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Überfall als Arbeitsunfall

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 3 U 344/17 – Urteil vom 14.04.2021

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Messerangriffs während der Arbeit als Arbeitsunfall.

Der 1970 geborene Kläger, der damals als Busfahrer arbeitete, wurde am 13.7.2015 gegen 5:15 Opfer eines Messerangriffs in seinem am Busbahnhof S stehenden Bus. Dem Messerangriff lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der Kläger hatte ca. 1-2 Monate vor der Attacke ein sexuelles Verhältnis mit der Ehefrau des Täters (D), begonnen, die mit dem Täter eine sog. „offene Ehe“ vereinbart hatte. Vor der Tat war es zu drei Treffen der beiden gekommen, zwei davon in der Familienwohnung der D und des Täters. Der Kläger erfuhr von der Beziehung, da er eine Wildkamera zunächst im Garten und dann in der Familienwohnung aufgestellt und dabei beide im Wohnzimmer beobachtet hatte, wie sie Kaffee getrunken, sich geküsst und auch Familienfotos angesehen hatten. Am Freitag vor der Tat brachte der Täter seine damals 12-jährige Tochter R, die regelmäßig mit dem Bus zur Schule fuhr, zur Bushaltestelle. Dabei erkannte er den Kläger, der in dem entgegenkommenden Bus saß. Daraufhin kam es am Samstag zu einer familiären Aussprache, bei der die Kinder von dem Verhältnis erfuhren, und Auseinandersetzungen zwischen dem Täter und D, wobei diese leicht verletzt wurde.

Überfall als Arbeitsunfall
(Symbolfoto: Odua Images/Shutterstock.com)

Am darauffolgenden Montag (13.7.2015) fuhr der Täter früh zusammen mit D zunächst zur Bushaltestelle K und dann, weil im dort haltenden Bus nicht der Kläger saß, zum Busbahnhof S. Dort parkten die Eheleute ihr Auto und warteten auf den Bus. Der Täter hatte eine Umhängetasche mitgenommen, in der sich zunächst drei Messer und ein Gasrevolver befunden hatten; eines der Messer hatte der Kläger in K in seine Hosentasche gesteckt. Nachdem der vom Kläger gesteuerte Bus in die Bushaltestelle eingefahren war, betraten der Täter und D den Bus. Der Täter forderte vom Kläger dort Handy und Personalausweis, die dieser jedoch nicht herausgab, sondern vielmehr vorschlug, sich abends zu treffen. Sodann stach der Täter den Kläger mit drei Messerstichen in den Brust-/ Bauchbereich nieder. Der Kläger wurde stationär im Klinikum A unter den Diagnosen Stichverletzung / Stichwunde Thorax, sekundäre Wundheilung, psychische Belastung (ICD 10 Z 73) behandelt. In der Folgezeit übernahm die Beklagte die Kosten der Heilbehandlung, u.a. für eine psychotherapeutische Behandlung unter den Diagnosen mittelschwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und chronische Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren.

Mit Urteil des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth vom 25.2.2016 (5 Ks 105 Js 1031/15), das rechtskräftig ist, wurde der Täter wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Die 5. Strafkammer des LG sah es zur Vorgeschichte der Tat als erwiesen an, dass der Täter wenige Wochen vor der Tat von der Affäre seiner Ehefrau mit dem Kläger erfahren hatte, wusste, dass D den Kläger mit in das gemeinsame Haus gebracht hatte, und den Kläger am Freitag vor der Tat an der Bushaltestelle erkannt hatte. Das LG stellte weiter fest, dass der Täter am darauffolgenden Samstag bei Auseinandersetzungen mit der D diese als „Hure“ und „Schlampe“ bezeichnet hatte und ihr neben dem Verhältnis auch vorgeworfen hatte, fremde Männer, von denen sie nicht wüsste, ob sie evtl. Pädophile seien, mit nach Hause gebracht zu haben, dass der Täter gedroht hatte, den Kläger krankenhausreif zu schlagen, am Sonntag der D aber auch vorgeschlagen hatte, ihr zu verzeihen, wenn sie die Affäre beende. Nach den Feststellungen des LG wollte der Täter den Kläger am Montag früh zur Rede stellen und fuhr mit D zunächst nach K, dann nach S. Als die Tür des Busses öffnete, stiegen zunächst der Täter und dann D ein und der Täter forderte vom Kläger, ihm Pass und Mobiltelefon auszuhändigen. Dies lehnte der Kläger zunächst ab, weil er nicht wusste, was der Täter wollte. Nachdem er von D erfahren hatte, dass sie „aufgeflogen“ seien, lehnte er weiterhin die Herausgabe des Handys ab und schlug vor, nach Dienstschluss die Sache zu besprechen. Das LG stellte weiter fest, dass der Täter sich in diesem Moment entschloss, den Kläger zu töten, und diesen in schneller Folge dreimal in den Oberkörper stach. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Fahrersitz und versah sich keines Angriffs; er war aufgrund dessen in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt. Der Täter handelte nach Überzeugung des LG aus Eifersucht; die Einlassung des Täters, er habe befürchtet, der Kläger könne sich über die Affäre an seine Tochter heranmachen, wurde als Schutzbehauptung gewertet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des LG Nürnberg-Fürth verwiesen.

Die Beklagte zog das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth bei und lehnte es mit dem streitigen Bescheid vom 6.5.2016 ab, das Ereignis vom 13.7.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Grund für den tätlichen Übergriff sei laut Gerichtsurteil das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Ehefrau des Angreifers gewesen. Der Streit habe also nicht mit der versicherten Tätigkeit im Zusammenhang gestanden; eine besondere Weggefahr habe nicht bestanden, auch wenn in einem Bus die Fluchtgefahr allgemein eingeschränkt sei. Zugleich wurde die BG-liche Heilbehandlung abgebrochen. Gegen den Ablehnungsbescheid ließ der Kläger am 13.6.2016 Widerspruch erheben, der mit Bescheid vom 8.9.2016 zurückgewiesen wurde. Es fehle der innere Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit, wenn die Beweggründe des Angreifers wie hier in keiner Verbindung zur versicherten Tätigkeit des Verletzten stünden.

Mit der dagegen am 13.10.2016 beim Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage hat der Bevollmächtigte des Klägers geltend gemacht, der Täter habe als maßgebliches Motiv für den Angriff angegeben, dass der Kläger seine Tochter mit dem Bus nach Hause habe fahren wollen. Das SG hat die Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (105 Js 1031/15) beigezogen. Diese enthalten neben dem landgerichtlichen Urteil u.a. folgende Dokumente:

  • Protokoll der Beschuldigtenvernehmung des Klägers durch die Kriminalpolizei am 13.7.2015 und durch den Ermittlungsrichter am 13.7.2015,
  • Protokoll der polizeilichen Zeugenvernehmung des Klägers am 13.7.2015 (noch im Krankenhaus) und am 29.7.2015
  • Protokoll der Zeugenvernehmung der Ehefrau des Täters (D), durch die Polizei am 13.7., 31.7. und 6.8.2015 und durch den Ermittlungsrichter am 13.7.2015
  • Protokoll der polizeilichen Zeugenvernehmung des 2000 geborenen Sohnes (C) und der 2003 geborenen Tochter des Täters (R) vom 14.7.2015
  • Protokoll der polizeilichen Zeugenvernehmungen weiterer am Busbahnhof S anwesender Zeugen (C1, Passagier in einem anderen Bus; G, Passagier in einem anderen Bus; H, Notarzt; M, Wartende am Busbahnhof; S, Wartende am Busbahnhof; S1, Kollege),
  • Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 11.11.2015,
  • Fachpsychiatrisches Gutachten des W über den Täter vom 10.2.2016,
  • Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LG Nürnberg-Fürth am 18.2., 23.2. und 25.2.2016, wo u.a. der Kläger und D als Zeugen ausgesagt haben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen, insbesondere das Urteil des LG Nürnberg-Fürth sowie die ausführlichen dort protokollierten Aussagen des Täters, des Klägers sowie der D Bezug genommen.

Mit Urteil vom 9.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe den Angriff nach den überzeugenden Feststellungen des LG Nürnberg-Fürth und auf Basis der Aussagen des Täters sowie der Zeugen aus Eifersucht verübt. Es sei nicht ersichtlich, dass die besonderen Umstände der versicherten Tätigkeit die Tat erst ermöglicht oder entscheidend erleichtert haben, zumal sich am Busbahnhof eine erhebliche Entdeckungsgefahr ergeben habe. In einer Gesamtwürdigung komme der Besonderheit des Unfallortes gegenüber der Motivation des entschlossenen Täters nicht das Gewicht einer annähernd gleichwertigen Bedingung zu.

Gegen das dem Bevollmächtigten am 11.10.2017 zugestellte Urteil richtet sich die vorliegende Berufung vom 9.11.2017. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte vorgetragen, dass dem Kläger eine Busstrecke zugeordnet gewesen sei, so dass der Täter anhand des Fahrplans seine Tat habe vorbereiten und die frühen Morgenstunden habe nützen können. Auch habe der Kläger keine Fluchtmöglichkeit gehabt, was die Tat erst ermöglicht habe, die örtlichen Umstände seien damit tattragend; der Täter habe den Arbeitsplatz des Klägers benutzt um die dadurch begründete Hilflosigkeit des Klägers für die Tat zu verwenden. Auch habe die Tat berufliche Folgen, da der Täter nicht mehr Bus fahren könne. Es habe nie eine persönliche Beziehung zwischen dem Täter und dem Kläger gegeben, der Täter habe vielmehr aufgrund der Beziehungsprobleme und angeblicher Fürsorge für die Tochter gehandelt, die der Kläger durch seine Busfahrten kennen gelernt habe. Auch die Entdeckung des Klägers sei im Rahmen von dessen Busfahrertätigkeit erfolgt.

Nach Scheitern eines Güterichterverfahrens sind erneut die Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beigezogen worden. Sodann hat am 18.2.2021 ein Erörterungstermin stattgefunden. Dort wurden keine Einwendungen gegen die landgerichtlichen Feststellungen sowie die strafrechtlichen Ermittlungen erhoben; eine weitere Beweisaufnahme, insbesondere Zeugeneinvernehmung wurde nicht beantragt. Die Beteiligten haben sich einverstanden erklärt mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. Oktober 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.9.2016, zugegangen am 13.9.2016, aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 13.7.2015 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen erstinstanzlichen Akten des Sozialgerichts sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, die Gegenstand der Beratung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte vorliegend gemäß §§ nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten im Erörterungstermin vom 18.2.2021 damit einverstanden erklärt haben.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung führt jedoch nicht zum Erfolg. Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 6.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.9.2016 auf die Feststellung des Ereignisses vom 13.7.2015 als Arbeitsunfall gerichtete Klage ist zulässig als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG; vgl. BSG, Urteile vom 27.06.2006 – B 2 U 77/06 B -, juris Rn. 8 und vom 30.3.2017 – B 2 U 15/15 R -, juris Rn. 10). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Messerangriff vom 13.7.2015 einen Arbeitsunfall darstellt.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb „Versicherter“ ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 17.2.2009 – B 2 U 18/07 R -, juris Rn. 9 m.w.N., vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 12 m.w.N., vom 4.12.2014 – B 2 U 18/13 R -, juris Rn. 16 m.w.N. und vom 30.3.2017 – B 2 U 15/15 R -, juris Rn. 14), kann aber Voraussetzung sein für einen etwaigen Leistungsanspruch.

Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden und die etwaigen Unfallfolgen im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden bzw. Unfallfolgen gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 2.4.2009 – B 2 U 29/07 R -, juris Rn. 16, vom 17.2.2009 – B 2 U 18/07 R -, juris Rn. 12 m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urteil vom 18.1.2011 – B 2 U 5/10 R -, juris Rn. 20). Die Feststellung der notwendigen Ursachenzusammenhänge richtet sich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu ausführlich: BSG, Urteil vom 9.5.2006 – B 2 U 1/05 R -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.).

Hier sind zur Überzeugung des Senats diese Voraussetzungen durch die Messerattacke vom 13.7.2015 nicht erfüllt. Dabei stützt der Senat sich insbesondere auf die Feststellungen im Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 25.2.2016 und die Aussagen des im strafrechtlichen Vermittlungsverfahren vernommenen Täters sowie der durch die Polizei und teilweise den Ermittlungsrichter vernommenen Zeugen, v.a. des Klägers, der D, des C und der R. Die landgerichtlichen Feststellungen sowie Aussagen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren können hier herangezogen werden, da die polizeilichen und ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmungen in der strafrechtlichen Akte und die Aussagen in der Hauptverhandlung im landgerichtlichen Urteil dokumentiert sind, die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung explizit erklärt haben, dass keine Einwendungen gegen die landgerichtlichen Feststellungen sowie die strafrechtlichen Ermittlungen erhoben werden, keine weitere Beweisaufnahme, insbesondere Zeugenbefragung, beantragt wird, und der Senat die überzeugenden Feststellungen des LG zugrunde legt und von diesen auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit nicht abweicht. Angesichts der in den strafrechtlichen Akten enthaltenen umfassenden Aussagen des Täters und aller damals ermittelbaren Zeugen sowie der ausführlich begründeten und überzeugenden Beweiswürdigung durch das LG sieht der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten keinen Anlass für eine erneute Zeugeneinvernahme, die auf eine Wiederholung der strafrechtlichen umfassenden Beweisaufnahme hinauslaufen würde, und hält eine Heranziehung der Aussagen aus dem Strafverfahren im Wege des Urkundenbeweises – trotz des geringeren Beweiswerts – für ausreichend, zumal die Aussagen insgesamt ein schlüssiges Bild ohne Widersprüche ergeben (vgl. BSG, Urteile vom 20.5.1976 – 8 RU 98/75 -, juris Rn. 15, vom 22.7.1960 – 11 RV 1188/58 -, juris Rn. 14 und vom 21.10.1998 – B 9 VG 6/97 R -, juris Rn. 13, 15; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 103 Rn. 11, 11d sowie Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 128 Rn. 8a, 8c). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass § 252 Strafprozessordnung (StPO) im sozialgerichtlichen Verfahren nicht greift (BSG, Urteil vom 21.10.1998 – B 9 VG 6/97 R -, juris Rn. 14 und vom 23.5.1969 – 10 RV 372/68 -, juris Rn. 24), so dass auch die Aussagen der Kinder des Täters C und R, die später in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht haben, hier verwertbar sind. Eine weitere Zeugeneinvernahme sowie Einvernahme des Klägers waren damit nicht erforderlich.

1. Hier steht fest, dass der Kläger am 13.7.2015 einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten hat. Denn der tätliche Angriff mit Verletzung des Klägers durch Messerstiche stellt zweifellos ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis dar, das hier zu einem Gesundheitserstschaden mindestens im Sinne mehrerer Stichverletzungen geführt hat.

2. Des Weiteren steht fest, dass am Tag dieses Ereignisses der Kläger als Busfahrer im Rahmen seines mit den Stadtwerken S bestehenden Arbeitsverhältnisses grundsätzlich als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert tätig war.

3. Es ist allerdings fraglich, kann aber im Ergebnis offen bleiben, ob der Kläger unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Ereignis – zumindest auch – eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit verrichtete.

Versicherter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Dabei ist eine Verrichtung jedes konkrete räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist, wobei die „kleinste beobachtbare Handlungssequenz“ maßgeblich ist (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R -, juris Rn. 14). Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Urteile vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R -, juris Rn. 14 m.w.N. sowie bei gemischter Tätigkeit Urteil vom 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R -, juris Rn. 14 ff. m.w.N.). Das Handeln muss subjektiv – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein. Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (sog. objektivierte Handlungstendenz; st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Urteile vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R -, juris Rn. 14 m.w.N. und vom 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R -, juris Rn. 14).

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. Dabei kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R -, juris Rn. 16 m.w.N.)

Hier steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Aussage des Klägers fest, dass dieser gerade in den Busbahnhof S eingefahren war, den Motor ausgestellt sowie die Fahrertür des Busses geöffnet hatte, als der Täter und D den Bus bestiegen. Dies war Teil der arbeitsvertraglichen Verpflichtung des Klägers. Der Kläger saß während der zunächst stattfindenden verbalen Auseinandersetzung und auch zu Beginn des anschließenden tätlichen Angriffs noch auf seinem Fahrersitz. Zwar hatte der Täter angegeben, der Kläger sei unmittelbar vor der Attacke aufgestanden. Das LG Nürnberg-Fürth hat dies im Urteil vom 25.2.2016 jedoch mit überzeugender Begründung abgelehnt. Denn der Kläger und D hatten dies übereinstimmend verneint. Zwar hatte der Kläger in S laut Fahrplan eine ca. 5-minütige Pause im Fahrplan, die dieser nach eigener, durch die Zeugin M bestätigter Aussage i.d.R. nützte, um auf die Toilette zu gehen oder sich auszuruhen bzw. – wie der Kollegen S1 als Zeuge ausgesagt hatte – um einen Kaffee zu holen und mit diesem Kollegen gemeinsam zu trinken. Es kann dahinstehen, ob während einer solchen Kaffeepause noch Versicherungsschutz bestanden hätte, da am Tattag der Kläger sich noch im geöffneten Bus auf dem Fahrersitz und damit auf seinem Arbeitsplatz befand. Es ergeben sich aus den Aussagen aller Beteiligten keine Hinweise darauf, dass der Kläger die Pause bereits begonnen hatte. Allein die Tatsache, dass ein etwas längerer fahrplanmäßiger Halt besteht, lässt den sachlichen Zusammenhang jedenfalls dann nicht entfallen, wenn der Versicherte sich noch am Arbeitsplatz (hier: Fahrersitz) befindet.

Allerdings hatte der Kläger vor dem Angriff bereits mit dem Täter und D gesprochen, was allein seine Beziehung zu D betraf und nicht zu seinen vertraglichen Verpflichtungen gehörte. Ob dies eine versicherte Verrichtung im Zeitpunkt des Überfalls ausschließt oder diese unter dem Aspekt bejaht werden kann, dass der Kläger die Angelegenheit klären musste, da er in wenigen Minuten zur Weiterfahrt verpflichtet war, bzw. jedenfalls eine gemischte Tätigkeit anzunehmen ist – einerseits versichertes Sitzen im Bus, andererseits unversicherte private verbale Auseinandersetzung mit dem Täter und D, die keine Fahrgäste waren (dazu im Einzelnen später) -, kann dahinstehen, da hier jedenfalls die Unfallkausalität (vgl. dazu im Folgenden unter 4.) zu verneinen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R -, juris, Rn. 19 ff. m.w.N., die Bewertung einer gemischten Tätigkeit ist keine Frage des sachlichen Zusammenhangs, sondern der Unfallkausalität).

4. Vorliegend ist es jedenfalls nicht „infolge“ dieser versicherten Tätigkeit (Sitzen im Bus während des fahrplanmäßigen Aufenthalts) zu dem Überfall auf den Kläger gekommen; die sog. Unfallkausalität ist hier nicht gegeben.

Ausgangspunkt auch dieser Kausalitätsbeurteilung ist die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. ausführlich: BSG, Urteil vom 9.5.2006 – B 2 U 1/05 R -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Diese beruht zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils die Versicherung begründenden Norm zu beurteilen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 11/14 R -, juris Rn. 19 m.w.N.).

Konkret zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Überfall als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, hat das Bundessozialgericht (BSG) in diversen Entscheidungen zusammenfassend ausgeführt: Ein Überfall, der wie hier während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit – sei es auf der Betriebsstätte oder auf einem versicherten Weg – erfolgt, ist grundsätzlich als Arbeitsunfall anzuerkennen. Etwas Anderes gilt dann, wenn der Überfall in keiner sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten steht, sondern z.B. aufgrund einer persönlichen Feindschaft oder betriebsfremder Beziehungen zwischen den Beteiligten erfolgt. Dann war nach früherer Rechtsprechung des BSG ein Arbeitsunfall anzunehmen, wenn die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse den Überfall erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt haben (st. Rpsr.; vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R -, juris Rn. 27 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteile vom 26.6.2001 – B 2 U 25/00 R -, juris Rn. 24 f., vom 19.12.2000 – B 2 U 37/99 R -, juris Rn. 15, vom 19.3.1996 – 2 RU 19/95 -, juris Rn. 18 ff., vom 15.12.1977 – 8 RU 58/77 -, juris Rn. 15, vom 23.4.1975 – 2 RU 211/74 -, juris Rn. 18; vom 29.5.1962 – 2 RU 209/61 -, juris Rn. 11 ff. und vom 31.1.1961 – 2 RU 251/58 -, juris Rn. 16 f.). In einem neueren Urteil argumentiert das BSG für die Beantwortung der Frage, ob ein Überfall (Unfallereignis), welchen ein Versicherter während einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit erlitten hatte, objektiv (1. Prüfungsstufe) und rechtlich wesentlich (2. Prüfungsstufe) „infolge“ der versicherten Tätigkeit eingetreten ist, insbesondere mit dem Schutzzweck der Norm, d.h. dem Schutzzweck des jeweils verwirklichten Unfallversicherungstatbestandes (im konkreten Fall ging es um den Schutzzweck der Wegeunfallversicherung). Denn die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung (hier: für versicherte Wege im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung „allgemein“, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll (BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 15 ff. m.w.N.; vgl. allgemein auch BSG, Urteil vom 24.6.2012 – B 2 U 9/11 R -, juris Rn. 34 ff. m.w.N.). Andere unversicherte Mitursachen können die rechtliche Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden „im Wesentlichen“ rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt. Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 18 und allgemein BSG, Urteil vom 24.6.2012 – B 2 U 9/11 R -, juris Rn. 36). Bei dieser Gesamtbeurteilung sind z.B. auch Besonderheiten der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 19).

Konkret bezogen auf die Wegeunfallversicherung legte das BSG dar, dass in deren Schutzbereich grundsätzlich auch Überfälle auf dem Weg zur Arbeit fallen, soweit sie rechtlich wesentlich durch das Zurücklegen des Weges bedingt sind. Dagegen wird die Gefahr, aufgrund eigener privater Beziehungen, Kontakte oder sonstiger aus dem persönlichen Bereich stammender Umstände Opfer eines Überfalls (unabhängig vom Ort der Tat und dessen besonderen Verhältnissen) zu werden, nicht von deren Schutzbereich erfasst (BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 20).

Allerdings wird ausnahmsweise dann, wenn die Verhältnisse des zurückzulegenden Weges von und zu der Arbeitsstätte einen grundsätzlich nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Überfall erst begünstigen oder ermöglichen, angenommen, dass der Weg dann als rechtlich wesentliche Ursache den Versicherungsschutz in der Wegeversicherung begründen kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 22 m.w.N.; die Literatur hat sich der Rspr. des BSG weitgehend angeschlossen; vgl. Keller in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 8 SGB VII, Rn. 153d und 290c; Krasney, WzS 2012, 131, 133; Ricke in KassKomm, 12/2020, SGB VII § 8 Rn. 119a; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV (SGB VII), 12/20, § 8 Rn. 274 ff.; wohl enger, d.h. keine Unfallkausalität wenn der Unfall am Arbeitsplatz aufgrund persönlicher Beziehung, Kontakte oder sonstigen Umstände aus dem persönlichen Bereich erfolgte: Bereiter-Hahn / Mehrtens, Unfallversicherung, 1/21, § 8, Rn. 7.44, und Mutschler, NZS 2014, 647, 649). In dem konkret zu entscheidenden Fall gelangte das BSG zu der Einschätzung, dass die persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und dem Täter sowohl für den Ort als auch für den Zeitpunkt und für die Art und Weise des Überfalls prägend gewesen sei und verneinte daher das Vorliegen eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 21; vgl. auch BayLSG, Urteil vom 19.12.2017 – L 3 U 418/16: Arbeitsunfall bejaht für Friedhofsmitarbeiter, der von einem psychisch kranken Besucher, dem er Hilfe angeboten hatte, den er aber auch privat kannte, mit der Schaufel zur Grabpflege angegriffen wurde).

Bei der Prüfung des Schutzzwecks ist hier zu berücksichtigen, dass Arbeitnehmer durch § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allen Lebens- und Gesundheitsgefahren geschützt werden sollen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben (BSG, Urteil vom 24.6.2012 – B 2 U 9/11 R -, juris Rn. 44; ebenso Keller in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 8 SGB VII, Rn. 271). Dazu gehört bei einem Busfahrer neben der Tätigkeit im Verkehr auch der Kontakt zu vielen Fahrgästen, die sich der Kläger nicht aussuchen kann und die ggf. auch mit nicht der Beförderung dienenden oder damit in Zusammenhang stehenden Themen auf ihn zukommen. Ein Busfahrer ist damit – wie jede Person in der Öffentlichkeit – einem erhöhten Risiko von Angriffen ausgesetzt. Es steht daher außer Zweifel, dass ein Angriff, der den Busfahrer als solchen trifft, v.a. wegen der Durchsetzung der Beförderungsbestimmungen (z.B. Fahrscheinkontrolle) ebenso versichert ist wie ein Angriff, der den Busfahrer mehr oder weniger zufällig trifft (weil er von einer unabhängig von der Person des Versicherten gewaltbereite Person verübt wird, vgl. dazu BGS, Urteil vom 29.5.1962 – 2 RU 209/61) oder aufgrund einer Verwechslung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10.12.1957 – 2 RU 270/55). Gleiches gilt, wenn der Angriff allein in der beruflich bedingten Anwesenheit des Versicherten oder der Tatsache, dass dieser Publikumsverkehr ausgesetzt ist, wurzelt, z.B. aus Ausländerhass, psychischer Erkrankung des Fahrgasts etc. (vgl. Schwerdtfeger, a.a.O., Rn. 274). Derartige Angriffe sind dadurch gekennzeichnet, dass es seitens des Versicherten über die Tätigkeit als Busfahrer hinaus keine privaten verbindenden Umstände gibt (vgl. dazu BGS, Urteil vom 29.5.1962 – 2 RU 209/61 -, juris Rn. 13). Abzugrenzen sind demgegenüber Angriffe, die aus Umständen und Motiven heraus stattfinden, die im persönlichen Bereich des Busfahrers und seinem vor der Tat bestehenden Kotaktumfeld wurzeln, und diesen am Dienstort treffen (vgl. zur Abgrenzung Ricke, a.a.O., Rn. 119 f.). Hier ist nach der Rechtsprechung des BSG, der sich die Literatur angeschlossen hat, im Rahmen einer Gesamtabwägung zu prüfen, inwieweit die beruflichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Schutzzwecks eine Tat ermöglicht oder begünstigt haben bzw. für diese prägend waren.

Ausgehend davon ist der sachliche Zusammenhang hier zu verneinen. Der Angriff erfolgte aus einem privaten Motiv (dazu a). Zudem haben nach einer Gesamtbeurteilung anhand des Schutzzweckes der Beschäftigtenversicherung die hier nachgewiesenen versicherten Ursachen den Angriff nach Ort, Zeitpunkt sowie Art und Weise nicht so wesentlich geprägt, dass die Tat in einer Gesamtbetrachtung rechtlich dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfällt (dazu b).

a) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Angriff aus einem rein privaten, nicht berufsbezogenen Motiv heraus erfolgte. Insofern wird zunächst auf die überzeugenden erstinstanzlichen Ausführungen verwiesen, denen sich der Senat anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat in Übereinstimmung mit den von den Beteiligten nicht in Frage gezogenen Feststellungen des LG Nürnberg-Fürth sowie den im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren getätigten Aussagen v.a. des Klägers selbst und der D überzeugend dargelegt, warum es das Tatmotiv Eifersucht als erwiesen ansieht.

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Täter neben der Eifersucht zusätzlich aus Sorge um seine Tochter bzw. Familie gehandelt hat, wäre das Motiv als privat zu qualifizieren. Denn die Behauptung des Täters, er sei davon ausgegangen, dass der Kläger sich über seine Frau an seine Tochter, deren Busfahrer er (neben anderen) war, heranmachen wolle, stellt zur Überzeugung des Senats auf Basis der Ausführungen LG Nürnberg-Fürth – wie erstinstanzlich überzeugend dargelegt – eine Schutzbehauptung dar, so dass dahinstehen kann, ob insoweit ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit anzunehmen wäre. Ärger und Sorge des Täters waren vielmehr aus der nicht mit der versicherten Tätigkeit „Busfahren“ im Zusammenhang stehenden Tatsache gespeist, dass der Kläger in die Familienwohnung gekommen war und jetzt viel über die Familie wusste, während D nichts über ihn wusste (v.a. keine Adresse und keine Telefonnummer hatte) und unklar war, welche Absichten (ggf. kriminell, pädophil) der Kläger hatte. Dies steht fest aufgrund der insoweit weitgehend übereinstimmenden Aussagen aller Familienmitglieder. So hat die Tochter (R) ausgesagt, der Täter habe nicht gewollt, „dass dieser Mann etwas über unsere Familie erfährt, das hätte auch ein Vergewaltiger oder Pädophiler sein können“. Als der Täter erfahren habe, dass der Kläger ihr Busfahrer gewesen sei, sei er wütend gewesen, „weil der Mann ja aus unserer Familie etwas erfahren hat und auch erfahren hat, wo wir wohnen und wer wir sind“. Der Sohn (C) hat ausgesagt, der Täter habe v.a. etwas dagegen gehabt, dass der Kläger zu ihnen nach Hause gehe; der Täter habe auch gesagt, dass dieser „ein Gangster sein könne“. D hat wiederholt betont, der Täter sei sauer gewesen, dass sie den Kläger nach Hause gebracht habe und die Familie mit hineinziehe. Der Täter hat in der polizeilichen Vernehmung vom 13.7.2015 zwar einerseits gesagt, er habe Anzeige erstatten wollen, da der Kläger seine Tochter seit September 2014 belästigt habe, aber auch angegeben, zwei Wochen zuvor – als er die Aufnahmen des Klägers bei sich zu Hause gesehen hatte – habe ihn die Tatsache gestört, dass seine Frau sich nicht an die Vereinbarung gehalten und jemanden mitgebracht habe; er habe nicht gewollt, dass die Kinder etwas mitbekommen. D hat bei den Zeugenvernehmungen des Weiteren angegeben, der Täter habe auch Sorge gehabt, dass es sich um einen „Kranken“ oder Pädophilen handle und ein „beschissenes Gefühl“, dass ein Fremder in der Wohnung gewesen sei, sie konnte sich aber nicht daran erinnern, dass der Täter vor der Tat den Verdacht oder die Sorge erwähnt hat, der Kläger wolle etwas von der Tochter. Das deckt sich mit den Aussagen in der Hauptverhandlung, wie sie im Urteil des LG wiedergegeben sind. Demnach sei Grundthema sämtlicher Auseinandersetzungen am Wochenende gewesen, dass der Täter ihr das Verhältnis vorgeworfen habe; der Täter habe vor der Tat keine Sorgen um die Tochter geäußert. Es sei nie darum gegangen, dass der Kläger pädophil sei, sondern nur am Rande darum, dass man nicht wisse, wer diese Personen seien, die sie heimbringe, und dass diese ggf. Pädophile sein könnten. D hat in der Hauptverhandlung vor dem LG Nürnberg-Fürth zudem angegeben, der Täter habe die Adresse haben wollen, um den Kläger zu besuchen; das mit der Tochter sei erst später aufgekommen. Auch der Täter konnte laut LG-Urteil in der Hauptverhandlung nicht erklären, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte er den Kläger anzeigen wollte. Seine Ausführungen, er habe den Kläger unmittelbar nachdem er in den Bus gestürmt sei aufgefordert, seine Tochter in Ruhe zu lassen, ist widerlegt. Der Kläger und D haben in ihrer Zeugenaussage vor dem LG angegeben, dass der Täter seine Tochter im Bus nicht erwähnt habe.

Ausgehend von diesen Aussagen wurzelte eine ggf. zusätzlich zur Eifersucht bestehenden Sorge des Täters um die Tochter oder die gesamte Familie ebenfalls in der Affäre der Ehefrau und zielte auf den Schutz der Familie und Privatsphäre vor Unbekannten. Ein Zusammenhang zur Berufstätigkeit des Klägers ist nicht erkennbar, denn erst durch die Affäre war der Kläger in die Familienwohnung gekommen und hatte Kenntnisse über die Familie und deren Wohnort erlangt und nicht durch seine versicherte Tätigkeit als Busfahrer der Tochter. Auch die Angst, dass der Täter nicht wisse, wen die Frau im Haus empfange, bezieht sich nicht auf die Tätigkeit des Klägers als Busfahrer. Unerheblich ist insoweit, dass der Täter dem Kläger nicht bekannt war. Denn für die Einordnung des Motivs ist nach der Rechtsprechung des BSG der Beweggrund des Täters maßgeblich (BSG, Urteil vom 13.4.1975 – 2 RU 211/74 -, Leitsatz und vom B 2 U 27/97 R -, juris Rn. 18), der hier im privaten Umfeld und Verhalten des Klägers wurzelt. Damit ist der Angriff – wie zuvor dargelegt – abzugrenzen von Angriffen mit z.B. ausländerfeindlichem Hintergrund, der einen Busfahrer ohne weitere private Verbindung zum Umfeld des Täters trifft.

b) Zwar sind hier auch einige berufsbezogene Umstände ursächlich für die Tat i.S.e. conditio-sine-qua non gewesen. So steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Täter sich mit D über seine Busfahrten verabredet und den Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Busfahrer erkannt hat. Der Täter konnte den Kläger jedenfalls auch über den Fahrplan an seinem Arbeitsplatz finden. Zudem befand sich der Kläger während des Angriffs im Bus, was die Fluchtmöglichkeiten verringert hat, und im Dienst, als der Täter ihn aufsuchte, so dass seine Reaktion auch durch die beruflichen Umstände mit beeinflusst war. Dies steht fest aufgrund der übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten in den strafrechtlichen Ermittlungen. Jedoch haben diese Umstände unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII die durch private Umstände motivierte Tat nicht nach Ort, Zeit sowie Art und Weise so geprägt, dass sie insgesamt wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht wurde.

aa) Es kann dahinstehen, ob der Kläger die D im Rahmen seiner Tätigkeit als Busfahrer getroffen hat, was er bei der Zeugenvernehmung selbst verneint hat (dort hat er angegeben, er habe sie beim Joggen getroffen). Die für den Senat feststehende Tatsache, dass der Kläger und D sich jedenfalls während der Busfahrten nähergekommen sind und D diese auch genutzt hat, um Treffen zu verabreden, ist kein Umstand, der unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Beschäftigtenversicherung mit der versicherten Tätigkeit des Klägers in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stand. Jede über die Beförderung der D als Fahrgast hinausgehende Beschäftigung mit dieser gehörte, was keiner weiteren Erörterung bedarf, nicht zu den vertraglichen Pflichten des Klägers. Zwar ist es der Tätigkeit als Busfahrer immanent, dass Kontakt zu vielen Personen besteht. Wenn diese Kontaktmöglichkeiten jedoch für private Treffen/Verabredungen genützt werden, ist dies mangels entsprechender vertraglicher Verpflichtung nicht mehr der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Insoweit hat das BSG bereits im Fall einer aus enttäuschter Liebe bzw. Rache in einem Lokal angegriffenen Büffethilfe entschieden, dass allein die Tatsache, dass ein Versicherter jemanden auf der Betriebsstätte kennenlernt und dann nähere Beziehungen knüpft, keine wesentlich der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Bedingung darstellt (BSG, Urteil vom 23.4.1975 – 2 RU 211/74 -, juris Rn. 20).

bb) Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Kläger durch den Täter erst im Rahmen seiner Tätigkeit als Busfahrer erkannt wurde. Zwar ist der Tätigkeit als Busfahrer immanent, dass man von vielen Personen auch gesehen wird. Das Risiko, dabei vom Ehemann der Frau erkannt zu werden, mit der man ein Verhältnis hat, ist jedoch keine beschäftigungstypische Gefahr, sondern wurzelt allein in den privaten Umständen des Versicherten. Dieses Risiko ist damit zur Überzeugung des Senats nicht vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt und kann einen wesentlichen Zusammenhang des Angriffs mit der versicherten Tätigkeit nicht begründen. Selbst wenn man dies anders wertete, da der Täter den Kläger erkannt hatte als Vater einer Mitfahrerin (der R) und damit im Kontext der versicherten Tätigkeit, ist zu berücksichtigen, dass dies drei Tage vor der Tat geschah und damit noch wesentliche für die Tat maßgebende Aspekte zwischengeschaltet waren.

cc) Betreffend den Tatort ist zunächst zu berücksichtigen, dass zur Überzeugung des Senats der Täter und D weder vor der Tat Fahrgäste des Busses waren noch durch das Einsteigen eine Mitfahrt im Bus beabsichtigt hatten. Sie waren vielmehr, wie sich aus den Ermittlungen am Tatort sowie den übereinstimmenden Aussagen des Täters und der D ergibt, mit dem Auto zum Busbahnhof S gekommen und hatten den Bus des Klägers allein zu dem Zweck aufgesucht, den Kläger zur Rede zu stellen und wegen der Affäre mit D die Herausgabe seines Handys und seines Personalausweises zu fordern. Das Zusammentreffen erfolgte also nicht im Rahmen einer versicherten Kundenbeziehung (anders im Fall des BayLSG, Urteil vom 19.12.2017 – L 3 U 418/16).

Zwar steht fest, dass der Täter den Kläger über seine berufliche Tätigkeit – konkret durch Kenntnis der vom Kläger befahrenen Linie und der Tatsache, dass er am Tattag Frühschicht hatte – gefunden hat und mangels anderer Kontaktdaten auch nicht auf andere Weise jedenfalls so schnell hätte finden können. Die versicherte Tätigkeit war also conditio-sine-qua-non des Angriffs. Allerdings hat das BSG im genannten Fall der Büffethilfe bereits entschieden, dass allein die Tatsache, dass die Büffethilfe von jedermann auf der Betriebsstätte angetroffen werden und konkret sogar vom Kläger veranlasst werden konnte, zur Theke zum Kassieren zu kommen, wo der Angriff stattfand, per se nicht ausreicht, um eine wesentliche Verbindung zur versicherten Tätigkeit herzustellen (BSG, Urteil vom 23.4.1975 – 2 RU 211/74 -, juris Rn. 19; ebenso: Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 8 SGB VII, 2/21, Rn. 153 d). Gleiches gilt zur Überzeugung des Senats auch dann, wenn der Versicherte wie hier – weil D nach eigener sowie Aussage des Klägers weder dessen Telefonnummer noch dessen Wohnort kannte – ausschließlich über die Arbeitsstelle gefunden werden konnte, sofern sich dies aus persönlichen, nicht dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umständen ergibt. So liegt der Fall hier: Wie bereits ausgeführt, unterfällt die über die Beförderung hinausgehende intime Beziehung zu einer Kundin ebensowenig den versicherten Umständen der Tätigkeit eines Busfahrers wie die Tatsache, dass der Kontakt in dieser Beziehung über die Busfahrten hergestellt und unterhalten wurde. Damit fällt auch die allein auf die Liebesbeziehung bezogene Kontaktaufnahme des Täters auf ebendiesem Wege nicht in den vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung erfassten Bereich. Dieser Weg der Kontaktaufnahme resultiert nicht aus spezifischen Gefahren der Busfahrertätigkeit; vielmehr hat der Täter lediglich den Weg zur Kontaktaufnahme benützt, der in der Beziehung zwischen dem Kläger und der D üblich war.

Dies gilt hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Täter den Kläger nicht allein aufgrund der öffentlich bekannten Informationen finden konnte, da dieser nach eigener Aussage damals keinen regelmäßigen Turnus gefahren ist, sondern immer erst am Mittwoch oder Donnerstag zuvor seinen konkreten Dienstplan für die kommende Woche erhalten hat. Dass der Kläger am Montag Frühschicht hatte, war der D allein aufgrund der Beziehung zu diesem bekannt. Der Kläger hat insoweit angegeben, er „denke“ er habe D erzählt, dass er am Montag Bus fahre; er könne sich nicht erinnern. D hat ausgesagt, dass sie den Kläger am Freitag getroffen und ihr dieser von der Frühschicht am Montag erzählt habe. Dass der konkrete Einsatzort aufgrund der privaten Beziehungen des Klägers zu D bekannt war, spricht angesichts des gesetzlichen Schutzzwecks gegen einen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (so explizit für einen Wegeunfall, bei dem die Art und Weise sowie Startzeit des Weges aus privaten Gründen bekannt waren: BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 21; ebenso Wagner, a.a.O., § 8 Rn. 153d).

Die Auswahl des Tatorts erfolgte jedenfalls auch aufgrund von Umständen, die der privaten und nicht der beruflichen Sphäre zuzuordnen sind (zur Bedeutung dieses Aspekts vgl. Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 21 und Krasney, a.a.O., 131, 133). Zwar war die mangelnde Fluchtmöglichkeit, die sich aufgrund der besonderen Umstände des Arbeitsplatzes und damit einer versicherten Ursache ergab, ein versicherter Aspekt, der die Wahl des Tatorts mitbestimmt hat. So hat das LG festgestellt, dass es sich nicht um eine Spontantat gehandelt habe, da der Kläger sich bewaffnet und mit griffbereitem Messer zum Tatort begeben und sich nach eigener Angabe zuvor gedanklich mit dem Einsatz des Messers beschäftigt hatte. Der Ort war laut LG auch so gewählt worden, dass der Kläger nicht so leicht die Möglichkeit gehabt hatte, den Bus zu verlassen. Zugleich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Täter den Kläger nur am Arbeitsplatz treffen konnte und schnell mit dem Kläger sprechen wollte, nach Aussage des C bereits am Sonntag. Dies gelang jedoch am Wochenende nicht, da D keine Kontaktdaten hatte, was der Täter durch Kontrolle des Handys der D überprüfte, und der Täter den Kläger auch nicht getroffen hat, als er am Sonntag – wie die Kinder des Täters ausgesagt haben – das Haus verlassen hat. Die erste Möglichkeit den Kläger zu treffen bestand also am Montag früh; diese hat der Täter genützt. Dass für den Täter eine sofortige Auskunft des Klägers entscheidend war, ergibt sich auch daraus, dass er auf dessen Angebot eines Treffens nach Dienstschluss nicht eingegangen ist. Ausgehend davon und der Tatsache, dass der Täter am Tatmorgen zunächst lediglich vorhatte, Handy und Ausweis des Klägers zu verlangen und das mit dem Kläger zu „klären“ (das hatten D und der Täter übereinstimmend ausgesagt, auch das LG Nürnberg-Fürth hat einen Mordvorsatz erst im Lauf der verbalen Auseinandersetzung angenommen), war die Wahl des Orts und Zeitpunkts für die Auseinandersetzung zur Überzeugung des Senats jedenfalls auch und maßgeblich bestimmt durch den – unversicherten – Wunsch des Täters, den Kläger schnell zu sprechen vor dem Hintergrund des Fehlens anderweitiger Kontaktdaten.

Die Verhältnisse am Arbeitsplatz haben den Überfall nicht durch ein geringeres Entdeckungsrisiko erheblich begünstigt (vgl. BSG, Urteil vom 23.4.1975 – 2 RU 211/74 -, juris Rn. 19). Zwar fand der Angriff in den früheren Morgenstunden statt, jedoch nicht an einer einsamen Haltestelle, sondern im Busbahnhof S, an dem sich nach den Aussagen der im Strafverfahren gehörten Zeugen G, M und S bereits mindestens zwei weitere Busse und einige weitere Personen (Passagiere der anderen Busse, Passanten, ein Kollege S1 des Klägers) befanden.

Der Kläger saß zur Tatzeit – wie das LG auf Basis der Zeugenaussagen überzeugend festgestellt hat – noch auf seinem Fahrersitz; dabei war nach eigener Aussage des Klägers die Bustür offen, die Tür zum Fahrerbereich durch einen geschlossenen Bügel getrennt, aber nach außen Richtung Gang zu öffnen. Damit befand sich der Kläger zweifellos in einer Situation, in der er den Bus vor der verbalen Auseinandersetzung nicht so leicht verlassen konnte und v.a. – wie auch das LG festgestellt hat – ein Ausweichen vor den Stichen nicht möglich war. Jedoch fand der Angriff völlig überraschend statt, so dass sich die für die Situation kennzeichnende eingeschränkte Reaktionsmöglichkeit des Klägers nicht nur aufgrund der – versicherten – Situation am Arbeitsplatz, sondern auch und maßgeblich aufgrund der – unversicherten, da nicht mit der beruflichen Tätigkeit oder Örtlichkeit in Zusammenhang stehenden – überraschenden Tatausführung ergeben hat. So hat der Kläger bei der ermittlungsrichterlichen Vernehmung am 13.7.2015 ausgesagt, unmittelbar vor dem Angriff sei der Täter „ganz normal“ gewesen und habe weder geschrien, noch geschwitzt oder einen roten Kopf oder andere Anzeichen für einen erhöhten Blutdruck gehabt. Deshalb habe er gemeint, dass der Täter den Bus verlassen würde, als er ihn dazu aufgefordert habe. Der Täter habe plötzlich und unvermittelt zugestochen; er habe „einen Angriff überhaupt nicht erwartet“; dies hat D bestätigt, die ebenfalls keinen Angriff erwartet hatte. Das LG Nürnberg-Fürth hat auf Basis dieser Aussagen überzeugend festgestellt, dass der Kläger sich vor dem ersten Stich keines Angriffs versah und diesen auch nicht befürchten musste und „aufgrund dessen in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt war“; deshalb hat es einen Mordversuch, also Arg- und Wehrlosigkeit des Klägers im Angriffszeitpunkt, festgestellt. Dass sich neben der schlechteren Fluchtmöglichkeit maßgeblich die Art und Weise des Angriffs ausgewirkt hat, ergibt sich zudem daraus, dass – wie das LG Nürnberg-Fürth aufgrund der Aussagen des Klägers und der D überzeugend ausgeführt hat – die drei Stiche unmittelbar hintereinander ausgeführt wurden.

dd) Im Hinblick auf die Tatzeit kann auf das oben Gesagte verwiesen werden, dass diese zur Überzeugung des Senats wesentlich durch den privat motivierten und unversicherten Wunsch des Täters bestimmt war, den Kläger so schnell wie möglich zur Rede zu stellen.

ee) Zu Art und Weise sowie Umständen des Angriffs berücksichtigt der Senat zunächst, dass die Tatwaffe vom Kläger mitgebracht worden war und in keinem Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit stand (anders für den Fall, dass das Tatwerkzeug erst auf der Arbeit vom Täter gefunden wurde: Sächsisches LSG, Urteil vom 10.7.2003 – L 2 U 97/01; und für den Fall, dass das Werkzeug, mit dem der auf dem Friedhof arbeitende Versicherte angegriffen wurde, für die Grabpflege gedacht war: BayLSG, Urteil vom 19.12.2017 – L 3 U 418/16).

Allerdings waren zur Überzeugung des Senats die berufsbedingten Umstände für die Reaktion des Klägers – keine Herausgabe von Personalausweis und Handy – und damit auch den nachfolgenden Angriff mitursächlich (wobei es nicht auf einen hypothetischen Ablauf bei Zusammentreffen an anderer Stelle, sondern den Einfluss der beruflichen Umstände auf den konkreten Ablauf ankommt). Dafür sprechen die landgerichtlichen Feststellungen, dass der Kläger zunächst gesagt habe, er wisse nicht, was der Täter wolle und könne und dürfe Handy und Ausweis nicht herausgeben und dann – als ihm klar war, dass es sich um den Ehemann der D handelt – er trotzdem nicht bereit war, sein Handy herauszugeben, aber ein Treffen nach Dienstschluss vorgeschlagen hat. Das wird durch die Aussage der D bei der ermittlungsrichterlichen Vernehmung bestätigt, wonach der Kläger zum Täter, der die sofortige Herausgabe verlangt habe, gesagt habe, er könne jetzt nicht, er sei in der Arbeit. Dazu kamen zweifellos zeitliche Aspekte, da die Pause in S nur ca. 4-5 Minuten dauerte und der Kläger danach aufgrund seiner versicherten Tätigkeit zum Weiterfahren verpflichtet war. Dass der Kläger sich geweigert hat, den Konflikt sofort zu besprechen und den Täter gebeten hat, den Bus zu verlassen und anbot, alles nach Dienstschluss zu besprechen, geschah also jedenfalls auch in Ausführung seiner vertraglichen Verpflichtung, die Busfahrt pünktlich fortzusetzen. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob die am Arbeitsplatz verminderte Möglichkeit, auf private Anliegen zu reagieren, weil dies der vertraglichen Pflichterfüllung entgegensteht, überhaupt zu den versicherten Risiken gehört. Denn die Reaktion auf private Besuche/Anliegen gehört grundsätzlich weder zu den vertraglichen Pflichten noch den spezifischen Risiken einer versicherten Tätigkeit. Letztlich kann dies dahinstehen, da in der Gesamtschau jedenfalls die privaten Bezüge zur Tat überwiegen (dazu gg).

ff) Unerheblich ist schließlich, ob beim Kläger nach der Tat und aktuell noch Folgen der psychischen Erkrankung bestehen, die sich speziell auf den Arbeitsplatz beziehen. Entscheidend ist nach der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG, ob die versicherten Umstände die Tat wesentlich ermöglicht, erleichtert oder geprägt haben. Das ist für Folgen der Tat ausgeschlossen.

gg) Im Ergebnis steht zwar fest, dass auch versicherte Ursachen für das Ereignis am 13.7.2015 ursächlich gewesen sind. Diese haben zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Beschäftigtenversicherung und der Rechtsprechung des BSG den streitigen Angriff jedoch nicht so maßgeblich geprägt, dass in der Gesamtschau diese Aspekte rechtlich wesentlich (2. Stufe) für das Ereignis waren.

Zwar wurde der Kläger infolge seiner Busfahrertätigkeit vom Kläger erkannt und am Tattag über seine berufliche Tätigkeit ausfindig gemacht; dies allein genügt nach der Rechtsprechung des BSG jedoch nicht für einen beruflichen Zusammenhang, vor allem wenn der konkrete Dienstort – wie hier – nur aufgrund der Informationen bekannt war, die D und damit der Täter im Zusammenhang mit der nicht versicherten Affäre erlangt hatten. Zwar wurde der Tatort jedenfalls auch aufgrund der verringerten Möglichkeiten des Klägers, einer Konfrontation auszuweichen, ausgewählt, auch war aufgrund der Gegebenheiten im Bus die Möglichkeit für ein Ausweichen vor dem Angriff verringert. Diesen versicherten Ursachen stehen jedoch maßgebliche unversicherte Aspekte gegenüber, v.a. das private Tatmotiv, die Tatsache, dass das Zusammentreffen seitens des Täters bewusst herbeigeführt wurde und nicht im Rahmen der versicherten Tätigkeit erfolgte sowie das Mitbringen gleich mehrerer gefährlicher Tatwaffen. Ort und Zeit der Tat waren jedenfalls auch durch die Besonderheiten der Beziehung des Klägers mit D, die allein auf Verabredungen im Bus beruhte, und den Wunsch des Täters, den Kläger schnell zu konfrontieren, geprägt. Die Wehrlosigkeit des Klägers folgte auch aus dem dem Angriff innewohnenden Überraschungsmoment. Unter Berücksichtigung der oben bereits erwähnten Entscheidung des BSG, das bei einem Angriff in einer nicht einsehbaren und nur halb geöffneten Garage diesen Umstand hatte zurücktreten lassen gegenüber der privat erlangten Kenntnis des Aufenthaltsorts sowie der privat geprägten Gründe und Art des Angriffs (BSG, Urteil vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R -, juris Rn. 21ff.), sind hier in der Gesamtschau die unversicherten Umstände des Angriffs weit mehr prägend für das Geschehen als die versicherten Ursachen, die in ihrer Bedeutung für das konkrete Geschehen dahinter zurücktreten. Die Berufung war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

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