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Unfallversicherung – bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule

Ein ehemaliger Dachdecker scheiterte vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit dem Versuch, seine Bandscheibenerkrankung als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Obwohl er jahrelang schwere Lasten trug, sah das Gericht keinen ausreichenden Zusammenhang zwischen seiner Arbeit und dem Bandscheibenvorfall. Die Richter betonten, dass Bandscheibenleiden oft auch ohne berufliche Belastung auftreten.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil betrifft die Anerkennung einer Berufskrankheit in Form von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch schweres Heben oder Tragen über einen längeren Zeitraum.
  • Der Kläger war als Dachdecker und Friedhofsarbeiter tätig und beantragt die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit.
  • Das Gericht befasste sich mit der Frage, ob die beruflichen Belastungen einen ursächlichen Zusammenhang mit der Wirbelsäulenerkrankung haben.
  • Schwierigkeiten ergaben sich aus der komplexen Berechnung der Belastungsdosis und der Frage, ob Arbeitsbelastungen jeden Tag in Schichtzeiten über mehrere Jahre vorhanden waren.
  • Das Gericht stellte fest, dass die erforderliche Mindestgesamtdosis für berufliche Belastungen nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell nicht erreicht wurde.
  • Die monosegmentale Bandscheibenerkrankung des Klägers wurde nicht als altersuntypisch angesehen, was gegen einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang spricht.
  • Hinzuziehung von Sachverständigen erbrachte keine ausreichenden Beweise für die berufliche Verursachung aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Ende der versicherten Tätigkeit und Auftreten der Krankheit.
  • Die Berufung der Beklagten war erfolgreich, die Klage des Klägers wurde abgewiesen.
  • Änderung der Regelungen bezüglich des Unterlassungszwangs zum 01. Januar 2021 hat auf diesen Fall keine Auswirkungen.
  • Die Revision wurde zugelassen, da grundlegende Fragen zur Bewertung hoher Belastungsspitzen in Bezug auf Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule im Raum stehen.

Gerichtsurteil zu Unfallversicherung: Ansprüche bei Bandscheibenschäden klären

Unfallversicherungen bieten finanziellen Schutz gegen unerwartete Ereignisse, die zu körperlichen Schäden führen können. Besonders häufig treten Rückenverletzungen auf, die oft auf Bandscheibenschäden der Lendenwirbelsäule zurückzuführen sind. Solche Verletzungen können nicht nur akute Schmerzen verursachen, sondern auch langwierige Gesundheitsprobleme und damit verbundene Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen. Daher ist es wichtig, die Bedingungen der Versicherungspolice zu kennen, um im Fall eines Unfalls oder einer Erkrankung die richtigen Versicherungsansprüche geltend zu machen.

Die Beurteilung der Leistungsansprüche bei bandscheibenbedingten Erkrankungen erfordert ein gründliches Verständnis von präventiven Maßnahmen, Rehabilitationsmaßnahmen und den damit verbundenen Behandlungskosten. Der Heilungsprozess kann durch verschiedene Therapien, wie etwa Krankengymnastik oder Arztbesuche bei Orthopäden, unterstützt werden. Darüber hinaus können Risikofaktoren wie unzureichende Gesundheitsvorsorge oder physische Überlastung den Verlauf der Symptome und den Erfolg der Behandlung beeinflussen.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall näher erläutert und analysiert, der sich mit den Unfallfolgen und den Herausforderungen bei der Durchsetzung von Versicherungsschutz bei Bandscheibenschäden befasst.

Der Fall vor Gericht


Landessozialgericht lehnt Anerkennung einer Berufskrankheit bei Dachdecker ab

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil die Anerkennung einer Berufskrankheit bei einem ehemaligen Dachdecker abgelehnt. Der Kläger hatte geltend gemacht, dass seine Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule durch das langjährige Heben und Tragen schwerer Lasten bei seiner beruflichen Tätigkeit verursacht worden sei.

Der 1972 geborene Mann war von 1989 bis 2001 zunächst als Auszubildender und später als Dachdecker tätig gewesen. Ende 2007 wurde bei ihm ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Er beantragte daraufhin bei der zuständigen Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit.

Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass kein ausreichender Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der Erkrankung nachgewiesen werden konnte. Zwar hatte der Kläger über viele Jahre hinweg regelmäßig schwere Lasten gehoben und getragen. Die Gesamtbelastung lag aber nur knapp über dem Grenzwert, ab dem überhaupt eine berufliche Verursachung in Betracht kommt.

Entscheidend war für das Gericht, dass die Erkrankung erst mehrere Jahre nach dem Ende der versicherten Tätigkeit auftrat. Zudem zeigte sich nur an einer einzelnen Bandscheibe ein Schaden, was für eine berufsbedingte Erkrankung eher untypisch ist. Auch fehlten weitere medizinische Anzeichen, die für eine Verursachung durch die Arbeit gesprochen hätten.

Die Richter wiesen darauf hin, dass Bandscheibenvorfälle häufig auch ohne berufliche Belastungen auftreten. Im konkreten Fall sprachen die Gesamtumstände nach Ansicht des Gerichts gegen einen wesentlichen Einfluss der Dachdeckertätigkeit auf die Entstehung der Erkrankung.

Das Urteil verdeutlicht die hohen Hürden bei der Anerkennung von Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit. Betroffene müssen nicht nur eine intensive berufliche Belastung, sondern auch einen engen zeitlichen und medizinischen Zusammenhang zur Erkrankung nachweisen können.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen für die Anerkennung von Bandscheibenerkrankungen als Berufskrankheit. Trotz langjähriger schwerer körperlicher Arbeit als Dachdecker reichte die Gesamtbelastung nur knapp über den Grenzwert. Entscheidend waren der zeitliche Abstand zwischen Berufstätigkeit und Krankheitsbeginn sowie das atypische Schadensbild. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines engen kausalen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen beruflicher Belastung und Erkrankung für eine Anerkennung.


Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule nach Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung. Trotz langjähriger schwerer körperlicher Arbeit als Dachdecker und Erreichen des hälftigen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis wurde ein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und Erkrankung verneint. Ausschlaggebend waren der lange zeitliche Abstand zwischen versicherter Tätigkeit und Krankheitsbeginn, das atypische monosegmentale Schadensbild sowie der zu geringe Anteil hoher Belastungsspitzen an der Gesamtbelastung. Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit eines engen zeitlichen und kausalen Zusammenhangs zwischen beruflicher Exposition und Erkrankungsbild für eine Anerkennung als Berufskrankheit.


Weiterführende Informationen

In der komplexen Welt der Berufskrankheiten stellt die Ablehnung der Anerkennung einer Berufskrankheit für Dachdecker ein bedeutsames und oft missverstandenes Thema dar. In den nachfolgenden Abschnitten finden Sie häufig gestellte Fragen, die helfen, Unklarheiten zu beseitigen, sowie ein Glossar, das wichtige Fachbegriffe verständlich erklärt. Zudem werden die relevanten Rechtsgrundlagen aufgeführt, die eine wesentliche Rolle in der Bewertung und Anerkennung von Berufskrankheiten spielen. Dieser informative Überblick soll Ihnen eine fundierte Grundlage bieten, um die Thematik besser zu verstehen und die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen nachzuvollziehen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, um eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkennen zu lassen?

Um eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkennen zu lassen, müssen mehrere spezifische Anforderungen erfüllt sein. Diese umfassen sowohl medizinische als auch rechtliche Kriterien.

Rechtliche Grundlagen

Die Anerkennung einer Berufskrankheit basiert auf dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Eine Krankheit gilt als Berufskrankheit, wenn sie in der offiziellen Liste der Berufskrankheiten aufgeführt ist und durch besondere Einwirkungen verursacht wurde, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.

Medizinische Kriterien

Für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist es erforderlich, dass Sie eine eindeutig diagnostizierte Erkrankung haben. Im Fall von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule müssen chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionseinschränkungen vorliegen.

Berufliche Exposition

Sie müssen nachweisen können, dass Sie in Ihrem Beruf spezifischen Belastungen ausgesetzt waren, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen. Bei der Berufskrankheit Nr. 2108 beispielsweise geht es um langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung.

Kausalzusammenhang

Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Ihrer beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestehen. Dies wird oft anhand von Bewertungskriterien wie dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) beurteilt.

Zeitliche Komponente

Die Belastungen müssen über einen längeren Zeitraum bestanden haben. Bei der BK 2108 spricht man von „langjährigen“ Belastungen, wobei die genaue Dauer von der Intensität der Belastung abhängt.

Anzeige der Berufskrankheit

Sie oder Ihr Arzt müssen die Verdachtsdiagnose einer Berufskrankheit bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse anzeigen. Dies löst das Feststellungsverfahren aus.

Begutachtung

Im Rahmen des Feststellungsverfahrens wird in der Regel eine medizinische Begutachtung durchgeführt. Hierbei werden Ihre Krankengeschichte, Ihre berufliche Belastung und der aktuelle Gesundheitszustand untersucht.

Wenn Sie vermuten, dass Ihre Erkrankung berufsbedingt sein könnte, ist es wichtig, frühzeitig mit Ihrem Arzt darüber zu sprechen und alle relevanten Informationen zu Ihrer beruflichen Tätigkeit und den damit verbundenen Belastungen zu dokumentieren. Dies erleichtert den Anerkennungsprozess erheblich.


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Welche Schritte sollte man unternehmen, wenn die Anerkennung einer Berufskrankheit abgelehnt wird?

Wenn die Anerkennung einer Berufskrankheit abgelehnt wird, können Sie folgende Schritte unternehmen:

Widerspruchsverfahren einleiten

Legen Sie innerhalb eines Monats nach Zugang des Ablehnungsbescheids schriftlich Widerspruch ein. Der Widerspruch muss fristgerecht bei der Berufsgenossenschaft eingehen. Eine Begründung ist zunächst nicht erforderlich, kann aber später nachgereicht werden.

Begründung des Widerspruchs vorbereiten

Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen und Beweise, die Ihren Anspruch stützen. Dazu gehören:

  • Ärztliche Befunde und Gutachten
  • Dokumentation Ihrer Arbeitsbelastung
  • Zeugenaussagen von Kollegen
  • Fotos oder Videos des Arbeitsplatzes

Formulieren Sie eine ausführliche Begründung, warum Sie die Ablehnung für falsch halten. Gehen Sie dabei auf die Argumente im Ablehnungsbescheid ein und widerlegen Sie diese mit Ihren Beweisen.

Widerspruchsbescheid abwarten

Die Berufsgenossenschaft prüft Ihren Fall erneut und erlässt einen Widerspruchsbescheid. Wird Ihr Widerspruch zurückgewiesen, haben Sie die Möglichkeit zu klagen.

Klage vor dem Sozialgericht erheben

Die Klagefrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Widerspruchsbescheids. Reichen Sie die Klage schriftlich beim zuständigen Sozialgericht ein oder erklären Sie sie zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle. Eine Begründung ist zunächst nicht nötig, sollte aber zeitnah nachgereicht werden.

Weitere Instanzen

Wird die Klage abgewiesen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung beim Landessozialgericht und gegebenenfalls Revision beim Bundessozialgericht einlegen.

Beachten Sie bei jedem Schritt die geltenden Fristen. Eine Fristversäumnis führt in der Regel dazu, dass der Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird und Sie keine weiteren Rechtsmittel einlegen können.


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Wie kann man die berufliche Verursachung einer Wirbelsäulenerkrankung medizinisch nachweisen?

Der medizinische Nachweis der beruflichen Verursachung einer Wirbelsäulenerkrankung erfordert eine umfassende Dokumentation und Begutachtung. Zentral ist die Erstellung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens, das den Zusammenhang zwischen Ihrer beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung belegt.

Erforderliche medizinische Unterlagen

Für ein aussagekräftiges Gutachten benötigen Sie folgende Unterlagen:

  • Detaillierte Krankenakte mit Verlaufsdokumentation
  • Bildgebende Befunde (Röntgen, MRT, CT) der Wirbelsäule
  • Befundberichte von Fachärzten (Orthopäden, Neurologen)
  • Dokumentation der durchgeführten Therapien und deren Wirksamkeit

Diese Unterlagen sollten die Entwicklung Ihrer Erkrankung über einen längeren Zeitraum aufzeigen, um den chronischen Verlauf zu belegen.

Spezifische medizinische Nachweise

Für den Nachweis einer berufsbedingten Wirbelsäulenerkrankung sind bestimmte medizinische Befunde besonders relevant:

  • Nachweis bandscheibenbedingter Veränderungen der Lendenwirbelsäule durch bildgebende Verfahren
  • Dokumentation chronischer oder chronisch-rezidivierender Beschwerden und Funktionseinschränkungen
  • Ausschluss anderer Ursachen wie Unfälle oder angeborene Fehlbildungen

Wenn Sie beispielsweise als Bauarbeiter tätig sind, sollten die Befunde typische Schädigungsmuster aufweisen, die mit dem Heben schwerer Lasten in Verbindung gebracht werden können.

Arbeitsmedizinische Beurteilung

Ein arbeitsmedizinisches Gutachten muss folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Detaillierte Arbeitsanamnese mit Beschreibung der körperlichen Belastungen
  • Beurteilung der Exposition anhand des Mainz-Dortmunder-Dosismodells (MDD)
  • Bewertung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen beruflicher Belastung und Krankheitsentwicklung
  • Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung im Vergleich zu anderen möglichen Ursachen

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten seit 15 Jahren in der Pflege und müssen regelmäßig Patienten heben. In diesem Fall würde das Gutachten die kumulative Belastung Ihrer Wirbelsäule über diesen Zeitraum analysieren und mit den medizinischen Befunden in Beziehung setzen.

Bedeutung der Konsensempfehlungen

Die medizinische Beurteilung orientiert sich an den Konsensempfehlungen für die Begutachtung von Berufskrankheiten. Diese Empfehlungen definieren Kriterien für ein belastungskonformes Schadensbild. Für die Anerkennung einer Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule (BK 2108) ist es wichtig, dass Ihre Befunde mit diesen Kriterien übereinstimmen.


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Welche Rolle spielt der zeitliche Zusammenhang zwischen Berufsausübung und Krankheitsdiagnose bei der Anerkennung als Berufskrankheit?

Der zeitliche Zusammenhang zwischen Berufsausübung und Krankheitsdiagnose spielt eine wichtige, aber nicht allein entscheidende Rolle bei der Anerkennung einer Berufskrankheit. Ein enger zeitlicher Zusammenhang kann die Anerkennung begünstigen, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Bedeutung der Expositionsdauer

Für die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit (BK 2108) ist eine langjährige Belastung durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung erforderlich. Als Anhaltspunkt gilt hier eine Mindestexpositionsdauer von etwa 10 Jahren. In begründeten Einzelfällen kann jedoch auch eine kürzere, aber sehr intensive Belastung ausreichen.

Latenzzeit zwischen Exposition und Krankheitsausbruch

Bandscheibenbedingte Erkrankungen entwickeln sich oft über einen längeren Zeitraum. Eine gewisse Latenzzeit zwischen der beruflichen Belastung und dem Auftreten von Symptomen ist daher normal und spricht nicht gegen einen beruflichen Zusammenhang. Wenn Sie also erst einige Jahre nach Beendigung Ihrer belastenden Tätigkeit Beschwerden entwickeln, kann dies trotzdem als Berufskrankheit anerkannt werden.

Chronischer Verlauf und Unterlassungszwang

Für die Anerkennung als Berufskrankheit müssen chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionseinschränkungen vorliegen, die therapeutisch nicht mehr voll kompensiert werden können. Ein akutes Lumbalsyndrom mit guter Behandlungsmöglichkeit erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Zudem muss die Erkrankung so schwerwiegend sein, dass sie zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten zwingt.

Plausible zeitliche Korrelation

Bei der Beurteilung wird auch geprüft, ob eine plausible zeitliche Korrelation zwischen der beruflichen Verursachung und der festgestellten klinischen Symptomatik besteht. Wenn Sie beispielsweise bereits nach wenigen Jahren Berufstätigkeit schwere Rückenbeschwerden entwickeln, könnte dies eher auf andere Ursachen hindeuten.

Dokumentation der Beschwerdeentwicklung

Für Ihre Ansprüche kann es vorteilhaft sein, wenn Sie den Verlauf Ihrer Beschwerden gut dokumentieren. Notieren Sie, wann erste Symptome auftraten und wie sich diese im Laufe der Zeit entwickelten. Ärztliche Befunde und Behandlungsunterlagen aus der Zeit Ihrer beruflichen Tätigkeit können ebenfalls hilfreich sein, um einen Zusammenhang zu belegen.

Beachten Sie, dass der zeitliche Zusammenhang zwar ein wichtiger Faktor ist, die Anerkennung einer Berufskrankheit aber auf einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände beruht. Dazu gehören neben der Expositionsdauer und dem zeitlichen Verlauf auch die Art und Intensität der beruflichen Belastung sowie medizinische Befunde.


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Welche Möglichkeiten bestehen für Dachdecker, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um bandscheibenbedingte Erkrankungen vorzubeugen?

Als Dachdecker können Sie verschiedene Präventionsmaßnahmen ergreifen, um das Risiko bandscheibenbedingter Erkrankungen zu reduzieren:

Ergonomische Arbeitsweise

Achten Sie auf eine rückengerechte Körperhaltung bei der Arbeit. Vermeiden Sie extreme Beugungen des Oberkörpers und nutzen Sie, wenn möglich, Hilfsmittel wie höhenverstellbare Arbeitsbühnen oder Gerüste. Wechseln Sie regelmäßig Ihre Arbeitspositionen, um einseitige Belastungen zu vermeiden.

Einsatz von Hilfsmitteln

Verwenden Sie technische Hilfsmittel wie Hebevorrichtungen oder Kräne zum Transport schwerer Materialien. Diese reduzieren die Belastung Ihrer Wirbelsäule erheblich. Wenn Sie beispielsweise Dachziegel transportieren müssen, nutzen Sie Förderbänder oder Dachdeckeraufzüge.

Körperliche Fitness

Stärken Sie Ihre Rücken- und Bauchmuskulatur durch regelmäßiges Training. Eine gut ausgebildete Rumpfmuskulatur stabilisiert Ihre Wirbelsäule und kann Belastungen besser kompensieren. Dehnen Sie sich zudem regelmäßig, um Verspannungen vorzubeugen.

Richtiges Heben und Tragen

Wenn Sie schwere Lasten heben müssen, gehen Sie in die Knie und halten Sie den Rücken gerade. Tragen Sie die Last nah am Körper und vermeiden Sie ruckartige Bewegungen oder Drehungen unter Last. Teilen Sie, wenn möglich, schwere Lasten in mehrere leichtere Einheiten auf.

Arbeitsorganisation

Planen Sie Ihre Arbeit so, dass Sie regelmäßige Pausen einlegen können. Wechseln Sie zwischen belastenden und weniger belastenden Tätigkeiten ab. Nutzen Sie Teamarbeit, um schwere Aufgaben gemeinsam zu bewältigen und die individuelle Belastung zu reduzieren.

Persönliche Schutzausrüstung

Tragen Sie geeignetes Schuhwerk mit rutschfesten Sohlen und gutem Halt, um Fehltritte und damit verbundene abrupte Belastungen der Wirbelsäule zu vermeiden. Erwägen Sie die Verwendung von Rückenstützgürteln bei besonders belastenden Tätigkeiten.

Indem Sie diese Präventionsmaßnahmen in Ihren Arbeitsalltag integrieren, können Sie das Risiko bandscheibenbedingter Erkrankungen deutlich senken. Dies ist nicht nur für Ihre Gesundheit von Vorteil, sondern kann auch im Falle einer späteren Diskussion um Berufskrankheiten relevant sein. Die Umsetzung dieser Maßnahmen zeigt, dass Sie aktiv Vorsorge betreiben und somit Ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berufskrankheit

Eine Berufskrankheit ist eine Erkrankung, die durch die berufliche Tätigkeit verursacht wurde und in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) offiziell anerkannt ist. Beispiel: Ein Dachdecker, der aufgrund der täglichen Belastung seiner Wirbelsäule eine Bandscheibenerkrankung entwickelt, könnte versuchen, diese als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Wichtig ist, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und der Erkrankung nachgewiesen werden muss.


Kausalzusammenhang

Kausalzusammenhang bezieht sich auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Handlung (hier der beruflichen Tätigkeit) und deren Folgen (hier der Erkrankung). Um eine Berufskrankheit anerkennen zu lassen, muss nachgewiesen werden, dass die Arbeit maßgeblich zur Erkrankung beigetragen hat. Beispiel: Wenn ein Arbeiter ständig schwere Lasten hebt und dadurch Rückenschmerzen entwickelt, muss gezeigt werden, dass diese Arbeit die Hauptursache für die Schmerzen ist.


Gesamtbelastungsdosis

Die Gesamtbelastungsdosis ist ein Maß für die Summe aller Belastungen, die ein Arbeitnehmer im Laufe seiner Tätigkeit erträgt. Sie wird für die Bewertung herangezogen, ob eine Erkrankung als berufsbedingt anerkannt werden kann. Beispiel: Ein Dachdecker, der über Jahre hinweg schwere Lasten hebt, könnte eine hohe Gesamtbelastungsdosis aufweisen, die zu Bandscheibenerkrankungen führt.


Grenzwert

Grenzwerte sind festgelegte Werte, die in diesem Kontext angeben, ab welcher Belastung eine Tätigkeit als Ursache für eine Erkrankung betrachtet werden kann. Wenn die Gesamtbelastung eines Arbeiters über dem Grenzwert liegt, kann eher eine berufliche Verursachung der Krankheit angenommen werden. Beispiel: Heben von Lasten über 10 kg für mehr als die Hälfte der Arbeitszeit könnte ein solcher Grenzwert sein.


Monosegmentales Schadensbild

Ein monosegmentales Schadensbild beschreibt eine Schädigung, die nur ein einzelnes Segment oder Teilbereich, zum Beispiel einer Bandscheibe, betrifft. Solche Schäden sind häufig nicht typisch für beruflich bedingte Erkrankungen, die oft umfassendere Schädigungen zeigen. Beispiel: Wenn nur eine Bandscheibe geschädigt ist, könnte dies auf Ursachen außerhalb der Arbeit hindeuten.


Unfallversicherung

Die Unfallversicherung ist ein Schutz, der bei Arbeitsunfällen oder beruflich bedingten Erkrankungen greift. Sie bietet finanzielle Unterstützung und Leistungen zur Rehabilitation. Beispiel: Jemand, der durch einen Arbeitsunfall verletzt wird, kann über die Unfallversicherung Behandlungskosten gedeckt bekommen und im Fall von Erwerbsminderung Anspruch auf Rentenzahlungen haben.


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Berufskrankheitenverordnung (BKV): Diese Verordnung regelt die Anerkennung und Entschädigung von Berufskrankheiten in Deutschland. In Anlage 1, Nr. 2108 sind spezifische Erkrankungen aufgelistet, die unter bestimmten Bedingungen als Berufskrankheit anerkannt werden können. Der Fall des Klägers betrifft die Frage, ob seine Rückenbeschwerden aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit anerkannt werden können, was zentrale Bedeutung für seine Rentenansprüche hat.
  • Sozialgesetzbuch (SGB) VII: Dieses Gesetz behandelt die gesetzliche Unfallversicherung und die Rehabilitation von Arbeitnehmern. Es legt fest, unter welchen Voraussetzungen Ansprüche auf Leistungen wegen Erwerbsminderung aus Berufskrankheiten entstehen. Der Kläger steht in einem rechtlichen Rahmen, der ihn zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen die Versicherung verpflichtet, was im Hinblick auf die Anerkennung seiner Beschwerden entscheidend ist.
  • Sozialgesetzbuch (SGB) IX: Das SGB IX fördert die Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und regelt die Rehabilitation und Teilhabe von leistungsberechtigten Personen. Der Zusammenhang zum Fall des Klägers ergibt sich daraus, dass seine gesundheitlichen Probleme durch die berufliche Tätigkeit hervorgerufen wurden, wodurch er möglicherweise auf Leistungen dieser Bestimmungen angewiesen ist.
  • Krankheitsbegriff im Sinne des SGB: Der Begriff der Krankheit ist entscheidend für die Bewertung von Gesundheitszuständen im Kontext der gesetzlichen Sozialversicherung. Er definiert, was als Krankheit gilt und welche medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit erforderlich sind. In diesem Fall muss festgestellt werden, ob die Rückenproblematiken des Klägers als Krankheit im Sinne des SGB anerkannt werden können.
  • Rechtsbehelf (§ 77 SGB IX): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeiten zur Anfechtung von Bescheiden der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Im Fall des Klägers ist dies relevant, da er die Entscheidung über die Ablehnung seiner Berufskrankheit anfechten möchte. Der Rechtsbehelf bietet somit einen rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen der Kläger gegen die Entscheidung der Beklagten vorgehen kann.

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 3 U 166/19 – Urteil vom 07.02.2023


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