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Unfallversicherung – unfallbedingter Erstkörperschaden – degenerative Erkrankungen

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 2 U 36/19 – Urteil vom 20.10.2021

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Ereignisses vom 4. Oktober 2017 als Arbeitsunfall.

Der am xxxxx 1956 geborene Kläger traf am 18. Januar 2018 beim Durchgangsarzt ein und schilderte, er sei am 4. Oktober 2017 bei der Arbeit beim Binden von Bändern abgerutscht und mit der linken Schulter gegen das Abbindegerät gefallen. Laut Arbeitgeber und Kläger sei der Unfall am 4. Oktober 2017 im Rahmen der Arbeit passiert und der Kläger sei auf die vorgeschädigte Schulter gestürzt. Er habe weitergearbeitet und sich erstmalig am 18. Januar 2018 beim Durchgangsarzt vorgestellt. Als Befund wurden noch deutliche Beschwerden in der linken Schulter bei bekannter Supraspinatussehnenruptur beschrieben. Der Durchgangsarzt beurteilte den Kläger am 18. Januar 2018 als arbeitsfähig.

In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 29. November 2017 wurde unter anderem ausgeführt, dass sich der Vorfall bereits am 4. Oktober 2017 ereignet habe. Der Kläger habe sich aber erst am 29. November 2017 beim Betriebsrat gemeldet. Vor diesem Datum habe der Arbeitgeber keinerlei Kenntnis über mögliche Gesundheitsschäden gehabt. Beim Abbinden eines Packstückes durch das Auge des Coils habe sich das Signodeband (Stahlband) aus der Abbindemaschine gelöst. Durch das Lösen des Stahlbandes bei angespanntem Arm habe der Kläger einen Schlag in Arm und Schulter verspürt. Durch die Wucht sei der Kläger mit dem Kopf gegen das Coil geschlagen. Der Kläger habe weitergearbeitet und auch in den Folgewochen habe es keine Arbeitsunterbrechung gegeben. Am 25. Oktober 2017 habe sich der Kläger ohne Angabe von Gründen arbeitsunfähig gemeldet. Der Arbeitgeber reichte einen anonymisierten Ausdruck aus dem Verbandsbuch ein, wonach am 4. Oktober 2017 beim Abbinden eines Packstückes das Signodeband aus der Abbindemaschine herausgerutscht sei. Ein Arbeiter habe sich eine Prellung am linken Oberarm und der Schulter zugezogen und es bestünden Druck- und Bewegungsschmerzen. Der Verunfallte habe die Arbeit nicht eingestellt.

Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger an, dass er sich nach dem Unfall am 25. Oktober 2017 wegen Schulterbeschwerden bei Dr. S. in Behandlung befunden habe. Beim Abbinden eines Packstückes sei das Signodeband durchgerutscht und er sei mit dem Kopf und dem Körper gegen das Packstück gefallen. Hierbei habe er einen stechenden Schmerz in der linken Schulter und im Oberarm gespürt. Er sei sofort zum Vorarbeiter und sie hätten den Oberarm gekühlt. Es seien keine Auffälligkeiten zu sehen gewesen und da der Schmerz langsam zurückgegangen sei, habe er die Arbeit nicht eingestellt. In den Tagen danach sei der Schmerz immer stärker geworden und er sei am 25. Oktober 2017 zum Arzt gegangen.

Am 6. November 2017 wurde eine MRT-Untersuchung der linken Schulter beim Kläger durchgeführt. Die Untersuchung ergab eine vollständige Ruptur der Supraspinatussehne mit Re-traktion, eine Tendinopathie der Infraspinatussehne ansatznah zumindest Partialruptur, ein Knochenödem im Humeruskopf im Tuberculum majus, ein begleitender Gelenkerguss mit Kapsulitis sowie eine Bursitis subacromialis/subdeltoidea.

Am 10. Januar 2018 nahm die Beratungsärztin der Beklagten Dr. W. zu den ermittelten Unterlagen Stellung und führte aus, dass der Kläger sich bereits am 27. September 2017 mit Beschwerden in der linken Schulter ärztlich vorgestellt habe. Am 25. Oktober 2017 habe er sich erneut einem Arzt vorgestellt. Das Weiterarbeiten über mehr als 14 Tage spreche gegen eine traumatische Schädigung der Supraspinatussehne. Bei einem Rotatorenmanschettenriss sei eine sofortige, erhebliche Beschwerdesymptomatik mit zeitnaher Arbeitseinstellung zu erwarten. Auch die weite Sehnenretraktion spreche für ein länger vorbestehendes Ereignis. Der geschilderte Unfallmechanismus sei biomechanisch nicht geeignet, zu einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion zu führen. Die Vorbehandlung des Klägers an der linken Schulter spreche ebenfalls für ein degeneratives Geschehen. Zusammenfassend sei ein unfallbedingter Erstkörperschaden nicht festzustellen. Der Kläger habe sich allenfalls eine leichte Zerrung der linken Schulter zugezogen, welche eine Behandlungsbedürftigkeit nicht nach sich gezogen habe. Die Behandlung der Rotatorenmanschettendegeneration sei zu Lasten der Krankenkasse durchzuführen.

Mit Bescheid vom 24. Januar 2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Die Kosten für die medizinische Heilbehandlung würden nicht übernommen. Es bestehe auch kein Anspruch auf Verletztengeld. Ein unfallbedingter Erstkörperschaden sei nicht festzustellen und somit der Begriff des Arbeitsunfalles nicht erfüllt.

Ein erneutes MRT vom 26. Januar 2018 zeigte einen vollständigen Rückgang des Spongiosaödems im Humeruskopf. Es liege aber u. a. eine durchgreifende Ruptur des hinteren und zentralen Sehnenabschnittes der Supraspinatussehne mit unveränderter Retraktion vor. Das BG Klinikum Hamburg teilte in einem Befundbericht vom 27. Januar 2018 mit, dass bei anamnestisch vor dem Unfall schon symptomatischer Schulter im Sinne eines leichten subacromialen Syndroms, aufgrund des Alters, der körperlichen Tätigkeit sowie des MRT-Befundes mit kurz nach dem Unfall schon vorhandener Muskel-Degeneration (Thomazeau I) als auch aufgrund des für eine Supraspinatusruptur unüblichen Unfallmechanismus die aktuelle Verletzung nicht als hinreichende direkte Folge des Arbeitsunfalles angesehen werde.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 24. Januar 2018 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen.

Aus dem von der Beklagten angefordertem Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ergab sich, dass im Zeitraum vom 26. November 2015 bis 5. Januar 2016 bereits eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Läsion der Rotatorenmanschette – ohne Bezeichnung der Seite – vermerkt war. Am 3. März 2006 wurde eine Schulterläsion links aufgeführt.

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(Symbolfoto: nBhutinat/Shutterstock.com)

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte aus, dass kein Arbeitsunfall vorliege und kein Anspruch auf Heilbehandlung und Verletztengeld bestehe. Der vorliegende Befund des linken Schultergelenkes, der zur Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit ab 25. Oktober 2017 geführt habe, beschreibe lediglich degenerative, das heiße schicksalsmäßige Veränderungen. Ein rein zeitlicher Zusammenhang zwischen auftretenden oder anhaltenden Beschwerden und einem vorangegangenen Ereignis sei im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ausreichend. Zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses hätten beim Kläger nachweislich bereits ausgeprägte degenerative Veränderungen der linken Schulter vorgelegen. Die im Operationsbefund vom 21. Februar 2018 festgestellte Arthrose im Schultergelenk mit Bursitis (Schleimbeutelentzündung) und Einengung des Bereichs unterhalb des Schultereckgelenkes (Impingement) spreche gegen einen rechtlich-wesentlichen Zusammenhang zwischen dem Hergang vom 4. Oktober 2017 und dem festgestellten Schaden an der Rotatorenmanschette. Aus dem im Widerspruchsverfahren vom Kläger selbst übersandten Operationsbericht vom 21. Februar 2018 gingen keine Befunde hervor, die eine anderslautende Bewertung begründen könnten. Traumatische Verletzungen der Strukturen der linken Schulter seien dort nicht beschrieben worden.

Der Kläger hat am 29. Mai 2018 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben, diese aber nicht begründet.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. Mai 2019 hat das Sozialgericht mitgeteilt, dass das Gericht gemäß § 106a Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer vom Richter gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen könne und ohne weitere Ermittlung entscheiden könne, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldige. Der Entschuldigungsgrund sei auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht eine Frist zur Klagebegründung bis 12. Juni 2019 gewährt.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. August 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach den vorliegenden Unterlagen könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger am 4. Oktober 2017 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Insbesondere sei die festgestellte Läsion der Supraspinatussehne in der linken Schulter beim Kläger kein Gesundheitsschaden, der im Zusammenhang mit dem geschilderten Unfallereignis stehe. Andere Gesundheitsschäden, wie eine Prellung oder ähnliches seien nicht ärztlich festgestellt worden. Es habe zeitnah keine Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen, so dass keine Indizien für einen Arbeitsunfall festzustellen seien. Im Übrigen seien nunmehr weitere Tatsachenvorträge bzw. Beweisanträge oder gerichtliche Ermittlungen nach § 106a SGG ausgeschlossen.

Gegen den ihm am 27. August 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte des Klägers am 27. September 2019 Berufung eingelegt. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Sein letzter Fristverlängerungsantrag hätte nicht abgelehnt werden dürfen. Nach § 106a Abs. 3 SGG sei der Entschuldigungsgrund lediglich auf Verlangen glaubhaft zu machen.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Gerichtsbescheid vom 27. August 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2018 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 4. Oktober 2017 ein Arbeitsunfall gewesen ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ein chirurgisches Gutachten von Dr. K. eingeholt. Der Kläger hat dort zum Unfall angegeben, dass er in der Nachtschicht ein Coil mit einem Gewicht von etwa 2,5 Tonnen mit vier Stahlbändern abgebunden habe. Ein Stahlband sei aus dem Bindegerät herausgerutscht. Er habe es spannen wollen. Hierbei sei er nach vorne gestürzt. Beim Kläger lägen Verschleißumformungen im Bereich der Rotatorenmanschette links vor. Es habe sich eine Zusammenhangstrennung im Sinne einer Rotatorenmanschetten-Massenruptur gezeigt. Eine MRT-Aufnahme im November 2017 zeige ein Bone bruise, d.h. ein Knochenödem. Dieses könne als Folge einer Prellung gesehen werden. Bereits im September habe der Kläger Beschwerden in der linken Schulter gehabt. Hier sei eine Röntgenaufnahme angefertigt worden. In dieser Röntgenaufnahme hätten sich bereits Hinweise auf eine Schädigung der Rotatorenmanschette mit einem Oberarmkopfhochstand sowie Degenerationen im Ansatzbereich der Rotatorenmanschette und im Schultereckgelenk gezeigt.

Der Kläger habe sich eine Schulterprellung zugezogen, die zum Bone bruise geführt habe. Ein derartiges Knochenödem verbleibe nach einer Prellung etwa 6 Wochen. Im Januar 2018 sei das Knochenödem nicht mehr nachweisbar gewesen. Diese Prellung habe allerdings nicht zu einer wesentlichen Funktionsstörung geführt, da der Kläger noch arbeitsfähig gewesen sei. Die Beschwerden hätten dann zugenommen. Es habe sich ein Kapselreiz gezeigt, der die Beschwerden etwas prolongiert haben könnte. Der Kapselreiz lasse sich allerdings mit den ausgeprägten Degenerationen im Schultergelenk begründen. Um die Rotatorenmanschette zu schädigen, bedürfe es im Regelfall einer überfallartigen Längenbelastung. Eine Prellung schädige die Rotatorenmanschette nicht. Insbesondere wenn eine sog. Massenruptur vorliege, müsse es sich um eine multidirektionale Verletzung handeln. Dies wäre z. B. eine Schultergelenksverrenkung. Die Schulterprellung links sei nach spätestens 6 Wochen ausgeheilt gewesen. Im weiteren Verlauf sei dann die vorbestehende Schadenanlage offenkundig und führend geworden. Liege initial eine Schädigung der Rotatorenmanschette traumatisch vor, so komme es im Regelfall gleich zu einem Erguss. Dieses führe zu einer Funktionsstörung im Schultergelenk, die so ausgeprägt sei, dass im Regelfall die Arbeit aufgegeben werde. Durch die Prellung sei eine vorübergehende Verschlimmerung eines Vorschadens, der Vorschaden sei wenige Tage vorher in der Röntgenaufnahme dokumentiert worden, durchaus möglich. Eine Verschlimmerung vorübergehend über einen Zeitraum von maximal 6 Wochen sei anzunehmen. Eine Behandlungsbedürftigkeit habe maximal für einen Zeitraum von 6 Wochen bestanden.

Zudem hat der Senat die Patientendatei des Klägers vom H. beigezogen. Hierin ist für den 27. September 2017 vermerkt: „Schmerzen Schulter links vor 2 Wochen gestürzt auf Schulter, mäßige Verschwellung mit lokalem Druckschmerz und schmerzhafter Bewegungseinschränkung an Schulter links. Prellung Schulter links, Röntgen: Schulter links, altersentsprechender Normalbefund ohne Zeichen wesentlicher degenerativer Veränderungen oder frischer knöcherner Verletzungen, MRT in Auftrag gegeben“. Am 29. September 2017 hatte sich der Kläger dort erneut mit noch immer bestehenden starken Schmerzen vorgestellt. Am 25. Oktober 2017 ist vermerkt, dass der Kläger wegen Schmerzen in der Hüfte vorstellig geworden sei. Auch die Diagnose einer Prellung der Schulter links ist vermerkt.

Die Beklagte trägt zu dem Gutachten vor, dass ein Bone bruise die Folge einer direkten Prellung in einem betroffenen Bereich sein könne. Es sei jedoch nicht zu einem direkten Anprall im Schulterbereich gekommen. Im H. habe der Kläger bei der Vorstellung am 27. September 2017 zur Entstehung der Schmerzen in der linken Schulter angegeben, er sei ca. 2 Wochen zuvor gestürzt. Selbst wenn es zu einer leichten Schulterzerrung gekommen sein sollte, sei diese zum Zeitpunkt der ersten ärztlichen Inanspruchnahme nicht mehr nachweisbar gewesen und habe weder zu einer Arbeitsunfähigkeit noch zu einer Behandlungsbedürftigkeit geführt, so dass Leistungen zu Lasten der Beklagten zu Recht abgelehnt worden seien.

Der Kläger erwidert, dass das Bone bruise nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Es sei eine dauerhafte Verschlimmerung eingetreten. Das Gutachten habe nicht ausreichend begründet, durch welche konkreten Ereignisse die weiteren festgestellten Gesundheitsstörungen auch ohne den Unfall zu annähernd derselben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten wären.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakten sowie die Sitzungsniederschrift vom 20. Oktober 2021 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in dessen Rechten.

Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger keinen Arbeitsunfall erlitten hat, weil ein Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen ist.

Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Die Verrichtung des Versicherten unmittelbar vor dem Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet die Versichertenstellung und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44). Die versicherte Tätigkeit muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung wiederum muss den Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

Der Kläger hat vorgetragen, bei der Arbeit am 4. Oktober 2017 beim Binden von Stahlbändern abgerutscht und mit der linken Schulter gegen das Abbindegerät gefallen zu sein. Bei dem Kläger liegen zum einen Verschleißumformungen im Bereich der Rotatorenmanschette links im Sinne einer Massenruptur vor. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr. K. an, dass die Schäden an der Rotatorenmanschette nicht überwiegend wahrscheinlich durch einen Unfall am 4. Oktober 2017 verursacht worden sind. Bei der degenerativen Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette liegt meistens eine Durchblutungsstörung am großen Oberarmhöcker im Ansatzbereich der Supraspinatussehne vor oder es kommt zu einer direkten Zerreibung in der Enge zwischen Schulterhöhe und Oberarmkopf. Beide Alternativen lagen beim Kläger vor. Es fanden sich bei ihm sowohl zystische Degenerationen an der Supraspinatussehne als auch eine Schultereckgelenksarthrose. Auch ein geeigneter Unfallmechanismus lag nicht vor, da es hierfür einer überfallsartigen Längenbelastung bedurft hätte. Insbesondere bei der vorliegenden Massenruptur wäre beispielsweise eine Schultergelenksverrenkung erforderlich gewesen. Ein bloßer Anprall von außen schädigt die Rotatorenmanschette hingegen nicht. Zudem führt eine traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette überwiegend zu einem Erguss, der die Funktion des Schultergelenkes so ausgeprägt beeinträchtigt, dass die Arbeit im Regelfall sofort niedergelegt wird. Der Kläger hat jedoch die Arbeit nach dem Ereignis nicht eingestellt und auch die folgenden Tage noch gearbeitet.

Des Weiteren konnte bei dem Kläger ein Bone bruise in der Kernspintomographie vom 6. November 2017 festgestellt werden, dass auf eine stattgehabte Prellung schließen lässt. Da sich der Kläger jedoch bereits am 27. September 2017 – also wenige Tage vor dem Ereignis am 4. Oktober 2017 – wegen einer Prellung an der linken Schulter nach einem Sturz in ärztliche Behandlung begeben hatte, lässt sich das Bone bruise bzw. die Prellung nicht überwiegend wahrscheinlich auf das Ereignis am 4. Oktober 2017 zurückführen. Das Bone bruise kann mit gleicher Wahrscheinlichkeit durch den Sturz auf die linke Schulter, die zur ärztlichen Behandlung am 27. September 2017 geführt hat, verursacht worden sein.

Weitere Gesundheitsschäden, die auf das Ereignis vom 4. Oktober 2017 zurückzuführen sein könnten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

 

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