller Form auf ihren jeweiligen Pflichtteil nach dem Erstversterbenden“. Genau dies ist hier jedoch nicht der Fall, so dass von einem offensichtlichen Nichtbestehen des Pflichtteilsanspruchs keine Rede sein kann. Soweit die Vertragsgestaltung offensichtlich von Anfang an fehlerhaft war, kann dies jedenfalls nicht zu Lasten des überleitenden Sozialhilfeträgers gehen. Dies gilt erst recht für im Zusammenhang mit der Überleitung stehende, überaus zweifelhafte Rechtsauskünfte der im Betreuungsverfahren für die Klägerin zuständigen Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Solingen.

Da auch die sonstigen Voraussetzungen für eine rechtmäßige Überleitung nach § 93 Abs. 1 SGB XII vorliegen und der Beklagte ausweislich der Begründung im Widerspruchsbescheid vom 20.11.2013 von seinen ihm eingeräumten Ermessen in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht hat, so dass der Senat insoweit entsprechend § 136 Abs. 3 SGG hierauf Bezug nimmt, war die Beschwerde zurückzuweisen.

2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

3.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, § 177 SGG.

 


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