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Unvererblichkeit des Anspruchs auf Blindenhilfe

Erbschaftsanspruch bei Sozialleistungen: Ein näherer Blick auf den Anspruch auf Blindenhilfe

Im vorliegenden Fall geht es um eine Auseinandersetzung über die Vererbbarkeit des Anspruchs auf Blindenhilfe, die in das Sozialrecht fällt. Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe seiner Mutter, die erblindete und Unterstützung benötigte. Die zentrale Frage des Falles ist, ob der Sohn, obwohl er zum Zeitpunkt des Todes seiner Mutter nicht in einem Haushalt lebte und diese auch nicht wesentlich unterstützte, Anspruch auf Blindenhilfe gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB II) hat.

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Der Weg zur Blindenhilfe

Die Mutter des Klägers erblindete im Jahr 2003 und verlieh ihrem Sohn eine Generalvollmacht. Seitdem lebte sie in einem Seniorenwohnheim. Sie beantragte über das Seniorenwohnheim und mithilfe ihres Sohnes Sozialhilfe und wurde dabei mit einem Grad der Behinderung von 100 eingestuft. Sie erfüllte die Merkmale „B, G, Bl, H und RF“. Im August 2007 wurde ihr vom Beklagten ab März desselben Jahres Hilfe zur Pflege bewilligt.

Ein Anspruch mit Hürden

Die Mutter des Klägers beantragte Blindenhilfe, und es wurde ein Bescheid an den Sohn geschickt, der eine Bewilligung der Blindenhilfe von März 2007 bis August 2008 beinhaltete. Die Nachzahlung wurde jedoch mit einer Rückforderung der zusätzlichen Pflegehilfe verrechnet.

Die Schlussfolgerung des Gerichts

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung zurück. Der Kläger musste die Kosten des Berufungsverfahrens tragen und eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 9.000,00 € festgesetzt. Die endgültige Entscheidung bringt eine Klarheit in der Frage um die Vererbbarkeit des Anspruchs auf Blindenhilfe, ein Aspekt des Sozialrechts, der bis dahin uneindeutig war.

Der Fall unterstreicht die Komplexität und die Wichtigkeit des Sozialrechts und insbesondere des Anspruchs auf Blindenhilfe. Es wird deutlich, dass die rechtliche Lage oft unklar ist und eine juristische Klärung benötigt, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.


Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 23 SO 176/19 – Urteil vom 17.06.2021

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe der am 23. Juni 1923 geborenen und am 25. April 2011 verstorbenen EH (im Folgenden: H.), mit der er bei deren Ableben nicht in einem Haushalt lebte und die er zu diesem Zeitpunkt auch nicht wesentlich unterhielt. Er begehrt von dem Beklagten aus vermeintlich übergegangenem Recht Blindenhilfe gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 24. April 2011.

H. erblindete im Juni 2003 aufgrund eines Schlaganfalls, erteilte wenig später dem Kläger Generalvollmacht und lebte ab Juli 2003 in einem Seniorenwohnheim. Bereits seit 1983 bezog sie Alters- und Witwenrente und seit spätestens 2006 zusätzlich Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufe III).

Unvererblichkeit des Anspruchs auf Blindenhilfe
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Am 13. März 2007 beantragte sie (zunächst „formlos“ über das Seniorenwohnheim, später mithilfe eines vom Kläger ausgefüllten und unterzeichneten Formulars) unter Vorlage des Bescheides des Amtes für Soziales und Versorgung Potsdam vom 9. September 2003 – in dem es heißt, dass bei ihr ein Grad der Behinderung von 100 bestehe, dass sie die Merzeichen „B, G, Bl, H und RF“ erfülle und dass die Gültigkeit des ihr ausgehändigten Schwerbehindertenausweises „vom Monat der Ausstellung an für die Dauer von 5 Jahren befristet“ sei – „Sozialhilfe […] durch Gewährung von Hilfe nach Kapitel 5-9 SGB XII“.

Mit Bescheid vom 27. August 2007 bewilligte ihr der Beklagte ab dem 1. März 2007 „Hilfe zur Pflege“, und zwar „gem. § 19 Abs. 3 i.V.m. § 61 SGB XII […] die Kosten der Unterbringung in der Einrichtung Seniorenheim […] längstens bis zum Verlassen der Einrichtung bzw. zum Wegfall der Voraussetzungen, die zur Aufnahme in die Einrichtung geführt haben“ und „gemäß § 35 Abs. 2 SGB XII einen Barbetrag in Höhe von monatlich 93,15 €, ab 01.07.2007 in Höhe von monatlich 93,69 €“.

Mit (an den Kläger gerichteten) Bescheid vom 31. Mai 2011 bewilligte der Beklagte H. Blindenhilfe für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. August 2008 (292,50 € monatlich ab 1. März 2007, 294,08 € monatlich ab 1. Juli 2007 und 297,32 € monatlich ab 1. Juli 2008) und verfügte zugleich, dass die Nachzahlung in Höhe von 5.293,60 € mit einer „Rückforderung der ergänzenden Hilfe zur Pflege (Barbetrag)“ in Höhe von 1.684,26 € verrechnet werde.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2011 teilte der Kläger dem Beklagte mit, dass er sich sehr freue, wenn dieser „die Blindenhilfe überprüfen“ könne. Wenig später stellte er klar, dass er mit Schreiben vom 2. Juli 2011 einen „Überprüfungsantrag“ gestellt habe, der sich auf den Bescheid vom 31. Mai 2011 beziehe. Ihm sei nicht klar, weshalb die Nachzahlung der Blindenhilfe für den Zeitraum 1. März 2003 bis 31. August 2008 mit einer Rückforderung für den so genannten Barbetrag verrechnet werde. Seiner Mutter habe Blindenhilfe bis zu deren Tod zugestanden.

Mit Bescheid vom 26. September 2012 lehnte der Beklagte den „Überprüfungsantrag“ ab. Der Kläger habe auf das Schreiben vom 30. Juli 2008 – mit dem er (der Beklagten) ihn um Übersendung einer „aktuellen Kopie“ des H. erteilten Schwerbehindertenausweises und des Bescheides „über die Verlängerung der Schwerbeschädigung ab 01. 09.2008“ gebeten hatte – nicht reagiert. Deshalb habe ein Nachweis für „die Anspruchsvoraussetzungen für Blindenhilfe nach § 72 SGB XII ab 01.09.2008 nicht“ vorgelegen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 erhob der Kläger erfolgslos (Widerspruchsbescheid vom 28. März 2013) Widerspruch. Das Mitwirkungsverlangen des Beklagten vom 30. Juli 2008 habe er nicht erhalten. Eine Kopie des „neuen“ Schwerbehindertenausweises habe er unverzüglich nach dessen Erhalt an den Beklagten gesandt.

Nachdem der Beklagte eingeräumt hatte, dass der „Überprüfungsantrag“ des Klägers als ein gegen den Bescheid vom 31. Mai 2011 gerichteter Widerspruch zu werten sei, nahm er den Bescheid vom 26. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2013 zurück und verpflichtete sich, über diesen Widerspruch zu entscheiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2015 wies er ihn als unbegründet zurück (im Wesentlichen mit der Begründung aus dem Bescheid vom 26. September 2009).

Am 2. Juli 2015 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt, den Beklagten „unter Abänderung des Bescheides vom 31.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2015“ zu verurteilen, ihm „als Rechtsnachfolger der verstorbenen EH Blindenhilfe gemäß § 72 SGB XII für den Zeitraum 01.09.2008 bis 24.04. 2011 zu bewilligen“. Der Beklagte habe seiner Mutter Blindenhilfe auch für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 24. April 2011 gewähren müssen. Die Leistungen der Blindenhilfe seien vererbbar. Die Voraussetzungen des § 59 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) lägen vor. Bereits zu Lebzeiten seiner Mutter sei über diese Leistungen ein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen. Der Sozialhilfeantrag seiner Mutter habe auch einen Antrag auf Blindenhilfe enthalten. Über diesen Antrag habe der Beklagte infolge eigener Säumnis nur teilweise (für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. August 2008) entschieden. Im September 2008 habe eine Mitarbeiterin des Seniorenwohnheims, das H. betreut habe, dem Beklagten den „verlängerten“ Schwerbehindertenausweis übersandt. Ob dieser dem Beklagten vorgelegen habe, sei nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich sei vielmehr der diesem Ausweis zugrunde liegende Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes. Dieser sei H. unbefristet erteilt worden.

Auf die Aufforderung des Sozialgerichts, „dem Gericht etwaige Aufwendungen und die dazu mit seiner Mutter geschlossenen Vereinbarungen zur Vorleistung bis zum 24. April 2019 nachzuweisen“, hat der Kläger erwidert, dass ihm „naturgemäß aufgrund des Zeitablaufs keine Quittungen mehr“ vorlägen. Er erinnere sich jedoch, seiner Mutter eine „sprechende Uhr“ gekauft zu haben. Er habe seine Mutter auch regelmäßig besucht („umsorgt“). Die Vorlage von Quittungen sei nicht statthaft, da die Leistungen der Blindenhilfe pauschaliert seien.

Mit Urteil vom 9. Mai 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Anspruch auf Blindenhilfe sei nicht vererbbar und nicht übergangsfähig.

Gegen das ihm am 13. Juni 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Juli 2019 (Montag) Berufung eingelegt. Der Anspruch auf Blindenhilfe sei vererbbar. Die Voraussetzungen des § 58 SGB I lägen vor. Zwar lehne das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Vererbbarkeit eines Anspruchs auf Sozialhilfe mit dem Argument ab, dass diese der Bedarfsdeckung infolge einer Notlage diene und diese Notlage sich nicht mehr nach dem Tod des Anspruchsinhabers beheben lasse. Das Bundessozialgericht (BSG) sei dieser Maxime in einem neueren Urteil für den Anspruch auf Grundsicherung gefolgt. Blindenhilfe gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII diene jedoch der sozialen Integration, nicht der Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs. Sie solle blindsheitsbedingte Mehraufwendungen ausgleichen.

Der Kläger beantragt,  „das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09.05.2019 aufzuheben und den Beklagten und Abänderung des Bescheides vom 31.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2015 zu verurteilen“, ihm „als Rechtsnachfolger/Erbe der verstorbenen E H Blindenhilfe gemäß § 72 SGB XII für den Zeitraum 01.09.2008 bis 24.04.2011 zu bewilligen“.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Sozialgerichts und verweist darauf, dass Blindenhilfe aufgrund ihres höchstpersönlichen Charakters nicht übergangsfähig sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten (Schriftsatz des Klägers vom 23. April 2021, Schriftsatz des Beklagten vom 30. April 2021) war der Senat befugt, über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu entscheiden (vgl. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ‹SGG›).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2015. Statthafte Klageart ist die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Da der Kläger (zu Recht) geltend macht, dass der Antrag seiner Mutter vom 13. März 2007 auch einen Antrag auf Blindenhilfe enthalten habe (da mit diesem Antrag auch Leistungen nach dem Neunten Kapitel des SGB XII – in das die Blindenhilfe eingeordnet ist – beantragt worden waren), mithin der Bescheid des Beklagten vom 27. August 2007 aus der Sicht eines verständigen Empfängers so zu verstehen ist, dass der Beklagte mit ihm diesen Antrag konkludent abgelehnt hat, begehrt der Kläger sinngemäß 1. die Änderung des Bescheids des Beklagten vom 31. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2015, 2. die Verpflichtung des Beklagten, den Bescheid vom 27. August 2007 bezüglich der Ablehnung von Blindenhilfe vollständig, also auch für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 24. April 2011, zurückzunehmen und 3. die Verurteilung des Beklagten, an ihn (den Kläger) Blindenhilfe (in gesetzlicher Höhe) auch für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 24. April 2011 zu zahlen.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Inwieweit der Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 27. August 2007 das Recht unrichtig angewandt hat (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ‹SGB X›), kann dahinstehen. Denn selbst wenn H. (auch) für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 24. April 2011 einen Anspruch Blindenhilfe gehabt hätte, wäre die Leistungsklage nicht begründet, da der Kläger diesen Anspruch nicht weiterverfolgen kann.

Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) liegen (unstreitig) nicht vor.

Nach Maßgabe der §§ 58, 59 SGB I sind Sozialhilfeansprüche (nur) vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht ‹BVerwG›, Urteil vom 5. Mai 1994, 5 C 43/91; BSG, Urteil vom 23. Juli 2014, B 8 SO 14/13 R; Landessozialgericht ‹LSG› Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Dezember 2017, L 8 SO 293/15; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. März 2012, L 9 SO 399/11) oder wenn wegen einer bereits vor dem Tod durch den Leistungserbringer (Pflegeheim etc.) gedeckten Bedarfslage bei diesem noch Schulden bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Mai 2017, B 8 SO 14/16 R; BSG, Urteil vom 21. September 2017, B 8 SO 4/16 R). Dass H. „durch die Blindheit bedingte Mehraufwendungen“ hatte, die sie aus eigenem Einkommen oder Vermögen (zu deren Einsatz sie sozialhilferechtlich nicht verpflichtet war), mit der Hilfe eines Dritten oder mit der Hilfe eines Leistungserbringers vorläufig gedeckt hat, ist nicht ersichtlich, in jedem Fall nicht erwiesen. Dies geht zu Lasten des Klägers. Denn die Unerweislichkeit der Tatsachen, aus denen ein Beteiligter ihm günstige Rechtsfolgen herleiten will, geht zu seinen Lasten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1970, 2 RU 175/67; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, B 2 U 16/15 R).

Der Einwand des Klägers, die zur Vererblichkeit der Sozialhilfe entwickelten Grund-sätze hätten für die Blindenhilfe nach § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII keine Geltung, weil diese keine „Sozialhilfe“ sei, da sie blindsheitsbedingte Mehraufwendungen ausgleichen solle, mithin der sozialen Integration diene und nicht der Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs, geht fehl. § 8 Nr. 6 SGB XII bestimmt, dass die „Sozialhilfe“ die „Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)“ umfasst. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem in der oben zitierten Entscheidung vom 5. Mai 1994 (5 C 43/91) – der sich das Bundessozialgericht angeschlossen hat – an seine Entscheidung vom 10. Mai 1979 (V C 79.77) angeknüpft, mit der es seine durch die Entscheidungen vom 31. August 1966 (V C 162.65) und 26. Juni 1968 (V C 145.67) entwickelte Rechtsprechung (unter anderem zur Vererblichkeit der Blindenhilfe) fortgeführt hat. Es ist ferner nicht streitig, dass der Anspruch auf Blindenhilfe grundsätzlich nicht vererblich oder übergangsfähig ist (vgl. neben den bereits zitierten Entscheidungen: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht ‹OVG›, Urteil vom 19. Oktober 1984, Bf I 81/82; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19. März 2018, L 7 SO 4189/16; Schlette, in: Hauck/Noftz, Lsbl., K § 72 SGB XII, Rn. 14; Bauer, in: Mergler/Zink, SGB XII, Lsbl., § 72 Rn. 34; Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 72 Rn. 15; Fichtner/ Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 72 Rn. 15; Müller, in: Jahn, Sozialgesetzbuch, Lsbl., § 72 SGB XII Rn. 3). Denn der Anspruch auf Blindenhilfe nach § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII hat höchstpersönlichen Charakter, da er der Befriedigung „der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen“ dient und ihm der Einwand der Zweckverfehlung entgegengehalten werden kann, wenn bestimmte Krankheitsbilder blindheitsbedingte Aufwendungen von vornherein ausschließen, weil der Mangel an Sehvermögen krankheitsbedingt durch keinerlei Maßnahmen (auch nicht anteilig) ausgeglichen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 2018, B 9 BL 1/17 R). Die Blindenhilfe ist keine rentengleiche Dauerleistung; sie hat auch keine Schadensausgleichsfunktion. Sie dient vielmehr der Überwindung einer bestimmten Notsituation (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1967, V C 71.67; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1968, V C 145.67; BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1979, V C 79.77), so dass ihr Zweck nach dem Tod des Leistungsberechtigten nicht mehr erreicht werden kann (vgl. Bauer, in: Mergler/Zink, SGB XII, Lsbl., § 72 Rn. 34; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2018, L 7 SO 4189/16). Anders als die Leistungen nach den Landesblindengesetzen, die unabhängig von Einkommen und Vermögen der blinden Person gewährt werden und damit als Versorgungsleistungen qualifiziert werden können, setzt sie darüber hinaus Bedürftigkeit nach Maßgabe der §§ 82 ff., 90 f. SGB XII voraus (vgl. Schlette, in: Hauck/ Noftz, Lsbl., K § 72 SGB XII, Rn. 14; Kaiser, in: BeckOK Sozialrecht, 60. Edition, Stand: 1. März 2021, SGB XII § 72 Rn. 4; Bauer, in: Mergler/Zink, SGB XII, Lsbl., § 72 Rn. 38).

Dem für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. Dezember 2009 geltend gemachten Anspruch auf Blindenhilfe steht auch § 116a SGB XII in der vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2016 gültigen Fassung entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder der Kläger noch der Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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