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Sperrzeiteintritt wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach Ausbildungsbeendigung

Sozialgericht Regensburg: Meldefrist für Arbeitssuchendmeldung beginnt erst nach mündlicher Prüfung

Im Zentrum des Sozialrechts steht oft die Frage, wie mit Situationen umgegangen wird, in denen sich individuelle Lebensumstände plötzlich ändern – wie etwa am Ende einer Ausbildung. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Meldepflicht als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit. Insbesondere nach Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses, wie es bei Abschluss des zweiten juristischen Staatsexamens der Fall ist, entsteht eine entscheidende Frage: Wann beginnt die Frist zur Arbeitssuchendmeldung? Diese Fristsetzung hat direkte Auswirkungen auf den Anspruch und die Bewilligung von Arbeitslosengeld.

Das Spannungsfeld zwischen den formalen Anforderungen der Meldepflicht und den realen Gegebenheiten des Ausbildungsendes führt häufig zu Rechtsstreitigkeiten. Im Kern geht es darum, ob und wann eine Person, die ihre Ausbildung gerade beendet hat, genau wissen kann, wann ihr Ausbildungsverhältnis endet, und wie sich diese Kenntnis auf die Einhaltung der Meldefristen auswirkt.

Diese Thematik betrifft nicht nur Rechtsreferendare, sondern alle Personen, die sich am Ende ihrer Ausbildungszeit befinden. Die rechtlichen Feinheiten in der Auslegung des Sozialgesetzbuches, insbesondere des § 38 SGB III, sind dabei entscheidend. Sie bestimmen, ob und inwiefern eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld eintritt. Diese Sperrzeit kann gravierende finanzielle Auswirkungen für die betroffene Person haben, was den Fall nicht nur rechtlich, sondern auch sozial relevant macht.

Die rechtliche Auseinandersetzung umfasst zudem die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit von Entscheidungen der Agentur für Arbeit, insbesondere wenn diese entgegen der existierenden Rechtsprechung erfolgen. Hier zeigt sich, wie wichtig die genaue Kenntnis und Anwendung des Sozialrechts und der einschlägigen Rechtsprechung ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: S 12 AL 182/17  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Sozialgericht Regensburg entschied, dass keine Sperrzeit für Arbeitslosengeld nach verspäteter Arbeitssuchendmeldung eines Rechtsreferendars eintritt, da die Frist zur Meldung erst mit dem Tag der mündlichen Prüfung beginnt und nicht mit dem Erhalt der Einladung hierzu.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Fristbeginn für Arbeitssuchendmeldung: Die Frist zur Arbeitssuchendmeldung nach Abschluss einer Ausbildung, die mit einer mündlichen Prüfung endet, beginnt am Tag der Prüfung.
  2. Keine Sperrzeit: Aufgrund der korrekten Einhaltung der Meldefrist durch den Kläger trat keine Sperrzeit beim Anspruch auf Arbeitslosengeld ein.
  3. Bewilligung von Arbeitslosengeld: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Bewilligung des Arbeitslosengeldes auch für den Zeitraum der anfänglich angenommenen Sperrzeit.
  4. Rückzahlung außergerichtlicher Kosten: Die Beklagte muss dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten erstatten.
  5. Verschuldenskosten gegen die Beklagte: Das Gericht auferlegte der Beklagten Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens.
  6. Keine Berufung zugelassen: Aufgrund des geringen Streitwerts und fehlender grundsätzlicher Bedeutung wurde die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen.
  7. Einhaltung der Anwartschaftszeit: Der Kläger erfüllte alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, einschließlich der Anwartschaftszeit.
  8. Unterhaltsbeihilfe kein Arbeitsentgelt: Leistungen der Unterhaltsbeihilfe können nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 157 SGB III angesehen werden.

Der Beginn der Meldefrist im Sozialrecht: Ein kritischer Fall

In dem vorliegenden Rechtsfall geht es um die Auseinandersetzung zwischen einem ehemaligen Rechtsreferendar und der zuständigen Agentur für Arbeit bezüglich einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld. Der Kern des Problems liegt in der Frage, ab wann genau die dreitägige Meldefrist für die Arbeitssuchendmeldung nach Beendigung der Ausbildung beginnt. Der Kläger, ein Rechtsreferendar, hatte seine mündliche Prüfung zum zweiten juristischen Staatsexamen am 05.05.2017 absolviert. Er meldete sich daraufhin telefonisch am 06.05.2017 und persönlich am 08.05.2017 arbeitssuchend. Die Agentur für Arbeit verhängte jedoch eine Sperrzeit für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017, da sie der Auffassung war, dass die Meldefrist bereits mit dem Erhalt der Ladung zur mündlichen Prüfung am 11.04.2017 begonnen hatte.

Rechtliche Herausforderungen bei der Auslegung von Meldefristen

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Interpretation des Beginns der Meldefrist gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III. Die Agentur für Arbeit argumentierte, dass die Frist mit dem Erhalt des Ladungsschreibens zur Prüfung beginnt, während der Kläger behauptete, dass der Beginn der Frist mit dem tatsächlichen Tag der mündlichen Prüfung anzusetzen ist. Diese unterschiedlichen Auffassungen führten zu der rechtlichen Herausforderung, den genauen Zeitpunkt des Fristbeginns zu bestimmen.

Entscheidung des Sozialgerichts Regensburg: Ein Präzedenzfall

Das Sozialgericht Regensburg gab dem Kläger recht und stellte fest, dass keine Sperrzeit eingetreten ist. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Auslegung des § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III, wonach für den Beginn der Frist die sichere Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses maßgeblich ist. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass eine sichere Kenntnis erst mit der mündlichen Prüfung am 05.05.2017 vorlag, da theoretisch noch die Möglichkeit bestanden hätte, dass der Kläger bei einem schlechten Verlauf der mündlichen Prüfung das Examen nicht besteht und somit sein Referendariat fortgesetzt hätte.

Bedeutung des Urteils für die Rechtsprechung

Das Gericht folgte somit der früheren Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts und beurteilte das Festhalten der Beklagten an der Sperrzeit trotz bekannter gegenteiliger Rechtsprechung als rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für den betreffenden Zeitraum zu bewilligen und ihm die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Zusätzlich wurden der Beklagten Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € auferlegt.

Dieser Fall hat weitreichende Bedeutung für ähnlich gelagerte Fälle und stärkt die Position von Arbeitslosen in der Frage des Beginns der Meldefrist für die Arbeitssuchendmeldung. Er verdeutlicht, dass für den Fristbeginn die tatsächliche Kenntnis über das Ende des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses entscheidend ist und nicht der Zeitpunkt, zu dem man eine Einladung zu einer abschließenden Prüfung erhält. Dieses Urteil trägt somit zur Klarheit in der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen bei und dient als wichtiger Präzedenzfall für zukünftige Entscheidungen in ähnlichen Fällen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bestimmt den Beginn der Meldefrist gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III?

Der Beginn der Meldefrist gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III wird durch die sichere Kenntnis eines konkreten Beendigungszeitpunktes des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses bestimmt. Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Wenn die Kündigungsfrist oder die Dauer der Befristung weniger als drei Monate beträgt, müssen sich Betroffene innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts arbeitsuchend melden. Eine verspätete Meldung kann zu einer Sperrzeit von bis zu einer Woche führen, was bedeutet, dass in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld gezahlt wird und die Anspruchsdauer der Zahlung verringert wird.

Was versteht man unter einer Sperrzeit im Kontext des Arbeitslosengeldes?

Eine Sperrzeit im Kontext des Arbeitslosengeldes bezieht sich auf einen Zeitraum, in dem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht und der Arbeitslose keine Leistungen erhält. Dies bedeutet, dass der Arbeitslose während dieser Zeit kein Arbeitslosengeld erhält und die gesperrte Zeit auf die gesamte Bezugsdauer angerechnet wird, was zu einer Verkürzung der Bezugsdauer führt.

Die Agentur für Arbeit verhängt eine Sperrzeit, wenn sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitnehmer seinen Job aufgibt und dadurch die Arbeitslosigkeit selbst herbeiführt. Eine Sperrzeit kann auch verhängt werden, wenn der Arbeitnehmer durch sein Fehlverhalten dem Arbeitgeber den Grund für die Kündigung geliefert hat.

Die Dauer der Sperrzeit kann je nach Schwere des Verstoßes variieren. Sie kann von einer Woche bis zu zwölf Wochen dauern. Bei einer zwölfwöchigen Sperrzeit vermindert sich die Anspruchsdauer mindestens um ein Viertel. Werden Sperrzeiten von mindestens 21 Wochen verhängt, erlischt der Anspruch auf Arbeitslosengeld komplett.

Es gibt verschiedene Gründe, die zu einer Sperrzeit führen können. Dazu gehören unter anderem die Ablehnung einer Arbeit, unzureichende Eigenbemühungen bei der Jobsuche, Meldeversäumnisse oder eine verspätete Arbeitssuchendmeldung.

Trotz einer Sperrzeit bleibt der Arbeitslose in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Die Agentur für Arbeit übernimmt die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem ersten Monat der Arbeitslosigkeit, auch wenn der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat und wegen einer Sperrzeit noch kein Arbeitslosengeld erhält.

Es ist möglich, sich gegen eine unberechtigte Sperrzeit rechtlich zu wehren. In einigen Fällen kann es ausreichen, die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit auf die aktuelle Rechtslage hinzuweisen und Fehler in der Sachbearbeitung aufzuzeigen.


Das vorliegende Urteil

SG Regensburg – Az.: S 12 AL 182/17 – Urteil vom 20.02.2018

Leitsätze:

1. Die auf drei Tage verkürzte Frist zur Arbeitssuchendmeldung beginnt im Falle einer Ausbildung, welche mit einer mündlichen Prüfung endet (hier: zweites juristisches Staatsexamen), mit dem Tag der mündlichen Prüfung (Anschluss an LSG Bayern BeckRS 2015, 66857).

2. Leistungen der Unterhaltsbeihilfe können nicht als Anspruch auf Arbeitsentgelt angesehen werden.


I. Der Bescheid vom 19.06.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, Arbeitslosengeld auch für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 zu bewilligen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Beklagten werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € auferlegt.

IV. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 wegen einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung.

Der Kläger war zuletzt als Rechtsreferendar beschäftigt und hat am 05.05.2017 die mündliche Prüfung zum zweiten juristischen Staatsexamen erfolgreich abgelegt. Nachdem er sich bereits am 06.05.2017 telefonisch arbeitssuchend gemeldet hatte hat er sich am 08.05.2017 persönlich arbeitssuchend gemeldet und die Bewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Mit dem Bescheid vom 19.06.2017 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruhe und die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld dadurch um sieben Tage gemindert werde. Mit weiterem Bescheid vom 19.06.2017 hat die Beklagte dem Kläger ab dem 16.05.2017 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 7,28 € bewilligt. Ausweislich der Unterlagen der Beklagten hat der Kläger sodann Arbeitslosengeld bis zum 26.07.2017 bezogen und ab dem 27.07.2017 wieder eine Beschäftigung aufgenommen.

Mit Widerspruch vom 08.07.2017 hat der Kläger der Feststellung einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 widersprochen. Er hat dabei darauf abgestellt, dass eine verspätete Meldung als arbeitssuchend bei ihm nicht vorläge, da er sichere Kenntnis vom Ende des Referendariats erst am 05.05.2017 hatte zumal erst an diesem Tag die mündliche Prüfung stattgefunden hatte. Ausgehend von diesem Termin habe er allerdings die dreitägige Meldefrist eingehalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2017 hat die Beklagte den Widerspruch in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Beklagte darauf abgestellt, dass die dreitägige Meldefrist mit dem 11.04.2017 begonnen habe, zumal der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Ladung zur mündlichen Prüfung erhalten hatte und von daher aus dem Prüfungstermin bereits ersehen konnte, wann seine Tätigkeit als Rechtsreferendar beendet sein würde. Ausgehend von diesem Ladungsschreiben habe der Kläger mit seiner Arbeitssuchendmeldung zum 08.05.2017 jedenfalls die dreitägige Meldefrist nicht eingehalten. In dem Widerspruchsbescheid vom 25.07.2017 weist die Beklagte zudem noch darauf hin, dass der Entscheidung des Landessozialgerichts Bayern vom 27.01.2015 (Aktenzeichen L 10 AL 382/13) nicht gefolgt werde. Gründe hierfür sind in dem Widerspruchsbescheid nicht ausgeführt.

Hiergegen richtet sich die Klage, die bei Gericht am 25.08.2017 fristwahrend eingegangen ist. Zur Klagebegründung vertritt der Kläger nach wie vor die Auffassung, dass er die Frist für die frühzeitige Arbeitssuchendmeldung ausgehend von einem Fristbeginn am 05.05.2017 jedenfalls eingehalten habe und dies auch durch die bereits zitierte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts bestätigt werde.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 beantragt der Kläger den Bescheid vom 19.06.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 aufzuheben und Arbeitslosengeld auch für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert. Der Kläger hat hierbei noch darauf hingewiesen, dass er nach dem schriftlichen Teil des zweiten juristischen Staatsexamens 5,09 Punkte im Durchschnitt erzielt habe und von daher bei denkbar schlechtem Verlauf der mündlichen Prüfung durchaus noch der Fall hätte eintreten können, dass er das zweite juristische Staatsexamen insgesamt nicht besteht. Dies hätte bedeutet, dass sein Status als Rechtsreferendar noch fortgedauert hätte. Auch hieraus könne ersehen werden, dass eine sichere Kenntnis von einem konkreten Endpunkt des Referendariats jedenfalls erst nach der mündlichen Prüfung eingetreten sein konnte. Im Übrigen hat der Kläger auch dargelegt, dass er in dem Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 keine Beschäftigung ausgeübt habe, die mehr als 15 Stunden pro Woche umfasst hätte, dass er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten jederzeit zur Verfügung gestanden wäre und auch die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosigkeit erfüllt hätte.

Die Beklagte beruft sich für ihren Antrag auf Klageabweisung auf eine interne Dienstanweisung, in der festgelegt sei, dass der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 (Aktenzeichen L 10 AL 382/13) nicht gefolgt werde.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 hat das Gericht darüber hinaus den Bevollmächtigten der Beklagten auf die Vorschrift des § 192 SGG hingewiesen und den Inhalt dieser Vorschrift erläutert. Dabei hat das Gericht deutlich gemacht, dass ein Festhalten an den streitgegenständlichen Bescheiden bei Kenntnis der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts durchaus als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könnte.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die Beklagtenakte sowie auf die Gerichtsakte in vollem Umfang verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die insbesondere form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Zum einen war der Kläger durch die angefochtenen Bescheide in seinen Rechten verletzt, zumal eine Sperrzeit nicht eingetreten ist. Darüber hinaus war auf die Verpflichtungsklage des Klägers hin die Beklagte auch zu verurteilen für den streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitslosengeld zu bewilligen.

Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat (§ 137 Abs. 1 SGB III). Die Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld liegen beim Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 unstreitig vor. Der Kläger war im gegenständlichen Zeitraum arbeitslos, hatte sich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und hatte im Übrigen auch die Anwartschaftszeit erfüllt. Nachdem die Voraussetzungen diesbezüglich zwischen den Beteiligten unstreitig waren und nach Auffassung des Gerichts auch vorliegen erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Folgenden.

In dem Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 ist auch keine Sperrzeit als Ruhenstatbestand eingetreten. Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen ist (§ 149 Abs. 1 S. 1, S. 2. Nr. 7 SGB III). Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden (§ 38 Abs. 1 S. 1, S. 2 SGB III). Zur Überzeugung des Gerichts ist der Kläger seiner Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III ordnungsgemäß nachgekommen, sodass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nicht vorliegen. Der Kläger hat sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes fristwahrend bei der Beklagten gemeldet. Für den Fristbeginn ist dabei nach Auffassung des Gerichts auf den Tag der mündlichen Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen abzustellen. Diese mündliche Prüfung hat am 05.05.2017 stattgefunden, sodass die tatsächlich erfolgte persönliche Arbeitssuchendmeldung vom 08.05.2017 als fristgerecht angesehen werden muss. Die Auffassung der Beklagten, dass die Meldefrist bereits mit Zustellung des Einladungsschreibens vom 11.04.2017 begonnen hätte, wird von Seiten des Gerichts nicht geteilt. In dem Einladungsschreiben wird zwar der Termin für die mündliche Prüfung dem jeweiligen Prüfungsteilnehmer mitgeteilt, allerdings könnte sich dieser Prüfungstermin durchaus noch verschieben. So ist zum Beispiel bei einer Erkrankung des Prüflings ohne weiteres denkbar, dass der Zeitpunkt der mündlichen Prüfung verschoben werden müsste, sodass jedenfalls mit dem Einladungsschreiben alleine noch keine sichere Kenntnis eines konkreten Endzeitpunkts angenommen werden kann. So lange der Kläger allerdings keine sichere Kenntnis von einem konkreten Beendigungszeitpunkt seines Referendariats hatte konnte die Meldefrist nach § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III nicht beginnen. Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass für den Beginn der Frist nach § 38 Abs. 1 S. 2 SGB III die sichere Kenntnis eines konkreten Beendigungszeitpunktes erforderlich ist. Im vorliegenden Falle ist zudem noch zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem schriftlichen Teil der zweiten juristischen Staatsprüfung einen Notendurchschnitt erzielt hatte, der durchaus dazu führen hätte können, dass der Kläger bei einem denkbar schlechten Abschneiden in dem mündlichen Prüfungstermin die zweite juristische Staatsprüfung insgesamt nicht bestanden hätte. Auch deshalb, weil der Kläger in der mündlichen Prüfung theoretisch noch hätte durchfallen können, kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits mit der Ladung zur mündlichen Prüfung ausreichende Kenntnis von einem konkreten Beendigungszeitpunkt hatte. Im Übrigen entspricht die Rechtsauffassung, die vorliegend vertreten wird, auch der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 (Aktenzeichen L 10 AL 382/13). In dieser Entscheidung hat das Bayerische Landessozialgericht in einer vergleichbaren Fallkonstellation ebenfalls festgestellt, dass eine Sperrzeit bei derartigen Sachverhalten nicht eingetreten ist.

Nachdem eine Sperrzeit im Sinne des § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB III demnach nicht eingetreten ist konnte auch ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nicht festgestellt werden. Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Arbeitslosengeldes gemäß §§ 136 Abs. 1 Nr. 1, 137 SGB III lagen im Übrigen vor. Damit war die Beklagte zur Bewilligung des Arbeitslosengeldes für den streitgegenständlichen Zeitraum zu verurteilen.

Höchst vorsorglich wird noch darauf hingewiesen, dass auch ein Ruhen im Rahmen des § 157 SGB III nicht festgestellt werden konnte soweit der streitgegenständliche Zeitraum in Rede steht. Gemäß § 157 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat. Vorliegend hat der Kläger für den Zeitraum vom 01.05. bis 05.05.2017 noch sein sozialversicherungspflichtiges Referendariatsgehalt in Höhe von 204,37 € erhalten. Für den Zeitraum vom 06.05.2017 bis 31.05.2017 hat er sodann Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 1.062,71 € sozialversicherungsfrei erhalten. Nach der überzeugenden Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg vom 26.09.2007 (Aktenzeichen S 2 AL 783/06) ist davon auszugehen, dass die dem Kläger für den Zeitraum vom 06.05.2017 bis 31.05.2017 gewährte Unterhaltsbeihilfe nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 157 SGB III angesehen werden kann. Nähere Ausführungen hierzu erübrigen insofern, als die Beklagte mit der Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab dem 16.05.2017 ohnehin zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie der Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg vom 26.09.2007 inhaltlich folgen würde. Im Übrigen ist auch das Gericht der Auffassung, dass die Leistung der Unterhaltsbeihilfe für den Zeitraum vom 06.05.2017 bis 31.05.2017 nicht als Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinne des § 157 SGB III angesehen werden kann.

Insgesamt liegen daher Ruhenstatbestände für den Zeitraum vom 09.05.2017 bis 15.05.2017 nicht vor, sodass der Leistungsanspruch des Klägers nach Auffassung des Gerichts jedenfalls in Höhe von 7,28 € pro Tag besteht.

Das Gericht hat im Übrigen der Beklagten Verschuldenskosten im Sinne des § 192 SGG in Höhe von 500,- € auferlegt. Dies beruht darauf, dass die Beklagte den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihr in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2018 vom Vorsitzenden die Rechtsmissbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverteidigung dargelegt worden ist und das Gericht auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen hat. Hierbei konnten entsprechende Verschuldungskosten auch der Beklagten auferlegt werden, zumal es sich bei der Beklagten ebenfalls um einen Beteiligten am Rechtsstreit im Sinne des § 69 Nr. 2 SGG handelt. Die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverteidigung durch die Beklagte sieht das Gericht darin, dass der Beklagten die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 (L 10 AL 382/13) durchaus bekannt war. Trotz der Kenntnis dieser Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts in einem in den entscheidungserheblichen Aspekten völlig gleichgelagertem Fall hat die Beklagte ohne Angabe näherer Gründe dennoch an ihren Bescheiden festgehalten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 rechtskräftig wurde und eine Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich der Revision von der Beklagten nicht eingelegt wurde. Im Übrigen hat das Bayerische Landessozialgericht in seiner Entscheidung auch ausführlich dargelegt, wieso die Revision etwa wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen war, zumal das Bundessozialgericht bereits entschieden hatte, dass für den Beginn der Frist im Sinne des § 38 S. 2 SGB III sichere Kenntnis eines konkreten Beendigungszeitpunktes erforderlich wäre. Im Übrigen wird die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 soweit ersichtlich weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung ernsthaft in Zweifel gezogen. Wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Kenntnis sämtlicher Umstände und der mehr als naheliegenden Einschätzung, dass ein weiteres Betreiben des Rechtsstreits keinerlei Aussicht auf Erfolg bietet dennoch nicht die naheliegenden prozessrechtlichen Konsequenzen hieraus zieht, so liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten durchaus nahe. Vorliegend ist noch dazu davon auszugehen, dass mit Blick auf den Streitwert von 7 x 7,28 € insgesamt die Berufungssumme bei weitem nicht erreicht wird, sodass ein weiteres Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Regensburg ohnehin nicht ohne weiteres zulässig wäre. Hieran ändert auch nichts, dass die Beklagte möglicherweise die Nichtzulassungsbeschwerde deswegen einlegen könnte, weil das Sozialgericht die Berufung nicht von sich aus zugelassen hat. Im Übrigen wäre auch noch zu bemerken, dass die Beklagte die Zulassung der Berufung auch nicht beantragt hat. Maßgeblich für die Verhängung der Verschuldenskosten war unter anderem aber auch noch, dass die Beklagte keinerlei nachvollziehbare Rechtsausführungen in den angefochtenen Bescheiden gemacht hat, weshalb sie der in Schriftum und Literatur anerkannten Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 nicht zu folgen gedenkt. Schließlich berücksichtigt die Höhe der Verschuldenskosten auch die Regelung des § 192 Abs. 1 S. 3 SGG in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG.

Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten entspricht dem Obsiegen des Klägers. Die Rechtsgrundlagen stellen insoweit die §§ 183, 193 SGG dar.

Die Berufung gegen dieses Urteil war nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- € nicht erreicht und im Übrigen auch nicht laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 SGG). Darüber hinaus liegen auch Gründe, die Berufung zuzulassen, nicht vor. Insbesondere hatte die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung, zumal die zugrunde liegende Problematik durch die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.01.2015 und die dort genannten Entscheidungen des Bundesssozialgerichts hinreichend geklärt ist. Weitere Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Im Übrigen wurde die Zulassung von den Beteiligten auch nicht beantragt (vgl. insgesamt § 144 Abs. 2 SGG).

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